Protokoll der Sitzung vom 27.06.2001

(Maget (SPD): Er will noch etwas zu den schwarzen Kassen hinzufügen!)

Herr Kollege Volkmann, sehen Sie die Wohnungsbaufördermittel als Almosen? Muss man da Spendierhosen anhaben, oder sehen Sie das als gesellschafts- und wirtschaftspolitische Notwendigkeit?

Ich betrachte sie als wirtschaftspolitische Notwendigkeit. Sie kennen den alten Spruch: Einem Nackten können Sie nicht in die Taschen fassen. Wenn der Bund nichts hat, wo soll er es denn hernehmen?

(Maget (SPD): Er will aus den schwarzen Kassen der CDU noch einen Beitrag zahlen!)

Jetzt tun Sie doch nicht so. Der Herr Finanzminister ist heute leider nicht da, sagen Sie es dem.

Zur Eigenheimzulage mit 160000 DM als Einkommensgrenze für zwei Personen sage ich nur noch: Das ist um 30000 DM pro Kind erhöht worden. Eine Familie mit zwei Kindern hat dann 220000 DM zur Verfügung. Herrgott, wenn man darüber hinaus gehend fördern soll, können Sie die Zulage gleich jedem geben. Das ist doch nicht der Sinn der Sache.

(Beifall des Abgeordneten Maget (SPD))

Sie haben von den steuerlichen Rahmenbedingungen gesprochen, die verbessert werden müssten. Dazu sage ich Ihnen: Über manches kann man durchaus reden. Ich möchte Ihnen aber ein Zitat anführen, damit Sie wissen, dass diese Dinge unter Ihrer Regierungsverantwortung bereits Mitte der Neunzigerjahre auf den Weg gebracht worden sind und dass das eine wesentliche Ursache war. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung ist nicht verdächtig, etwa der SPD besonders nahe zu stehen. Es schreibt in einem Artikel vom Januar 2001 darüber ausdrücklich, dass damals die anhaltende Verunsicherung bezüglich steuerlicher Rahmenbedingungen eine Ursache war. Anlass war die Ankündigung von

Änderungen, darunter die Reduzierung der degressiven Gebäudeabschreibung, die am 1. Januar 1996 in Kraft getreten ist. Damals hat Ihre Regierung darüber geredet, sie völlig zu streichen. Das hat zu einer wesentlichen Verunsicherung geführt. Ich denke, das sollten Sie einfach einmal zur Kenntnis nehmen.

(Beifall bei der SPD)

Beim Wohnraumförderungsgesetz, das beschlossen ist und noch in den Bundesrat muss, bin ich darüber erfreut, dass der Bund so geschickt vorgegangen ist und mit allen Ländern jeden einzelnen Schritt abgestimmt hat. Sie fordern eine größere Handlungsfreiheit für die Länder bei der Festsetzung der Einkommensgrenzen ein, die zum Bezug einer Eigentumswohnung berechtigen. Dazu kann ich Ihnen nur sagen: In § 9 dieses Gesetzes steht ausdrücklich, dass die Landesregierungen genau diese Möglichkeit haben, regional und auch für sich selbst diejenigen Gebiete festzusetzen, in denen dies geschehen soll. Wir fordern Sie bereits heute auf, diesem Spielraum Rechnung zu tragen, und eine Rechtsverordnung zu erlassen, die diese Dinge dann mit Leben erfüllt. Sie wissen auch, dass das so ist. Sie reklamieren jetzt lediglich eine größere Handlungsfreiheit. Ich denke, das Ganze ist einigermaßen schwach.

Schwach ist es auch deshalb, weil Sie sich vergegenwärtigen müssen – damit möchte ich schließen –, dass der Bundesrat diese Geschichte am 11. Mai behandelt hat. Meine Damen und Herren, der Bundesrat hatte 63 Änderungswünsche zu diesem Wohnraumförderungsgesetz. Das, was Sie jetzt kritisieren, nämlich § 9 mit den Einkommensgrenzen, war eigenartigerweise nicht dabei. Ich empfehle Ihnen: Bevor Sie hier große Anträge stellen und uns andienen, diesen zuzustimmen, sorgen Sie erst einmal dafür, dass die Bundesratsmehrheit, die ja von der Christlich-Demokratischen Union und der CSU zusammen gestaltet wird, das durchsetzt, was Sie sich selber wünschen. Tun Sie das, bevor Sie an uns Dinge herantragen, die Sie nicht einmal bei Ihren eigenen Parteifreunden durchzusetzen imstande sind.

(Beifall bei der SPD)

Als nächste Rednerin haben wir Frau Kollegin Tausendfreund.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Dieser Antrag ist wieder einmal ziemlich typisch. Das ist Politik à la CSU, diesmal Wohnungspolitik à la CSU. Sie zeigen mit dem Finger auf die Bundesregierung, versuchen sich in haltlosen Schuldzuweisungen und lenken gleichzeitig von den eigenen Versäumnissen ab.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der Finanzminister, Kurt Faltlhauser, gibt gerne das Geld der anderen aus. Er will dem Bund Steuermindereinnahmen in Höhe von 5 Milliarden DM bescheren, ohne zu sagen, wie dieses Einnahmeloch gefüllt werden soll. Es ist reine Spekulation, dass mit den Steuervereinfachungen und -erleichterungen die Bauwirtschaft angekurbelt

würde und dadurch die Kassen wieder gefüllt würden. Selbst will er natürlich nichts dazu beitragen. Das Ganze nennen Sie dann Wohnungsbauoffensive für Deutschland. – Starke Worte, aber nichts dahinter.

(Maget (SPD): Wo ist denn der Finanzminister? Es geht ums Geld!)

Anscheinend haben die Kollegen von der CSU das Wohnungsbaureformgesetz in seiner Endfassung noch nicht genau zur Kenntnis genommen; sonst, Herr Grabner, hätten Sie gesehen, dass eine Reihe der Punkte, die Sie in Ihren Antrag aufgenommen haben, gerade was die Zweckbindung der Rückflüsse der Wohnungsbaudarlehen und die größere Handlungsfreiheit der Länder bei der Festsetzung der Einkommensgrenzen betrifft, bereits enthalten sind. Ihr Antrag geht da völlig ins Leere.

Das neue Wohnungsbaureformgesetz, das zum 1. Januar 2002 in Kraft treten soll, bringt eine durchgreifende Rechtsvereinfachung und Entbürokratisierung. Rund 200 Regelungen werden aufgehoben; der Verwaltungsaufwand wird verringert. Der Bund wird sich künftig bei der Regulierung zurücknehmen und den Ländern und Kommunen mehr Spielraum bei den Fördermaßnahmen einräumen. Die Wohnraumförderung ist danach eigene Aufgabe der Länder.

Auch bei der Festlegung der Einkommensgrenzen sind die Länder nach § 9 befugt, entsprechend den Gegebenheiten vor Ort die Einkommensgrenzen von den Vorgaben des Bundes abweichend festzulegen, das heißt, bei unterschiedlichen Situationen vor Ort wäre es dann an der Bayerischen Staatsregierung, gemeinsam mit den Kommunen – das ist gerade auch für München wichtig – eine angemessene Regelung zu finden. Dieser Spielraum wird eingeräumt.

Immerhin hat ja auch die Staatsregierung mit ihrer offensiven High-Tech-Standortwerbung den Zuzug enorm angekurbelt. In dem Papier des Kabinetts ist von den expandierenden Unternehmen die Rede, die anscheinend selbst nicht in der Lage sind, ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unterzubringen. Da müssen doch diese Unternehmen auch in die Pflicht genommen werden; sie müssen nicht nur für ihren eigenen Standort, für ihren Betrieb sorgen, sondern genauso auch für ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Das kann nicht alles auf den Staat oder auf die Privaten abgewälzt werden.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Hier hätte die Bayerische Staatsregierung beizeiten gemeinsam mit diesen Firma Vorsorge treffen können, damit die Situation nicht eskaliert. Zugegebenermaßen ist die Situation in München im Moment schon sehr angespannt.

Ich sage Ihnen noch etwas zur Zweckbindung der Rückflüsse. Aktuell steht gut eine Milliarde DM aus Darlehensrückflüssen zur Verfügung. Sie sollen für investive Maßnahmen im sozialen Wohnungsbau, in der Wohnraumförderung eingesetzt werden, aber auch für Maßnahmen der Städtebauförderung. Eine Verzahnung mit dem Programm und den Zielen der „sozialen Stadt“ soll

erfolgen. Die Investitionen dürfen nur getätigt werden, wenn damit Verbesserungen der Wohnraumverhältnisse erreicht werden.

Die Förderung des Baus billiger Volkswohnungen ist Aufgabe des Staates und der Gemeinden – so steht es in Artikel 106 der Bayerischen Verfassung. Die Bayerische Staatsregierung muss sich auf alle Fälle am eigenen Schopf packen und darf nicht nur auf Berlin schimpfen. Der Vorwurf, den Innenminister Beckstein immer wieder gegen die Bundesregierung richtet, hier würde nicht genügend Geld für den sozialen Wohnungsbau zur Verfügung gestellt, ist nur ein Ablenkungsmanöver von der eigenen Sparpolitik und der eigenen Unflexibilität, auf die aktuellen Entwicklungen zu reagieren. Natürlich hätten auch wir gerne mehr Geld vom Bund für den sozialen Wohnungsbau und die Wohnraumförderung in Bayern, aber das muss finanziert werden. Schließlich war es die unionsgeführte Regierung, die der jetzigen rot-grünen Regierung 1998 einen riesigen Schuldenberg hinterlassen hat, der nun zu drastischen Sparmaßnahmen zwingt. Mehr geht eben nicht.. Sicherlich wurde nicht willkürlich ein möglichst niedriger Betrag festgesetzt, sondern die Grundlage für die Festsetzung des Betrages für den sozialen Wohnungsbau bildeten die Haushalte, die sich am Markt eben nicht angemessen mit Wohnraum versorgen können und die unterstützt werden müssen. Die Summe wird auch von allen als Mindestbetrag angesehen.

Ich glaube, dass hier auch wieder eine Steigerung möglich ist.

Ein grünes Ziel in der Städtebauförderung-West – darunter fällt auch München –, ist es, dass noch in dieser Legislaturperiode 150 Millionen DM zusätzlich zur Verfügung gestellt werden. Bei den Verhandlungen in Berlin sind wir auf einem guten Wege.

Weiter streben wir den Umbau der Eigenheimförderung in Richtung Bestandsförderung und Ballungsraumkomponente an. Denn es kommt nicht nur auf die Neubauten an, sondern wir müssen insbesondere auch darauf achten, dass der Bestand gesichert wird.

Der genossenschaftliche Wohnungsbau ist übrigens als dritte Säule in das Konzept mit aufgenommen worden.

(Maget (SPD): Sehr gut! Das haben sie immer vernachlässigt, davon haben die Genossen keine Ahnung! Das wissen wir besser! Da sind wir besser!)

Der Name mag für manche vielleicht abschreckend sein. Aber gerade der genossenschaftliche Wohnungsbau muss besonders gefördert werden, weil er den Einkommensbereich zwischen denjenigen, die sich nur eine Mietwohnung leisten können oder sogar in den sozialen Wohnungsbau hineinfallen, und denen, die sich ein Eigenheim leisten können, sinnvoll ausfüllen kann, und auch die Eigenleistung stärkt.

Die vorherige Bundesregierung hat mit Unterstützung der CSU die Wohnungsbauförderung drastisch reduziert und seit 1990 weder eine Wohngelderhöhung noch eine

Anhebung der Einkommensgrenzen für die Sozialwohnungsberechtigten beschlossen. Die Bayerische Staatsregierung verschärfte die Lage im Freistaat noch dadurch, dass die bayerischen Förderprogramme von Zuschüssen auf wenig attraktive Darlehen umgestellt wurden. Die frei werdenden Mittel kommen zwar der Bildung von Wohnungseigentum zugute, aber eben nicht, wie es in der Verfassung steht, dem Bau billiger Volkswohnungen.

Die Senkung dar Darlehenszinsen für die Modernisierungsmaßnahmen um ein halbes Prozent auf 2,5% lockt kaum jemanden hinter dem renovierungsbedürftigen Ofen hervor. Die Darlehenskonditionen aller Förderprogramme müssen noch wesentlich verbessert und flexibler gestaltet werden. Zum Beispiel sollte auf unverzinsliche Darlehen oder auch auf Zuschussförderung umgestellt werden, wie es beim landeseigenen bayerischen Modernisierungsprogramm bis einschließlich 1998 noch der Fall gewesen ist. So würden verstärkt Anreize geschaffen werden, bestehenden Wohnraum zu modernisieren, ihn attraktiv zu gestalten und in neue Wohnungsbaumaßnahmen zu investieren.

Das jetzige Rekordtief an Sozialwohnungen ist nicht durch das gerade eingeführte neue Wohnungsbaurecht verursacht, sondern es ist Folge der Politik der alten Bundesregierung. Die Anzahl der Sozialwohnungen ist zwischen 1987 und 2000 von 600000 auf 240000 zurückgegangen. Hier hätten die Weichen schon viel früher gestellt werden müssen. Die Laufzeit für die Sozialbindung war von Anfang an bekannt.

Die rechtlichen Grundlagen des sozialen Wohnungsbaus wurden vor 50 Jahren geschaffen und erst jetzt, unter Regierungsbeteiligung der GRÜNEN in Berlin, neu gestaltet und den heutigen Anforderungen angepasst. Die jetzige Bundesregierung hat sich von Anfang an dafür eingesetzt, dass die Wohnungssituation verbessert wird. In diesem Zusammenhang spreche ich das Wohngeld und die Flexibilisierung der Einkommensgrenzen an. Ich darf daran erinnern, dass früher ungefähr 70% der Bevölkerung in Sozialwohnungen wohnungsberechtigt gewesen sind. Jetzt ist es nur noch ein Bruchteil der Bevölkerung. Dies hat zu unguten Monostrukturen und auch zur Gettobildung geführt, die die Verwaltung der Wohnanlagen oft schwierig macht. Auch deshalb haben sich natürlich Investoren aus dem sozialen Wohnungsbau zurückgezogen. Um diese Monostrukturen aufzulösen, hat die rot-grüne Bundesregierung die einkommensorientierte Förderung eingeführt, die in München auch schon erfolgreich umgesetzt wurde. Die einkommensorientierte Förderung kann auch den mittleren Einkommensschichten den Zugang zu einer öffentlich geförderten Wohnung ermöglichen.

Natürlich müssen an Brennpunkten Sonderprogramme durchgeführt werden, die auf regionalspezifische Probleme Bezug nehmen. Ich nenne hier wieder München, wo es notwendig wäre, mehr preiswerten Wohnraum zu schaffen. Aber auch hier hat der Bund bereits Initiativen ergriffen, und zwar mit dem Programm „Soziale Stadt“, das in vielen Städten bereits durchgeführt wird.

Zwar wurden die Einkommensgrenzen bei der Eigenheimzulage gesenkt, jedoch zugunsten einer Umverteilung in Richtung Wohngeld. Gleichzeitig befinden sich Bestandsförderung, Modernisierung, Belegrechtsankäufe oder Ankäufe von Gebäuden gleichermaßen in der Förderung. Auch ökologisches Bauen, behindertengerechtes Bauen, Selbsthilfe von Mietern und Eigentümern oder Genossenschaftsmitgliedern kann künftig besonders gefördert werden. Gerade, was die Einkommensgrenzen bei der Eigenheimzulage angeht, muss ich schon sagen, dass wir nicht unbedingt denjenigen, die besser verdienen, auch noch die Förderung hinterherwerfen müssen.

Die Lage in der Bauwirtschaft ist nicht besonders gut. Insoweit sind wir durchaus dÚaccord. Aber die Bausituation hat sich in den letzten zehn Jahren auch deutlich verändert. Nach dem Mauerfall 1989 war im Osten ein ganz normaler Nachholbedarf im Wohnungsbau und bei sonstigen Gebäuden gegeben. Aber dieser erste Bauboom ist nun vorbei. In den Ballungsräumen Bayerns stehen vor allem die Modernisierung und die Instandsetzung bereits bestehenden Wohnraums an. Dem wurde auch im neuen Wohnungsbaugesetz Rechnung getragen. Große Neubaupläne können ohnehin meist nicht verwirklicht werden, weil der Baugrund nicht vorhanden ist. Die Instandsetzungsarbeiten sind aber genauso personal- und kostenintensiv wie bei groß angelegten Neubauten. Wir müssen auch wirklich aufpassen, dass der Wohnungsbestand nicht verkommt, dass die entsprechenden Mittel eingesetzt werden.

In dem Programm von Herrn Faltlhauser wird lamentiert, die Bundesregierung sei daran schuld, dass die Mieten um 5% gestiegen seien. Da kann ich nur sagen: Wir waren diejenigen, die dafür gesorgt haben, dass die Kappungsgrenze bei den Mieterhöhungen bei 20% angesetzt wird. Sie wollten eine Kappungsgrenze von 30% festlegen oder wahrscheinlich gar keine haben.

Der Dringlichkeitsantrag, der hier gestellt worden ist, geht völlig ins Leere. Es wird nur auf die Bundesregierung geschimpft. Es wird nur das Geld des Bundes ausgegeben.

(Frau Schweder (CSU): Der Steuerzahler!)

Aber im Endeffekt hat das mit einer vernünftigen Wohnungspolitik nichts zu tun.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich darf auf Folgendes hinweisen: Die Fraktion der CSU hat zu diesem Antrag namentliche Abstimmung beantragt. Ich stelle fest: Es ist 14.10 Uhr. Also kann ab 14.25 Uhr abgestimmt werden.

Als Nächster spricht Herr Kollege Rotter. – Bitte sehr.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin Tausendfreund, wir wollen nicht das Geld des Bundes sinnvoll für Wohnungsbaumaßnahmen ausgeben, sondern das Geld des Steuerzahlers.

(Zuruf von der SPD: Anderes Geld haben Sie ja nicht! – Maget (SPD): Da wird er sich freuen, der Steuerzahler!)