Protokoll der Sitzung vom 26.06.2002

Genauso nachdrücklich möchte ich Hans Zehetmair ein herzliches Dankeschön sagen, der über zehn Jahre lang darum ringen musste, dass Deutsch, Mathematik und eine Fremdsprache zum Abiturstandard in Deutschland gehören.

(Beifall bei der CSU)

Er musste zehn Jahre lang darum ringen, dass die Qualitätsstandards der Oberstufe auf ein einigermaßen vernünftiges Niveau angehoben wurden.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Dürr (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN))

Er musste viele Jahre darum ringen, dass Leistung nicht diffamiert und als reaktionär bezeichnet wird.

(Beifall bei der CSU)

Ich darf auch meinen Kolleginnen und Kollegen im Bayerischen Landtag herzlich danken, weil sie sowohl mit der Gesetzgebung als auch mit den finanziellen Mitteln, die sie zur Verfügung gestellt haben und die sichtlich über dem Durchschnitt in Deutschland liegen, bessere Bedingungen geboten haben.

Die Pisa-E-Studie wurde mit Widerstreben der A-Länder von den Kultusministern beschlossen. Der inhaltliche Rahmen wurde in den einschlägigen Gremien der Kultusministerkonferenz festgelegt.

(Maget (SPD): Ist das die Wahrheit?)

Herr Maget, das ist die Wahrheit, ich habe das sogar schriftlich.

(Prof. Dr. Eykmann (CSU): Der kann gar nicht lesen!)

Die Pisa-Studie bestätigt die Bildungspolitik der unionsregierten Länder, die ihre Schwerpunkte auf hohe Unterrichtsqualität, zentrale Abschlussprüfungen und ein hohes Leistungsniveau gelegt haben.

Die Pisa-E-Studie verfolgt zwei Anliegen: Zum Ersten bietet die Studie einen Vergleich der Schülerleistungen in den deutschen Ländern verbunden mit einer Überprüfung der Wirksamkeit unterschiedlicher bildungspolitischer Maßnahmen. Zum Zweiten wurde die Fragestellung der internationalen Pisa-Studie erweitert, indem man stärker die Eigenheiten der deutschen Schulsituation berücksichtigte.

Für den Ländervergleich wurde die Stichprobe auf 1500 Schulen erweitert. Das sind zirka 50000 Schülerinnen und Schüler. Aus Bayern nahmen insgesamt 79 Schulen an der Erhebung teil, davon 25 Hauptschulen, 25 Realschulen, 25 Gymnasien, 3 berufliche Schulen und 1 Gesamtschule. An jeder Schule haben sich dem Test 38 Schülerinnen und Schüler unterzogen, die sich jeweils aus 23 Fünfzehnjährigen und 15 Schülern der neunten Jahrgangsstufe zusammensetzen.

Ich komme nun zu den wichtigsten Befunden, zunächst zur Lesekompetenz: Im nationalen Vergleich liegt Bayern bei der Lesekompetenz mit seinem Mittelwert auf dem ersten Platz, im internationalen Vergleich auf der Position zehn hinter Schweden und vor Österreich auf demselben Punkteniveau.

Bayern hat von allen Ländern die größte Gruppe an Schülern, die Leistungen auf der höchsten Kompetenzstufe erbringt, und die kleinste Gruppe an Schülern mit schlechten Leistungen.

(Beifall bei der CSU)

Das bedeutet: Wer insgesamt auf Leistung Wert legt, der gibt auch Kindern aus sozial schwachen Familien und Kindern aus Migrantenfamilien ein erheblich höheres Leistungsniveau mit als all die SPD-regierten Länder, die dauernd behaupten, so sozial zu sein und so gut zu integrieren.

(Beifall bei der CSU)

In Bayern ist der Anteil von Schülern, die nicht zum Vergnügen lesen, deutlich am geringsten. Dies gilt erfreulicherweise auch für die Quote der Buben, die sich mit 46% Nichtlesern deutlich von der Bundesquote von im Durchschnitt 66% um immerhin 20% abheben.

Die besondere Problemgruppe in Deutschland, die Schüler mit Migrationshintergrund, schneidet in Bayern signifikant besser ab. Die Neuntklässler unter diesen Schülern erreichen bei der Lesekompetenz einen Mittelwert von 501, der praktisch dem Bundesdurchschnitt, den die deutschen Schüler insgesamt mit 503 erreichen, gleichkommt. Wissen Sie, was das in der Konsequenz bedeutet? – Das bedeutet, dass bei uns die türkischen Kinder, die Kinder, die Eltern aus Russland haben, und die Kinder, die aus dem ehemaligen Jugoslawien stammen und zum Teil noch gar nicht so lange in unserem Bildungswesen sind, zu einem erheblichen Teil besser abschneiden als viele deutsche Schüler in anderen Ländern.

(Beifall bei der CSU)

Darüber sollte man einmal nachdenken. Das bedeutet auch, dass die Qualität der Bildung bei uns ganz andere Dimensionen erreicht, als das in SPD-regierten Ländern oder lange Jahre von der SPD-regierten Ländern der Fall ist.

(Dr. Bernhard (CSU): So ist es! – Hofmann (CSU): Schämt euch!)

Auch auf dem Gebiet der Mathematik liegt Bayern national auf dem ersten Rang und über dem OECD-Durchschnitt. International belegt der Freistaat hinter Frankreich und vor Österreich Platz 11. Wie beim Lesen weist Bayern auch hier den größten Anteil von Schülern in der Spitzengruppe auf. Trotz des national besten Mittelwerts hat Bayern einen hohen Anteil an Schülern im untersten Leistungsbereich. Dennoch ist diese Risikogruppe im nationalen Vergleich wieder am geringsten. Das heißt, dass wir innerhalb Deutschlands wiederum die wenigsten schwächsten Schüler haben. Mit Blick auf den internationalen Vergleich werden wir in diesem Bereich weiter arbeiten müssen. Wenn man aber Deutschland betrachtet, dann sollten alle diejenigen, die uns immer vorgehalten haben, wir förderten die sozial Schwachen am Schlechtesten, dieses Urteil ganz rasch zurücknehmen.

(Beifall bei der CSU)

Sie sollten zunächst einmal den Stand von Bayern erreichen, und wenn sie den Stand Bayerns erreicht haben, dann können sie vielleicht den Stand erreichen, den Bayern erreicht haben wird, wenn sie den von Bayern erreicht haben. Das war in knapper Abfolge vielleicht auch jetzt ein Pisa-Test zum Zuhören.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Dürr (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN))

Dass Sie das nicht verstanden haben, Herr Dürr, irritiert mich jetzt nicht.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Dürr (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN))

Das ist manchmal tragisch.

Bemerkenswert ist, dass das in Bayern von 95% der Schüler aus Zuwandererfamilien erreichte Niveau in Mathematik deutlich über dem der deutschen Schüler in Nordrhein-Westfalen, in Niedersachsen, in Bremen, in Sachsen-Anhalt und in Brandenburg liegt. Nur die Kinder mit Migrationshintergrund, die in Bayern leben, erreichten dieses hohe Leistungsniveau. Sie liegen sogar wiederum im Mittel des OECD-Durchschnitts. Das heißt, dass sich unsere Förderung sehen lassen kann.

Auch bei den Naturwissenschaften nimmt Bayern im nationalen Vergleich den ersten Platz ein. International befindet sich Bayern auf dem zwölften Platz hinter Schweden. In der obersten Kompetenzstufe liegt Bayern knapp hinter Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein, allerdings auf demselben Punkteniveau bzw. innerhalb von zehn Punkten.

Der Anteil an Schülerinnen und Schülern mit schlechten Leistungen ist auch bei den Naturwissenschaften im nationalen Vergleich in Bayern am geringsten. Um es deutlich zum Ausdruck zu bringen: Den ersten Platz in den Naturwissenschaften verdanken wir in Bayern auch Hauptschulen und insbesondere Realschulen, weil wir im gymnasialen Vergleich im Kompetenzniveau eher gleich mit Schleswig-Holstein und Baden-Württemberg und in diesem Fall nicht mit Abstand vor den anderen

Bundesländern liegen. In diesem Zusammenhang, Herr Maget, darf ich sehr deutlich Ihre Worte – Herr Maget interessiert sich offenbar momentan nicht dafür – – –

Ich darf mich deutlich von dem distanzieren, was Herr Maget in der Zeitung über Hauptschüler gesagt hat. Er sagte, dass der Zugang zur Hauptschule de facto mit einem Schulversagen gleichgesetzt wird. Das halte ich für eine unglaubliche Art und Weise, mit Hauptschülerinnen und Hauptschülern umzugehen.

(Beifall bei der CSU)

Die Jugendlichen mit Migrationshintergrund erreichen in Bayern einen Mittelwert von 479 Punkten. Mit diesem Wert erzielen sie ein Niveau naturwissenschaftlicher Kompetenz, das in Sachsen-Anhalt und Brandenburg gerade von den Schülern deutscher Herkunft erreicht wird.

Pisa-E enthält noch ein bemerkenswertes Ergebnis. Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie haben gut in Erinnerung, wie sehr das bayerische Schulsystem immer als das System kritisiert wurde, das bei den Eltern die größte Unzufriedenheit hervorruft. Sie werden sich sicher an viele Debatten erinnern. Die Pisa-Studie zeichnet ein anderes Bild. Bayern hat mit 57,6% den höchsten Anteil an Eltern, die mit der Schule eher zufrieden oder sehr zufrieden sind, während im Vergleich dazu in Niedersachsen gerade einmal 45,4% der Eltern eher zufrieden oder sehr zufrieden sind. Die Eltern sind auch mit den Leistungsanforderungen in Bayern zufrieden. Bayern weist mit 67,2% den größten Anteil an Eltern auf, welche die Leistungsanforderungen als gerade richtig einstufen. Dieser Anteil ist in anderen Ländern deutlich niedriger.

Der Anteil der Eltern, welche die Leistungsanforderungen in der Schule als zu niedrig einschätzen, ist in Bayern mit großem Abstand am geringsten. Er beträgt nur 14,2%. Man möge sich einmal Bremen ansehen. Dort glauben 41% der Eltern, dass das Leistungsniveau zu niedrig ist. In Niedersachsen sind es immerhin noch 34,2% und in Nordrhein-Westfalen ebenfalls über 33%.

(Zuruf des Abgeordneten Hofmann (CSU))

Vielleicht sollte das zum Nachdenken Anlass geben.

Aber nicht nur die Eltern scheinen zufrieden zu sein, sondern auch die bayerischen Schülerinnen und Schüler sind es im bundesweiten Vergleich erheblich mehr als andere. Wenn man die Tatsache geringster Unterrichtversäumnisse, wie sie zumindest die Pisa-Dokumentation wiedergibt, wie Fehlen, Schwänzen und Verspätungen als Indikator für Schülerzufriedenheit oder eine gewisse Disziplin von Schülerinnen und Schülern nimmt, dann liegt Bayern weit an der Spitze. Mit 76,2% der Fünfzehnjährigen, die nie fehlten, bedeutet das, dass wir in Deutschland weit voran sind in punkto Disziplin, Pünktlichkeit und auch wenig Verspätung. Das ist auch ein Kompliment an die Generation junger Menschen in unseren Schulen, das wir ihnen vom Parlament aus machen dürfen.

(Beifall bei der CSU)

Ich möchte noch einige Zusammenhänge aufzeigen. Bei der nationalen Pisa-Studie wurden auch die Gymnasien der deutschen Ländern miteinander verglichen. Bayern bleibt auch beim Vergleich der Gymnasien in der Gesamtleistung an der Spitze. Gleichzeitig weist Bayern eine geringere Leistungsstreuung auf. Das heißt, dass der Abstand zwischen den besten und den schlechtesten Schülern in Bayern am kleinsten ist. Ich möchte das insbesondere gegenüber Herrn Maget und Frau Münzel betonen. Herr Professor Baumert hat es folgendermaßen sinngemäß – seinen genauen Wortlaut kann ich nicht wiedergeben – ausgedrückt: Die Länder, die in Deutschland einen besonders breiten Zugang zum Gymnasium haben, haben noch lange nicht das höchste Bildungsniveau für ihre Schülerinnen und Schüler. Das heißt, dass so mancher Schüler bei uns aus der Hauptschule oder Realschule ein höheres Bildungsniveau als Schüler von Gymnasialzweigen von Gesamtschulen oder Gymnasialschüler anderer Länder aufweist.

(Beifall bei der CSU)

Das wiederum bedeutet in der Konsequenz, dass man zwar auf einem niedrigen Niveau in anderen Ländern Abitur machen kann, aber ein Abiturzeugnis bekommt, ohne die notwendigen Qualifikationen zu haben.

(Beifall bei der CSU – Zuruf des Abgeordneten Dr. Dürr (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Ich vertrete die Auffassung, dass auch die Kinder in SPD- oder grünregierten Ländern den Anspruch auf ein hohes Bildungsniveau haben, weil ich glaube, dass sie grundsätzlich hohen Anforderungen genauso standhalten könnten wie die bayerischen Schülerinnen und Schüler. Daher kann mich keine Zufriedenheit befallen. Ich empfinde es auch als Gerechtigkeitslücke, dass wir bayerischen Schülerinnen und Schülern ein international hohes Niveau abfordern, das wir zum Teil sogar noch steigern müssen, während sich andere hauptsächlich mit dem Zugang auf niedrigem Niveau zufrieden geben und erklären, dafür sei bei ihnen die Leistungsstreuung vielleicht nicht ganz so groß. In der Tat ist die Leistungsstreuung dort sogar noch größer – und das auf niedrigem Niveau. Das halte ich für eine Katastrophe in diesen Ländern.

(Beifall bei der CSU)

Im Zusammenhang mit den Gymnasien wird regelmäßig ein Argument vorgebracht. Frau Münzel, Sie haben diese Behauptung auch wieder aufgestellt. Es ist das Argument, dass wir angeblich eine so geringe Abiturientenquote hätten usw. Als Erstes bitte ich Sie, sich einmal zu vergegenwärtigen, dass bei den Neuntklässlern Niedersachsen und ein weiteres Land unterhalb der Gymnasialquote Bayerns liegen.