Früher gab es das bekannte Nachflugkontingent: 38 Bewegungen für geplante und ungeplante Verspätungen. Das war für die Anwohner konkret fassbar. Sie konnten sich nachts hinstellen und nachzählen und haben sich dann darüber ärgern dürfen, um wie viele Bewegungen die Vorschrift einmal wieder überschritten worden ist. Jetzt gibt es ein Jahreslärmkontingent, also eine Mittelwertberechung über das Jahr. Konkret soll es eine Kontrollrechnung auf Basis der Betriebsdaten des abgelaufenen Kalenderjahres geben für alle Schnittpunkte der An- und Abflugkorridore mit der äußeren Grenzlinie des kombinierten Tag/Nachtschutzgebietes. Ich möchte das nicht noch einmal vorlesen. Sie haben wohl mitbekommen, wie kompliziert die Messung jetzt geworden ist. Im Grunde genommen hat als einzige die Flughafengesellschaft München eine Kontrollmöglichkeit. Somit hat man den Bock zum Gärtner gemacht.
Da das Lärmkontingent auf der Prognose für das Jahr 2010 beruht, heißt das, dass in den nächsten Jahren alles andere als eine Beschränkung stattfinden wird. 100 bis 120 Bewegungen pro Nacht dürften zur Regel werden.
Wir wollen, dass die Staatsregierung über ihre Mehrheitsbeteiligung an der Flughafen München GmbH dafür sorgt, dass es ungeachtet des neuen Änderungsbescheides bei der alten Nachflugregelung bleibt und dass
die dort festgesetzten Bewegungen eingehalten werden. Ich kann mich noch gut daran erinnern, dass der bisherige Flughafenchef Hermsen immer gesagt hat, dass die alte Regelung locker bis zum Jahr 2010 ausreiche. Herr Minister Wiesheu, auch von Ihnen haben wir wunderschöne Zitate gefunden. Herr Magerl hat hier einmal die Aussage getätigt, irgendwann gäbe es 50 bis 60 Bewegungen je Nacht. Herr Wiesheu, Sie haben auf diese Bemerkung des Kollegen Magerl geantwortet: Wer so etwas behauptet, ist ein Lump. Tatsächlich wurden es sehr schnell sehr viel mehr Bewegungen. Ich frage: Wer ist der eigentliche Lump?
Ich gebe aus einer Stellungnahme zum neuen Antrag der Flughafengesellschaft wieder: Es gibt gewichtige Bedenken gegen die Ausweitung; es widerspricht dem Landesentwicklungsprogramm; es widerspricht den Zielen der Staatsregierung und der Europäischen Union: Reduzierung der Belastung durch Fluglärm; es besteht Vertrauensschutz der Bevölkerung; Beibehaltung der Vorgaben des Bundesverwaltungsgerichtsurteils von 1991; Fortschritte bei der Lärmreduzierung von Flugzeugen sollen nicht einseitig flugverkehrswirtschaftlichen Interessen zugute kommen. Wer hat diese Stellungnahme abgegeben? Das war das Bayerische Staatsministerium für Landesentwicklung und Umweltfragen. Dem hat sich das Arbeitsministerium angeschlossen. Das ist alles Schall und Rauch. Man hat diese Stellungnahmen nicht berücksichtigt.
Jetzt komme ich zum Antrag betreffend Subventionierung am Flughafen München II. Wir wollen damit erreichen, dass die Staatsregierung über ihre Mehrheitsbeteiligung an der Flughafengesellschaft dafür Sorge trägt, dass zum einen die Gesellschafterdarlehen endlich verzinst und getilgt werden und dass zum anderen die Subventionierung von Kerosin am Flughafen München II beendet wird.
In den Jahren 1971 bis 1993 sind insgesamt zweieinhalb Milliarden DM an Gesellschafterdarlehen ausgereicht worden, den größten Batzen davon durch den Freistaat Bayern als Mehrheitsgesellschafter. Für diese Darlehen sind weder Zinsen gezahlt noch sind sie getilgt worden.
Das heißt, allein durch diese „zinsfreien Darlehen“ ist die Flughafengesellschaft München, ist die Fliegerei in Milliardenhöhe subventioniert worden.
Auch bei den Treibstoffen ist es im Grunde anachronistisch. Alle anderen Verkehrsmittel müssen ihre Treibstoffe versteuern, nur Kerosin ist bekanntermaßen steuerfrei. Was kommt dazu? Die Flughafengesellschaft München zahlt noch einmal für jeden Interkontinentalflug, das heißt für Flugzeiten über fünf Stunden – das ist die konkrete Regelung –, einen Zuschuss von 30 DM je Tonne Kerosin. Begründet wird das mit den Wettbewerbsnachteilen des Flughafens München II infolge der komplizierten Versorgungswege. Wenn man aber einmal nachfasst, stellt man fest, dass die gar nicht so kompliziert sind.
Wir fordern für die Fliegerei kostenechte Preise und wollen deswegen mit beiden Subventionsspielarten aufhören.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN und des Abgeordneten Hartenstein (parteilos))
Es passt wunderbar ins Bild – Herr Minister Wiesheu, Sie haben neulich dankenswerterweise unsere Anfrage zum Flughafen in Hof beantwortet –, dass dort jeder Fluggast je einfache Strecke Hof – Frankfurt mit 64 DM bezuschusst wird.
Sie sagen, das sei wirtschaftspolitisch sehr wichtig, denn das seien alles Geschäftsleute. Da frage ich Sie, warum die Geschäftsleute so massiv subventioniert werden müssen. Aber für Sie waren die allgemeine Luftfahrt, aber auch der Nahluftverkehr schon immer ein Steckenpferd. Deshalb werden Sie es sich auch nicht nehmen lassen, diese weiter zu hätscheln.
Zum Darlehen: Wenn Sie schon nicht an Zins oder Tilgung denken, dann wandeln Sie es doch bitte in Eigenkapital um. Das wäre viel ehrlicher, weil Gesellschafterdarlehen nun einmal schlicht und ergreifend eigenkapitalersetzend sind.
Speziell bei der Diskussion um den zweiten Antrag, also „Subventionen beenden“, ist in den Ausschüssen auf die Terroranschläge vom 11. September verwiesen worden. Die Sprecherin der SPD-Fraktion im Haushaltsausschuss hat gesagt, in diesem Zusammenhang bräuchte man sogar noch weitere öffentliche Gelder, also noch weitere Subventionen. Hier halten wir uns einmal ausnahmsweise an Sie, Herr Minister. Sie haben uns nämlich im Wirtschaftsausschuss jüngst erzählt, Not leidend seien jetzt die Gesellschaften, denen es bereits vor dem 11. September dreckig gegangen sei, die schlecht gewirtschaftet hätten.
Was wir nicht akzeptieren wollen, ist, dass für den Flughafen München II extrem wachsende Bewegungs- und Fluggastzahlen, nämlich in 13 Jahren mehr als eine Verdoppelung, herbeigeredet und herbeigefördert werden sollen. Da werden wir gegenhalten, dagegen werden wir kämpfen. Da geht es eben nicht um das, was Sie immer erzählen, Herr Minister Wiesheu, um das allgemein für ganz Deutschland auch von der Bundesregierung vorhergesagte Wachstum, sondern Sie wollen ja immer der Weltmeister sein. Ich habe Ihre Jubelchöre im Ohr. Wir kennen die Jubelchöre aus dem Finanzministerium, aus der Flughafengesellschaft oder aus dem Wirtschaftsministerium: Flughafen München, die höchsten Wachstumszahlen; oder: Flughafen München im Jahr 2001 als einziger mit Wachstumszahlen, Abstand zu Düsseldorf immer größer, Abstand zu Frankfurt immer kleiner. Das heißt, für Sie scheint das rasante Wachstum wirklich zum Selbstzweck geworden zu sein, und das darf unseres Erachtens nicht das Ziel sein. Wir bitten deswegen um Unterstützung für unsere Anträge.
Nächster Punkt: der Transrapid. Darüber haben wir in letzter Zeit sehr viele Diskussionen geführt. Ich kann es mir also ersparen, Sie wieder mit vielen Worten zu beglücken. Herr Rotter, Sie nicken sehr freundlich. Ich kann mir aber ein paar Bemerkungen, in mehrere Richtungen kritisch, wie Sie sich vorstellen können, nicht verkneifen.
Herr Minister Wiesheu, gestern war ein Glückstag. Gestern war ein Glückstag für München, für Bayern und für den Bund.
Das ablehnende Votum in der Landeshauptstadt im Rahmen der Stellungnahme zum Raumordnungsverfahren haben wir sehr begrüßt. Wir meinen, dass sich jetzt der Bund und der Freistaat sehr schwer tun werden, dieses Projekt gegen das Votum der Landeshauptstadt durchzudrücken.
Uns freut auch, dass die CSU-Fraktion zu der Einsicht gekommen ist, dass der ursprüngliche Tanz ums goldene Kalb Transrapid, aus dem sich spätestens vor zwei, drei Wochen ein Eiertanz entwickelt hat, beendet ist. Denn am Rahmen hat sich in den letzten Jahren überhaupt nichts geändert. Der Bund war vorher klamm, ist jetzt klamm. Der Bund hat nie so viel Geld versprochen, dass es für beide Projekte auch nur ansatzweise gereicht hätte. Das heißt, es war immer klar, dass auch die Länder ganz massiv in die Finanzierung hineingehen müssen. Es war dann auch klar – und die CSU hat es irgendwann auch zugegeben –, dass man dafür Nahverkehrsgelder angreift, was wir in keinem Fall haben wollten.
Das Argument in der Diskussion: Wir lehnen es jetzt ab, weil wir ja die Osttrasse wollten und jetzt kommt die Westtrasse, ist einfach hanebüchen. Die Osttrasse ist aus ökologischen Gründen erst recht nicht zu genehmigen. Zum einen wären am Speichersee betroffen: FFHGebiet, Natura-2000-Gebiet, Bannwald. Zum anderen war die Idee der Messeanbindung immer eine Schnapsidee, weil der Transrapid eben kein Massenbeförderungsmittel ist. Das Projekt würde aber nur Sinn machen, wenn große Mengen von Menschen in sehr kurzer Zeit zur Messe zu bringen wären. Dazu ist der Transrapid nun einmal nicht geeignet.
Um zu zeigen, wie hier seitens der Staatsregierung gearbeitet wird, schildere ich Ihnen kurz Eindrücke von zwei Veranstaltungen. Die eine war letzten Donnerstagabend im Inhausermoos, eine öffentliche Gemeinderatssitzung zum Transrapid, etwa 300 aufgebrachte Bürgerinnen und Bürger. Es ging so los, dass Ihre Herren, Herr Minister Wiesheu, von der Vorbereitungsgesellschaft erst einmal einen Werbefilm zum Transrapid gezeigt haben, der den Transrapid als Alternative zum Flugzeug darstellte.
Als Nächstes haben die Planungsbüros Karten aufgelegt. Die Schnitte waren aber von anderen Streckenkilo
metern, nämlich vom Kilometer 21, und nicht von 17, um den es konkret ging. Dann kam der Lärmgutachter und sagte: Aber schaut doch mal, in der Nacht habe ich ab da unter 45 Dezibel. Nicht gesagt hat er, dass das die Mittelwerte waren, und wenn der Zug fünf Stunden gar nicht fährt, dann ist der Mittelwert halt doch etwas geringer.
Hier wird also mit allen fiesen und mit allen dummen Tricks gearbeitet. Ich habe nur gestaunt, wie unprofessionell Ihre Leute da vorgehen.
Die andere Veranstaltung war vor zwei oder drei Wochen diese große Transrapid-Bündnis-Eröffnungsveranstaltung, wo getrommelt worden ist, wo man den Nordrhein-Westfalen mit Ihrer Werbekampagne etwas entgegensetzen wollte. Ich bringe zwei Zitate, weil sie so wunderschön sind. Hansi Spitzner, Ihr Staatssekretär, hat gesagt, die S-Bahn light wäre wie Weissbier light. Er braucht es nicht, weil sowohl Weissbier light als auch S-Bahn light nicht den entscheidenden Nutzen bringen. Dann haben wir uns gefragt: Was ist der entscheidende Nutzen? – Das ist der Rausch. Genau um den Rausch geht es Ihnen bei diesem Projekt und um nichts anderes.
Weil ich gerade beim Rausch bin: So heißt auch der Technikvorstand der Bahn, der gleich darauf geredet hat. Was hat Herr Rausch gesagt? Er hat gesagt: der Hauptbahnhof München als Außenstelle des Flughafens. – Genau das wollen wir nun mal nicht.
Wir werden dagegen halten gegen Ihre Kampagne. Eigentlich hatten wir gedacht, sie werde viel großartiger, viel professioneller gefahren, nicht so dilettantisch. Aber das kann uns nur recht sein. Wir meinen einfach, wir haben die besseren Argumente.
Der Transrapid zum Flughafen ist verkehrspolitisch ein völliger Schmarrn. Schauen wir uns die Systemzeit an, schauen wir uns die Brüche an. Das, was Sie vorhin gesagt haben, Herr Wiesheu, zeigt, dass Sie überhaupt keine Ahnung von der Bahn haben, dass Sie wohl nie oder nur ganz selten mit der Bahn fahren. Sie wollen die Autofahrer abgreifen, die aber gleich in Nürnberg, in Augsburg oder in Stuttgart weg von der Strasse in die Bahn und am Hauptbahnhof München dann in den Transrapid umsteigen sollen. Es ist aber überall so: Wenn man versucht, Bahn und Flughafen zu verbinden, macht man das Einchecken ganz am Anfang, also zum Beispiel in Augsburg oder in Nürnberg. Dann wollen Sie noch einmal ein neues Einchecken in den Transrapid machen. Dafür brauchen Sie dann wieder ein oder zwei Züge Puffer, und damit ist Ihr wunderbarer Zeitvorsprung dahin.
Im Übrigen wird es doch weiterhin so sein, dass vom Flughafen München sehr viele Charterfluggäste losfliegen, Familien mit Kindern, mit sieben Koffern und der Gummiente. Die fahren nicht im Transrapid, weil sie am Flughafen eh noch einmal zwei, drei Stunden warten müssen. Die fahren weiterhin mit der S-Bahn, was sie sich leisten können. Die Geschäftskunden aber fahren gleich mit dem Taxi nach Solln und nicht erst mit dem Transrapid zum Flughafen und zurück. Das ist also tatsächlich ein ziemlicher Schmarrn.
Das gilt auch verkehrspolitisch. Herr Minister, es werden ja immer die Systemvorteile gepredigt, also niedriger Energieverbrauch bei konstant 300 Stundenkilometern. Wir haben aber nie irgendwelche konstanten Geschwindigkeiten, weder beim Metrorapid noch beim FlughafenTransrapid.
Weitere Systemvorteile wären hohe Geschwindigkeit, hohe Beschleunigungsfähigkeit, enge Kurvenradien, hohe Steigungsfähigkeit. Das alles braucht man nicht in der Münchner Schotterebene. Das ist doch hirnrissig, wie es hirnrissiger gar nicht sein kann.
Da macht es noch etwas mehr Sinn, Herr Kollege Herrmann. In Deutschland gibt es Großstädte ohne Fernbahnanbindung, weil das Gelände für die Fernbahn zu hügelig ist.
Das ist finanzpolitischer Irrsinn. Das ist unser Hauptargument. Wir sagen: Es kann nicht angehen, Milliarden an Steuergeldern in ein solches Projekt zu stecken, jeden Fahrgast in immenser Größenordnung zu subventionieren, wenn andernorts überall die Gelder fehlen. Wir haben gesehen, dass es eine Finanzlücke gibt. Sie haben das zugegeben. Sie wollen diese Finanzlücke schließen, indem Sie bayerische Nahverkehrsmittel hineinpumpen. Sie können versichert sein, dass wir dies verhindern werden.
Das Projekt darf auf keinen Fall auf Teufel komm heraus durchgepaukt werden, so wie Sie das gerne gehabt hätten und wie Sie es auch der Regierung von Oberbayern auf das Auge gedrückt haben. Sie kennen den Schweinsgalopp im Raumordnungsverfahren, wie schnell zur Zeit die Träger öffentlicher Belange ihre Stellungnahmen abgeben müssen. Auch dieses werden wir zu verhindern wissen.
Ein letzter Satz zu den Herren Wiesheu und Mehdorn. Auf einmal können sie ganz gut miteinander. Auf der anderen Seite, auch heute, hören wir immer wieder von Minister Wiesheu: Die Bahn kann es nicht, die Bahn ist planerisch so schlecht, die Bahn ist organisatorisch so schlecht, die Bahn hat gar nichts drauf. Auf einmal meint er, dass genau die gleiche Bahn, genau die gleiche Gesellschaft dann seinen Transrapid wunderbar betreiben kann. Deshalb die Aufforderung an Sie, Herr Wiesheu – Sie können sie gleich an Herrn Mehdorn weitergeben –: Machen Sie bitte erst einmal Ihre Hausaufgaben,
Wir haben auch hierzu einen Antrag herausgezogen. Sie bekommen ja mit: Wir stellen jede Woche mehrere Anträge zum Thema SPNV, zum Thema Transrapid, zum Thema ÖPNV auf der Straße. Diesmal geht es um „Steuermilliarden lieber für den Schienenverkehr als für den Transrapid“. Die Staatsregierung soll sich beim Bund dafür stark machen – wir tun dies auch –, dass die Gelder, wenn sie schon ausgegeben werden sollen, in andere Projekte fließen. Herr Minister Wiesheu, ich sage Ihnen: Das gilt genauso für das Projekt in NordrheinWestfalen.
Zwei Sätze – vielleicht werden es ein paar mehr; das hängt davon ab, wie viel Zeit ich noch habe – zu den Anträgen der SPD und der CSU.
Zum Dringlichkeitsantrag der CSU „Ansteigende Verkehrsströme sinnvoll bewältigen“. Sie wollen die Mittel im Verkehrshaushalt des Bundeshaushaltes gesteigert wissen. Sie verwahren sich gegen jegliche Einsparversuche. Wir werden diesem Antrag selbstverständlich nicht zustimmen, weil wir die Haushaltslage kennen und weil wir eines nicht wollen: dass nur zu Lasten und auf Kosten sozial Schwacher gespart wird, dass nur bei den Umweltzielen gespart wird. Dagegen werden wir uns verwahren. Deshalb werden wir Ihren Antrag ablehnen.