Protokoll der Sitzung vom 10.10.2001

Aus meiner Sicht werden jährliche Berichte zu reiner Routine, zu Ritualen, die dem Ziel Klimaschutz nicht die

nen. Uns ist es jederzeit unbenommen, von der Staatsregierung einen Bericht zu fordern. Sie wird diesen Forderungen immer nachkommen. Deswegen lehnen wir diese Anträge ab.

(Beifall bei der CSU)

Der nächste Redner ist Herr Kollege Gartzke.

Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen! Wir können es uns nicht so leicht machen und sagen, Klimaschutz sei das Hobby der Frau Paulig oder von irgendjemandem sonst. Dazu ist die Sache zu ernst.

(Beifall bei der SPD)

In der Tat, die Sache ist zu ernst. Die Fakten sind unübersehbar. Bayern hat sich wirklich hervorgetan und eine gigantische Studie in Auftrag gegeben, die über 30 Millionen DM gekostet hat. Sämtliche Forscher und alle, die in Bayern etwas zum Thema Klima beitragen können, sind zusammengefasst und vor allem gut bezahlt worden. Für die hat es sich auf jeden Fall rentiert. Jetzt haben wir eine Klimastudie für 30 Millionen Mark. Was schließen wir daraus? Nichts. Wir gehen zur Tagesordnung über. Ich meine, so kann es nicht sein.

(Beifall bei der SPD)

Wir müssen doch endlich in die Sache einsteigen und die Dinge ernst nehmen. Fakten haben wir genug. Wir können Symposien bestreiten, tagelang darüber diskutieren – aber: An ihren Taten sollt ihr sie erkennen. Das ist der entscheidende Punkt. Ich meine schon, dass wir endlich handeln müssen. Die Bundesregierung wurde angesprochen: Hier ist Klimaschutz Stabsaufgabe. Deutschland hat in Europa erreicht, dass wir auf der Klimakonferenz gestanden sind. Beim Bund gibt es ein Green-Kabinett. In jedem Ministerium wird jede Maßnahme, jedes Gesetz, jede Förderrichtlinie und jede Entscheidung zumindest überprüft, ob dies dem Klimaschutz dient und ob man noch etwas verbessern kann. Ich glaube, dass das der richtige Weg ist. Bayern könnte mitmachen.

Die Berichtspflicht ist ein Problem – insoweit gebe ich Ihnen, Frau Professor Männle, Recht. Wir brauchen keine dicken Berichte, sondern wir brauchen den IstStand, was sich verbessert hat, wo wir angesetzt haben und wo es Handlungsbedarf gibt. Ich will die seitenlangen Berichte nicht. Ein Bericht ist aussagekräftig, wenn man die nüchternen Zahlen und die messbaren Dinge auf einer Seite zusammenfassen kann. Es geht um naturwissenschaftliche Fakten, darüber braucht man nicht zu spekulieren. Diese Daten kann man auch in Bayern messen.

Der Bund hat auf dem Stromsektor viel gemacht: Das Gesetz über die erneuerbaren Energien ist eine weltweite Revolution. Alle Fachleute sagen, dies wäre weltweit das beste Gesetz. Es hat erhebliche Erfolge gebracht. Heuer werden wir bei der Stromerzeugung einen Anteil von 8% der erneuerbaren Energie haben,

während es 1997 noch 4,5% waren mit dem großen Sockel Wasserkraft. Das KWK-Gesetz fasst Strom und Wärme zusammen. Der Vollzug der Energiesparverordnung obliegt den Ländern. Hier geht es konkret darum, wie diese die Verordnung umsetzen. Wer wird dies kontrollieren?

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Wir werden in das gleiche Dilemma kommen wie bei BSE, weil niemand kontrolliert. Bayern könnte einiges tun.

Auf dem Verkehrssektor sind bundesweit die ersten Erfolge sichtbar. Ich darf die Zahlen nennen: Im letzten Jahr ging der Ölverbrauch immerhin um 2% zurück und der Benzinverbrauch um 6%. Der Rapsölverbrauch ist von 0,25% 1998 auf 1,25% Anteil Diesel angestiegen. Das ist nicht viel, aber die Richtung stimmt. Das ist entscheidend. Man kann noch einiges machen.

Wir hatten heute die große Debatte über die Regionalisierungsmittel für den Verkehr. Auch dazu will ich ein paar Fakten nennen: Bayern erhält vom Bund jedes Jahr 2,07 Milliarden DM Regionalisierungsmittel. Das ist die Zahl. Dafür soll ÖPNV bestellt werden. Was bestellt Bayern? – Bayern bestellt für 1,45 Milliarden DM bei der DB AG Zugkilometer. Das ist ein Faktum. Hinzu kommt die Oberlandbahn usw. Man könnte mehr machen, wenn man die Mittel konzentrieren würde.

Ein besonderes Problem Bayerns ist, dass wir einen hohen Anteil von Privateigentum an Einzelhäusern haben. Dort kann man wirksam ansetzen, indem durch Sanierung usw. der Wärmebedarf deutlich heruntergefahren wird. Warum haben wir in Bayern dazu kein eigenes Programm? Der Bund hat eines aufgelegt. 400 Millionen DM sind vielleicht nicht genug. Aber immerhin. Der Bund könnte mehr, wenn in Deutschland früher keine so ruinöse Haushaltspolitik gemacht worden wäre vom CSU-Vorsitzenden. Dann hätten wir mehr Spielraum. Das geht leider nicht; denn auch eine Haushaltssanierung ist eine Sache der Nachhaltigkeit und hat im weiteren Sinne auch etwas mit Klima zu tun.

(Zuruf des Abgeordneten Georg Stahl (CSU))

Die Anträge der GRÜNEN sollten wir annehmen. Sie sind ein erster Ansatzpunkt, die Verwaltungen noch einmal darauf aufmerksam zu machen, in Bayern konzentriert einiges für den Klimaschutz zu tun. Ich bitte Sie, die Anträge anzunehmen. Die SPD-Fraktion stimmt ihnen auf alle Fälle zu.

(Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Letzte Wortmeldung: Herr Staatsminister Dr. Schnappauf.

Herr Präsident, Hohes Haus, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich bin über die heutige Debatte sehr dankbar.

Sie gibt Gelegenheit, einiges zurechtzurücken, was ganz offensichtlich Ihrer Kenntnisnahme entgangen ist.

Frau Paulig, Herr Gartzke, ganz offensichtlich ist das, was in Bayern in Sachen Klimaschutz in den letzten Jahren getan worden ist und weiter getan wird, an Ihnen vorbeigegangen. Wir stimmen in dem Punkt überein, dass Klimaschutz die größte globale Umweltherausforderung ist, vor der wir stehen. Nicht zuletzt deshalb haben wir die von Ihnen, Herr Gartzke, so genannte regionalisierte Klimastudie für 32,4 Millionen DM in Auftrag gegeben.

Die Behauptung ist falsch, dass daraus keine Schlüsse gezogen worden sind. Das Kabinett hat am 17. Oktober 2000 auf Basis dieser regionalen Klimastudie Bayern ein eigenes bayerisches Klimaschutzkonzept verabschiedet, das wir Ihnen am 16. November 2000 im Umweltausschuss im Einzelnen dargestellt und erläutert haben. Bei der Gelegenheit habe ich erklärt – Frau Paulig, Sie werden sich daran erinnern –, dass wir Ihnen über den Fortgang der Klimaschutzpolitik jährlich einen Bericht geben werden. Insofern ist der Gedanke des Monitorings, des fortlaufenden Verfolgens der Entwicklung, bereits auf den Weg gebracht.

So, wie sich die Situation heute darstellt, hat kein anderes Land in der Bundesrepublik mehr in den Klimaschutz investiert, als Bayern. Es gibt kein Land, in dem der CO2-Ausstoß pro Kopf niedriger ist, als in Bayern. Bayern hat bei der kohlendioxidfreien Energiegewinnung in der Bundesrepublik Deutschland einen Spitzenplatz inne. Fast 30% des Primärenergiebedarfs werden aus nicht fossilen Energiequellen gedeckt. Bundesweit sind es nur 13%, weltweit nur 10%. Beinahe 80% des in Bayern verbrauchten Stroms werden ohne CO2-Belastung erzeugt. Das hängt natürlich mit unserem hohen Anteil an der Wasserkraftnutzung zusammen, aber auch mit unserem Bekenntnis zur friedlichen Nutzung der Kernenergie.

(Zurufe von Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)

Auch diesen Zusammenhang, verehrte Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, müssen wir sehen, auch wenn es Ihnen schwer fällt: Wir können den Klimaschutz nicht herbeibeten wollen, letzten Endes aber die Energiequelle, die maßgeblich dafür ist, dass wir Klimaschutz in Bayern effizient betreiben können, nämlich die Kernenergie, bekämpfen und negieren wollen. Das geht nicht.

(Gartzke (SPD): Wir schalten die Kraftwerke ab!)

Die CO2-Situation in Bayern sieht so aus, dass wir eine wesentlich günstigere CO2-Bilanz haben, als wenn wir nicht auf Wasser- und Kernkraft setzen würden.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Dürr (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN))

Wenn wir die gleiche Strommenge aus Steinkohle erzeugen müssten, dann würden wir in Bayern jährlich 45 Millionen Tonnen CO2 mehr ausstoßen.

Herr Gartzke, Frau Paulig, wir müssen die Frage seriös beantworten: Wie wollen wir die Grundlast bei der Energieversorgung sicherstellen, wenn wir die Kernkraftwerke abschalten? Da bleiben nur wenige Möglichkeiten übrig, in erster Linie die Variante Kohle. Die Verbrennung von Kohle führt zu einer wesentlich schlechteren CO2-Bilanz als das Festhalten am nachhaltigen Energiemix in Bayern.

Lassen Sie mich nur einige Zahlen nennen; ich möchte mich an dieser Stelle auch noch einmal beim Hohen Haus und bei den Kolleginnen und Kollegen der CSUFraktion für die Bereitstellung der Mittel bedanken. Allein von 1996 bis 2000 sind über 600 Millionen DM für die Förderung der Nutzung erneuerbarer Energien zur Verfügung gestellt worden. Über die Privatisierungserlöse wurden weitere 80 Millionen DM unter anderem für die verstärkte Förderung des Einsatzes nachwachsender Rohstoffe bereitgestellt.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Ich kenne kein Land in der Bundesrepublik Deutschland, das in dieser Weise erneuerbare Energien oder neue Technologien wie die Wasserstofftechnologie auch nur ansatzweise gefördert hat.

(Beifall bei der CSU)

Nennen Sie mir nur ein einziges Land in Deutschland.

(Gartzke (SPD): Der Bund!)

Wir reden hier von Länderinitiativen. Wir befinden uns in einem Landesparlament. Ich kenne kein Land in der Bundesrepublik, auch und erst recht keines, das von der SPD geführt wird, das auch nur annähernd so viele Mittel für erneuerbare Energien bereitgestellt hat, wie es in Bayern getan wird.

(Zuruf der Frau Abgeordneten Scharfenberg (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Wir müssen den Tatsachen ins Auge schauen. Der Anteil der erneuerbaren Energien an der Deckung des Primärenergiebedarfs in Bayern ist mit rund 9% rund drei Mal so hoch ist wie im bundesweiten Durchschnitt mit 3%. Der Anteil erneuerbarer Energien an der Stromerzeugung liegt in Bayern bei 16%, in Deutschland lediglich bei 5%. Bayern stellt rund ein Fünftel der Solarkollektorfläche der bundesweit installierten Fläche. Ein Viertel der in Deutschland eingebauten Wärmepumpanlagen ist in Bayern installiert.

(Gartzke (SPD): Wer hat das gefördert? – Zuruf der Frau Abgeordneten Scharfenberg (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN))

Nehmen Sie bitte zur Kenntnis: Wir haben in Bayern pro Kopf unserer Bevölkerung einen CO2-Ausstoß von 7,4 Tonnen pro Jahr. Der Bundesdurchschnitt liegt bei rund 11 Tonnen pro Jahr.

(Hofmann (CSU): So ist es!)

Selbstverständlich kommen uns manche natürlichen Voraussetzungen entgegen, in nenne das Stichwort Wasserkraft. Das liegt aber auch an einer konsequenten, nachhaltigen Energiepolitik, die insgesamt auf die CO2-Freiheit und die CO2-Minderung setzt.

(Beifall der Frau Abgeordneten Stamm (CSU) – Zuruf der Frau Abgeordneten Scharfenberg (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN))

Wir haben uns mit diesem Ziel, das wir erreicht haben, nicht zufrieden gegeben. Das ist ein Etappenziel. Der CO2-Ausstoß in Bayern betrug im Jahre 1998 92 Millionen Tonnen. Das Klimaschutzkonzept der Bayerischen Staatsregierung sieht vor, diesen Ausstoß von rund 90 Millionen Tonnen auf rund 80 Millionen Tonnen bis zum Jahr 2010 zu senken und damit die Pro-Kopf-Belastung auf 6,4 Tonnen je Einwohner und Jahr zu senken. Das ist bundesweit das anspruchsvollste Minderungsziel, das ich überhaupt kenne. Es gibt kein anderes Land in der Republik, das sich auch nur annähernd ein so ehrgeiziges Ziel gesetzt hat. Die Bundesregierung hat sich als Ziel eine Verringerung der Pro-Kopf-Belastung auf 9,5 Tonnen bis zum Jahr 2005 gesetzt. Unser ehrgeiziges Ziel sind 6,4 Tonnen. Wir müssen uns in keiner Weise verstecken. Die Politik zur Verminderung des CO2-Ausstosses und die Klimaschutzpolitik in Bayern können wir offensiv vertreten.

Deshalb sind Ihre Anträge, die Sie gestellt haben, letzten Endes gleichbedeutend damit, Eulen nach Athen zu tragen. Wir sind im Klimaschutz konsequent auf einem guten Weg. Die Einrichtung eines Klima-Kontrollrates ist eine überflüssige Forderung. Wir erstellen einen Bericht, der in den Energiebericht des Wirtschaftsministeriums einfließt, und wir geben einen Bericht im Umweltausschuss. Wozu soll dann noch ein weiterer Kontrollrat eingerichtet werden?

Lassen Sie mich zum Schluss noch die Schwerpunkte der künftigen Klimaschutzpolitik streifen. Das heißt, dass wir uns unter Wahrung – das will ich vorweg sagen – des höchsten, denkbaren Sicherheitslevels auch künftig auf die friedliche Nutzung der Kernenergie setzen, bei einem weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien und der Weiterentwicklung der Wasserstofftechnologie. Hier sind wichtige Anfänge gemacht. Ich nenne als Stichworte die Tankstelle am Flughafen, den ersten wasserstoffbetriebenen Linienbus der Welt, der in Oberstdorf unterwegs ist und das große BMW-Wasserstoffprojekt. Von einer Bereitstellungsstudie für Wasserstoff will ich jetzt nicht im Einzelnen reden. Mit der Tschechischen Republik wurde ein Joint-Venture-Implementations-Projekt durchgeführt, Maßnahmen im Industriesektor werden ergriffen, eine Koordinierungsstelle für die Kyoto-Mechanismen wird eingerichtet, das Landesamt für Umweltschutz gibt Hilfestellung für die bayerische Industrie zur Minderung der klimarelevanten Emissionen.

Auch auf dem Verkehrssektor gibt es zahlreiche Initiativen, die ich aus Zeitgründen nicht alle aufführen möchte. Letztlich ist der Klimaschutz gerade auf dem Verkehrssektor nicht ein spezifisch bayerisches Problem, sondern ein bundes- und europaweites Thema. Herr Kollege Gartzke, der Sie sich gerade so intensiv mit Ihrem