Protokoll der Sitzung vom 12.12.2007

Gründung und Betrieb von Kapitalbeteiligungsgesellschaften, die sich an mittelständischen, vorrangig technologieorientierten und innovativen Unternehmen beteiligen und von Beteiligungsgarantiegemeinschaften, die Garantien für die Beteiligungen übernehmen, können insbesondere durch Übernahme von Gesellschaftsanteilen sowie Gewährung oder Vermittlung von Refinanzierungsmöglichkeiten oder von Rückgarantien gefördert werden.

(Beifall bei den GRÜNEN – Klaus Dieter Breit- schwert (CSU): So ist es nicht!)

Das ist etwas völlig anderes als die Mitarbeiterbeteiligung. Da geht es um Venture-Kapital. Ich will doch durch eine Kapitalbeteiligungsgesellschaft, deren Anteile dann wieder vom Freistaat übernommen werden, keine Mitarbeiterbeteiligung haben. Das ist wirklich etwas völlig anderes. Das war eine Ausrede, die alles andere als zielführend gewesen ist.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich stelle deswegen noch einmal fest: Es war dann in der Debatte bedauerlicherweise Fehlanzeige, weil hier die Spickzettel bzw. das Einflüstern durch die Staatsregierung gefehlt haben.

Kollege Beyer hat schon die schöne Kommentierung des Herrn Pschierer ausgeführt, den ich jetzt bedauerlicherweise nicht sehe.

(Klaus Dieter Breitschwert (CSU): Aber der Berichterstatter ist da!)

Als Vorsitzender des Wirtschaftsausschusses sollte man eigentlich schon präsent sein, wenn das Mittelstandsförderungsgesetz diskutiert wird. Ich vermisse auch die Ministerin. Vorhin habe ich sie noch gesehen, jetzt ist sie bedauerlicherweise nicht mehr da.

Kollege Pschierer hat tatsächlich in der Sitzung selbst schon gesagt, wir dürften das Mittelstandsförderungsgesetz nicht überschätzen. Da habe ich zurückgeblättert, was Sie und auch die Staatsregierung bisher immer zu diesem Gesetz gesagt haben. Die Staatsregierung hat bislang dieses Gesetz als Herz, als Kernstück der baye

rischen Mittelstandspolitik eingeordnet – und auf einmal heißt es: Das dürfen wir nicht überschätzen, das ist ja eh nicht so wichtig. Ich bin höflich und interpretiere das so, dass Sie das als kleine Notlüge hergenommen haben, um von Ihren hochnotpeinlichen Argumentationsschwierigkeiten ablenken zu können.

Fazit: Der jetzige Gesetzentwurf ist völlig unzureichend. Er ist ein massiver Rückschritt gegenüber dem Gesetzentwurf aus dem Jahr 2003, wie ihn der damalige Wirtschaftsminister Wiesheu zwar nicht eingereicht, aber in die Diskussion der Verbände gebracht hat. Es fehlen wesentliche wichtige Punkte. Einen habe ich vorhin genannt; Herr Kollege Beyer hat auch den einen oder anderen angesprochen.

Wir sind nicht so konziliant wie die Kolleginnen und Kollegen von der SPD-Fraktion. Wir empfehlen gepflegte Ablehnung und hoffen, dass sich die Kollegen, die im Wirtschaftsausschuss auch noch so votiert haben, dem anschließen. Also noch einmal an Sie, Frau Kronawitter und Herr Beyer: gepflegte Ablehnung dieses schlechten Textes. Herzlichen Dank!

(Beifall bei den GRÜNEN – Dr. Hildegard Krona- witter (SPD): Wir haben es begründet!)

Nächste Wortmeldung: Frau Kollegin Dr. Kronawitter.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Redezeit reicht gerade für drei Bemerkungen, und genau diese sind notwendig.

Erstens: Sie haben sich bei der Beratung zu diesem Gesetzentwurf als sehr kurzsichtig erwiesen, was sehr bedauerlich ist. Wir hatten eine Anhörung, in der von den Fachleuten eindringlichst dargelegt wurde: Es gibt keinen Gegensatz zwischen Kommunalunternehmen und örtlichen, kleinen und Mittelunternehmen, sondern diese Unternehmen, gleich ob kommunal oder privat, sind Partner vor Ort und agieren dort zum Nutzen der regionalen und örtlichen Wirtschaft. Desgleichen sind die Unternehmen, soweit sie Kommunalunternehmen sind, eigentlich zu 80 % Klein- und Mittelunternehmen.

Zweiter Punkt in der Anhörung – das muss ich Ihnen in Erinnerung rufen – war die Tatsache, dass Sie mit der jetzigen Festlegung des Artikels 7 Unternehmen mit öffentlicher Beteiligung, Messe und Flughafen, in Schwierigkeiten bringen werden. Messechef Wutzlhofer hat dargelegt, warum diese Regelung für die Messe München, den Flughafen München, die Messe Nürnberg, den Flughafen Nürnberg und andere so schwierig ist. Das Messegeschäft wird nämlich von der EU doppelt gesehen. Was Dienstleistungen sind, soll der Markt machen, und was Anlagevermögen ist, gilt als Daseinsvorsorge. Da wollte er einen Programmsatz haben, damit die Beklagbarkeit in diesen Bereichen ausgeschlossen wird. Da haben Sie sich taub gestellt, wie bei allen anderen Anträgen der Opposition, die eine Verbesserung des Gesetzes wollten.

Ich nenne nur noch zwei Stichpunkte: Gründerzentrum und Coaching-Programme. Auch das gibt es offensichtlich im Gesetz nicht, weil Sie es nicht wollten. Zur Mitarbeiterbeteiligung verweise ich auf die Ausführungen von Herrn Runge. Es ist schlichtweg nicht nachvollziehbar, dass man ein Gesetz macht und keine Signale in diese Richtung sendet, sondern nur in Richtung Bundesebene agiert.

Drittens. Wir haben die CSU in den Beratungen so festgelegt erlebt, dass sie sich selbst dort nicht bewegte, wo wir spürten, dass eine geforderte Verbesserung wirklich eingesehen wurde. Offensichtlich hatten Sie die Besorgnis, der mühsam ausgehandelte Kompromiss zwischen Innen- und Wissenschaftsministerium könnte aufbrechen, was dann der CSU zum Schaden geriete.

Meine Damen und Herren, ich finde es sehr schade, dass Sie nach diesem unendlich langen Vorlauf von nahezu einem Jahrzehnt diese Chance so schlecht genutzt haben. Ich erinnere an Herrn Dinglreiter, der, als wir unsere Vorschläge vorgelegt haben, immer gesagt hat: Wir machen es dann in der nächsten Wahlperiode. Das ist bedauerlich. Es wäre Weiterführendes und Besseres im Sinne der bayerischen Wirtschaft gefordert gewesen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Für die Staatsregierung hat sich Herr Staatssekretär Sackmann zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bedanke mich erst einmal beim Kollegen Breitschwert und auch beim Kollegen Beyer, die deutlich gemacht haben, dass das Gesetz, das 1974 in diesem Haus verabschiedet wurde, erfolgreich war und dass wir gut drauf aufbauen können. Es hat dafür gesorgt, dass Bayern sicherlich das Mittelstandsland Nummer 1 geworden ist. Ich brauche auf viele Zahlen nicht mehr einzugehen. Herr Beyer, Sie haben schon angesprochen, dass drei Viertel aller Beschäftigten und 84 % der Auszubildenden aus dem Mittelstand kommen.

Trotzdem möchte ich auf eine Zahl besonders eingehen, weil sie in der aktuellen Situation für uns in der Politik ganz besonders wichtig ist. Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, im Bereich der Industrie- und Handelskammern und im Handwerk haben wir in diesem Jahr einen ganz kräftigen Zuwachs an Ausbildungsplätzen. Ich möchte diese Gesetzesberatung zum Anlass nehmen, ein Dankeschön zu sagen. Wir haben im IHK-Bereich ein Plus von 11,9 % und im Handwerksbereich ein Plus von 8,6 %. Das sind schon Zahlen, für die man Handwerk und Industrie, dem Mittelstand insgesamt, der hier ganz besonders im Vordergrund steht, ein Dankeschön sagen sollte.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU)

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, nachdem dieses Gesetz aus dem Jahr 1974 gut angenommen wurde, haben wir uns entschlossen, kein gänzlich neues Gesetz auf den Weg zu bringen, sondern – darauf haben wir ausdrücklich hingewiesen – eine Novellierung durchzuführen. Man kann natürlich darüber streiten, wie man ein solches Gesetz ausgestaltet. Unser Ziel war es, ein Programmgesetz zu machen. Damit kann man auch immer wieder flexibel reagieren, auf die aktuellen Erfordernisse eingehen und auf Entwicklungen kurzfristig reagieren.

Dass dieses neue Gesetz auf die Herausforderungen eingeht, das, glaube ich, kann man bestätigen. Aber ich meine, es ist nicht notwendig, dazu die Osterweiterung, die Globalisierung und andere Dinge hineinzuschreiben. Wenn man heute beraten würde, müsste man sonst auch Stichworte wie Dollarkurs, Subprime-Crisis oder Energiekrise hineinschreiben. Es ist wichtig, dass man in solchen Gesetzen allgemeine Reaktionsmöglichkeiten anbietet und dazu eine programmatische Grundlage.

Ich möchte aber auf Ihre Kritik kurz eingehen, lieber Kollege Beyer. Erstens: Ich glaube, für die Betriebsnachfolge ist es wichtig – das ist auch bei uns im Haus in der Erarbeitung –, dass ein Kompetenznetzwerk geschaffen wird. Dazu brauche ich nicht das Gesetz, sondern muss im Haus entsprechend handeln. Das machen wir in enger Abstimmung mit den Paktpartnern. Auch das ist sinnvoll, und ich halte es für richtig.

Das Zweite, was Sie angesprochen haben und worauf ich eingehen möchte: Cluster-Strategien. Ich bin wahrlich noch nicht lange im Haus dabei, aber ich kann Ihnen eines sagen: Bisher habe ich bei den Beratungen mit den Cluster-Managern, den Cluster-Sprechern, mit Leuten aus dem Cluster-Bereich festgestellt, dass immer wieder auf Rückfrage, aber zum Teil auch von denen persönlich angesprochen wird, dass man ganz bewusst eine Vernetzung mit den kleinen und mittelständischen Betrieben haben möchte. Auch dies ist wichtig und richtig.

Drittens, zur Bestandspflege: Ich möchte sie nicht ständig strapazieren, aber da halte ich es mit dem, wie wir es bei uns praktiziert haben. Das ist ein Landkreis, der vor 25, 30 Jahren im Winter eine Arbeitslosigkeit von 45 % hatte und heute eine Arbeitslosigkeit von 3,3 % hat, Stand letzter Monat. Das ist unter anderem darauf zurückzuführen, dass wir in enger Abstimmung mit den Wirtschaftsabteilungen in den Regierungen, aber vor allem mit unserer Wirtschaftsförderabteilung Bestandspflege betrieben haben.

Es waren nicht die neuen Firmen, die das berührt. Deswegen meine ich am Beispiel meiner eigenen Heimat zeigen zu dürfen, dass die Art und Weise, wie wir mit der Bestandspflege umgehen, richtig und wichtig ist. Hierfür brauchen wir noch zusätzlich entsprechende Bereiche.

Nun zum neuen Gesetz ein paar Worte. Kollege Breitschwert hat die wichtigsten Punkte bereits angesprochen. Selbstverständlich sind investitions- und beschäftigungshemmende Vorschriften abgeschafft worden, gleichwohl würden wir uns alle wünschen, dass viel mehr passiert

wäre. Ich nenne nur das Stichwort Bürokratie. Wir wünschen vor allem in diesem Punkt unserem früheren Ministerpräsidenten viel Erfolg in Brüssel. Ich glaube, er kann diese Wünsche gut brauchen.

Auch über einen anderen Punkt ist in unserer Fraktion lange diskutiert worden. Ich meine den Vorrang privater Leistungserbringung. Wir haben diesen Bereich ins Gesetz aufgenommen. Privatwirtschaftliche Tätigkeit muss immer dann stattfinden, wenn es der öffentliche Zweck erfordert oder wenn die Privatunternehmen diese Leistung ebenso gut wirtschaftlich erbringen können. Dieser Punkt ist uns wichtig. Deshalb haben wir ihn aufgenommen und diese Leitlinie besondert deutlich gemacht.

(Zurufe von den GRÜNEN)

Herr Staatssekretär, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Dr. Runge?

Nein, er kann ja anschließend noch reden, und dann können wir uns austauschen.

Auch ein weiterer Punkt ist wichtig. Ich meine die Aufnahme der mittelstandsfreundlichen Ausgestaltung des öffentlichen Auftragswesens. Sie wissen, dass damit der Meistertitel aufgewertet wurde, indem er künftig als Sachkundenachweis bei den öffentlichen Aufträgen genügt.

Ein anderer Punkt, der ganz intensiv auch im Mittelstand diskutiert wurde, ist, dass auch kleine Lose, Teillose und Fachlose künftig bei den Ausschreibungen aufgenommen werden können. Das haben wir bei manchen Großprojekten in Bayern erörtert. Ich denke da nur an den Truppenübungsplatz Grafenwöhr und anderes. Auch bei der Beteiligung von Tochtergesellschaften ist die öffentliche Hand künftig an dieses Vergaberecht gebunden. Auch diesen sehr wichtigen Punkt wollte ich kurz erwähnen.

Diskutiert wurde auch die Frage, wie man die notwendigen finanziellen Mittel sicherstellen kann. Nur eine Zahl dazu, die mir wichtig erscheint: In den vergangenen Jahren haben wir rund 4000 Fälle insgesamt beim Mittelstandskreditprogramm – MKP – gehabt, und wir konnten das MKP immer ganzjährig offenhalten. Das, lieber Kollege Franz Pschierer, war auch immer Ihr Anliegen. Auch das ist wichtig, und man sollte es im Zusammenhang dieser Diskussion auch entsprechend hervorheben.

Kurz gefasst: Wir haben selbstverständlich auch die Beratung der Existenzgründer ins Gesetz aufgenommen: Netzwerkbildung, Mittelstand, Forschung und Entwicklung zur Steigerung der Innovationskraft der kleinen und mittleren Unternehmen – KMU –. All dies ist mit dabei.

Meine Damen und Herren, ich möchte von meiner Seite aus im Namen der Ministerin ein Dankeschön sagen in Richtung derer, die sich in diesem Hohen Haus sehr intensiv in den letzten Monaten zum Thema geäußert haben und in den Gremien mitgearbeitet haben. Kollege

Pschierer, herzlichen Dank für Ihre Unterstützung und die Mitarbeit im Wirtschaftsausschuss! Auch dafür ist ein Dankeschön angebracht, wie für alle anderen Ausschussvorsitzenden auch.

Meine Damen und Herren, ich bitte Sie um Zustimmung zum Gesetzentwurf und bedanke mich, dass vor allem die SPD signalisiert hat, diesen Gesetzentwurf mit zu unterstützen. Die Vorschläge der GRÜNEN dagegen müssen wir als zusätzliche Bürokratie ablehnen. Ich bitte aber, wie gesagt, um Zustimmung zu unserem Gesetz, damit es die Erfolgsstory des 74er-Gesetzes weiterführt, das heute mit dem vorliegenden Gesetzentwurf novelliert werden soll.

(Beifall bei der CSU und des Abgeordneten Dr. Thomas Beyer (SPD))

Vielen Dank. Ums Wort hat noch einmal der Kollege Dr. Runge gebeten.

Danke sehr, Frau Präsidentin. Ich wollte eigentlich folgende Zwischenfrage stellen: Herr Staatssekretär, haben Sie denn den Gesetzentwurf von 1974 gelesen? Mittlerweile brauche ich das eigentlich nicht mehr als Frage zu formulieren, weil ich es weiß: Der Redner der Staatsregierung kennt weder den bisherigen Gesetzestext noch kennt er unsere Anträge. Das belegen mehrere Ihrer Aussagen, Herr Sackmann. Sie sagen zu unserem Antrag: mehr Bürokratie. Mit unserem Antrag hätten wir aber – Frau Kronawitter weiß das – in vielen Dingen für eine stärkere Vereinfachung gesorgt. Deswegen haben auch viele Kollegen Ihrer Fraktion im Wirtschaftsausschuss gesagt, unser Antrag sei der bessere.

Außerdem meine ich, dass Sie das 74er-Gesetz gar nicht kennen können, wenn Sie sich hier hinstellen und sagen, Sie hätten die Regelungen zur Subsidiarität mit aufgenommen. Da haben Sie gar nichts neu aufgenommen. Sie haben nur die alte Regelung drin und das Ganze etwas aufgeweicht mit dem dezidierten Hinweis, dass damit keine drittschützende Wirkung verbunden sei.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wenn Sie sich hier zum Mittelstandskreditprogramm auslassen, dann ist das wahnsinnig spannend. Sowohl die Kollegin Kronawitter als auch ich haben in den letzten Jahren immer wieder dagegen angekämpft, dass die Konditionen verschlechtert werden und die Summe, die über das Mittelstandskreditprogramm ausgespuckt wird, weiter massiv eingedampft wird. Da sollten Sie sich ruhig einmal an die eigene Nase fassen und für Verbesserungen sorgen.

(Beifall bei den GRÜNEN)