Das Schwarze-Peter-Spiel und das Hin- und Herschieben von Verantwortung hilft unseren Schülerinnen und Schülern nicht weiter. Konkret geht es jetzt um das nächste Schuljahr. Mir sind momentan nur die Zahlen aus der Landeshauptstadt bekannt. Betroffen sind noch weitere Städte. Wir müssen diesen über 700 jungen Menschen eine Zukunftschance bieten und deshalb kurzfristige Lösungen suchen und finden. Von Ihnen habe ich dazu bisher nichts gehört. Deshalb ist unser Dringlichkeitsantrag so wichtig. Die Zeit drängt. Die jungen Menschen müssen bald wissen, wie es im September weitergehen soll. Ich erwarte von Ihnen dazu noch Aussagen. Vielleicht ist Herr Staatssekretär Freller, nachdem Frau Staatsministerin Hohlmeier momentan nicht da ist, in der Lage, uns Lösungsmöglichkeiten anzubieten. Ich hoffe darauf.
Herr Präsident, verehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wo Rot-Grün regiert, findet bildungspolitische Scharlatanerie erster Ordnung statt. Sie haben gerade den Ebersberger Kreistag zitiert. Wer kohortenweise junge Menschen, die sich auf einen Bildungsweg
gemacht haben, ins bildungspolitische Abseits rasen lässt, ist ein bildungspolitischer Geisterfahrer. Dies geschah wenige Wochen nach der Kommunalwahl.
Sie haben über 700 junge Menschen, die die Zusage für eine Schullaufbahn in München hatten, vor die Tür gesetzt. Sie haben es nicht einmal mit der Wohnortfrage begründet.
Sie sind noch weiter gegangen. Zwischen dem Freistaat und der Stadt München besteht eine informelle Absprache, dass bestimmte Sparten der Fachoberschulen und Berufsoberschulen von städtischer oder von staatlicher Seite getragen werden. Diese jungen Menschen haben keine Ausweichalternative, weil Sie sie aufgrund der nach der Stadtratswahl aufgetretenen Sparnotwendigkeiten mit ihrem speziellen Schulwunsch auf die Straße schicken. Das ist Arroganz und Selbstherrlichkeit.
Nein. Wenn man die Äußerungen von Rot-Grün mit den tatsächlichen Handlungen nach der Kommunalwahl vergleicht, kann man das nur noch mit Arroganz und Scheinheiligkeit erklären.
Was wehtun muss, muss wehtun. Inzwischen sind Gott sei Dank 10% der abgewiesenen Schüler in staatlichen Schulen untergekommen. Dass die bildungspolitische Geisterfahrerei in der Landeshauptstadt kein Einzelfall ist, lässt sich an einem anderen Beispiel festmachen: Betroffen sind nicht nur die Fachoberschulen und Berufsoberschulen, auch die städtischen Gymnasien sind von entsprechenden Abweisungen betroffen.
Herr Kollege Schneider hat auf einen wesentlichen Unterschied zu den staatlichen Anbietern hingewiesen: Die Landeshauptstadt München fährt die Eingangskapazitäten massiv zurück, obwohl keine entsprechende staatliche Angebotspalette in der Landeshauptstadt vorhanden ist.
Dies ist die besondere bildungspolitische Sauerei, die sich hinter diesem Schritt verbirgt. In diesem Fall ist die
gute Übung, die zum Beispiel bei den Berufsschulen zwischen dem Freistaat und der Landeshauptstadt in den vergangenen Jahren praktiziert wurde, nach der der Freistaat bestimmte Angebote aus der Berufsschulpalette nach vorheriger Absprache übernommen hat, mutwillig verlassen worden. Wenn man sich den Umgang mit den Berufsoberschulen etwa am Beispiel des Standorts Antonienstraße ansieht, stellt man fest, welche Bedeutung der Bildungspolitik in der Landeshauptstadt beigemessen wird. Insofern ist das Becken der Krokodilstränen, das heute gefüllt wurde, ozeangroß.
Herr Präsident, Hohes Haus! Frau Abgeordnete Pranghofer, Sie haben die Frage gestellt, ob sich Bayern zu wenig um den akademischen Nachwuchs kümmere. Ich sage Ihnen: München kümmert sich zu wenig um den akademischen Nachwuchs.
(Lachen bei der SPD – Wahnschaffe (SPD): Wer ist denn für Kultur- und Bildungspolitik verantwortlich?)
Meine Damen und Herren, man muss sich vor Augen führen, was momentan in dieser Stadt abläuft. München lässt 700 junge Leute, die darauf vertrauen konnten, dass sie in eine städtische Fachoberschule oder Berufsoberschule gehen können, vor der Türe stehen und lehnt ihre Aufnahme ab. Diesen Leuten ist noch im Februar die Hoffnung gemacht worden, dass sie aufgenommen werden. Das ist ein Skandal erster Güte.
In den 20 Jahren meiner Zugehörigkeit zu diesem Parlament habe ich es noch nicht erlebt, dass 700 Schülerinnen und Schülern, zwei Monate bevor die Schule beginnt, die Tür zugeknallt und ihnen gesagt wird: Wir wollen nicht mehr, wir haben keine Lust mehr. Wir übernehmen euch nicht.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn die Stadt München nicht in der Lage ist, diese Schüler zu beschulen, ist das ein Armutszeugnis für diese Stadt.
In diesem Fall setzt sie die Prioritäten völlig falsch. Ich weiß nicht, was in München alles an Subkultur finanziert wird. Eines weiß ich jedoch: Das Wichtigste ist, in unsere Schülerinnen und Schüler zu investieren.
Nein, ich gestatte keine Zwischenfrage, weil ich erläutern möchte, was in den letzten Monaten gelaufen ist. Mir ist es wichtig, dass die Öffentlichkeit weiß, wie in dieser Stadt fahrlässig oder vorsätzlich gegen junge Leute gehandelt worden ist. Meine sehr verehrten Damen und Herren, erst mehrere Wochen nach dem Anmeldeverfahren hat die Stadt München plötzlich, ohne jeden vorherigen Hinweis, über 700 ordnungsgemäß angemeldeten Bewerbern für die städtischen Fachoberschulen und Berufsoberschulen Ablehnungsbescheide übermitteln lassen. Meines Erachtens sind diese Bescheide rechtswidrig, da sie die Ablehnung mit dem Wohnort, nicht mit der mangelnden Eignung und Leistung der Bewerber begründen. Ich bin sicher, die Stadt wird durch gerichtliche Entscheidungen zu diesen rechtswidrigen Ablehnungsbescheiden noch in Schwierigkeiten kommen.
Ich möchte jetzt aus dem Brief eines Schülers zitieren, der mehr als Bände spricht. Ein abgelehnter Schüler hat Folgendes geschrieben:
Ich bin ein betroffener weil abgelehnter BOS-Bestätigter, der sich nunmehr in Verwaltungsakten um seine Rechte kümmern muss. Meinen Vorgang entnehmen Sie bitte den beigefügten Dateien. Die Dreistigkeit, die Sie der Staatsregierung anzulasten versuchen, haben zweifellos Sie durch die Sparbeschlüsse als Stadtoberhaupt an den Tag gelegt. Nach Ihren sehr wählerwirksamen und populistischen Aktivitäten kehrt nunmehr der Alltag ein. Das heißt schlicht, warum nicht da kürzen, wo es nur die Schwächsten, Schüler und junge Menschen, trifft.
Wie ist es in dieser Realität möglich, Herr Oberbürgermeister Ude, jungen Lernwilligen Mut für initiative Qualifizierungsmaßnahmen zu machen? Gerade erst jetzt hat Ihr Parteivorsitzender, Bundeskanzler Schröder, großmundig erklärt, dass er keine Gesellschaftspolitik unterstütze, bei der die Geldbörse von Vater und Mutter eine Rolle spiele. Meint er stattdessen die willkürliche Finanzpolitik einiger seiner SPD-Statthalter? Junge Menschen motiviert und politikbewusst zu halten, wird durch Ihre Sparmaßnahmen sicherlich nicht gefördert.
Meine Damen und Herren, deutlicher kann man es nicht mehr sagen. Hier hat ein junger Mensch an Ihren Oberbürgermeister geschrieben. Ich bin sicher, er ist nicht der Einzige, der sich in dieser Form äußert. Zuerst wird jungen Menschen etwas zugesagt, dann wollen diese jungen Menschen in die Schule, wollen etwas lernen, wollen ihren Abschluss machen und schließlich wird ihnen gesagt: Nein, bei uns in München ist geschlossen.
Erst Mitte Mai – das muss man sich einmal vor Augen führen – bestätigte nach eindringlicher Anfrage des Kultusministeriums die Münchner Stadtschulrätin, dass an den weiterführenden Schulen der Stadt 13 Eingangsklassen eingespart werden sollen,
Meine Damen und Herren, die anderen von ihnen gerade aufgeführten Städte haben ihre Sorgen im letzten Jahr kundgetan. Die Landeshauptstadt München musste zuerst gefragt werden, bis sie zugab, welche Schwierigkeiten auf uns zukommen. Das ist eine kurzsichtige und verantwortungslose Politik. Ich muss sagen: Ich kann nicht begreifen, wer hier die Verantwortung trägt.
Eine weitere Frage ist interessant: Die Stadt München verhält sich schizophren; es gibt keinen einzigen Antrag aus München – auch das sollen alle wissen –, der auf eine Verstaatlichung einer beruflichen Schule abzielt.
Die Stadt München gehört zu denen, die in den letzten Jahren keine Berufsschule verstaatlichen wollte – jetzt kommt es noch schöner –, die sogar noch – das war allerdings vor der Wahl – die Staatliche BOS Technik als städtische Schule übernehmen wollte. Hier stimmt doch etwas nicht. Das ist eine Haltung, die kein Mensch nachvollziehen kann. Hier wird ein bitterböses Schwarze-Peter-Spiel auf dem Rücken der CSU ausgetragen. Nicht mit uns! So geht es nicht, das muss angeprangert werden.
Frau Pranghofer, nomen est omen. Das muss angeprangert werden, was der Jugend von Seiten der Landeshauptstadt München zugemutet wird. Wir werden das so nicht stehen lassen und werden das mit aller Deutlichkeit sagen. Die Jugend in Bayern und die Eltern haben schon längst begriffen, dass es die rot-grüne Mehrheit in München ist, die diese Verantwortungslosigkeit an den Tag legt.