Ich spreche vielleicht besser zum nächsten Punkt – sonst regt sich die Opposition zu sehr auf –, Bayern hätte zu viele Schüler, die die Hauptschule ohne Abschluss verlassen. Ich darf Ihnen sagen: Es sind in fast allen Ländern gleich viele Schülerinnen und Schüler. Zwischen Bayern und anderen Ländern gibt es kaum Unterschiede.
Ich darf Ihnen aus der Pisa-Studie etwas zum Lesen mitgeben; man muss sie nur genau studieren. Ich gehe damit auf Frau Schieder ein, die sagt, 20% der Schüler am Gymnasium schaffen den Abschluss nicht und fallen durch. Ich darf Ihnen vorlesen, wie viele durchfallen und zurückgestellt werden. Sie können die Zahlen im Einzelnen haben, oder sie können es zusammengefasst haben. Ich nenne sie der Einfachheit halber zusammengefasst: In Bayern sind es 29,8%, im viele Jahre SPD-regierten Hessen sind es immer noch 33% – die Zahl sinkt aber seit 1999 –, in Niedersachsen sind es 34,8%, in Nordrhein-Westfalen sind es 32,9%, in Rheinland-Pfalz
sind es 30,0%, in Schleswig-Holstein sind es gar 44,7% und in Bremen sind es 42,3%, bezogen auf alle Schularten.
Ich stelle die Frage: Wer versucht, seine Schüler zu fördern und durchzubringen, und wer tut das weniger?
Ich bin nicht stolz darauf. Ich stelle nur fest, dass der Vorwurf an Bayern, wir hätten wesentlich mehr als andere Länder, schlichtweg falsch ist.
Das ist ein Fakt. Herr Dr. Dürr, ich stelle fest, dass Sie einer derjenigen waren, die sich am meisten gegen Praxisklassen gewehrt haben. Diese Klassen eröffnen jungen Menschen, die an der Hauptschule Schwierigkeiten haben, noch die meisten Chancen.
Im Anschluss daran haben 60% entweder einen Ausbildungsplatz oder machen den Hauptschulabschluss. Die Praxisklassen wachsen sich mittlerweile zu einem großen Erfolg aus; in der Arbeit wird immer mehr Erfahrung damit gewonnen.
Ich komme zum Thema Ganztagsschule. Ich stelle die Behauptung auf: Ganztagsschulen sind nicht die Lösung für die Probleme, die in der Pisa-Studie offenbart werden. Die Qualität des Unterrichts in Deutschland muss sich verbessern; das ist meine These.
Dann kann man für bestimmte Fälle, für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, für die Hilfe für junge Menschen, Ganztagsangebote machen.
Frau Radermacher, das Konzept für ein Ganztagsangebot, das wir machen, ist tatsächlich flexibler und wird mittlerweile auch in drei SPD-regierten Ländern mit Wonne übernommen.
Wir diskutieren untereinander sachlich, auch mit Ihren SPD-Kollegen. Wir boykottieren das überhaupt nicht. Ich lasse mich nicht mehr von Ihnen für das kritisieren, was Ihre Kollegen anschließend nachmachen oder mit mir gemeinsam in Angriff nehmen. Sie können das interpretieren, wie Sie wollen.
Frau Radermacher, Sie haben etwas Falsches gesagt. Sie haben gesagt, Bundeskanzler Schröder sei nur für
gemeinsame Standards. Das ist falsch. Er hat gesagt, wir brauchen ein Rahmengesetz. Das habe ich schriftlich, das war in „Die Zeit“.
(Frau Radermacher (SPD): Das hat er nicht gesagt! Wir müssen darüber nachdenken, hat er gesagt! Sie können das nachlesen!)
Er hat das ganz bewusst gesagt. Wenn er sich als Bundeskanzler dazu äußert, dann doch nicht aus Liebeshudelei. Hören Sie doch auf! Ich stand im Bundestag neben Frau Bulmahn.
Ich bitte Sie ganz herzlich: CDU, CSU, und vor allem das bayerische Parlament – SPD, GRÜNE und CSU – müssen sich klar zum Kulturföderalismus bekennen. Das können wir gemeinsam tun, auch gegen den Bundeskanzler.
Er hat gesagt, er macht das zur Chefsache. Der deutsche Bundeskanzler hat in dieser Frage aber keine Entscheidungskompetenz.
Dann kommen wir zu dem Bedarf an Hochschulabsolventen, das muss man auch einmal klarstellen. Wir bilden in Bayern über 30% der Hochschulzugangsberechtigten aus. Über die anderen Zweige kommen zusätzlich viele, die studieren dürften, wenn sie wollten.
Es hieß immer, dass wir in Bayern die Stellen nicht mehr besetzen könnten. In Bayern studiert ein wesentlich höherer Anteil derjenigen, die Abitur gemacht haben, als in anderen Ländern. Dort machen viele Abitur, studieren aber nicht; das ist richtig.
Ja, den habe ich gelesen. Den habe ich sogar dabei. Prof. Klemm sagt nämlich, dass 17% der Arbeitsplätze von Akademikern zu besetzen sind. Lesen Sie es nach. Das ist die Aussage von Herrn Prof. Klemm.
Wir haben jetzt aber 30% Akademiker und Leute, die aufgrund ihrer Bildung studieren können. Das reicht wohl dafür, um das zu erfüllen.
Es reicht nur dann nicht, wenn alle Soziologie oder Philosophie studieren. Es müssen auch eine ganze Menge Ingenieurwissenschaften, Gentechnik oder andere Fächer studieren. Das ist die andere Problematik.
Ich will wirklich keinem Soziologen zu nahe treten. Wir brauchen aber Absolventen bestimmter Studiengänge, und die Nachfrage der Wirtschaft ist immer wieder unterschiedlich. Je nach Marktlage braucht die Wirtschaft manchmal einen ganzen Schwung an Informatikern, dann aber wieder ganz wenige. Das führt natürlich zu gewissen Disparitäten. Dennoch können wir feststellen, dass wir genügend Hochschulabsolventen haben. Allerdings finde ich es grotesk, uns vorzuwerfen, dass Bayern mehr Studienplätze zur Verfügung stellt, als es bei uns Abiturienten gibt, während Niedersachsen mehr Abiturienten als Hochschulstudienplätze hat, und wir so freundlich sind, die Niedersachsen bei uns studieren zu lassen. Das den Bayern dann vorzuwerfen, halte ich wirklich für grotesk.
Ihre Länder wären nicht einmal in der Lage, die Abiturienten, die sie produzieren, mit Studienplätzen zu versorgen. Ihr Bundeskanzler hat doch den Informatiklehrstuhl in Niedersachsen abgeschafft. Ich bitte Sie also, hier mit einer gewissen Vorsicht zu argumentieren.
Frau Münzel, ich wollte gerne auch noch auf Ihren Beitrag eingehen. Sie sind gegen Orientierungsarbeiten, aber für Evaluation. Wofür sind Sie denn? Was ist denn externe Evaluation? – Externe Evaluation besteht aus konkreten Aufgaben und Arbeiten, die einer Schule gestellt werden, um den Standard zu überprüfen. Sie können es meinetwegen anders nennen, das ist mir gleich. Wir bewegen uns erst in den Prozess hinein, sammeln erst Daten, um dann nach ein paar Jahren daraus Schlüsse ziehen zu können, wenn wir über genügend Erfahrung verfügen und genügend Daten vorliegen. Wir haben uns jetzt drei Jahre lang mit den Jahrgangsstufen befasst; darüber können wir schon mehr Aussagen treffen. Das Ergebnis eines Jahrganges wäre relativ zufällig. Wir brauchen mehrere Jahrgänge. Wer Evaluation will, muss sich auch zu Orientierungsarbeiten und Jahrgangsstufentests bekennen, und er muss daraus Konsequenzen ziehen.
Die Konsequenzen können wir erst dann ziehen, wenn wir die Orientierungsarbeiten machen. Entweder sind Sie gegen die Orientierungsarbeiten, oder Sie sind dafür, und dann ziehen wir Zug um Zug die Konsequenzen daraus. Wir haben uns für das Zweite entschieden.
Frau Schieder, Ihre Aussage, dass 10000 Stellen eingespart wurden, ist dezidiert falsch. Sie haben hier unredlich argumentiert. Sie reden dauernd von Unredlichkeit, jetzt darf ich auch einmal darauf eingehen.