Protokoll der Sitzung vom 07.11.2007

(Maria Scharfenberg (GRÜNE): Energie kann man doch speichern!)

In Wahrheit geht es der SPD mit ihrem Antrag nur um den Ausstieg aus der Kernenergie. Das haben Sie, Frau Biedefeld, vorhin doch angesprochen.

(Demonstrativer Beifall bei der SPD – Maria Scharfenberg (GRÜNE): Ja sowieso!)

Sie fordern den Ausstieg aus der Kernenergie, ohne einen gleichwertigen Ersatz vorzuschlagen und ohne zu sagen, wie wir dann das Volumen des bei uns verbrauchten Stromes durch alternative Energien in kürzester Zeit erzeugen könnten.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU)

Mit dem von Ihnen vertretenen Ausstieg aus der Kernenergie würde dem Klimaschutz ein Schaden zugefügt, im Vergleich zu dem alle anderen Maßnahmen, über die derzeit diskutiert wird, reine Peanuts sind. Das wissen Sie genauso gut wie ich. Deshalb lehnen wir Ihren Antrag ab. Wir können ihm nicht zustimmen.

Frau Staatsministerin, bleiben Sie bitte für eine Zwischenbemerkung der Kollegin Biedefeld am Pult.

Frau Ministerin, ich würde es nie wagen, Ihnen Kenntnisse über die Europapolitik abzusprechen. Bei der Energie- und Klimapolitik nehme ich es mir aber sehr wohl heraus, Ihnen Kenntnisse abzusprechen, denn Sie haben zwar sehr schön das abgelesen, was man Ihnen aufgeschrieben hat, Sie haben es aber mit wenig Überzeugung und mit offensichtlich wenig Wissen vorgetragen. Sie sagen, es gebe keinen Beschluss auf Bundesebene. Vielleicht sollten Sie einmal aus dem Traumschiff aussteigen und auf den Boden der Tatsachen zurückkehren.

(Beifall bei der SPD)

Sie verabschieden sich aus der Großen Koalition in Berlin, denn die Große Koalition hat mit ihrer Bundeskanzlerin unter Beteiligung von CDU, CSU und SPD – als Stichwort nenne ich Meseberg – sehr wohl beschlossen, den CO2Ausstoß in der Bundesrepublik Deutschland um 40 % zu reduzieren. Das ist die Beschlusslage. Das ist die Realität.

(Beifall bei der SPD)

Sie haben viele Punkte angeführt und zu den Energiepreisen gesagt, die Atomkraft würde die Energiepreise so günstig machen. Wir haben auch in Bayern alle Atomkraftwerke abgeschrieben. Das sind doch die größten

Gelddruckmaschinen. Wenn es danach ginge, müsste der Energiepreis in Bayern massiv zurückgegangen sein. Genau das Gegenteil ist der Fall. Sie tragen die Politik der Monopolenergieversorgungsunternehmer noch mit, die auf Kosten der Verbraucherinnen und Verbraucher einen dicken Reibach machen.

(Beifall bei der SPD)

Einen letzten Punkt möchte ich noch ansprechen, nämlich die Aussage, die Atomenergie sei saubere Energie. Ich bitte Sie, endlich einmal auch das zur Kenntnis zu nehmen, was Ihnen Fachleute bestätigen: Wenn man bei der Atomenergie die vor- und nachgeschalteten Prozesse einbezieht, stellt man fest, dass vor allem bei der Urananreicherung bei den Kraftwerken enorme Abwärmeverluste entstehen. Das heißt, jedes Atomkraftwerk ist unsauberer und umweltfeindlicher als jedes Biogaskraftwerk.

(Beifall bei der SPD)

Frau Staatsministerin.

Ich darf Ihnen gleich antworten. Ich bewundere Ihre Fachkenntnis, mit der Sie jetzt von Ihrem Blättchen heruntergelesen haben. Das ist der erste Punkt.

(Widerspruch bei der SPD – Susann Biedefeld (SPD): Schämen Sie sich!)

Sie haben das vorher auch zu mir gesagt.

Wann wird denn etwas günstiger? – Dann, wenn man ein großes Angebot hat. Deshalb bin ich der Überzeugung, dass der Strom umso günstiger wird, je mehr wir Strom produzieren und am Markt haben.

(Susann Biedefeld (SPD): Das sieht man an den Preisen! – Dr. Christian Magerl (GRÜNE): Keine Ahnung, und so etwas will Wirtschaftsministerin sein! – Ludwig Wörner (SPD): Wirtshausministerin!)

Aus dem Grund ist es mir wichtig, dass wir die grenzübergreifenden Koppelungen verbessern, damit wir einen europäischen Strommarkt bekommen. Das benötigen wir in Zukunft.

Im Übrigen kann ich zur Kernenergie nur sagen, dass ich für die Verlängerung der Laufzeiten bin, wie ich es schon immer grundsätzlich gesagt habe. Ich weiß, dass wir uns im Koalitionsvertrag auf den Ausstieg aus der Kernenergie geeinigt haben.

(Susann Biedefeld (SPD): Daran halten wir uns auch!)

Wir haben den Ausstieg aber begrenzt, und wenn Sie heute die „Süddeutsche Zeitung“ gelesen hätten, hätten Sie auch gelesen, dass Frau Merkel darüber nachdenkt,

wie man mit der Kernenergie auf eine andere Art und Weise umgehen kann.

(Maria Scharfenberg (GRÜNE): Schon wieder einmal!)

Schauen Sie sich einmal europaweit um. Die Finnen bauen derzeit das fünfte Kernkraftwerk. Sie planen ein sechstes und haben ein Gesamtkonzept für die Entsorgung. Sie gehen davon aus, dass sie sich damit von Russland und sonstigen Energiegebern unabhängig machen. In diesem Sinne möchte ich Ihnen noch einmal sagen, dass das nach meiner Überzeugung der für uns richtige Weg ist.

(Beifall bei der CSU – Wortmeldung der Abge- ordneten Ruth Paulig (GRÜNE))

Bei der Antwort auf eine Zwischenbemerkung gibt es keine Zwischenfrage.

(Ruth Paulig (GRÜNE): Eine Zwischenintervention!)

Das ist etwas anderes. Frau Staatsministerin, ist Ihr Beitrag auf die Zwischenbemerkung der Frau Kollegin Biedefeld abgeschlossen?

Der ist ganz sicherlich abgeschlossen.

Dann hat Frau Kollegin Paulig zu einer Zwischenbemerkung das Wort.

(Thomas Kreuzer (CSU): Die muss aber vor Ende des Redebeitrags angemeldet werden!)

Frau Staatsministerin, Ihre letzten Äußerungen zur Atomenergie lassen aufhorchen. Sie wissen doch, dass der Anteil der Atomenergie am Endenergieverbrauch weltweit gerade einmal 2,5 % beträgt. Selbst wenn wir diesen Anteil um 40 % aufstocken würden, wofür wir etwa 200 neue Atomkraftwerke bräuchten, würden wir weltweit nach den Berechnungen der Internationalen Energieagentur – IEA – nur einen Anteil von 2,9 % am Endenergieverbrauch haben. Das kann doch kein Beitrag zum Klimaschutz sein, zumal wir an das immense Risiko denken müssen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sie zählen hier wieder auf, was wo überall geplant ist. Schauen Sie doch nach Europa. Während des Baus dieses fragwürdigen finnischen Reaktors wurden in Europa 15 Atomkraftwerke abgeschaltet. Allein in England waren es im letzten Jahr sechs Atomkraftwerke. Das zeigt doch, wo wir sind. Schauen Sie an die Strombörse, schauen Sie, wie hoch die Strompreise sind. Schauen Sie an die Strombörse in Leipzig. Strom aus Windkraft

ist inzwischen immer wieder mal deutlich günstiger als Strom aus den abgeschriebenen Atomkraftwerken.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sie wissen ganz genau, dass ganz abgesehen vom terroristischen Risiko Klimaschutz nur durch Einsparung und Energieeffizienz erreicht werden kann. Das sind wesentliche Pfeiler. Hinzu kommen die erneuerbaren Energien. Damit haben Sie auch recht. Wir können es uns aber nicht mehr leisten, auf Atomenergie zu setzen. Sie haben hier eine fragwürdige Äußerung von Frau Merkel zitiert. Zitieren Sie dann bitte auch Herrn Töpfer, den früheren Generaldirektor der UNEP bei den Vereinten Nationen. Er hat ganz klar gesagt, dass Atomkraftwerke keinen Beitrag zum Klimaschutz leisten können.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Frau Staatsministerin.

Frau Paulig, Sie wissen, dass wir in Bayern einen intelligenten Energiemix haben. Ich glaube auch, dass das richtig ist.

(Maria Scharfenberg (GRÜNE): Intelligent ist der nicht!)

Es ist richtig, auf erneuerbare Energien zu setzen. Es ist richtig, auf Biomasse und Biogas zu setzen und in nachwachsende Rohstoffe zu investieren. Auch in die Solarenergie und in die Forschung und Entwicklung investieren wir, damit wir bei der Energieerzeugung Innovationen und neue Technologien bekommen.

Mit Energieeffizienz rennen Sie bei mir offene Türen ein. Strom, den wir nicht verbrauchen, müssen wir nicht erzeugen. Das ist grundsätzlich richtig. Deshalb habe ich auch das Drei-Punkte-Programm angesprochen. Dieses Programm ist enorm wichtig. Ich habe auch gesagt, dass sich der Preis bei einem höheren Angebot reduziert. Das ist doch überall klar.

Ich kann nur sagen: Die Kombination von allem wird es bringen. Derzeit könnten wir in Bayern mit Sicherheit, selbst wenn wir mehr in Windkraft investieren würden, nicht das große Plus machen. Windkraft ist offshore richtig, aber in Bayern sehe ich hier nicht den großen Bonus.

(Susann Biedefeld (SPD): Da ist der intelligente Energiemix notwendig, da haben Sie recht!)

In diesem Sinne möchte ich hiermit meinen Redebeitrag abschließen.