Alles in allem sage ich Ihnen nun: Es gibt vieles, was die gute Wirtschaftslage in Bayern bestimmt, was mit der CSU nichts zu tun hat. Bayern hatte eben auch viel Glück in der Geschichte.
Ich benenne nun schlagwortartig ein paar „Baustellen“ der Landeswirtschaftspolitik. Ministerpräsident Dr. Beckstein sagte vor einer Woche, die Bildungspolitik sei die Wirtschaftspolitik des 21. Jahrhunderts. Wunderbar. Das haben wir schon vor einiger Zeit so formuliert. Gut wiederholt, stimmt auch.
Bildungspolitik in Bayern wird aber bisher nicht so gestaltet, dass die mittelständische Wirtschaft gut damit leben könnte. Sie reden doch auch mit Handwerksbetrieben. Dort wird Ihnen doch gesagt, dass die jungen Leute, die zur dualen Ausbildung kommen, besser von der Schule vorbereitet werden sollten. Das ist eine klare Kritik am bayerischen Schulsystem. Die bayerischen Betriebe und die Vereinigung der bayerischen Wirtschaft mussten Sie lehren, dass Ganztagsschulen ein Erfordernis der Zeit sind.
Ein letzter Punkt zur Bildung – man könnte noch vieles ansprechen: Die bayerische Wirtschaft braucht die Ausbildungsstätten außerhalb Bayerns, damit wir ausreichend
habe ich gedacht, als ich abends das Thema der Aktuellen Stunde der CSU-Fraktion vorfand. Aha, hier liegt also die Aktualität: Die CSU-Fraktion registriert den Vertrauensschwund, der innerhalb eines Jahres doch beachtlich ist, und ist dabei, alle Anstrengungen zu unternehmen, wieder Boden gutzumachen.
Trotzdem, Herr Kollege Pschierer, Sie haben ein paar gute Wirtschaftsdaten vorgetragen. Wir freuen uns darüber, und ich bestreite sie keineswegs. Sie sprechen von der Selbstständigenquote in Bayern, die 12 % beträgt. Sie ist im deutschen Vergleich gut. Im internationalen und im EU-Vergleich ist das eher anders zu sehen. Nehmen Sie Griechenland. Dort gibt es eine doppelt so hohe Selbstständigenquote. Was sagt uns denn das? – Zahlen muss man relativieren.
Ich habe damit gerechnet, dass Sie zu den Existenzgründungen etwas sagen werden. Sie sind nicht darauf eingegangen. Ich habe kürzlich gelesen, dass die Ministerin in einer Presseerklärung von einem „guten Jahr 2007 der Existenzgründungen“ gesprochen hat. Ich habe mir die Zahlen des Statistischen Landesamts angesehen. Sie sagen aus, dass im Jahr 2007 gegenüber 2006 die Gründungsquote um 2,4 % zurückging. Das ist ein deutlicher Rückgang, und eben keine Zunahme. Ich finde es problematisch, dass diese Quote in den Regionen sehr unterschiedlich ist. In Oberfranken zum Beispiel gab es einen Rückgang um 8,1 % gegenüber dem Vorjahr. Das ist ein dramatisches Signal. Das muss man verstehen, muss es deuten und muss entsprechend handeln.
Herr Kollege Pschierer, wir hatten im Wirtschaftsausschuss schon oft Gelegenheit, uns über die Wirtschaftsstruktur in Bayern auszutauschen. In der Tat, Bayern hat für die jetzige wissensbasierte Wirtschaft eine gute Struktur. Tun Sie aber nicht so, als hätte die CSU diese Struktur geschaffen.
Die Struktur hat viel mehr mit der Geschichte Bayerns zu tun. Lesen Sie nach – das schadet nie. Bayern wurde als rohstoffarmes Land spät industrialisiert. Wir hatten wenig Altindustrie, was noch in den Fünfzigerjahren und den Sechzigerjahren ein Problem war.
Wir haben wenige Bereiche umstrukturieren müssen. Ich bringe aus Zeitgründen nur ein Beispiel: Allein die Maxhütte zeigt, dass eine Maxhütte im Vergleich zu 20,
dankbar. Ich fordere Sie auf: Zeigen Sie in diesen Fragen mehr Demut! Die Leute, die in der Wirtschaft tätig sind, erwarten das, und das ist auch richtig so.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Diese Aktuelle Stunde auf Vorschlag der CSU-Fraktion ist der zweite und in unseren Augen wenig taugliche Versuch, Boden wieder gutzumachen und zerschlagenes Porzellan zu kitten. Es handelt sich um den zweiten Versuch nach der Ministerbefragung, die in der letzten Woche ebenfalls zu einem wirtschaftspolitischen Thema durchgeführt wurde. Wir befürchten, meine Damen und Herren, Herr Pschierer und Frau Ministerin Müller, das wird Ihnen so nicht gelingen,
wenn man bedenkt, welche Geisterfahrt Sie in den letzten Wochen in der Finanz- und Wirtschaftspolitik vollführt haben. In der Art, wie Sie in wichtigen wirtschafts- und finanzpolitischen Fragen herumdilettierten, wird Ihnen das nicht gelingen. Ich nenne als Stichworte die immer wieder genannte und stark strapazierte Landesbank und den Transrapid und verweise darauf, wie Sie dessen Investitionskosten eingeschätzt haben.
Wir haben schon in der letzten Woche darauf Bezug genommen und erklärt, dass das auch den Fakten entspricht, dass nämlich immer mehr Experten dunkle Wolken am Horizont heraufziehen sehen. Ich habe letzten Mittwoch eine Studie angesprochen, die für die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft von IW Consult extra angefertigt wurde. Darin wird erklärt, dass die Schere in Bayern immer größer wird, dass die regionalen Disparitäten anwachsen werden. Wir haben uns auch erlaubt zu erwähnen, dass die Regionaldirektion der Bundesanstalt für Arbeit in Bayern für die Jahre 2009 und 2010 massive Probleme vorhergesagt hat. Meine Damen und Herren von der CSU-Fraktion, Frau Ministerin, hier gilt es zu handeln und gegenzusteuern. Das Hier und Jetzt und die Zahlen, die Sie genannt haben, Herr Pschierer, sind das eine. Das andere aber ist die Politik, die Sie machen. Sie ist das Entscheidende für die Zukunft, und um die Zukunft sollte es uns gehen.
Herr Kollege Pschierer, ich habe gerade meinen Ohren nicht getraut. Frau Kollegin Kronawitter hat sich auf einen Artikel in der „Süddeutschen Zeitung“ von gestern bezogen. Es ging um das „Mittelstandsbarometer“. Sie sagten, das stehe so nicht in der Zeitung.
Herr Pschierer, wie sich das für einen guten Wirtschaftspolitiker gehört, habe ich dieses „Mittelstandsbarometer“ mittlerweile selbstverständlich in der Hand. Ich werde
Das ist letztlich also auch eine Baustelle. Weitere Baustellen wie die Breitbandversorgung, die Infrastruktur der heutigen Zeit, möchte ich nur stichpunktartig nennen.
(Beifall bei der SPD – Franz Josef Pschierer (CSU): Das passt doch! – Gegenruf der Abgeordneten Susann Biedefeld (SPD): Alle Anträge der SPD wurden abgelehnt!)
Sie haben unendlich lange gebraucht zu verstehen, dass der Staat hier unterstützen und mithelfen muss. Ein weiteres Stichwort: Einzelhandel. Was haben wir hier schon über die Ansiedlung der Factory-Outlet-Center und über die riesigen Einkaufsstätten auf der grünen Wiese gestritten? – Das ist eine Politik, die sich gegen die mittelständische Wirtschaft, die sich gegen den Einzelhandel richtet. Lassen Sie sich das gesagt sein.
Aktuell sehe ich auch keine gute Perspektive. 1,6 % minus im Einzelhandelsumsatz, allein im ersten Quartal dieses Jahres. Da muss man schon einmal sagen: Wirtschaftspolitik ist auch das, was bei den Menschen ankommt, damit sie einkaufen gehen können.
Die Regionalförderung wurde ausgerechnet zu dem Zeitpunkt, als sie unbedingt notwendig gewesen wäre, weil die Wirtschaft von sich aus zu wenig Nachfrage hatte, stark reduziert. Der Sparhaushalt 2004 ist uns allen gut erinnerlich und auch, welche dramatischen Folgen dieser Sparkurs draußen hatte. Das zeigen die Briefe und die Situation in den Handwerksbetrieben und in anderen Wirtschaftseinrichtungen.
Zur Tourismuswirtschaft: Wie lange haben Sie gebraucht, bis Sie gesehen haben, dass hier ein Investitionsstau besteht, bei dem man nachhelfen muss? Damals gab es ein 100-Millionen-Programm, und siehe da, Minister Huber hat das damals x-mal verkauft. Die LfA musste dafür bezahlen, weil Sie nicht bereit waren, hierfür aus dem Staatshaushalt Gelder einzusetzen.
Letzte Anmerkung: Ich finde es richtig, wenn man bei den Verhandlungen über die Erbschaftsteuer abwägend zuwege geht. Ich habe Signale von Franz Maget bekommen, dass über die 10-Jahres-Grenze verhandelt wird. Davon hat er mich gestern informiert. Das wünschen wir uns auch.
Ich kann Ihnen nur sagen, beanspruchen Sie nicht, Sie seien die Erfinder der bayerischen Wirtschaft. Das sind Sie nicht. Es ist vermessen, so etwas zu glauben. Die Menschen, die in Bayern tüchtig arbeiten, gleichgültig ob als Arbeitnehmer oder als Unternehmer, tragen die Wirtschaft. Das sollten wir respektieren. Dafür sind wir auch
Mittelstandsförderungsgesetz vorgetragen habe: „Unser neues mittelstandspolitisches Aktionsprogramm, das derzeit in enger Abstimmung mit der Wirtschaft erarbeitet wird“ – –. Das war Minister Huber beim Zukunftskongress HTI. Das war im Jahr 2001. Das nächste Zitat: „Ich erarbeite derzeit zusammen mit der Wirtschaft ein mittelstandspolitisches Aktionsprogramm“. Das sagte Herr Wiesheu am 18. Oktober 2001, am Tag der Selbstständigen. In seiner Dankesrede anlässlich der Verleihung des Ehrenrings des Bayerischen Handwerks in Nürnberg kündigte Ministerpräsident Edmund Stoiber ein neues mittelstandspolitisches Aktionsprogramm für Bayern an. Das war am 24. Oktober 2001. – Jeder Minister, jeder Staatssekretär hat sich in dieser Ankündigungslitanei, in dieser Auflistung wiederfinden dürfen. Selbst der frühere bayerische Umweltminister, Dr. Schnappauf, hat das wenige Wochen später getan.
Im nächsten Jahr war es das Gleiche und im übernächsten Jahr wieder. Immer wieder gab es Ankündigungen, passiert ist de facto aber nichts. Wir haben uns deshalb sehr gefreut, dass derjenige, den ich vorhin zitiert habe, der jetzige Ministerpräsident Dr. Beckstein, der in unserer Liste tatsächlich gefehlt hat, jetzt ebenfalls eine solche Ankündigung vorgetragen hat.
Nun konkret: Frau Kollegin Kronawitter hat das eine oder andere bereits angesprochen. Ich darf hier fortsetzen und nenne zum Beispiel die Kürzung des Mittelstandskreditprogramms im Nachtragshaushalt 2004. Damals hieß es, das Programm wird gekürzt, weil die Konjunktur lahmt, aber sobald sie hochgeht, ändern wir das. Anders als angekündigt, wurde die Streichung aber nur zögerlich und nur partiell zurückgenommen. Das Gleiche gilt für das regionale Wirtschaftsförderungsprogramm.
Herr Kollege Pschierer hat mir den Gefallen getan, das Thema anzusprechen: das elende Gezerre um das bayerische Mittelstandsförderungsgesetz.
Zuerst war Ihr Vorgänger ganz frech und sagte, dieses Gesetz sei zwar 30 Jahre alt, es müsste jedoch nicht reformiert werden, da sich an den Rahmenbedingungen nichts geändert habe. Wir haben damals einen entsprechenden Antrag gestellt, die SPD kurze Zeit später auch. Dann hieß es: Wir ändern jetzt das Gesetz. Die SPD und die GRÜNEN haben recht, es müsste in einigen Punkten nachgebessert werden. Jahrelang ist dann nichts passiert. Warum? Weil sich der damalige Wirtschaftsminister Dr. Wiesheu mit dem damaligen Innenminister Dr. Beckstein nicht einigen konnte. Sie haben sich feiern und das Gesetz wieder in der Schublade verschwinden lassen.
In dieser Legislaturperiode ist dann ein Gesetz herausgekommen, das seinem Namen alles andere als Ehre macht. Das ist ein zahnloser Tiger, ein Weichspülgang, ein Gesetz ohne Saft und Kraft. Warum? Das haben wir an dieser Stelle schon hinreichend diskutiert. Ich möchte nur auf zwei Beispiele hinweisen, nämlich die viel zu
Ihnen jetzt daraus das eine oder andere vorlesen. Ernst & Young fragten mittelständische Unternehmen in ganz Deutschland. Ich trage nur einige wenige Fragen vor: „Wie bewerten sie Ihre aktuelle Geschäftslage?“ – Hamburgs Mittelstand ist mit Abstand am zufriedensten. Bayern befindet sich im unteren Mittelfeld. Nächste Frage: „Wie wird sich Ihre Geschäftslage in den nächsten sechs Monaten entwickeln?“ – Die Mittelständler in Hamburg, Bremen und Berlin sind am optimistischsten; Bayern ist in der schlechten Mitte.
„Wie wird sich die allgemeine Wirtschaftslage in Deutschland Ihrer Meinung nach im Jahr 2008 entwickeln?“ – In Bayern gab es mehr Pessimisten als Optimisten. Diese Pessimisten aus Bayern sind hier an erster Stelle genannt. „Erwarten Sie, dass die Zahl der Mitarbeiter Ihres Unternehmens im Jahr 2008 steigen, gleich bleiben oder sinken wird?“ – Per Saldo ist besonders in Hamburg, Bremen und Schleswig-Holstein mit einer positiven Beschäftigungsentwicklung zu rechnen. Sie, Herr Pschierer, haben gerade die Flächenländer hinterfragt. SchleswigHolstein ist eindeutig ein solches Flächenland. Bayern ist wiederum hundsmiserabel. So lautet jedenfalls die Antwort der bayerischen Mittelständler.
Zum Thema Fachkräftemangel: „Wie leicht oder schwer fällt es Ihrem Unternehmen, derzeit neue und ausreichend qualifizierte Mitarbeiter zu finden?“ – 80 % der Unternehmen bezeichneten es als relativ schwierig, ausreichend qualifizierte Mitarbeiter zu gewinnen. Wo sind die Antworten mit Abstand am schlechtesten? – in Bayern! So geht das weiter. Bei jeder Frage schneidet Bayern mittelmäßig bis ganz schlecht ab.
Noch eine letzte Frage, mit der ich Sie hier bemühen möchte: „Planen Sie, die Gesamtinvestitionen Ihres Unternehmens im kommenden Jahr zu steigern, konstant zu halten oder zu reduzieren?“ – In Bayern ist hier wiederum Fehlanzeige.
Herr Pschierer, es sind nicht nur die Stadtstaaten, die relativ gut abschneiden, sondern es sind auch andere Flächenländer. Bayern aber schneidet ganz schlecht ab. Das heißt, der Mittelstand hat mehr und mehr Vertrauen in die Politik der Bayerischen Staatsregierung verloren.
(Beifall bei den GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD – Ludwig Wörner (SPD): Bei der Wirtschaftspolitik ist das kein Wunder!)