Wer dem Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 15/9301 – das ist der Antrag der SPD-Fraktion – seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die SPD-Fraktion. Gegenstimmen bitte ich anzuzeigen. – Das ist die CSU-Fraktion. Stimmenthaltungen? – Das ist die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Damit ist der Antrag abgelehnt.
Wer dem Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 15/9310 – das ist der Antrag der CSU-Fraktion – seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die CSU-Fraktion. Gegenstimmen bitte ich anzuzeigen. – Das sind die Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Enthaltungen? – Keine. Damit ist der Dringlichkeitsantrag angenommen.
Damit haben wir den Tagesordnungspunkt 7 – das sind die Dringlichkeitsanträge – erledigt. Die nicht behandelten Dringlichkeitsanträge 15/9302, 15/9303 und 15/9304 werden an die zuständigen Ausschüsse überwiesen.
Gesetzentwurf der Abg. Franz Maget, Hans-Ulrich Pfaffmann, Prof. Dr. Peter Paul Gantzer u. a. u. Frakt. (SPD) zur Änderung des Bayerischen Schulfinanzierungsgesetzes (Drs. 15/8885) – Zweite Lesung –
Bevor wir in die Aussprache eintreten, darf ich bekannt geben, dass die Fraktionen des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN und der SPD namentliche Abstimmung beantragt haben. Wir geben das schon einmal im Haus durch, damit wir dann gleich im Anschluss an die Beratungen in die namentliche Abstimmung eintreten können.
Ich eröffne jetzt die allgemeine Aussprache. Redezeit: 15 Minuten pro Fraktion. Ich darf zunächst Herrn Kollegen Strobl das Wort erteilen – ich sehe, er ist nicht da.
Gut, wenn die Fraktion des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN entgegenkommt, dann nehmen wir die Frau Kollegin Tolle. Dieser Antrag scheint sehr wichtig zu sein.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Es liegt sicherlich daran – können wir den Kollegen vielleicht, er wäre jetzt – –
Das liegt auch daran, dass die Zweiten Lesungen für 16.45 Uhr angekündigt waren. Da wir alle einen geregelten Tagesablauf mit Terminen haben, kann das schon einmal vorkommen.
Den Gesetzentwurf wird dann Kollege Strobl vorstellen. Ich denke, ich fange erst einmal mit dem Satz an, mit dem ich immer anfange, nämlich: Das Büchergeld ist ein falsches bildungspolitisches, ein falsches familienpolitisches und falsches sozialpolitisches Signal.
Sie hätten es, verehrte Kolleginnen und Kollegen von der CSU, nie einführen dürfen. Das haben Sie nach zwei Jahren auch eingesehen. Durch eine undichte Stelle wurde dieser Umstand dann im September zu früh bekannt. Das hat dazu geführt, dass die Neigung der Eltern, den bayerischen Bücherbestand ein weiteres Jahr durch Entrichtung des Büchergeldes zu finanzieren, gegen Null ging und geht. Sie von der CSU haben jetzt einen Gesetzentwurf in die Debatte eingeführt, der wohl im nächsten Plenum behandelt wird und der den Kommunen den Schwarzen Peter zuschiebt. Sie stellen die Erhebung des Büchergeldes in das Ermessen der Kommunen. Faktisch haben die Kommunen aber keinen Ermessensspielraum, weil die Eltern einen Aufstand produzieren würden, würde das Büchergeld noch einmal erhoben werden.
Unser Lösungsvorschlag besteht nun darin, dass man den aussetzenden Kommunen die Kosten in der gleichen Höhe wie vor der Erhebung des Büchergeldes ersetzt. Das wäre aus meiner Sicht eine einfache und unbürokratische Lösung.
Sie haben das leider abgelehnt, weil die CSU immer noch nicht bereit ist, selbst und mit eigenem Geld für ihre Fehler einzustehen.
Der Gesetzentwurf der SPD zeigt einen Ausweg. Mit ihm soll die Situation vor Einführung des Büchergeldes wiederhergestellt werden. Mir persönlich erscheint es aufgrund der Medienlage so zu sein, dass auch die Kommunen mit diesem Gesetzentwurf einverstanden sind. Deswegen stimmen wir diesem Gesetzentwurf ebenfalls zu. Er sorgt im Übrigen auch dafür, dass das Büchergeld endlich abgeschafft wird. Das, Herr Kollege Fischer, hat die CSU nämlich immer noch nicht fertiggebracht. Mir persönlich liegt daran, dass man Rechtssicherheit herstellt und die Kommunen, die jetzt ihre Haushalte aufstellen und die wissen müssen, was sie für die Bücherbestände einstellen müssen, ins Benehmen darüber setzt, wie es weitergehen soll.
Das, was Sie jetzt tun, tun Sie bereits seit geraumer Zeit: Sie sitzen da, warten und nichts passiert. Das ist die schlechteste Lösung. Für unsere Fraktion ist die Rückkehr zu den ursprünglichen Zuständen akzeptabel.
Wir wollen es heute großzügig handhaben. Sein Rederecht ist nicht verfallen. – Bitte sehr, Herr Kollege.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bitte wirklich um Entschuldigung. Ich habe die ganze Zeit auf den Bildschirm geschaut.
Das Büchergeld ist eine weitere Baustelle in der bayerischen Politik. Ich hatte eigentlich erwartet, dass der Ministerpräsident heute etwas dazu sagt. Er hat sich aber nur zu den Kinderkrippen geäußert, und ich muss sagen: Respekt, wie man von eigenen Versäumnissen ablenken und auf die Stadt München zeigen kann. Ich könnte das nicht. Dazu gehört schon etwas.
Das Büchergeld ist von der CSU eingeführt worden. Ich darf einen CSU-Stadtrat aus meiner Region zitieren. Er hat gesagt: Die Einführung des Büchergeldes ist Blödsinn hoch drei. Dazu kann ich nur sagen: Wo er recht hat, da hat er recht.
Erinnern wir uns: Der von der Staatsregierung angezettelte Wirrwarr war unglaublich. Erst hat das Kultusministerium gesagt, grundsätzlich stehe es einer Kommune frei zu entscheiden, ob Sie das Büchergeld übernehmen will. Dann hat es geheißen, innerhalb der Staatsregierung sei man sich darüber einig, dass das Büchergeld zwingend zu erheben sei. Der Bayerische Städtetag hat sich von Anfang an gegen das Büchergeld gewehrt. Gemeindetagspräsident Dr. Uwe Brandl hat den Bayerischen Ministerpräsidenten Dr. Edmund Stoiber aufgefordert, für eine Klarstellung zu sorgen. Er hat vor längerer Zeit gesagt, es könne nicht sein, dass der Gesetzgeber verpflichtende Gesetze erlasse und deren Vollzug dann in das Belieben der ausführenden Kommunen stelle. Ein Gesetz, das eine Verpflichtung festlegt und diese dann in das Belieben der Schulaufwandsträger stellt, macht keinen Sinn. Der rechtstreue Bürger versteht dann die Welt nicht mehr.
Gemeinden, die das Büchergeld von den Eltern nicht eintrieben, sondern es aus dem eigenen Haushalt bezahlten, verhielten sich rechtswidrig, hat damals Innenminister Beckstein gesagt. Er hat sogar Konsequenzen angekündigt, und er hat auf den Tatbestand der Untreue hingewiesen.
Also ist das Büchergeld nach dem Motto „Augen zu und durch“ eingeführt worden. Man hörte nicht auf uns, man hörte nicht auf CSU-Kommunalpolitiker, man hörte nicht auf die Lehrerverbände, man hat nicht auf die Eltern gehört. Der Ministerpräsident hat heute das Bürgergutachten angepriesen, mit dem die Meinung der Bürger in politische Entscheidungen einfließen soll. Ich bin der Meinung, es wäre ein erster Anfang gewesen, hätte man auch hierbei an so etwas gedacht.
Man hat sich nicht um Petitionen geschert, die wir übrigens fast jede Woche im Ausschuss beraten haben und die immer wieder von der CSU abgelehnt wurden. Man hat auch nicht auf die heimliche Vernunft in sich selber gehört, die es vielleicht bei dem einen oder anderen CSU-Kollegen gab. Man hörte nicht, weil man nicht hören wollte oder nicht hören durfte. Man hörte nicht, weil man meinte, sich in Bayern alles leisten zu können. Denn man hat ja schließlich die Zweidrittelmehrheit.
Warum die CSU dieses Büchergeld so durchpeitschte, wird ihr Geheimnis bleiben. Man blieb dabei, obwohl immer wieder auf den Verwaltungsaufwand hingewiesen wurde. Man blieb dabei, obwohl sogar eigene Leute es – man möge mir das unparlamentarische Wort verzeihen, aber ich zitiere hier – als Mist bezeichneten. Wir wiesen darauf hin, dass die Zeit, in der das Büchergeld eingesammelt werden muss, von Schülern und Lehrern mit Sicherheit besser genutzt werden könnte.
Wie gesagt, ist dieses sogenannte Büchergeld auf Vorschlag der Staatsregierung und durch Beschluss der Landtagsmehrheit eingeführt worden. Wie schlecht muss es der Staatsregierung gegangen sein, dass sie sich wegen der eigentlich geringen Summe von 15 Millionen Euro mit allen anlegte, mit den Eltern, mit den Lehrern, mit den Kommunen usw. Erst letzte Woche haben sich zwei CSU-Kollegen aus der Oberpfalz für den Weiterbau der Transrapid-Strecke bis nach Regensburg und in die Oberpfalz ausgesprochen. Dabei ist in etwa geäußert worden: Na und? Das kostet nur die Kleinigkeit von 4 Milliarden Euro. So konnte es das erstaunte Publikum lesen. Aber 15 Millionen Euro für das Büchergeld sind nicht vorhanden.
Wir haben damals schon das Büchergeld abgelehnt, weil damit die Lehrmittelfreiheit in Bayern de facto abgeschafft wurde. Die finanzielle Belastung der Familien für die Ausbildung ihrer Kinder stieg damit weiter. Es kann durchaus sein, dass Familien pro Schüler bzw. pro Schülerin bis zu 1.000 Euro an Kosten pro Schuljahr haben. Ich nenne in diesem Zusammenhang nur einmal das Kopiergeld, Arbeitshefte, Sportkleidung, den Schullandheimaufenthalt usw. Gerade finanziell schlechter gestellte Familien wurden damit in besonderem Maße zusätzlich mit Schul- und Bildungskosten belastet.
Das wollten und wollen wir damals wie heute nicht. Wir sind der Meinung, Bildung darf nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängig sein.
Im Herbst ist es dann in Kloster Banz zum Dammbruch gekommen. Dr. Günther Beckstein hat angekündigt, das Büchergeld abschaffen zu wollen. Es gab größte Verunsicherung: Soll das für das laufende Schuljahr zu erhebende Büchergeld noch von den Eltern verlangt werden oder nicht? Muss das eingesammelte Geld zurückgezahlt werden? Können Kommunen für den Fall, dass es erst für das Schuljahr 2008/2009 abgeschafft wird, dennoch den Vollzug des Gesetzes bereits für das laufende Schuljahr aussetzen? Drohen ihnen in diesem Fall gegebenenfalls staatliche Sanktionen? Wieder ist es zu einem selbstverschuldeten Wirrwarr gekommen.
Dann hat das Kabinett tatsächlich beschlossen, das Büchergeld im laufenden Schuljahr generell nicht mehr zu erheben, obwohl entsprechende Anträge am Tag zuvor noch im Bildungsausschuss abgelehnt wurden. Der Wirrwarr wurde immer größer. Die Entscheidung über das Einziehen des Büchergeldes sollte den jeweiligen Schulträgern, den Kommunen und Landkreisen, überlassen bleiben.
Wir sagen: Die den Kommunen durch das Aussetzen des Büchergeldes entstandene Lücke im Haushalt sollte der Staat ausgleichen. Wir sehen uns mit dieser Forderung im Einklang mit den Kommunen, welche fordern, dass der Freistaat den Kommunen im Rahmen des Konnexitätsprinzips den Büchergeldaufwand zu 100 % erstatten soll.
Die großen Kreisstädte, Herr Kollege Fischer, zum Beispiel auch Neumarkt, haben auf ihrer Jahrestagung am 11. Oktober in Deggendorf ihre Erwartung zum Ausdruck gebracht, dass der Freistaat Bayern die Kosten für den Ausfall des Büchergeldes übernimmt.
Edmund Stoiber ist nicht mehr Ministerpräsident. Das Büchergeld gibt es nicht mehr. Was spricht dagegen, die alte Regelung der Finanzierung wiederherzustellen?
Wir fordern die CSU auf: Lassen Sie die Kommunen nicht allein. Es muss klar geregelt werden, wie die Streichung des Büchergeldes im Sinne der Lehrmittelfreiheit finanziert wird. Das heißt für uns, dass der Freistaat die Finanzierung voll und ganz trägt und für die Kommunen diese finanzielle Belastung nicht bleibt. Stellen Sie das bisherige System der Finanzierung lernmittelfreier Schulbücher ausschließlich durch die öffentliche Hand bei den öffentlichen Schulen wieder her. Lassen Sie – das ist nochmals meine Bitte – die Eltern und Kommunen nicht allein.