Realität ist, dass wir heute einen wichtigen Tag für den Tierschutz in Bayern und in Deutschland haben, weil wir das Ziel einer Ergänzung des Grundgesetzes erneut anstreben. Aus vielen Gesprächen, die ich geführt habe und aus Schreiben, die ich erhalten habe, weiß ich, dass das Urteil vom 15. Januar zum Schächten den einen oder die andere – das sind im Übrigen sehr viele – wieder aufgerüttelt hat. Viele sagen: Nein, so nicht, jetzt ist Schluss. Die aus der CSU/CDU-Bundestagsfraktion gegebenen Signale geben Hoffnung, dass im Mai eine Zustimmung erfolgen wird.
Es gibt auch Sorgen, das möchte ich nicht verhehlen. Auch heute gibt es Sorgen und Bedenken bei einem Teil unserer Fraktionsmitglieder und auch in der Landesgruppe. Diese befürchten in Kenntnis einer gewissen Radikalität bei der Vorgehensweise von Frau Künst mit ihrem unsäglichen Charme, dass der Tierschutz im Grundgesetz missbraucht wird, um möglicherweise unserer traditionell wirtschaftenden und arbeitenden Landwirtschaft Prügel zwischen die Beine zu werfen.
Dagegen werden wir uns radikal wehren. Das möchte ich im Auftrag der CSU-Fraktion klar zum Ausdruck bringen.
Wir wollen den Tierschutz im Grundgesetz, aber wir wollen nicht, dass eine für uns wichtige gesellschaftliche Berufsgruppe diskriminiert, ihre Wettbewerbsfähigkeit eliminiert und damit die traditionelle Landwirtschaft in Bayern und Deutschland im Prinzip schrittweise vernichtet wird. Das darf so nicht sein.
Wir haben die Hoffnung, dass die Aufnahme des Tierschutzes in Artikel 20 a des Grundgesetzes nicht dazu führt, dass der alltägliche Verwaltungs- und Verfahrensablauf massiv beeinträchtigt wird und zu völliger Umkehr führt.
Ich sehe es genauso, wie es schon vorgetragen wurde: Es gibt vier Felder, in denen wir zwingend einen Abwägungsprozess benötigen, um manchem Missbrauch – Entschuldigung, wenn ich es so nenne: mancher Schweinerei – Einhalt zu gebieten und Barbaren in diesem Bereich von Ihrem Tun abzuhalten. Zu den vier Feldern zählen die Berufsfreiheit, die Kunstfreiheit, die Religionsfreiheit und die Forschungsfreiheit. Auf diesen Feldern geht es darum, künftig eine Abwägung der Wertig
Ich glaube, Frau Münzel hat das Beispiel mit dem Hochschullehrer und den Primaten gebracht. Ich wollte dieses Beispiel auch anführen. Ich werde noch ein weiteres Beispiel bringen, weil ich zeigen möchte, dass die Zustände schier unfassbar sind. Vor wenigen Wochen noch wurde im Rheinland in einem normalen Theater ein Stück aufgeführt, in dem in jeder Vorstellung zwei Hühner getötet wurden, um das Schauspiel zu unterstreichen. Das ist nicht irgendwann im Mittelalter geschehen, sondern vor wenigen Wochen. Das Theaterstück ist jetzt abgesetzt worden, weil keine Zuschauer mehr kamen.
Der Ihnen vielleicht bekannte „Künstler“ – in Anführungszeichen, für mich verdient er diese Bezeichnung nicht, weil dies eine Beleidigung für andere ernsthafte Künstler ist – Nietsch hat in einem Happening eine Kuh schlachten lassen. Das hat sich in Österreich abgespielt, aber das spielt keine Rolle. Die „Künstler“ – in Anführungszeichen – haben sich anschließend in den Därmen und in dem Blut dieser geschlachteten Kuh gewälzt. Ich denke, an diesem Punkt hört die Kunstfreiheit auf. Damit muss Schluss sein. Das sind Barbaren, die unserem Ansehen und ihrer Berufsgruppe erst recht schaden.
Lassen Sie mich ein vorletztes Beispiel nennen – ich denke, dass es wichtig ist, sich einmal mit so etwas zu befassen: noch einmal die Kunstfreiheit, Amtsgericht Kassel. Da ging es darum, dass einer Künstlerin zugestanden wurde – eine Behörde hatte es vorher verboten –, um zu veranschaulichen, wie Menschen heutzutage noch gequält werden, dass sie einen Wellensittich zuerst in eine klebrige Masse aus Eigelb und Wurststücken getaucht hat, um ihn dann hilflos fliegen zu lassen. Auf weitere Beispiele gehe ich jetzt nicht mehr ein, weil meine Redezeit leider schon zu Ende ist.
In einem gemeinsamen Interview haben Frau Künast und Herr Sonnleitner dies nachdrücklich unterstrichen. Ich fordere heute Frau Künast auf, ihre Versprechen, die sie in diesem Interview am 22. Dezember 2001 gegeben hat, einzuhalten, die Anpassungen zur Umstellung zu einer artgerechten Tierhaltung wo es erforderlich ist, wenn nötig mit Umstellungsförderung, Investitionshilfen, adäquaten Kennzeichnungsvorschriften, Informationskampagnen und voller Rückendeckung in Brüssel zu unterstützen. Das fordern wir für unsere Landwirte ein.
Wir werden Ihren Anträgen zustimmen, verehrte Damen und Herren von der SPD und den GRÜNEN. Ich bitte Sie ebenso, unserem Antrag zuzustimmen. Die Unionsfraktion in Berlin signalisiert Zustimmung für die Entscheidung im Mai. Ich hoffe, heute war ein wichtiger Tag für den Tierschutz in Deutschland und wird es auch im Mai sein.
Staatsminister Sinner (Verbraucherschutzministe- rium) : Herr Präsident, meine Damen und Herren! Angesichts der Einigkeit im Hohen Haus möchte ich ganz kurz die Haltung der Bayerischen Staatsregierung darstellen. Wie eben schon erwähnt wurde, hat die Bayerische Staatsregierung immer schon die Auffassung vertreten, den Tierschutz als Staatsziel in das Grundgesetz aufzunehmen. Auf Bundesebene war dafür keine Mehrheit zu finden.
Die Staatsregierung hat sich am vergangenen Dienstag noch einmal in Vorbereitung auf die Bundesratssitzung am kommenden Freitag mit diesem Thema auseinander gesetzt.
Da auf der Tagesordnung ein bayerischer Antrag – gemeinsam mit Baden-Württemberg – zum Thema „Schächten – Urteil des Bundesverfassungsgerichts – und Tierschutz“ steht, der durch eine Initiative von Nordrhein-Westfalen um die Forderung „Tierschutz im Grundgesetz“ ergänzt wurde, hat das Kabinett beschlossen, diesem unserem eigenen Antrag natürlich zuzustimmen, sodass bereits am Freitag im Bundesrat vermutlich mit großer Mehrheit ein entsprechender Beschluss gefasst werden wird und damit eine politische Meinungsbildung erfolgt. Das heißt, dass die Voraussetzungen für eine Zustimmung des Bundestages, wie Kollege Hölzl eben signalisiert hat, auch im Bundesrat vorhanden sind und damit – so denke ich – eine breite Mehrheit für das Staatsziel „Tierschutz im Grundgesetz“ gesichert ist.
Ich möchte aber dennoch auf einige Problembereiche eingehen und sehr deutlich machen, dass es mit dem Staatsziel „Tierschutz im Grundgesetz“ allein nicht getan ist.
Herr Kollege Hölzl hat zu Recht darauf hingewiesen, dass man, wenn man Tierschutz verwirklichen will, auch Übergangsfristen einräumen und Geld investieren muss. Ich möchte hier beispielhaft an die Hennenhaltungsverordnung erinnern. Da wurde von Bundesministerin Künast sehr schnell eine Übergangsfrist bis zum Jahre 2006 eingefordert. Ich stelle an die Kolleginnen und Kollegen der GRÜNEN und der SPD die Frage, wie sie es bewerkstelligen wollen, dass bis 2006, wenn die Käfighaltung aufhört und wir dafür eine Investitionssumme von zwei Milliarden Euro brauchen, die Umstellung erfolgt. Sie werden zugeben müssen, dass bei 40 Millionen Hühnern, die wir in der Bundesrepublik haben, die Abwanderung ins Ausland erfolgt. Das Ergebnis einer solchen Tierschutzpolitik ist, dass die Hühner dann nicht mehr bei uns hinter Käfigen sitzen, sondern im Ausland.
Das hat mit Tierschutz nichts zu tun. Das heißt, wir sagen ganz klar: Es müssen den Worten auch Taten folgen.
Ich stelle für die Bayerische Staatsregierung fest, dass wir beispielsweise für die drei Millionen Hühner, die wir in Bayern haben, mit einer Investitionssumme von 150 Millionen Euro rechnen. Davon hat der Bayerische Landtag 50%, also 75 Millionen Euro, für die Umstellung bereitgestellt. Wir belassen es also nicht bei Worten, sondern wir helfen der Landwirtschaft und sorgen auch dafür, dass Tierschutz nicht nur auf dem Papier steht, sondern in die Wirklichkeit umgesetzt wird.
Meine Damen und Herren, ich möchte als Weiteres auch das Thema Tiertransporte erwähnen. Es gibt Tiertransporte, die aus unserer Sicht unerträglich sind. Es gibt die Lebendviehtransporte in den Libanon. Wir kämpfen seit Jahren darum, dass diese Lebendviehtransporte aufhören. Möglicherweise hat das Urteil zum Schächten hier sogar einen positiven Effekt, weil Hintergrund dieser Lebendviehtransporte ist, dass in den muslimischen Ländern eben vor Ort geschlachtet wird.
Ich weise aber darauf hin, dass bei uns die Schlachtviehtransporte mit acht Stunden eindeutig zu lange dauern. Wir haben mit unserem neuen Gütesiegel „Geprüfte Qualität“ vier Stunden vorgeschlagen – einschließlich Auflagen wegen der kleinbäuerlichen Struktur. Ich denke, auch das ist ein Beweis dafür, wie man Tierschutz umsetzt.
Meine Damen und Herren, es besteht kein Zweifel, dass es an der Zeit ist, den Tierschutz als Staatsziel ins Grundgesetz aufzunehmen. Ich wollte jedoch darauf hinweisen, dass dem konkrete Taten folgen müssen. Diese werden wir auch von der Bundesregierung einfordern. Ich freue mich, dass der Bayerische Landtag einmütig dieser Zielsetzung zustimmt, und darf für die Bayerische Staatsregierung versichern, dass wir politisch alles tun werden, damit der Tierschutz im Grundgesetz verankert wird.
Wer dem Dringlichkeitsantrag der SPD-Fraktion auf Drucksache 14/8999 seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Gibt es Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Bei vier Stimmenthaltungen der Fraktion der SPD ist der Dringlichkeitsantrag angenommen.
Jetzt stimmen wir über den Dringlichkeitsantrag der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 14/9000 ab. Wer diesem Antrag seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Gibt es Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Bei vier Stimmenthaltun
Wer dem Dringlichkeitsantrag der CSU-Fraktion auf Drucksache 14/9001 seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Gibt es Gegenstimmen? – Keine. Stimmenthaltungen? – Bei vier Stimmenthaltungen der Fraktion der CSU ist dieser Antrag angenommen.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, die Fraktionen von CSU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN haben ihre Redezeit voll ausgeschöpft, die SPD hätte noch fünf Minuten. Ich nehme an, dass Sie zustimmen, wenn ich in Anbetracht dieser Gegebenheit die nächsten Dringlichkeitsanträge nicht mehr aufrufe.
Es handelt sich um den Dringlichkeitsantrag 14/9002 des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN zum Thema „Bericht über mögliche Fälschungen der Pflegedokumentation“ und um den CSU-Dringlichkeitsantrag
14/9003 betreffend „Schaffung einer Kronzeugenregelung“. Sie werden in die zuständigen Ausschüsse verwiesen.
Außerhalb der Tagesordnung gebe ich bekannt, dass eine Reihe von Anträgen für erledigt erklärt wurden. Im Einzelnen verweise ich auf die Ihnen vorliegende Aufstellung. – Das Hohe Haus nimmt davon zustimmend Kenntnis, wie ich sehe.