Protokoll der Sitzung vom 30.01.2002

Mir hat nicht so gefallen, dass die beiden Kolleginnen immer den Eindruck zu erwecken versuchten, als wären die CSU-Männer anders als die SPD-Männer oder die Männer der GRÜNEN.

(Gabsteiger (CSU): Sie sind besser! – Gartzke (SPD): Wir sind schon gleich! – Heiterkeit – Unruhe)

Da gibt es keine gesicherten Erkenntnisse. Frau Kollegin Stahl hat gemeint, ich wüsste nicht einmal, wo bei uns zu Hause der Mülleimer steht. Frau Kollegin Stahl, ich würde mit Ihnen gerne in einen Wettbewerb in Waschen, Bügeln und Kochen eintreten.

(Heiterkeit – Zahlreiche Zurufe – Unruhe)

Meine Damen und Herren, da würden Sie sich vielleicht wundern. Uns ist der Haushalt bei weitem nicht so fremd, wie Sie glauben. Vielleicht sind wir noch viel mehr im Haushalt tätig als manche von Ihnen.

Frau Dr. Kronawitter, Sie haben ein Ziel formuliert. Da stimmen wir mit Ihnen überein.

Es ist wirklich so. Das Ziel alleine genügt nicht. Wir müssen Schritt für Schritt versuchen, dieses Ziel zu errei

chen. Ich glaube, wir sind dabei auf einer gemeinsamen Linie.

(Beifall bei der CSU – Gartzke (SPD): Das Protokoll schicken wir Ihrer Frau! – Heiterkeit)

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Die Aussprache ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung. Der Abstimmung liegen der Gesetzentwurf auf Drucksache 14/5447 und die Beschlussempfehlung mit Bericht des federführenden Ausschusses für Bildung, Jugend und Sport auf Drucksache 14/8516 zugrunde. Der federführende Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport empfiehlt die unveränderte Annahme. Der Ausschuss für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen stimmt bei seiner Endberatung ebenfalls zu, allerdings mit der Maßgabe verschiedener Änderungen. Ich verweise insoweit auf die Drucksache 14/8516. Wer dem Gesetzentwurf in der Fassung des endberatenden Ausschusses für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – So weit ich sehe, ist das das gesamte Hohe Haus. Gegenstimmen? – Keine. Stimmenthaltungen? – Auch keine. Damit ist das Gesetz so beschlossen.

Da ein Antrag auf Dritte Lesung nicht gestellt wurde, treten wir gemäß § 60 der Geschäftsordnung unmittelbar in die Schlussabstimmung ein. Ich schlage vor, sie in einfacher Form durchzuführen. – Widerspruch erhebt sich nicht. Wer dem Gesetzentwurf in der Fassung des endberatenden Ausschusses für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen seine Zustimmung geben will, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben. – Danke schön. Das ist das gesamte Hohe Haus. Die Gegenstimmen bitte ich auf die gleiche Weise anzuzeigen. – Keine. Stimmenthaltungen? – Auch keine. Das Gesetz ist damit angenommen. Es hat den Titel „Gesetz zur Änderung des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen“.

Ich rufe auf:

Tagesordnungspunkt 4

Gesetzentwurf der Abgeordneten Christine Stahl, Dr. Dürr, Münzel und anderer und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

zur Änderung des Bayerischen Schulfinanzierungsgesetzes (Drucksache 14/5916)

Zweite Lesung –

Änderungsantrag der Abgeordneten Pranghofer, Irlinger, Egleder und anderer (SPD) (Drucksache 14/6226)

Ich eröffne die allgemeine Aussprache. Frau Münzel, bitte.

Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! 1999 wurde nicht nur die Einführung der sechsstufigen Realschule beschlossen, gleichzeitig wurde an den Hauptschulen die Möglichkeit eröffnet, so genannte M-Klassen einzurichten, die zu einem mittleren Abschluss an der Hauptschule führen. Die M-Klassen ersetzen die so genannte F 10, die bislang an einigen wenigen Hauptschulen den Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit zu einem mittleren Schulabschluss eröffnete. Gleichzeitig wurde das Schulfinanzierungsgesetz geändert. Während die Kommunen für die F 10 Gastschulbeiträge erheben durften, wurde diese Möglichkeit für die M-Klassen gestrichen. Dies hat zur Folge, dass Kommunen, die an ihren Hauptschulen M-Züge haben, erhebliche finanzielle Aufwendungen für Schülerinnen und Schüler zu tragen haben, die nicht aus ihrem Schulsprengel stammen.

Unser Gesetzentwurf trägt dieser Problematik Rechnung. Nach unseren Vorstellungen soll es möglich sein, dass die Kommunen Gastschulbeiträge für Schülerinnen und Schüler der M-Klassen und -Kurse und – wir stimmen dem Vorschlag der SPD zu – der P-Klassen erheben.

Der Weg, den wir vorschlagen, ist offensichtlich richtig; denn auch die Vertreter der CSU stimmen diesem inhaltlich zu. So erklärte Herr Knauer in der Ausschusssitzung, in der der Gesetzentwurf beraten worden ist, die CSU könne sich mit dem vorliegenden Gesetzentwurf inhaltlich einverstanden erklären. Allerdings stehe die CSU im Wort, da sie angekündigt habe, eine Regelung nach Abschluss der Schulreform durchzuführen. Das Ende der Schulreform sei auf das Jahr 2003 terminiert. Dann machte Kollege Knauer den Vorschlag, die GRÜNEN sollten den Gesetzentwurf bis zum Jahr 2003 zurückstellen.

(Hofmann (CSU): Sehr gut!)

Ich fasse noch einmal zusammen: Das Anliegen im Gesetzentwurf wird von Ihnen geteilt, das Anliegen ist richtig. Allerdings ist nach Ansicht der CSU der Zeitpunkt falsch.

Ich bin zwar der Ansicht, dass es unerheblich ist, ob die Schulreform abgeschlossen ist, weil die Kommunen jetzt schon mit M-Klassen erhebliche finanzielle Belastungen tragen müssen, und dass die Erhebung von Gastschulbeiträgen systemkonform ist, aber Sie haben die Mehrheit. Ich zeige mich durchaus kompromissbereit. Wir können das Gesetz jetzt verabschieden und nach Abschluss der Schulreform in Kraft treten lassen. Ich beantrage daher folgende Änderung. Es soll eingefügt werden: „Dieses Gesetz tritt am 09.09.2003 in Kraft.“ Das ist der Beginn des Schuljahres, in dem die Schulreform abgeschlossen ist. Die Bedingung der CSU, dass die Schulreform abgeschlossen sein müsse, ist erfüllt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Hof- mann (CSU): Das soll der neue Landtag machen! – Weiterer Zuruf von der CSU: Wir können nicht über die Legislaturperiode hinweg beschließen!)

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Das Wort hat nun Frau Pranghofer.

Frau Präsidentin, meine Herren, meine Damen! Es wäre schön, wenn die CSU dem Vorschlag der GRÜNEN zustimmen und heute mit uns gemeinsam diesen Gesetzentwurf verabschieden würde. Am Kopfschütteln der CSU-Abgeordneten erkenne ich aber, dass das nicht gewünscht wird.

(Knauer (CSU): Das ist kein geordnetes Verfahren!)

Wir machen ein geordnetes Verfahren.

Ich möchte noch etwas Überzeugungsarbeit leisten. Es gibt keinen Grund, eine Regelung über Gastschulbeiträge für M-Klassen und, wie wir das im Änderungsantrag wollen, für P-Klassen zu verschieben. Im Gegenteil, es gibt gute Gründe, das jetzt schon zu tun.

(Allgemeine Unruhe)

Hören Sie bitte zu, damit Sie das mitbekommen.

Ich weise darauf hin, dass sich die Schülerzahlen in den M-Klassen und damit die Belastungen der anbietenden Schulträger mit jedem Schuljahr seit der Einführung 1999 ausweiten.

(Knauer (CSU): Daran sehen Sie, wie erfolgreich das Konzept ist!)

Es sind nicht nur mehr Standorte geschaffen worden, sondern an den Standorten gibt es auch mehr Klassen. Damit Sie ein Gefühl bekommen, was das heißt, will ich Ihnen zwei Zahlen nennen: 1999 hatten die Schulträger 6700 Schüler und Schülerinnen in den M-Klassen. Im Jahr 2000 waren es bereits 20000 Schülerinnen und Schüler, die ein M-Angebot besucht haben. In manchen Klassen befinden sich – das wird von den Schulträgern bestätigt – mehr Schülerinnen und Schüler, die von außerhalb kommen, als Schülerinnen und Schüler vom eigenen Schulstandort. Leider lässt sich für Bayern der Kostenumfang nicht korrekt ermitteln, weil es keine Gastschüler-Statistik gibt. Wir können aber davon ausgehen, dass es heute 30000 Schülerinnen und Schüler in M-Klassen gibt, wovon etwa ein Drittel – also 10000 – Gastschüler sind. Das ist ein Volumen von 8,8 Millionen Euro, wenn die jetzt geltenden Gastschulbeiträge von 880 Euro pro Schüler zugrunde gelegt werden. Dies müssen die Schulaufwandsträger derzeit schon leisten.

Ein zweiter Grund, warum das jetzt geändert werden sollte, ist, dass der Zwang, keine Gastschulbeiträge für die mittlere Reife erheben zu dürfen, ein Eingriff in die Selbstverwaltung und Finanzhoheit der Kommunen ist.

(Knauer (CSU): Sie werden nicht gezwungen!)

Als das jetzt geltende Gesetz verabschiedet worden ist, hat man in der Begründung zur Gesetzesvorlage eindeutig formuliert, dass man keine Gastschulbeiträge erheben will, weil man davon ausgehe, dass die Bereitschaft, M-Züge an den Hauptschulen einzurichten, zwar sehr

groß sei, aber das Interesse, Schüler abzugeben, nicht groß sei. Ich möchte die Formulierung zitieren:

In den bisherigen Vorplanungen hat sich gezeigt, dass die meisten Hauptschulen anstreben, an ihrer Schule M-Züge anzusiedeln, hingegen die Bereitschaft gering ist, für M-Züge geeignete Schüler an eine andere Hauptschule abzugeben. Um einen Interessenausgleich vorzunehmen, erscheint es angemessen, die Schulaufwandsträger, die M-Schüler abgeben müssen, von der Zahlung von Gastschulbeiträgen freizustellen.

(Knauer (CSU): Das gilt für die Einführungsphase!)

Ich betone noch einmal: Es waren nicht die Schulaufwandsträger, die freiwillig auf die Gastschulbeiträge verzichtet haben, sondern es ist ihnen gesetzlich auferlegt worden, darauf zu verzichten.

(Knauer (CSU): Die haben sich freiwillig beworben!)

Der Städtetag hat diese Regelung damals schon kritisiert, und wir unterstützen die Meinung des Bayerischen Städtetags, weil das zu einer einseitigen finanziellen Belastung der Kommunen geführt hat.

(Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der Landesgesetzgeber trägt mit der derzeitigen Regelung zu einer Ungleichheit der Kommunen bei. Das kann man nicht hinnehmen. Es ist aber nicht nur ungerecht, sondern es könnte auch dazu führen, dass auf Dauer die wenigsten Gemeinden und Städte bereit sind, auswärtige Schülerinnen und Schüler in größerem Umfang ohne Kostenerstattung in ihre Schulen aufzunehmen.

(Zuruf des Abgeordneten Hofmann (CSU))

Ich frage Sie von der CSU: Bleiben dann wieder die Schülerinnen und Schüler vor allem aus dem ländlichen Raum von diesem Bildungsangebot ausgeschlossen, oder sind Sie bereit, dem weiteren Ausbau von M-Klassen zuzustimmen?

(Hofmann (CSU): Die werden erst dann ausgeschlossen, wenn die Gemeinden bezahlen müssen!)

Das können Sie schon morgen beweisen. Morgen werden die Anträge der SPD zur Hauptschule im Bildungsausschuss behandelt. Dann können Sie beweisen, dass Sie bereit sind, dem Ausbau der M-Klassen zuzustimmen.