Deshalb lehnen wir in zwei Änderungsanträgen zum Nachtragshaushalt die Kürzungen im Hochschulbereich, die Einführung von Verwaltungsgebühren für Studierende und die Studiengebühren für so genannte Langzeitstudierende ab. Wir fordern stattdessen die Investition dringend notwendiger zusätzlicher Finanzmittel, die für die Universitäten und Fachhochschulen längst überfällige, verlässliche Planungsdaten und Rahmenbedingungen schaffen.
Die Hochschulen brauchen unsere Unterstützung. Die geplanten Kürzungen sind zu hoch. Ihre Umsetzung ist zu kurzfristig. Wir wissen, die Hochschulen haben keine Chance, darauf mit qualifizierten Studienreformen zu reagieren.
Um das Geld irgendwie aufzutreiben, sind sie gezwungen, Berufungstöpfe zu plündern, Rücklagen für wichtige Investitionen aufzulösen, jede frei werdende Stelle dem Finanzminister abzuliefern, selbst dann, wenn die Wiederbesetzung dringend für die Profilbildung in der Forschung, die Aufrechterhaltung des Lehrangebots oder die Nachwuchsförderung gebraucht wird.
Wo aber nicht Strukturplanung, sondern nur noch der Zufall Regie führt, ist Qualität nicht zu sichern, geschweige denn die Motivation für Reformen zu schaffen. Die größte Sorge dabei ist, dass mit den massiven Kürzungen eine Abwärtsspirale in Gang gesetzt wird, die nicht mehr zu stoppen ist. Alles, was dem Finanzministerium über die Vorbereitungen zum Doppelhaushalt 2005/2006 zu hören ist, bestätigt unsere Befürchtungen. Genau diese Entwicklung wollen wir mit unseren vorliegenden Anträgen verhindern. Massive Stellenstreichungen, Aufschub wichtiger Baumaßnahmen, Streichung von Studiengängen, Gefährdung von Berufungszusagen und schlechtere Betreuungsverhältnisse sind eben erst der Beginn der sich abzeichnenden Abwärtsspirale. Um den Hochschulen Handlungsspielräume zu erhalten, wollen wir ihnen helfen und die Kürzungen im Haushaltsjahr 2004 zurückdrehen. Dazu gehört erstens die Nachwuchsförderung statt Personalabbau. Bei dem prognostizierten Anstieg der Studierendenzahlen um mindestens 30 % bis 2011 stehen die Hochschulen mit einer verringerten Finanzausstattung vor einer dramatischen Entwicklung. Schon heute sind viele Einrichtungen gezwungen, einen Notbetrieb zu fahren, da am Beispiel der Fachhochschule München eine 5-prozentige Kürzung die Reduzierung der disponiblen Mittel um 50 % bedeutet und die Hochschulleitung in eine finanzielle Zwangslage führt.
Wir beantragen deshalb 30 Millionen Euro zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses, insbesondere zur Verbesserung der Ausbildungsbedingungen, zur Förderung junger Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler und zur Erreichung des Ausbauziels der jeweiligen Hochschule. Weitere 13 Milliarden Euro fordern wir für die gemeinsam bewirtschafteten Personalausgaben der Universitäten und der Fachhochschulen. Wie sonst sollen denn die starken Studienjahrgänge der Zukunft mit weniger Lehrpersonal auf der Basis der meist guten Standards in der Gegenwart ausgebildet werden?
Der Fachhochschulanteil der Studierenden soll auf 40 % eines Jahrgangs anwachsen. Das flächenbezogene Ausbauziel in Bayern beträgt derzeit ca. 37 000 Studienplätze; 81 % davon sind ausgebaut und 64 000 Studierende lernen dort. Und es werden erheblich mehr. Wo soll hier denn noch gespart werden?
Der akademische Mittelbau, der derzeit auch den Lehrbetrieb aufrecht erhält, ist wegen vieler befristeter Verträge vor allen von den Stellenkürzungen betroffen. Ähnlich ist die Lage beim nichtwissenschaftlichen Personal. Das gefährdet die Dienstleistungsund Hochschulinfrastrukturqualität, verkürzt die Ausleihzeiten und verlängert die Wartezeiten bei den Bibliotheken. Abgespeckte Auslandsämter, fehlende qualifizierte Beratungen, all das sind die von Ihnen zu verantwortenden „Zukunftsvisionen“.
Ich komme zweitens zur Verbesserung der Studienund Arbeitsbedingungen. Wir fordern zusätzliche 10 Millionen Euro zur Verbesserung der sächlichen Ausstattung und zur Durchführung dringend notwendiger kleinerer Baumaßnahmen, und weitere gut 5,5 Millionen Euro für unvorhergesehene Ausgaben jeder Art sowie zur Förderung der wissenschaftlichen Lehre und Forschung der Universitäten bzw. Fachhochschulen. All diese Beträge orientieren sich in finanzpolitischer Verantwortung an den im Doppelhaushalt 2003/2004 vom Gesetzgeber gemachten Zusagen, erhalten also den Status quo, obwohl auch wir wissen, wie sehr man sich dabei nach der Decke strecken muss.
Aber nur so ist es möglich, den Hochschulen Luft zu verschaffen, um erstens bei wichtigen Berufungen verhandeln zu können und begonnene Profilbildungen auszubauen und zweitens ihnen zu ermöglichen, das Studienangebot aufrecht zu erhalten.
Tausende von studierwilligen jungen Talenten wird so in Bayern eine Perspektive gegeben; Innovationspotenzial bleibt im Land.
Ergänzt werden diese Forderungen durch die Aufstockung für den Bereich der Bibliotheken –, dazu wird mein Kollege Rabenstein sprechen –
und durch 5 Millionen Euro zur Einrichtung, Förderung und den Betrieb von Kindertagesstätten, um damit wenigstens in einem Bereich weitere Schritte hin zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf, von Studium und Kind zu unternehmen.
Lassen Sie mich nun zu einer gravierenden Änderung des Hochschulgesetzes kommen, die wir für grundlegend falsch halten. Wir lehnen die Verwaltungsgebühren und die Langzeitstudiengebühren ab.
Die Einführung von Langzeitstudien- und Verwaltungsgebühren soll lediglich dazu dienen, der Einführung allgemeiner Studiengebühren politischen Nachdruck zu verleihen. In unseren Augen sind Langzeitstudiengebühren Maßnahmen, die eine breite akademische Ausbildung verhindern. Es ist reiner Populismus, mit dem Sie Finanzpolitik auf dem Rücken der Studierenden austragen. Dabei spielen Sie mit Vorurteilen der Bevölkerung über vermeintliche Bummelstudenten, verschleiern zum Teil den Paradigmenwechsel in der bayerischen Hochschulpolitik hin zur stärkeren Auslese und vor allem hin zu einer stärkeren sozialen Auslese. Im Hochschulausschuss haben wir ausführlich über Untersuchungen gesprochen, die die Ursachen
eines Langzeitstudiums erforschen. Dabei wird deutlich, Sie treffen mit diesen Maßnahmen in erster Linie nicht die Faulenzer, die Sie immer wieder anführen, sondern junge Menschen, die zum Beispiel aufgrund ihrer sozialen Herkunft, eines Auslandsstudiums, eines Studienwechsels, weil sie Kinder haben oder aus ähnlichen nachvollziehbaren und vertretbaren Gründen ihr Studium nicht in der Regelzeit absolvieren können. Deshalb lehnen wir Ihren Vorschlag ab.
Wir lehnen auch die Verwaltungsgebühren ab, weil die Studierenden dafür kein Mehr an Gegenleistung erhalten. Die Gebühren werden nur wegen der öffentlichen Finanznot erhoben. Sie haben nämlich die Ausgaben für die Hochschulen um genau den Betrag der Höhe der Einnahmen der Verwaltungsgebühren reduziert. Die Hochschulen hätten also ohne Verwaltungsgebühren noch stärker bluten müssen, als sie dies ohnehin schon tun.
Die Studierenden zahlen die Gebühr und gleichzeitig verschlechtert sich aufgrund der sonstigen Rahmenbedingungen ihre Studiensituation. Und dann wird der von Ihrem Kürzungsfanatismus und Ihrer Ausleseideologie geprägten Hochschulpolitik die schwarze Krone dadurch aufgesetzt, dass in den Haushalt ursprünglich Einnahmen durch Verwaltungsgebühren in einer Höhe eingesetzt wurden, die den tatsächlichen Mittelzufluss um 50 % übertreffen. Dadurch hätte man die Hochschulen gezwungen, gut 11 Millionen Euro einzusparen. Dieses Vorgehen war entweder auf eine extreme Schludrigkeit oder auf eine bodenlose Unverschämtheit gegenüber den Hochschulen zurückzuführen.
Wir befürchten, dass die jetzt gefundenen Regelungen wieder zulasten der Hochschulen gehen. Herr Goppel, in der „Nürnberger Zeitung“ von heute steht, dass Sie selbst noch nicht sagen können, wie diese Mittel aus Ihrem Etat gedeckt werden sollen. Die SPD stimmt diesem Vorhaben aus all den genannten Gründen nicht zu. Wir werden im Gegenteil aufpassen, dass die Finger in diesen Fragen immer wieder auf die Wunden gelegt werden.
Im Gegensatz zu all Ihren Maßnahmen fordern wir eine eindeutige Prioritätensetzung für die Bildung und das heißt auch für Wissenschaft und Forschung im Nachtragshaushalt. Ich gehe aber noch einen Schritt weiter. Ich nehme Sie beim Wort, Herr Goppel und Herr Spaenle. Lassen Sie uns gemeinsam gegen diese Kürzungsorgien kämpfen, damit wir um die wahren Zukunftsfragen der Hochschulen ringen können. Wir vergeuden nämlich zur Zeit unsere Kraft beim rückwärtsgerichteten Kampf um Finanzmittel, die einen mittelmäßigen Status quo aufrecht erhalten, anstatt zu streiten, und das wäre wirklich nötig, für eine wirkliche Offensive für Wissenschaft, Forschung und Lehre, zu der alle gesellschaftlichen Gruppen in unserem Land Zugang haben.
Unsere wiederholt eingeforderten Reformen mit dem Ziel der Demokratisierung, der Effizienz steigernden und die Qualität verbessernden Hochschulautonomie, der gesellschaftlichen Einbindung von Wissenschaft und der vollständigen Umsetzung von Gleichstellung, müssten endlich auf der Basis eines modernen Hochschulgesetzes umgesetzt werden. Dem haben Sie sich bis jetzt verweigert, und Sie verweigern sich auch der Einsicht, dass ein Strukturkonzept zur Zukunft der bayerischen Hochschullandschaft und eine langfristige verbindliche Hochschulplanung im Dialog mit allen beteiligten Gruppen zu erarbeiten sind. Das wären die Aufgaben, an denen Sie sich wirklich Meriten verdienen könnten.
Ich habe nur noch einen Satz. – Stattdessen kürzen Sie kaputt, was aufgebaut und unterstützt werden müsste. Was Sie heute vorlegen, ist ein Armutszeugnis für die bayerische Hochschulpolitik.
Euch haben die Geister schon lange verlassen. Da ist völlig wurscht, wann die Geisterstunde anfängt, ob eine viertel Stunde vor oder nach Mitternacht. Aber lassen wir das.
Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Was Herr Kollege Vogel hier abgeliefert hat, das war zum einen Teil rückwärts gewandt und zum andern Teil entsprach es einer Klagemauer. Die Hochschulpolitik der Bayerischen Staatsregierung und der CSU-Fraktion verstehen sich unter dem Prinzip der Nachhaltigkeit, der Leistungsorientierung –
Immerhin haben meine Ausführungen bei Ihnen schon nachhaltigen Eindruck hinterlassen, was von Ihren Beiträgen nicht immer zu behaupten ist. Die
Politik versteht sich also unter dem Ziel der Nachhaltigkeit, der Leistungsorientierung und der Chancengerechtigkeit
Daran orientieren wir unsere Hochschulpolitik. Nicht zuletzt deshalb haben wir im nationalen wie im internationalen Ranking erst in den letzten Wochen mit einem Großteil der bayerischen Universitäten Spitzenplätze belegt. Aber der Leistungsbeweis ist etwas, was Ihnen, gerade auch Ihren Vertretern auf der Bundesebene, schwer fällt.
Wenn auf einer der wichtigsten wissenschaftlichen Tagungen der letzten Wochen die Bundesbildungsministerin Bulmahn bei den Vertretern aller Bundesländern, mit ihrem Verbot von Studiengebühren und mit der Einführung der verfassten Studentenschaft der „running gag“ ist –
Anscheinend kennen Sie die Verfassung nicht, wonach die Bestimmungen des Hochschulrahmengesetzes unmittelbar auf die Hochschulgesetzgebung der Länder einwirkt. Bei Zwischenrufen zählt eben auch ein guter Inhalt und nicht nur die gute Verpackung.
Das habe ich jetzt nicht verstanden! Könnten Sie das erklären! Der Sudel-Sepp ist wieder einmal so richtig tätig. Auch kurz vor Mitternacht ist die Elastizität seiner Stimmbänder ungebrochen. Aber die Verbindung zum Kleinhirn ist manchmal etwas gestört. (Franz Maget (SPD): Er kann Ihnen nicht mehr folgen!)
Wir stellen fest, dass die bayerischen Hochschulen im nationalen wie im internationalen Vergleich Spitzenplätze einnehmen. Wir haben unter dem Prinzip der Nachhaltigkeit die Investitionsfähigkeit des bayerischen Staatshaushaltes in einem der wichtigsten Zukunftsfelder gewahrt. Die Erhaltung der Investitionsfähigkeit ist ein wichtiges Ziel unserer Politik, deshalb dieser Nachtragshaushalt und die Konsolidierungsbeiträge im Wissenschaftsetat. Wir haben diese Einsparungen mitgetragen, und zwar aus voller Überzeugung. Gleichzeitig gehen wir daran – was
Kollege Vogel anmahnt – umzusetzen, in dem wir das Hochschulrecht organisch und dynamisch weiterentwickeln, um die Spitzenposition Bayerns national und international fort zu entwickeln.
Ich bin froh, dass das Elite-Netzwerk angesprochen wurde. Wir gehen auch in diesem Bereich wieder einmal daran, bundesweite Maßstäbe zu setzen. Die Kultusministerkonferenz hat das Beispiel Bayerns einstimmig, also mit den Stimmen aller 16 Bundesländer – und von diesen sind einige bekanntlich rot-grün regiert – dem Konzept der Bundesbildungsministerin entgegengestellt, die nicht von eins bis zehn zählen kann. Erst ist es eine Eliteuniversität, dann sind es 10. Das allein ist schon Maßstab für die Qualität der bayerischen Hochschulpolitik.
Wir wollen schließlich neben der Fortentwicklung des Hochschulgesetzes und der Sicherung der nachhaltigen Fortentwicklung unseres Hochschulsystems durch die Erhaltung der langfristigen Investitionsfähigkeit des bayerischen Staatshaushalts den wichtigsten Fragen gerecht werden. Das sind die Fragen, wie wir die Autonomie und die Verantwortung unserer Hochschulen weiter entwickeln. Das soll gemeinsam mit den Hochschulen geschehen. Das ist doch das, was Sie anmahnen, Herr Kollege Vogel. Sie haben nicht nur gut zugehört, Sie haben auch gut abgeschrieben. Die Hochschulplanung soll zusammen mit den Hochschulen am Standort Bayern nach vorn entwickelt werden. In sofern können wir den Vorschlägen, die Sie heute unterbreiten, nicht zustimmen. Außerdem klaffen Ihre Vorstellungen und Ihre Taten dort, wo Sie Verantwortung tragen, weit auseinander. Ich darf deshalb bitten, den Vorschlägen, die Kollege Vogel unterbreitet hat, heute nicht zuzustimmen.