Wir haben es hier nicht mit der Großstadtpolizei zu tun, die den Täter nicht kennt, sondern in der Regel sind sowohl Täter als auch Opfer der Polizei gut bekannt. Die Polizei soll die Möglichkeit haben, auf bestimmte Tatbestände etwas moderater zu reagieren. Es ist besser, einen Platzverweis auszusprechen, als sich nicht zu trauen, die große Keule zu schwingen.
Das andere Argument ist noch politischer und noch weniger juristisch. Das Gewaltschutzgesetz soll nicht zu permanenten Polizeieinsätzen führen, in deren Rahmen Gewalttäterinnen und Gewalttäter ihrer Wohnung verwiesen werden und andere zurückbleiben. Dieses Gewaltschutzgesetz soll vielmehr dafür sorgen, dass Gewalt in der Familie erst gar nicht auftritt. Das heißt, dass das Gesetz eine abschreckende Wirkung haben soll. Es soll den Willen des Bundestags und des Landtags deutlich machen, dass wir nicht mehr gewillt sind,
Gewalt in der Familie – in welcher Form auch immer – zu tolerieren, sondern diese ahnden wollen und auch werden.
Es hat eine abschreckende Wirkung, wenn ein Mann – in der Regel ist der Täter ein Mann – einige Tage der Wohnung verwiesen wird. In Österreich führte das Gesetz dazu, dass in den meisten Fällen Schluss mit der Gewalt in der Familie war. Es hat ausgereicht, dass der Polizist einmal in Uniform vor der Tür stand und dem Gewalttäter erklärt hat, dass Gewalt nicht toleriert wird und der Mann sonst der Wohnung verwiesen wird. Meistens geht der Gewalttäter dann zu seiner Mutter oder sonst wo hin.
In 50% der Fälle hat dieser Warnschuss des Staates in Österreich gereicht – das ist wissenschaftlich erhoben worden –, dafür zu sorgen, dass die Männer ihren Frauen gegenüber nicht mehr gewalttätig werden. Wir erhoffen uns das auch für Deutschland. Dies geht aber nicht, wenn man gleich die große Keule schwingt.
Wir wollen versuchen, dem Täter mit dem Gewaltschutzgesetz einen Schuss vor den Bug zu versetzen, um die Gewalt aus unseren Familien zu verbannen. Wenn sich in ein oder zwei Jahren herausstellen sollte, dass der Schuss vor den Bug nicht ausreichend war, dann können wir uns immer noch überlegen, ob wir andere Maßnahmen ergreifen müssen, die möglicherweise ganz anders ausschauen.
Wir haben vorhin völlig unbemerkt einen Antrag der SPD-Fraktion angenommen, der in das Paket gehört. Es geht um die Kampagne der Staatsregierung zur Bekämpfung der Gewalt in der Familie und zur Bekämpfung der Gewalt gegen Frauen. Dies ist ein wichtiger Beitrag. Wir halten ihn für mindestens genauso wichtig wie die Frage, welche Gesetze wir auf Landesebene ändern.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! In der Bewertung des Problems der häuslichen Gewalt sind wir uns in diesem Haus alle einig. Wir verurteilen sie. Den Weg, wie wir häusliche Gewalt verhindern können, sehen wir jedoch unterschiedlich.
Gewalt in der Familie gilt inzwischen als die weitest verbreitete Form der Gewalt, die ein Mensch in seinem Leben erfahren oder beobachten kann. Bedauerlicherweise hat sich die Situation in den letzten Jahren verschärft. Die Bundesregierung hat in der Antwort auf eine parlamentarische Anfrage ausgeführt, dass nach aktuellen Schätzungen jährlich circa 45000 Frauen mit ihren Kindern Zuflucht außerhalb ihrer Wohnung vor allem in
Frauenhäusern und Schutzwohnungen suchen. In Bayern gibt es derzeit 38 Frauenhäuser mit 337 Plätzen für Frauen und über 420 Plätzen für Kinder.
Schon seit vielen Jahren nehmen sich Frauenhäuser und Notrufeinrichtungen, soziale Einrichtungen und Opfer-Schutz-Initiativen den Opfern häuslicher Gewalt an. Ich meine, dass wir an dieser Stelle den Menschen danken sollten, die sich in besonderer Weise einsetzen.
Häusliche Gewalt ist ein Phänomen, dessen Existenz und Allgegenwärtigkeit in unserer Gesellschaft sowohl von den Opfern als auch von den Tätern und Mitwissern nach außen hin häufig tabuisiert wird. Insbesondere für die Kinder ist die Gewalt in der Familie problematisch, selbst wenn sie nicht unmittelbar betroffen sind, weil sie in diesem von Gewalt geprägten Umwelt aufwachsen müssen.
Häusliche Gewalt ist ein Phänomen, dass oft über Jahre hinweg über die Betroffenen enormes Leid bringt und die Gesellschaft als Ganze belastet. Häusliche Gewalt ist nicht nur eine äußerst unerfreuliche, sozial schädliche Erscheinung in unserer Gesellschaft, sondern sie ist auch eine verabscheuungswürdige kriminelle Handlung, die in höchstem Maße gegen die Werteordnung unserer Verfassung verstößt.
Die Opfer häuslicher Gewalt empfinden es naturgemäß als besonders schmerzvoll, dass sie in einem Umfeld, in dem man normalerweise Sicherheit und Geborgenheit, Liebe und Solidarität erwartet und erwarten kann, in ihren elementaren Rechten verletzt werden. Der Staat hat die Aufgabe, das Leben, die körperliche Unversehrtheit und die Handlungsfreiheit der Bürgerinnen und Bürger zu schützen. Diese Aufgabe auch im sozialen Nahraum zu erfüllen, ist mit ganz speziellen Schwierigkeiten verbunden; denn zum einen genießt die Wohnung einen grundrechtlichen Schutz gegenüber staatlichen Eingriffen, andererseits darf der staatliche Schutz von Opfern nicht dadurch eingeschränkt werden, dass die Angriffe in der Wohnung oder im sozialen Nahraum erfolgen.
Der Staat, die Politik und ganz besonders die Polizei nehmen diese Gewalt sehr ernst und sehen sie nicht als Privatsache der betroffenen Opfer an. Die kriminologische Forschungsgruppe der bayerischen Polizei hat bereits 1987 die Gewalt von Männern und Frauen untersucht. Die dadurch gewonnenen Erkenntnisse über die Art und den Umfang der Gewalt in den Familien sind die Grundlage für die heutige Bekämpfung dieses Phänomens. Als weitere Konsequenz dieser Studie wurden bereits – also vor 15 Jahren – 1987 bei jedem Polizeipräsidium Beauftragte der Polizei für Frauen und Kinder eingerichtet. Inzwischen gibt es in jedem Polizeipräsidium zwei Beamtinnen, die hauptamtlich in diesem Bereich tätig sind. Es wurden Merkblätter zur Sensibilisierung der Öffentlichkeit, aber auch ein polizeiinternes Faltblatt über Gewalt in Familie und Partnerschaft aufgelegt. Darüber hinaus gibt es zahlreiche und umfangreiche Modellprojekte der Polizei wie beispielsweise in Passau, Nürnberg und Schweinfurt. Im Jahr 1994 hat die Bayerische Staatsregierung eine interministerielle Arbeitsgruppe eingerichtet, die sich ebenfalls mit diesem Problem beschäftigt hat und ein Modell zur Krisenbewälti
gung bei häuslicher Gewalt entwickelt hat. Die Vorarbeiten sind umfangreich und ausgezeichnet erledigt worden.
Wir haben nun seit dem 1. Januar dieses Jahres das Gewaltschutzgesetzes des Bundes. Durch dieses Gewaltschutzgesetz kann ein Opfer häuslicher Gewalt mit Hilfe von Gerichten durchsetzen, dass es in der Wohnung verbleiben kann und der prügelnde Partner bzw. die prügelnde Partnerin die Wohnung verlassen muss. Vor Gericht kann auch eine vorläufige Schutzanordnung oder sogar eine Wohnungsüberlassung erwirkt werden. Wir haben uns jetzt mit der Frage zu beschäftigen, ob zur Durchsetzung dieses Gewaltschutzgesetzes das Polizeiaufgabenrecht ausreicht oder nicht. Die Fraktion der GRÜNEN hat einen Gesetzentwurf eingebracht, den Artikel 16 des Polizeiaufgabengesetzes zu verschärfen. Wir sind der Meinung, dass diese Forderung unnötig ist, weil das bestehende Polizeirecht ausreicht.
Der Ausschuss für Kommunale Fragen und Innere Sicherheit hat zu dem Gesetzentwurf eine Anhörung durchgeführt, als deren wesentliches Ergebnis festzuhalten ist, dass ein polizeigesetzgeberischer Handlungsbedarf zur Bewältigung der Gewalt im sozialen Nahraum nicht besteht. Vielmehr hat sich herausgestellt, dass die vorhandenen Ermächtigungen für die Polizei ausreichend.
Mit Wirkung vom 1. Januar 2002 ist eine Rahmenvorgabe zur polizeilichen Bekämpfung der häuslichen Gewalt, die das bayerische Landeskriminalamt im Auftrag des Innenministeriums zusammen mit den Beauftragten der Polizei für Frauen und Kinder der Polizeipräsidien erarbeitet hat, in Kraft gesetzt worden. Diese Handlungsanleitung flankiert das Anfang 2002 in Kraft getretene Bundesgesetz und gibt eine sehr praktikable und umfangreiche Anleitung dafür, wie im Einzelfall bei physischer und psychischer Gewalt innerhalb ehelicher oder nichtehelicher Lebensgemeinschaften sowie bei Gewalt, die in Trennungssituationen entsteht, umgegangen wird.
Das Ziel dieser Handreichung ist es, die Maßnahmen zur Verhinderung und Verfolgung häuslicher Gewalt zu intensivieren und – das sage ich ganz ausdrücklich – den Schutz der Opfer zu verbessern. Sie enthält auf der Basis des vorhandenen rechtlichen Instrumentariums des Polizeiaufgabengesetzes konkrete Handlungsanleitungen für die Polizei zum Schutz und zur Information der von häuslicher Gewalt betroffenen Personen. Sie enthält konkrete Anleitungen zum polizeilichen Einschreiten am Tatort, zur Sachbearbeitung sowie zur Dokumentation der polizeilichen Erkenntnisse und Maßnahmen. Mit diesem Konzept kann die Polizei dem Problemfeld häuslicher Gewalt umfassend begegnen.
Auch die Innenministerkonferenz hat sich mit diesem Thema befasst und am 10. Mai vorigen Jahres einen auch von Bayern mitgetragenen Beschluss verabschiedet, in dem festgestellt wird, dass die bestehenden polizeirechtlichen Befugnisse ausreichen, um im Rahmen akuter Krisenintervention vor häuslicher Gewalt wirksam zu schützen. Ich betone ausdrücklich, dass wir hier, anders als Sie, keine Schutzlücke sehen. Darin befinden
Ich will anhand einiger Punkte unsere Wertung Ihres Gesetzentwurfs darstellen. Bereits Artikel 16 des Polizeiaufgabengesetzes ermöglicht in seiner jetzigen Fassung die Wegweisung des gewalttätigen Mitwohnungsinhabers zur Verhinderung weiterer Gewalttätigkeiten. Zwar sieht dieses Gesetz – das ist richtig – nur einen vorübergehenden Platzverweis vor. Ein zeitlicher Rahmen von mehreren Tagen, bis das Instrumentarium des zivilrechtlichen Schutzes des Gewaltschutzgesetzes greift, ist hiervon jedoch ausdrücklich umfasst. Die Polizeibeamten werden in jedem konkreten Fall den zeitlichen Umfang der Platzverweisung vor Ort prüfen müssen. Als Grundlage für diese Entscheidung wird eine individuelle Gefahrenprognose für das Opfer und die Abschätzung der durchschnittlichen Dauer bis zur Wirkung zivilrechtlicher Maßnahmen genau zu überlegen sein. Zwar werden die Gerichte in unterschiedlichen Regionen dafür unterschiedliche Zeiträume vorsehen, aber wir halten das Polizeiaufgabengesetz für so flexibel, dass es auf diese regionalen Unterschiede eingehen kann.
Auf der Basis des Artikels 16 PAG ist auch der Verweis eines Inhabers aus seiner eigenen Wohnung zulässig, wenn die Maßnahme zur Abwehr einer gegenwärtigen erheblichen Gefahr erforderlich ist. Das ist wiederum individuell einzuschätzen.
Unser Gesetzentwurf zur Videoüberwachung enthält in Ziffer 2 die verfassungsrechtlich erforderliche Absicherung, um einen Inhaber auch aus seiner eigenen Wohnung zu verweisen. Im Übrigen darf die Platzverweisung den Zeitraum, der erforderlich ist, um eine zivilgerichtliche Schutzanordnung zu erwirken, nicht übersteigen. Das muss Hand in Hand mit der Beurteilung der Polizei und der Gerichte in den verschiedenen Regionen gehen. Eine generelle zeitliche Begrenzung polizeirechtlicher Platzverweise durch Festschreibung einer zulässigen Höchstdauer, wie Ihr Gesetzentwurf das mit seiner Frist von zehn Tagen und einer weiteren Verlängerungsmöglichkeit tut, erscheint uns als nicht zweckmäßig. Die zeitliche Dauer muss sich insbesondere unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit am jeweiligen Einzelfall und der bestehenden Gefahrenlage orientieren.
Das Polizeiaufgabengesetz regelt auch noch eine Fülle anderer Maßnahmen, auf die ich jetzt nicht im Detail eingehe. Eines möchte ich aber sehr ausdrücklich sagen: Die Maßnahme einer polizeilichen Wegweisung ist, für sich genommen, nicht geeignet, dem Problem ausreichend zu begegnen. Sie kann nur der Krisenintervention in den ersten Tagen dienen. Die längerfristige Regelung der familiären Verhältnisse und die Beratung, bis ein Opfer zu einer Entscheidung kommt, ist Aufgabe des Zivilrechts, das dafür ein geeignetes Instrumentarium zur Verfügung stellen muss.
schuss, ab, weil wir der Meinung sind, dass das nicht notwendig ist. Die Handlungsanleitung gewährleistet die sachgerechte Problembewältigung. Zusätzlicher Ausund Weiterbildungsprogramme, die Sie hier ansprechen, bedarf es nicht.
Ich fasse zusammen und stelle klar: Wir unterstützen ausdrücklich die Inhalte des Gewaltschutzgesetzes, weil es die Position der Opfer wesentlich stärkt. Wir halten es aber für besser, einen gewalttätigen Ehemann oder eine gewalttätige Ehefrau oder einen gewalttätigen Lebenspartner zumindest zeitweise aus der Wohnung zu entfernen, anstatt den Opfern weitere Unannehmlichkeiten, zum Beispiel die Flucht ins Frauenhaus, zuzumuten. Die Opfer erhalten Hilfe bei Polizei, Justiz, Behörden und verschiedenen Institutionen. Wir halten es auch für sinnvoll und notwendig, dass bei häuslicher Gewalt in Zukunft alle polizeirechtlichen und strafrechtlichen Mittel ausgeschöpft werden. Ich betone nochmals, dass die polizeirechtlichen Möglichkeiten ihre Grenzen haben und mit deren Hilfe auch nur die erste Krisensituation gemeistert werden kann. Wir lehnen daher Ihren Gesetzentwurf und die begleitenden Anträge ab.
Staatssekretär Regensburger (Innenministerium) : Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren Kollegen! Durch die Ausführungen von Frau Stahl hätte der Eindruck entstehen können, die Staatsregierung würde nicht alles Notwendige und Veranlasste zum Schutz von Opfern häuslicher Gewalt tun. Ich darf deshalb kurz die Position der Staatsregierung darstellen.
Ich stimme ausdrücklich der Feststellung der GRÜNEN und auch der SPD zu, dass der Schutz von Opfern häuslicher Gewalt eine wichtige Aufgabe ist, nicht nur der Polizei, sondern der gesamten Gesellschaft. Es ist allerdings interessant, dass die GRÜNEN offensichtlich der Auffassung sind, das Gewaltschutzgesetz des Bundes, das sie selbst mit auf den Weg gebracht haben, biete den Opfern häuslicher Gewalt keinen ausreichenden Schutz und bedürfe deshalb der Ergänzung.
So anerkennenswert es ist, dass sich die GRÜNEN dieser wichtigen Problematik annehmen, muss ich sie doch darauf hinweisen, dass die notwendigen Regelungen bereits seit langem im Bayerischen Polizeiaufgabengesetz existieren. Die bayerische Polizei ist also keineswegs rückständig, auch wenn Sie immer wieder versuchen, diesen Eindruck zu erwecken. Artikel 16 des PAG ermöglicht bereits in seiner jetzigen Fassung die Wegweisung eines gewalttätigen Wohnungsinhabers zur Verhinderung weiterer Gewalttätigkeiten sogar dann, wenn er der alleinige Wohnungsinhaber ist. Ich müsste eigentlich auch immer die weibliche Form all dieser Begriffe verwenden, weil auch die Frauen in dieser Beziehung nicht reine Unschuldslämmer sind.
Nach der Statistik der Polizei waren in den ersten drei Monaten dieses Jahres über 13% der Opfer häuslicher Gewalt Männer.
Meine Damen und Herren, Artikel 16 PAG sieht zwar nur einen vorübergehenden Platzverweis vor, dieser kann jedoch einen zeitlichen Rahmen von mehreren Tagen umfassen, eben so lange, bis das Instrumentarium des Gewaltschutzgesetzes greift. Die Aufnahme gesonderter Regelungen über Betretungs- und Kontaktaufnahmeverbote ist entbehrlich; denn bereits Art. 16 PAG erfasst sowohl die Befugnis, eine Platzverweisung auszusprechen, als auch die Befugnis, dem Störer oder der Störerin das Betreten des Ortes zu verbieten.
Kontaktaufnahmeverbote können als so genannte atypische Maßnahmen auf Artikel 11 PAG gestützt werden. Wohnungsschlüssel können bereits nach Artikel 25 PAG sichergestellt werden. Der Gesetzentwurf der GRÜNEN ist also nicht nur entbehrlich, sondern er schießt über das Ziel hinaus und ist seinerseits verfassungsrechtlich bedenklich. Polizeiliche Maßnahmen sind nämlich nur so lange zulässig, bis ihr Zweck erreicht ist. Das heißt, die Dauer einer polizeilichen Maßnahme beurteilt sich immer nach den konkreten Umständen des Einzelfalls. Nach den Plänen der GRÜNEN sollen aber die Wohnungsverweise und das Betretungsverbot ohne eine nähere Prüfung des Einzelfalls für die Dauer von zunächst zehn Tagen angeordnet werden können, also unter Umständen viel länger, als es im Hinblick auf die örtliche Situation notwendig ist.
Meine Damen und Herren, wir haben in letzter Zeit sehr viel für eine noch wirkungsvollere Bekämpfung der häuslichen Gewalt getan. Wir haben eine umfassende Rahmenvorgabe zur Bekämpfung häuslicher Gewalt erstellt, die das Ziel verfolgt, Maßnahmen zur Verhinderung und zur Verfolgung häuslicher Gewalt zu intensivieren und damit den Schutz der Opfer noch weiter zu verbessern. Ich weiß nicht, ob Sie alle diese umfängliche Rahmenvorgabe gelesen haben. Dort ist auch die Frage, die vorhin bezüglich der Verhaltensweise der Staatsanwaltschaft gestellt wurde, angesprochen. Ich möchte kurz aus dieser Rahmenvorgabe den einschlägigen Passus zitieren:
Vonseiten der Staatsanwaltschaften wird dem Phänomen „häusliche Gewalt“ ebenfalls mehr Bedeutung beigemessen. So sollen nach Weisungen der Generalstaatsanwaltschaft in Bayern Opfer häuslicher Gewalt nicht mehr auf den Privatklageweg verwiesen und das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung auch ohne Vorliegen eines Strafantrags vermehrt bejaht werden.
Dieser Punkt wurde vorhin in der Diskussion angesprochen. Eckpunkte dieser Rahmenvorgabe sind Handlungsanleitungen für die Polizeibeamten, damit das polizeiliche Befugnisinstrumentarium zum Schutz der von häuslicher Gewalt betroffenen Personen voll ausgeschöpft wird. Mit diesen Handlungsanleitungen soll den Beamten sowohl rechtliche als auch praktische Handlungssicherheit gegeben werden. Darüber hinaus haben
wir die polizeiliche Sachbearbeitung durch die Einrichtung so genannter Schwerpunktsachbearbeiter weiter verbessert, die den Opfern als direkte Ansprechpartner zur Verfügung stehen und daneben die polizeiliche Arbeit mit den Hilfsangeboten anderer Behörden und Institutionen vernetzen sollen. Wir haben zusätzlich eine Broschüre erstellt, die den Behörden und Institutionen Informationen über das polizeiliche Einschreiten bei häuslicher Gewalt gibt und vor allem den Betroffenen ihre Rechte und Hilfsmöglichkeiten aufzeigt. Diese Broschüre kommt bei allen Beteiligten hervorragend an. Die ersten 20000 Exemplare dieser Broschüre sind bereits vergriffen, sodass wir eine Neuauflage in Angriff nehmen müssen.
Für die Bayerische Staatsregierung darf ich Ihnen nochmals versichern, dass uns das Thema „häusliche Gewalt“ weiterhin sehr am Herzen liegen wird. Für mich ist es ein persönliches Anliegen, dass wir die betroffenen Opfer wissen lassen, dass sie bei der Polizei und bei der Justiz wirkungsvolle Hilfe finden werden. Daher schöpft die bayerische Polizei bei der Bekämpfung der häuslichen Gewalt alle ihr zur Verfügung stehenden Mittel weiterhin aus. Eine Änderung des Polizeiaufgabengesetzes ist – wie schon mehrfach ausgeführt – entbehrlich; denn die bayerische Polizei kann bereits jetzt alles tun, um unabhängig von anderen Hilfsangeboten mit polizeirechtlichen und strafrechtlichen Mitteln häusliche Gewalt umfassend und wirkungsvoll zu bekämpfen. Ich bitte Sie deshalb um Ablehnung des Gesetzentwurfs des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. In diese Bitte schließe ich die SPD ein, die sich bei den Beratungen im Ausschuss bereits entsprechend verhalten hat.
Die Aussprache ist geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Zunächst lasse ich über den Initiativgesetzentwurf auf Drucksache 14/6641 abstimmen. Ich gehe davon aus, dass über den Gesetzentwurf nur noch in der geänderten Fassung abgestimmt werden soll. Der federführende Ausschuss für Kommunale Fragen und Innere Sicherheit empfiehlt auf Drucksache 14/9928 die Ablehnung des Gesetzentwurfs in der geänderten Fassung. Wer entgegen der Beschlussempfehlung des federführenden Ausschusses für Kommunale Fragen und Innere Sicherheit dem Gesetzentwurf zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Gibt es Gegenstimmen? – Das sind die Fraktionen der CSU, der SPD und Herr Kollege Hartenstein. Der Gesetzentwurf ist abgelehnt und damit auch der Änderungsantrag 14/7366.