Protokoll der Sitzung vom 10.07.2001

Ich wäre doch aber von allen guten Geistern verlassen, wenn ich eine solche Möglichkeit nicht wahrnehmen würde, wie sie sich bietet, wenn mir jemand sagt: Wir haben hier bestimmte Kameras, die ihr ohne nennenswerte Kosten einsetzen könnt. Die einzig zusätzlichen Kosten waren die Kosten eines zusätzlichen Monitors. Dieser Monitor ist ohne Anforderung zusätzlicher Mittel aus dem Budget der örtlichen Polizei bezahlt worden. Das ist etwas anderes, als wenn ich einige Millionen oder gar zig Millionen für ein bestimmtes Projekt aufwenden würde.

Es ist in nationalen und internationalen Kriminologiediskussionen eine Selbstverständlichkeit, dass man polizeiliche Einsatzstrategien auf die Videotechnik abstellt. Beispielsweise braucht man dort, wo Videotechnik eingesetzt ist, nicht noch unmittelbar die optische Präsenz der Polizei. Ich werde jedoch nicht irgendeinen Polizeibeamten einsparen, sondern der Polizeibeamte wird in die Nachbarstraßen geschickt, sodass er jederzeit innerhalb weniger Sekunden an die videoüberwachten Plätze gebracht werden kann. Auf diese Weise entsteht also nicht einerseits ein videoüberwachter Raum und daneben andererseits ein völlig unbeobachteter Raum, sondern ein Stufenmodell. Das ist im Übrigen in vielen derartigen Bereichen in Deutschland und außerhalb Deutschlands ausprobiert worden.

Jetzt will ich noch einiges zu dem Gesetzentwurf der SPD sagen, den ich für völlig unbrauchbar halte.

(Widerspruch bei der SPD)

Ich will das auch begründen. Dem Gesetzentwurf zufolge wäre in Zukunft die schlichte Beobachtung des

öffentlichen Raums durch Kameras ohne Aufzeichnung und ohne Aktivierung der Zoomfunktion nur noch an Orten möglich, an denen mit einem erhöhten Aufkommen erheblicher Straftaten zu rechnen ist. Die heute schon zulässige Beobachtung des öffentlichen Raums durch die Polizei mittels Kamera wäre somit auch dann nicht mehr möglich, wenn keine Individualisierung einzelner Personen erfolgte. Die Bildübertragung auch zu Zwecken der Verkehrslenkung müsste beendet, Verkehrsleitzentralen müssten geschlossen werden.

Ich lese das deswegen ganz bewusst vor – die Rede hat ein Mitarbeiter der zuständigen Abteilung verfasst –, damit Sie nicht etwa sagen, das seien politisch polemische Ausführungen, sondern Sie müssen sich sagen lassen: Ihr Gesetzentwurf macht die heutige Verkehrslenkung um München herum unmöglich. Da kann ich nur sagen: Einen so dilettantischen Gesetzentwurf darf man nicht vorlegen.

(Beifall bei der CSU)

Auch ohne Bedienung der Zoomfunktion wäre nur bei erhöhtem Aufkommen erheblicher Straftaten der Videoeinsatz möglich. Wie erfolgt Verkehrslenkung? Ich lade Sie ein in die Verkehrsleitzentrale München-Nord. Da wird ohne Individualisierung beispielsweise ein Unfall auf den Standstreifen gesehen, der für den Verkehr freigegeben ist. Wenn dort eine Verkehrsstörung eintritt, wird der betreffende Streifen gesperrt geschaltet. Das wäre bei Annahme des Gesetzentwurfes nicht mehr möglich. Die Verkehrsleitzentralen müssten geschlossen werden. Das, was heute in München und in Nürnberg selbstverständlich gemacht wird, wäre ebenso wenig zulässig wie manches, was im Bereich von Feuerwehrschaltungen geschieht. Das ist also völlig untauglich.

Die SPD sieht so enge Voraussetzungen auch im Bereich der Kriminalitätsprävention vor. Auch das ist völlig untauglich.

Ich kann hier nur sagen: Bevor wir den Gesetzentwurf der SPD verabschieden, ist es besser, nichts zu tun. Der Gesetzentwurf der SPD bedeutet eine drastische Verschlechterung der bisherigen Möglichkeiten und geht nicht in die richtige Richtung, sondern er ist ein Schritt in die falsche Richtung. Deswegen bitte ich eindringlich, ihn abzulehnen.

(Beifall bei der CSU)

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich noch eine Bemerkung zur Verfassungsklage machen. Ich habe dagegen überhaupt keine Bedenken. Ich freue mich im Gegenteil, wenn wir die Chance erhalten, unterschiedliche Sicherheitskonzepte auch öffentlich darzustellen. Das ist gut im Bereich der Schleierfahndung, in dem wir verschiedene Konzepte darstellen können, und es ist auch gut in der Frage der Kriminalitätsbekämpfung.

Wir meinen, dass das Bedürfnis der Bürger und – ich sage das ganz bewusst – auch das Grundrecht der Bürger auf Freiheit von Kriminalität höher zu bewerten ist als das Grundrecht der Bürger auf Schutz der individuellen Daten an öffentlichen Orten. Jeder weiß, dass dann,

wenn er sich im öffentlichen Raum bewegt, nicht dieselbe Vertraulichkeit gewährleistet ist, wie wenn er sich in seiner Wohnung oder in sonstigen Privaträumen aufhält. Wenn er sich im öffentlichen Raum bewegt, muss er mit der Möglichkeit rechnen, dass irgendjemand aus der Menge zuschaut. Ein körperlich anwesender Polizeibeamter ist aus meiner Sicht übrigens hinsichtlich des Datenschutzes insoweit auch zu berücksichtigen, weil das natürlich auch etwas mit der Erhebung von Daten zu tun hat.

In der Güterabwägung halte ich es für richtig, dass wir dem Grundrecht auf Freiheit von Straftaten eine höhere Beachtung zukommen lassen als der Geheimhaltung in öffentlichen Bereichen. Auf die Sicherungen, die eingebaut sind, hat Kollege Herrmann hingewiesen. Eine zusätzliche Sicherung will ich ausdrücklich hervorheben: Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gilt natürlich auch hier. Das heißt, es wird nicht einen flächendeckenden Einsatz geben, sondern die Videotechnik wird von der Polizei immer nur unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsprinzips eingesetzt werden.

Ich bitte deswegen, dem Gesetzentwurf der CSU zuzustimmen und – wie es sich gehört – den Gesetzentwurf der SPD abzulehnen.

(Beifall bei der CSU – Zurufe von der SPD)

Über die Zulässigkeit der letzten Bemerkung kann sich der Ältestenrat unterhalten. Über die Zulässigkeit der vielen Gespräche im Plenum sollten wir uns auch einmal unterhalten.

(Zurufe von der SPD)

Das gilt unabhängig davon, in welche Richtung auch immer ich schaue; ich kann in die vorderen Reihen oder in die hinteren Reihen schauen. Also, verehrte Kolleginnen und Kollegen, bei so einem Thema hätte ich mir schon etwas mehr Disziplin gewünscht.

Die Aussprache ist jetzt geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Dazu werden die Tagesordnungspunkte wieder getrennt.

Zunächst lasse ich über den Tagesordnungspunkt 6 abstimmen. Der Abstimmung zugrunde liegt der Initiativgesetzentwurf auf Drucksache 14/6498. Der federführende Ausschuss für Kommunale Fragen und Innere Sicherheit empfiehlt die Ablehnung des Gesetzentwurfs. Wer entgegen der Beschlussempfehlung des Ausschusses dem Gesetzentwurf zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die Fraktion der SPD. Ich bitte die Gegenstimmen anzuzeigen. – Die Fraktion der CSU. Stimmenthaltungen? – Das sind die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Kollege Hartenstein. Damit ist der Gesetzentwurf abgelehnt.

Nun lasse ich über den Tagesordnungspunkt 7 abstimmen. Dieser Abstimmung zugrunde liegen der Initiativgesetzentwurf auf Drucksache 14/6505 und die Beschlussempfehlung mit Bericht des federführenden Ausschusses für Kommunale Fragen und Innere Sicher

heit auf der Drucksache 14/7139. Der federführende Ausschuss für Kommunale Fragen und Innere Sicherheit empfiehlt Zustimmung.

Meine Damen und Herren, wir sind noch lange nicht bei der namentlichen Abstimmung. Ein bisschen Routine sollte das Hohe Haus doch haben bei der Endberatung eines Gesetzes. Wenn Sie wieder Platz genommen haben, kann ich die Abstimmung fortsetzen.

Also noch einmal: Der federführende Ausschuss für Kommunale Fragen und Innere Sicherheit empfiehlt Zustimmung mit der Maßgabe, dass in den in § 1 Nummer 1 Buchstabe a eingefügten Absatz 2 des § 32 ein neuer Absatz 2 eingefügt wird. Der Ausschuss für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen stimmt bei seiner Endberatung der Beschlussempfehlung des federführenden Ausschusses zu, allerdings mit der weiteren Maßgabe, dass in § 2 als Datum des In-Kraft-Tretens der 1. September 2001 eingefügt wird. Ich verweise insoweit auf die Drucksache 14/7139.

Wer dem Gesetzentwurf in der Fassung des endberatenden Ausschusses für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen zustimmen will, den bitte ich um sein Handzeichen. – Das ist die Fraktion der CSU. Ich bitte, die Gegenstimmen anzuzeigen. – Das sind die Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN sowie Kollege Hartenstein. Dann ist das so beschlossen.

Da ein Antrag auf Dritte Lesung nicht gestellt wurde, treten wir gemäß § 60 der Geschäftsordnung unmittelbar in die Schlussabstimmung ein. Diese soll auf Wunsch der CSU-Fraktion, wie in § 135 Abs. 1 der Geschäftsordnung vorgesehen, in namentlicher Form erfolgen. Der Abstimmung zugrunde gelegt wird der Gesetzentwurf in der Fassung des endberatenden Ausschusses für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen.

Für die Abstimmung sind die entsprechend gekennzeichneten Urnen bereitgestellt: die Ja-Urne auf der Seite der CSU-Fraktion, die Nein-Urne auf der Oppositionsseite. Die Urne für Stimmenthaltungen befindet sich auf dem Stenografentisch. Mit der Abstimmung kann jetzt begonnen werden. Es stehen fünf Minuten zur Verfügung.

(Namentliche Abstimmung von 17.11 bis 17.16 Uhr)

Meine Damen und Herren, die Stimmabgabe ist abgeschlossen. Das Abstimmungsergebnis wird außerhalb des Plenarsaals ermittelt und von mir später bekannt gegeben. Angesichts der fortgeschrittenen Zeit fahren wir jetzt in der Tagesordnung fort.

Ich rufe auf:

Tagesordnungspunkt 12

Abstimmung über Anträge etc., die gemäß § 63 Absatz 6 der Geschäftsordnung nicht einzeln beraten werden

Über die Listennummern 12, 68 und 71 soll gesondert abgestimmt werden, da zu den nach der Geschäftsord

nung der Abstimmung jeweils zugrunde zu legenden Beschlussempfehlungen der Ausschüsse kein Votum der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vorliegt.

Ich lasse zunächst über die Listennummer 12 – das ist der Antrag der Abgeordneten Pfaffmann, Irlinger und anderer betreffend „Finanzierung der pflegerischen Betreuung schwerstbehinderter Kinder im Unterricht auch in Zukunft sicherstellen“ auf Drucksache 14/5536 – abstimmen. Der federführende Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport empfiehlt Ablehnung. Wer entgegen diesem Votum dem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD. Ich bitte, Gegenstimmen anzuzeigen. – Das ist die Fraktion der CSU. Das ist in der Tat die knappe Mehrheit. Damit ist der Antrag abgelehnt.

Ich lasse über die Listennummer 68 abstimmen. Das ist der Antrag der Abgeordneten Schultz, Starzmann und anderer betreffend „Fleischlieferungen an Russland“; Drucksache 14/6529. Der federführende Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten empfiehlt Zustimmung mit der Maßgabe, dass in Absatz 1 die Worte „bis 31. Mai 2001“ durch die Worte „bis Ende August 2001 schriftlich“ ersetzt werden. Wer dem Antrag mit dieser Änderung zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind CSU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Gibt es Gegenstimmen? – Das ist nicht der Fall. Stimmenthaltungen? – Auch das ist nicht der Fall. Dann ist so beschlossen.

Ich lasse über die Listennummer 71 abstimmen. Das ist der Antrag der Abgeordneten Siegfried Schneider, Sibler, Dr. Waschler und anderer betreffend „Neue Bürgerund Sozialkultur – Die Eigenverantwortung der Schule stärken – Schulprogramm“; Drucksache 14/5581. Der mitberatende Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen empfiehlt die Neufassung des Antrags. Ich verweise insoweit auf Drucksache 14/7065. Wer dieser Neufassung zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die Fraktion der CSU. Ich bitte, Gegenstimmen anzuzeigen. – Niemand. Stimmenthaltungen? – Das sind die Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Damit ist das so beschlossen.

Auf Wunsch der CSU-Fraktion soll über die Listennummer 72 gesondert abgestimmt werden. Das ist der Antrag der Abgeordneten Hölzl, Dr. Kempfler und anderer betreffend „Qualifizierte Versorgung für Hinterbliebene getöteter Polizeibeamten“; Drucksache 14/5666. Es wurde beantragt, den Antrag in der Fassung des federführenden Ausschusses für Fragen des öffentlichen Dienstes mit der Maßgabe zur Abstimmung zu stellen, dass der zweite Satz folgende Fassung erhält: „Grundlage für die Versorgung der Hinterbliebenen ist die für die Bemessung des Unfallruhegehalts für Beamte zugrunde zu legende Besoldungsgruppe.“

Besteht damit Einverständnis? – Ich sehe keinen Widerspruch. Dann lasse ich entsprechend abstimmen. Wer dem Antrag in der Fassung des federführenden Ausschusses für Fragen des öffentlichen Dienstes mit der Maßgabe der von mir vorgetragenen Änderung zustim

men möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen von CSU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Damit ist so beschlossen.

Auf Antrag der CSU-Fraktion soll bei verschiedenen Listennummern über folgende abweichende Voten abgestimmt werden:

Listennummer 14, Antrag der Abgeordneten Pranghofer, Irlinger, Dr. Jung und anderer, Erstattung der Personalkosten für sozialpädagogisches Personal in Praxisklassen (Drucksache 14/5549). Hier soll über das Votum des mitberatenden Ausschusses für Sozial-, Gesundheitsund Familienpolitik abgestimmt werden.

Listennummer 37, Antrag der Abgeordneten Boutter, Hartmann, Radermacher, Neuer Studiengang an der Uni Würzburg – Technologie der Funktionswerkstoffe (Drucksache 14/5994). Hier soll über das Votum des mitberatenden Ausschusses für Wirtschaft, Verkehr und Technologie abgestimmt werden.

Listennummer 53, Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Maget, Irlinger und anderer und Fraktion (SPD), Bündnis für Kinder – Gegen Gewalt – Recht auf gewaltfreie Erziehung umsetzen (Drucksache 14/6277). Hier soll über das Votum des mitberatenden Ausschusses für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen abgestimmt werden.

Listennummer 73, Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Glück, Loscher-Frühwald, Hofmann und anderer und Fraktion (CSU), Keine Finanzierung der BSE-Folgekosten nur durch Umschichtungen im Bundesagraretat (Drucksache 14/5757). Hier soll über das Votum des federführenden Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten abgestimmt werden.

Listennummer 74, Antrag der Abgeordneten Dr. Zimmermann, Dr. Eykmann, Dr. Wilhelm und anderer, Haftpflichtversicherung für ärztliche Mitarbeiter an den bayerischen Universitätsklinika (Drucksache 14/5912). Hier soll über das Votum des federführenden Ausschusses für Hochschule, Forschung und Kultur abgestimmt werden.

Schließlich Listennummer 75, Antrag der Abgeordenten Loscher-Frühwald, Ranner, Göppel und anderer (CSU), Weitere Förderung des ökologischen Landbaus in Bayern (Drucksache 14/6171). Hier soll über das Votum des federführenden Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten abgestimmt werden.

Die Voten der Ausschüsse zu den übrigen Anträgen liegen Ihnen vor.