Protokoll der Sitzung vom 18.07.2007

Zunächst noch ein paar Bemerkungen zu den unterschiedlichen Einstufungen. Der Abschnitt zwischen Schirnding und der A 93 sowie die zweite Fahrbahn der Ortsumfahrung Schirnding sind im vordringlichen Bedarf. Der Abschnitt zwischen der A 93 und der A 9 ist im weiteren Bedarf mit – ganz ausdrücklich – Planungsrecht. Damit ist die Notwendigkeit einer Ost-West-Verbindung auch im Gesetz dokumentiert.

Liebe Frau Kollegin Gote, hier herauszugehen und an diesem Rednerpult vor dem Hohen Haus zu sagen, wir GRÜNEN haben mit dem Thema gar nichts zu tun, im Bundestag aber für den Ausbauplan zu stimmen, ist scheinheilig. So kann man keine Politik machen, liebe Freunde.

(Beifall bei der CSU)

Herr Kollege Rabenstein und Herr Kollege Wolfrum, aus Sicht der SPD kann man es auch nicht so machen:

Im Bundestag reißen Sie alle die Hand hoch und sind offensichtlich alle dafür

(Widerspruch von der SPD)

jedenfalls ist das Gesetz von Rot-Grün beschlossen worden; eine Mehrheit hat es dafür offensichtlich gegeben –, im Landtag sagen aber die Vertreter der gleichen Partei, die das in Berlin beschlossen hat: Wir wollen mit der Sache nichts zu tun haben. Das ist keine akzeptable Politik.

(Beifall bei der CSU)

Frau Kollegin Gote, Sie haben vorhin Ihre Planung dargestellt.

(Widerspruch von der SPD und von den GRÜNEN)

Von wem ist denn die Planung? Sie haben das in Berlin so beschlossen, jetzt sprechen Sie aber von unserer Planung. Das ist Ihre Planung. Dafür tragen Sie momentan auch die Verantwortung – lassen Sie mich das klarstellen.

(Beifall bei der CSU)

Wir werden den Menschen draußen auch sagen, wie Sie Politik machen. Sie machen nämlich an dieser Stelle Politik, wie Sie sie brauchen.

(Widerspruch von der SPD)

Ich meine sowohl SPD als auch GRÜNE. In Berlin wird so abgestimmt; dann gibt es Widerstand; dann gibt es Unterschriften;

(Zurufe von der SPD und von den GRÜNEN)

dann fährt man nach München und stimmt im Landtag anders ab. So einfach kann Politik nicht sein, liebe Freunde. So einfach kann sie nicht sein.

(Beifall bei der CSU – Susann Biedefeld (SPD): Das ist eine Spezialität der CSU!)

Frau Kollegin Gote, mich hat nicht nur ein wenig erschreckt, wie Sie hier und dort abstimmen, sondern auch, dass Sie im Prinzip sagen: Egal, was im Verkehrswegeplan steht, wir sind gegen jeglichen Straßenbau. Auf eine Bemerkung vom Rednerpult aus haben Sie vorhin dazwischengerufen: Ja gut, dann wird eben ein Umweg auch von 100 oder 150 Kilometern in Kauf genommen. Daran sieht man auch, wo Sie hinwollen. Sie wollen überhaupt keine Straßen. Dann verstehe ich aber überhaupt nicht, wie Sie nach Berlin fahren, dort einen Straßenverkehrswegeplan beschließen und Prioritäten festlegen können. Hier sagen Sie aber: Nein, wir wollen überhaupt keine Straßen bauen. Das ist die allerschlechteste Politik.

(Beifall bei der CSU)

Herr Kollege Rabenstein, Sie kommen auch täglich zur Obersten Baubehörde und fordern neue Straßen, stellen sich aber hierher und sagen: Infrastruktur hat mit wirtschaftlicher Prosperität nichts zu tun. Dazu kann ich Ihnen nur sagen: Sie liegen zweitausendprozentig falsch. Natürlich ist die Infrastruktur für die wirtschaftliche Prosperität einer Region wichtig. Sie haben Hof als Beispiel genannt. Das hat aber mit ganz anderen Faktoren zu tun, zum Beispiel mit der über Jahrzehnte hinweg bestehenden Grenzsituation, Herr Kollege König. Die Konsequenzen daraus sind bei weitem noch nicht gezogen, auch nicht bei den Straßen.

(Alexander König (CSU): Herr Staatssekretär, keine Region ist so gut mit Autobahnen erschlossen wie unsere!)

Lieber Kollege Alexander König, das heißt an dieser Stelle auch, dass das gut so ist; denn sonst wäre die Lage dort – das kann ich Ihnen sagen, Herr Kollege König – noch schlechter. Meine Region lag über Jahrzehnte hinweg im größten Quadrat Bayerns ohne vierstreifi ge Straßen. Ich weiß, was es bedeutet, wenn du von den großen Magistralen abgeschnitten bist. Ein Unternehmer, der heute in eine Region kommt, fragt sehr wohl: Wie ist bei euch die Infrastruktur; wie ist die Anbindung an die nächsten großen Autobahnen und an die Magistralen?

(Zuruf von der SPD)

All diejenigen, die bei uns in der Obersten Baubehörde auftauchen, führen genau dieses Argument an und fordern den schnellen Ausbau von Bundesstraßen, den schnellen Ausbau von Autobahnen, um wirtschaftlich voranzukommen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der CSU)

Hier wird aber dagegenargumentiert. Das passt nicht zusammen.

Herr Kollege Wolfrum, Sie sagen: Infrastruktur ist Gift. Dazu muss ich Ihnen sagen: Erklären Sie für Ihre Region, dass Sie das Geld nicht brauchen, dass Sie keine weiteren Erschließungsstraßen wollen. Das Geld wird dann schnell anderswo verbaut. Ich weiß, dass wir hohen Bedarf haben. Wir haben Bundesstraßen und Bundesautobahnen im Wert von rund 750 Millionen Euro planfestgestellt.

Wenn Vertreter einer Region heute sagen: Wir haben genug, wir brauchen das woanders, dann können wir das sofort an anderer Stelle verbauen. Da sind wir ganz schnell bei der Sache.

Ich will aber auch festhalten, in welchem Verfahrensstadium wir uns befi nden – Herr Kollege König, Sie haben das mit einem Nebensatz erwähnt –: Jetzt wurde eine Raumempfi ndlichkeitsanalyse, eine Verkehrsuntersuchung und eine Kostenermittlung durchgeführt. Wir haben in dieser gesamten Betrachtung bereits zwei

Trassen ausgeschlossen, nämlich die Nordtrasse und die Südtrasse, und werden den mittleren Korridor jetzt weiter untersuchen. Wenn uns der Bundestag den Auftrag dazu gibt, das entsprechend zu untersuchen, nämlich weiteren Bedarf mit Planungsrecht feststellt, dann ist es auch richtig, jetzt die noch im Spiel befi ndlichen Trassenvarianten zu untersuchen. Das ist ein richtiger und vernünftiger Auftrag.

Was die Verkehrsbelastung angeht: Bei vielen Argumentationen habe ich gehört, dass wir in den kommenden Jahren zunehmende Verkehre haben werden. Ich kenne die Prognose aus dem Jahr 1998 für Deutschland, in der festgestellt worden ist, dass der Lkw-Verkehr um bis zu 60 Prozent, in Bayern um bis zu 80 Prozent und der Personenverkehr um bis zu 25 Prozent zunehmen wird. Wir befi nden uns mitten in diesem Prognosezeitraum, nämlich im Jahre 2007. Wir spüren, dass diese Prognose richtig ist. Deswegen gehen die Prognosezahlen von 16 000 bis 20 000 Fahrzeugen aus.

(Zurufe von der SPD)

Ich kann mich nur daran erinnern, dem Herrn Staatssekretär das Wort erteilt zu haben. Bitte schön, Herr Staatssekretär.

Ich bedanke mich herzlich, Frau Präsidentin.

Ich will zu den eben genannten Zahlen nur die Werte hinzufügen, die offi ziell vorliegen. Die Prognosezahlen gehen – je nach gewählter Trassenvariante – von bis zu 20 000 Fahrzeugen aus. Aber dieser Streit lohnt sich nicht. Wir haben eine erhebliche Belastung, wenn wir in die Größenordnungen von 10 000 bis 20 000 Fahrzeugen hineinkommen. Im Übrigen wird gerade beklagt, dass die alte B 303 die Menschen vor Ort in massiver Weise belastet. Herr Kollege König ist noch einmal darauf eingegangen: Wir werden jetzt von der A 9 bis westlich Schirnding eine Umweltverträglichkeitsstudie erstellen, dann wird das Raumordnungsverfahren eingeleitet, dann gibt es die Linienbestimmung. Die Linienbestimmung erfolgt im Übrigen durch den Bundesverkehrsminister, der, Herr Kollege Dr. Beyer, der SPD angehört. Wir werden dann hören, was gesagt wird. Wir brauchen diese Linienfestlegung, um von Schirnding – auch mit vier Spuren – an die A 93 heranzukommen und dann eine weitere Anknüpfung zu haben.

Ein letzter Satz zu den Fragen: Kann man hier bemauten oder kann man diese Straße für den Transit-Verkehr sperren? Wir haben bei der B 303 keine autobahnparallele Bundesstraße, wir haben keine Verkehrssicherheitsprobleme und haben vor allem keine alternativen Straßen zur Aufnahme dieses Verkehrs. Deswegen wird es rechtlich überhaupt nicht zulässig sein, an dieser Stelle einfach zu sperren oder eine Maut einzuführen. Ich bitte Sie, einmal mit den Unternehmern zu sprechen, die an dieser Straße Arbeitsplätze zur Verfügung stellen, und sich danach zu erkundigen, was es für sie bedeuten würde. Deshalb wäre ich vorsichtig, solche Anträge zu stellen.

Ich sage: Heute ist dokumentiert worden, wie auf der einen Seite in Berlin all diesen Planungen zugestimmt wird und wie auf der anderen Seite hier im Bayerischen Landtag dagegen argumentiert wird. So kann man keine durchgängige Politik für dieses Land, für den Freistaat Bayern machen. Ich bitte um Ablehnung dieses Antrags.

(Beifall bei der CSU)

Danke schön, Herr Staatssekretär. Frau Kollegin Gote hat sich noch einmal zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, vielen Dank! Kolleginnen und Kollegen, kaum hat der Ministerpräsident gestern abgedankt, werden hier schon die ersten Bewerbungsreden gehalten. Herr Kollege König, ich denke, Sie sind aufgefordert, noch einmal herauszugehen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Zur internationalen Verknüpfung dieser Strecke: Herr Staatssekretär, Sie sind einfach nicht auf dem neuesten Kenntnisstand.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir waren – im Gegensatz zum Ministerpräsidenten und im Gegensatz zu Ihnen – in Tschechien beim Verkehrsministerium und haben uns die neuesten Planungen zeigen lassen. Im Übrigen regieren in Tschechien im Moment die GRÜNEN mit. Deshalb gibt es diesen positiven Wandel in der Verkehrspolitik auch dort.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Es ist kaum etwas fertig gebaut. Ich bin die Strecke erst kürzlich gefahren. Das, was Sie aufgezählt haben, ist unwahr, es ist kaum etwas fertig gebaut und die Tschechen werden dort nicht weiter bauen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Dies ist ein Wunschtraum, der hier immer nur als Argument benutzt wird, um den Leuten im Fichtelgebirge etwas vorzuspielen. Sie sollten sich besser dafür einsetzen, dass die Bahnlinie über Hof nach Prag aufgewertet wird. Das ist das eigentliche Problem, das wir haben.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir haben gehört: Es gibt keinen Bedarf, aber wir planen trotzdem. Über Ihre Gefühle möchte ich gar nicht spekulieren, aber gespürter Bedarf, gespürte Prognosen: Halten wir uns doch an das, was wir wissen. Wir wissen alle: In den letzten Jahren gab es Prognosen, die alle durch die Realität widerlegt worden sind. Die Verkehrszahlen in diesen Gebieten nehmen ab. Sie mögen woanders zunehmen – zum Beispiel auf der A 6 –, aber keinesfalls im Fichtelgebirge. Wir sollten alles dafür tun, dass das so bleibt.