Protokoll der Sitzung vom 14.02.2008

Besetzung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs; Wiederwahl eines berufsrichterlichen Mitglieds und des ersten Vertreters des Präsidenten des Verfassungsgerichtshofs

Der Ministerpräsident hat mitgeteilt, dass am 10. Dezember 2007 die Amtszeit des berufsrichterlichen Mitglieds des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs, Herrn Rolf Hüffer, Präsident des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, endete. Herr Hüffer ist seit dem 9. Oktober 2002 auch erster Vertreter des Präsidenten des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs.

Der Präsident des Verfassungsgerichtshofs hat vorgeschlagen, Herrn Hüffer als berufsrichterliches Mitglied des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs und als ersten Vertreter des Präsidenten des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs wiederzuwählen.

Die Richterwahlkommission hat gestern den Vorschlägen des Verfassungsgerichtshofs zugestimmt und beschlossen, der Vollversammlung zu empfehlen, diese Wahlvorschläge anzunehmen. Der Vorgeschlagene ist bereit, im Fall der Wiederwahl das Amt anzunehmen.

Wir kommen damit zu den Wahlen, die im Einvernehmen aller Fraktionen in einem Wahlgang durchgeführt werden sollen.

tern hören mussten. Auch Einsätze in Bayern dienen nicht dem Ersatz von Schusswaffen, sondern werden in einem sogenannten zusätzlichen Einsatzspektrum verwendet.

Sie werden also auch gegenüber Personen eingesetzt, die niemand anderen bedrohen, auch die Polizei und Dritte nicht. Wenn in Bayern eine Frau, die in einer persönlichen Extremsituation auf den Balkon flüchtet, den Beamten zuruft, sie springe vom Balkon, wenn jemand näher komme, dann ist in dieser Situation der Einsatz des psychologischen Dienstes angezeigt und nicht der Einsatz eines Tasers.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wenn Menschen in psychischen Ausnahmesituationen oder verwirrte Menschen befürchten müssen, mit Tasern beschossen zu werden, auch wenn sie definitiv niemand anderen bedrohen, könnte dies dazu führen, dass in Extremsituationen die wichtige Vertrauensbeziehung zur Polizei überhaupt nicht aufgebaut werden kann. Der umstrittene Schweizer Innenminister Blocher beschloss die Verwendung von Tasern auch bei Abschiebungen. Der Taser dient in solchen Fällen nicht dem Selbstschutz von Beamten oder der Abwehr von Gefahren für Dritte, sondern er wird zum Droh- und Folterinstrument. Ich finde es schändlich, dass auch in Bayern der Einsatz von Tasern gegen Personen möglich sein soll, von denen keine Gefahr für Dritte ausgeht.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir fordern Sie auf, erstens den Erprobungseinsatz von Tasern zu beenden und zweitens das Bayerische Polizeiaufgabengesetz dahin gehend zu ändern, dass der Taser abgeschafft wird und dass davon Abstand genommen wird, dass es Aufgabe der bayerischen Polizei sein soll, neuartige Waffensysteme zu erproben.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Frau Kollegin, ich habe Sie jetzt über die fünf Minuten hinaus sprechen lassen; ich nehme an, dass das beides war, Begründung und Aussprache.

(Christine Kamm (GRÜNE): Ja!)

Nächste Wortmeldung: Herr Kollege Peterke.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit dem Gesetzentwurf der GRÜNEN soll verhindert werden, dass eine neue Polizeiwaffe in die Dauerverwendung geht. Genannt worden ist der Taser X-26, ein Elektroimpulsgerät, das in hohem Maße – das ist der Kernpunkt der Überlegungen – in extremen Situationen geeignet ist, den Einsatz der Schusswaffe zu vermeiden. Frau Kollegin, das ist der Hintergrund und nichts anderes.

(Christine Kamm (GRÜNE): Das stimmt nicht!)

Außerdem wurden 2005 durch Sie Elektroimpulsgeräte als Waffen für die Polizei zugelassen, zudem, ohne dass im Gesetz dieselben strengen Einsatzbedingungen wie bei den Schusswaffen gelten sollen.

Berichte aus dem Ausland zeigen, dass Elektroimpulsgeräte keineswegs so harmlos sind, wie manche von Ihnen bei der damaligen Gesetzesänderung wohl noch vermutet haben. Der Tod eines polnischen Einwanderers am Flughafen in Vancouver in Kanada hat allen deutlich die Problematik dieser Waffe im Einsatz gezeigt. Zu dem Vorfall in Vancouver kam es, weil ein aus Polen kommender, nicht englisch sprechender Mann mit einer mehrstündigen Einwanderungsprozedur nicht klarkam, nach zehn Stunden in Panik geriet und mit Stühlen um sich warf. Die herbeigerufenen Sicherheitskräfte gaben sofort einen Taserschuss ab; als der Mann am Boden lag, noch einen zweiten. 68 Sekunden nach dem Einsatz der Sicherheitskräfte lag der Mann tot am Boden.

(Engelbert Kupka (CSU): Ja, bei zwei Taserschüssen!)

Nun hätte man sicher versucht, diesen Vorfall auch wieder auf andere Ursachen als den Taser zu schieben, wie man dies bei den 280 durch Taser verursachten Todesfällen tut, die Amnesty International in den Vereinigten Staaten gezählt hat, und den 17 weiteren Todesfällen in Kanada, wenn nicht dieser Vorfall von einem anderen Fluggast gefilmt und dieser Film ins Netz gestellt worden wäre.

Gestern hat der Vertreter des Innenministeriums im Innenausschuss ausgeführt, dass man versucht habe, einen Bericht der kanadischen Quelle zu diesem Tasertodesfall zu bekommen. Bayern hat bis jetzt keine Informationen aus Kanada bekommen. Meine Kolleginnen und Kollegen, ich hätte mindestens von Ihnen erwartet, dass Sie Ihren Erprobungsversuch so lange stoppen, bis Sie Berichte anderer Länder ausgewertet haben und zweifelsfrei sicherstellen können, dass das, was in Vancouver passiert ist, hier ausgeschlossen ist.

(Beifall der Abgeordneten Margarete Bause (GRÜNE))

Das ist leider nicht der Fall.

Kolleginnen und Kollegen, solche Einsätze, wie sie in Nordamerika laufen, entsprechen nicht – Gott sei Dank nicht! – den derzeitigen Einsatzgrundsätzen für Taser bei der bayerischen Polizei. Die derzeitigen Einsatzgrundsätze können aber jederzeit geändert werden, sie sind nicht gesetzlich festgeschrieben. Es wäre nach dem Polizeiaufgabengesetz wie in Amerika und Kanada ein Jedermannseinsatz möglich.

Meine Kolleginnen und Kollegen, wenn Sie diesen Jedermannseinsatz nicht wollen, dann erwarte ich zumindest von Ihnen einen entsprechenden gesetzlichen Vorstoß. Zudem widersprechen auch die gestern referierten Einsatzgrundsätze in Bayern im Leitbild der Polizei als Freund und Helfer – ich denke, dieses Leitbild gilt noch. Sie widersprechen dem in eklatanter Weise, wie wir ges

Liebe Frau Kollegin Kamm, das wird auch so bleiben. Deswegen sind wir mit dem Taser als eine Möglichkeit, den Einsatz der Schusswaffe zu vermeiden, auf einem guten Weg, und deswegen können wir Ihren Gesetzentwurf nicht mittragen.

(Beifall bei der CSU)

Nächster Redner ist Herr Kollege Ritter.

Sehr geehrter Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Auch wenn es Herr Peterke getan hat – die Erste Lesung ist üblicherweise nicht dazu da, zu verkünden, wie man sich einem Gesetzentwurf gegenüber verhalten wird. Ich denke, wir werden in den Ausschüssen darüber zu diskutieren haben, wie wir letztlich damit umgehen.

Ich möchte nur kurz Bezug nehmen auf die Diskussion bei der Änderung des Polizeiaufgabengesetzes und der damit verbundenen Einführung des Tasers. Der damalige Innenminister des Freistaates Bayern, Herr Beckstein, hat – ich zitiere ihn wörtlich – hier in der Plenarsitzung am 01.12.2004 gesagt, „in Situationen, in denen derzeit der Polizeibeamte berechtigterweise zur Schusswaffe greifen würde, könnte er dann“ – bei Einführung des Tasers, meine Anmerkung – „zu einem milderen Mittel greifen.“

Und weiter: „Ich hebe ausdrücklich hervor, dass auf diese Weise ermöglicht wird, dass die Polizei nicht gleich zum schwierigsten Mittel, zur Schusswaffe greifen muss, sondern vorher eine andere Distanzwaffe einsetzen kann.“

Unter diesen Gesichtspunkten haben wir uns als SPDFraktion nicht generell gegen den Taser gewandt, sondern wollten das, was Herr Innenminister Dr. Beckstein im Plenum geäußert hat, im Gesetz festgeschrieben wissen. Dr. Beckstein hat am gleichen Tag und in der gleichen Rede darauf hingewiesen, dass der Taser nur bei den Spezialeinsatzgruppen der Polizei eingesetzt werden sollte.

Unter diesen Voraussetzungen wollten wir den Taser mittragen. Wir haben zu dem Gesetzentwurf entsprechende Änderungsanträge gestellt. Sie haben diese Anträge abgelehnt. Der Einsatz des Tasers ist heute durch Einsatzgrundsätze geregelt, die ich inhaltlich gar nicht im Einzelnen beurteilen will. Wir haben darüber vor zwei Tagen im Innenausschuss diskutiert. Allerdings hat sich gegenüber der CSU schon ein gewisses Misstrauen eingestellt. Einerseits wurde gesagt, der Taser solle analog zur Schusswaffe eingesetzt werden, andererseits wurde aber verhindert, dass dies im Gesetz geregelt wird. Die Einsatzgrundsätze, die schließlich realisiert worden sind, liegen für die Einsatzschwelle unterhalb dessen, was Herr Staatsminister Dr. Beckstein hier in der Plenarsitzung gesagt hat.

Wir richten uns nach wie vor nicht generell gegen den Einsatz des Tasers. Wir wollen aber, wenn sich an den Aussagen der CSU und der Staatsregierung etwas ändert, eine öffentliche Diskussion darüber. Bei der Einführung

So gesehen haben wir sogar die Verpflichtung, alle Möglichkeiten zu prüfen, zu testen und zu erproben, die geeignet sind, den Einsatz der Schusswaffe zu unterbinden. Nichts anderes ist bei diesem Elektroimpulsgerät geschehen, das zweifellos sehr wirksam ist, zunächst durch das Polizeitechnische Institut bei der Akademie der Polizei in Hiltrup getestet und danach vom AK II der Innenministerkonferenz den Bundesländern empfohlen wurde.

Wir gehen in Bayern den Weg, dass wir zehn Taser X-26 in Verwendung haben, und zwar nicht bei allen Streifenpolizisten oder Polizeiinspektionen, sondern ausschließlich bei den Spezialeinsatzkommandos, SEK. Dort sind die Beamten hervorragend ausgebildet im Umgang mit diesem Gerät. Ich lege auch großen Wert auf den Hinweis, dass genau dort eine spezielle Ausbildung in Erster Hilfe erfolgt, um in Situationen, die unter Umständen schwierig sein können, sofort adäquate Erste Hilfe leisten zu können. Frau Kollegin Kamm, vor zwei Tagen haben wir darüber ausgiebig im Innenausschuss diskutiert.

Die Erprobungsphase des Tasers verläuft bisher erfolgreich. Es kam bislang zu sieben Echteinsätzen gegen gewalttätige Störer und in zwei Fällen gegen Personen, die erkennbare Selbstmordabsichten hatten. In sechs der sieben Fälle entfaltete der Taser seine Wirkung erfolgreich, das heißt, die Personen, die teils mit Waffen oder sonstigem Mordwerkzeug die Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten angegriffen haben, wurden durch den Taser kampf- und handlungsunfähig gemacht, und zwar unmittelbar nachdem die Pfeile des Tasers den Störer getroffen hatten. Das zeigt, dass der Einsatz erfolgreich war. Ansonsten – ich muss das wiederholen – wäre es unvermeidbar gewesen, in diesen Fällen, in denen gewalttätige Störer mit Äxten und Waffen auf die Polizeibeamten losgegangen sind, die Schusswaffe einzusetzen mit allen Folgen, die wir nicht wollen.

Das sind die Tatsachen, und das ist die Wahrheit über den Taser. Ich glaube, wir müssen hier umdenken. Wir müssen einerseits den Schutz der Polizeikräfte gewährleisten und andererseits den Schutz des Störers sicherstellen. Es ist ein Unterschied, ob dieser mit einem Taser kampf- und handlungsunfähig gemacht wird oder durch den Gebrauch der Schusswaffe mit allen Risiken und Folgen. Deswegen sind wir der Meinung, dass wir den Taser weiterhin in Verwendung haben sollten, und zwar nicht – ich betone es noch einmal – mit der Absicht, künftig alle Polizeibeamten mit dem Gerät auszustatten. Das Gerät soll nur bei den Spezialeinheiten und nur in extremen Gewaltsituationen eingesetzt werden.

Es kommt noch ein Weiteres hinzu: Wann, wie und unter welchen Umständen der Taser zum Einsatz kommt, entscheidet nicht der einzelne Polizist nach Gutdünken, sondern der Polizeiführer vor Ort. Dieser steht in hoher Verantwortung. Deshalb finde ich es nicht angebracht, dass Sie ganz allgemein daherplappern, wie dies und jenes sein könnte, wenn eine Frau auf dem Balkon steht. Vielmehr wird in jedem Einzelfall vor Ort vielleicht in Sekunden- und Minutenschnelle abgewogen und entschieden. Der Einsatz liegt in der hohen Verantwortung des Polizeiführers. Dieser gibt die Anordnung und sonst keiner.

tungsabsicht verfolgen. Frau Kollegin Kamm, auch wenn Sie das nicht gerne sehen: Das ist Fakt. Bei den sieben Einsätzen, die wir bisher hatten, konnten nennenswerte Verletzungen oder körperliche Beeinträchtigungen verhindert werden.

Taser-Versuche sind inzwischen in elf weiteren Bundesländern durchgeführt worden. Es gab insgesamt 170 Einsätze. In der Bundesrepublik kam es dabei nicht zu solchen Situationen, wie sie uns hier vorgehalten worden sind. Das Risiko einer Körperverletzung oder einer Tötung ist im Vergleich zu anderen Waffen, die eingesetzt werden könnten, äußerst gering. Deswegen sind wir der Ansicht, dass diese Erprobungsphase gut war. Herr Kollege Peterke hat nun darauf hingewiesen, dass nur speziell ausgebildete Beamte eingesetzt werden. Diese Leute wissen, wie sie sich verhalten müssen und welche Möglichkeiten sie mit diesem Gerät haben.

Wir halten es für unerlässlich, dass solche neuen Entwicklungen – die übrigens nicht mehr im Entwicklungsstadium sind, sondern tatsächlich eingesetzt werden können – im polizeilichen Einsatz erprobt werden. Durch die Erprobungsklausel ist dies möglich. Der Einsatz von Elektroimpulsgeräten hat sich aus unserer Sicht bewährt. Deshalb sind wir der Meinung, dass der Antrag auf Wiederherstellung der früheren Fassung des PAG mit Sicherheit der falsche Weg wäre. Wir täten damit den Beamten und denjenigen, die wir zeitweise vor sich selbst schützen müssen, keinen Gefallen. Aus diesem Grunde bitte ich Sie, den Gesetzentwurf der GRÜNEN abzulehnen.

(Beifall bei der CSU)

Die Aussprache ist geschlossen. Im Einvernehmen mit dem Ältestenrat schlage ich vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuss für Kommunale Fragen und Innere Sicherheit als federführendem Ausschuss zu überweisen. Damit besteht Einverständnis. Es wird so verfahren.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 2 c auf:

Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Änderung des Bayerischen Katastrophenschutzgesetzes (Drs. 15/9624) – Erste Lesung –

Der Gesetzentwurf wird vonseiten der Staatsregierung begründet. Das Wort hat wiederum Herr Staatssekretär Heike.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Zu dieser Gesetzesinitiative möchte ich zunächst eine Zahl nennen: Neben den Feuerwehr-Dienstleistern und den Helfern des THW, die heute schon Ersatzansprüche haben, gibt es Gott sei Dank die stattliche Anzahl von 115 000 Angehörigen freiwilliger Hilfsorganisationen, die – bisher jedenfalls – im Katastrophenfall weder einen Anspruch auf Freistellung noch auf Entgeltfortzahlung gegenüber ihrem Arbeitgeber bzw. auf Ersatz ihres Verdienstausfalls haben.

dieser Einsatzgrundsätze hat es keine öffentliche Diskussion gegeben, weil es sich lediglich um eine einfache ministerielle Weisung gehandelt hat. Diese Einsatzgrundsätze lassen sich auch durch normale ministerielle Weisungen verändern, fernab jeder öffentlichen Diskussion.

Meines Erachtens ist dies bei der Änderung des Polizeiaufgabengesetzes und der Beratung dieses Gesetzentwurfs im Rückblick zu berücksichtigen. Das muss nicht zwangsläufig dazu führen, dass wir dem Gesetzentwurf der GRÜNEN zustimmen. Diese Punkte werden wir bei der Beratung zum Gesetzentwurf in den Ausschüssen und im Plenum zu besprechen haben. Wir werden uns dieser Aufgabe stellen. Es wird mit Sicherheit eine interessante und intensive Diskussion. Wir werden sie in den Ausschüssen führen müssen.