Protokoll der Sitzung vom 24.04.2008

Also, der Herr Huber ist schon gestrichen.

(Heiterkeit bei den GRÜNEN)

Ich glaube, wir müssen wirklich ernsthafte Maßnahmen ins Auge fassen. Dazu gehört natürlich, dass wir bei der frühkindlichen Bildung beginnen. Wenn frühkindliche Bildung teuer ist, geht auch hier die soziale Schere wieder auf. Dann können sich frühkindliche Bildung nur manche Eltern leisten, andere nicht. Dabei, Herr Imhof, bin ich bei dem von Ihnen angesprochenen Betreuungsgeld. Ein Betreuungsgeld, das Eltern zugute kommt, die ihr Kind nicht in eine Einrichtung schicken, begünstigt bestimmte Familien doppelt: Sie kriegen Geld und zahlen nichts für die Kinderkrippe. Andere, die sich für eine gute frühkindliche Bildung entscheiden, zahlen für die Kinderkrippe, bekommen aber kein Betreuungsgeld. Ich habe die Frau Ministerin schon einmal danach gefragt, aber ich habe keine Antwort erhalten, wie sie sich entscheiden würde, wenn sie sozial schwach wäre, ob sie sich dann für das Geld auf die Hand entscheiden würde, oder ob sie 400 Euro für die Kinderkrippe bezahlen würde. Ich glaube, das ist eine Ungleichbehandlung und behindert frühkindliche Bildung. Das können wir uns nicht leisten.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Beim Bayerischen Kinderbildungs- und -betreuungsgesetz, dem BayKiBiG, ist es ebenso. Auch hier geht die soziale Schere auseinander. – Herr Faltlhauser, informieren Sie sich erst einmal! – Beim BayKiBiG geht die soziale Schere auch auseinander, denn wenn Eltern länger gute Bildung buchen wollen, müssen sie mehr bezahlen. Eltern, die wenig Geld haben, werden sich für eine kürzere Buchungszeit entscheiden.

(Zuruf des Abgeordneten Prof. Dr. Kurt Faltl- hauser (CSU))

Natürlich sind wir der Meinung, dass frühkindliche Bildung ebenso wie Schulbildung kostenfrei sein muss. Denn es ist Bildung, und es ist klar, dass Kinder im frühen Alter wesentlich aufnahmefähiger sind als später. Warum sollen sie dann als kleine Kinder dafür bezahlen, wenn sie soviel davon profitieren können? Natürlich ist es auch unser Fernziel, den Kindergarten kostenfrei zu stellen. Wir wollen das schrittweise tun. Im Gegensatz zur SPD sagen wir, wir wollen das erste Kindergartenjahr kostenfrei machen. Aber es ist, wie gesagt, eine schrittweise Annäherung an das richtige Ziel.

Wir möchten auch einen Ausbau der Erziehungsberatung. Darauf bin ich heute Morgen schon eingegangen. Es ist eben nicht so, dass es bereits ein bedarfsgerechtes Angebot gäbe.

Ich weiß, wie lang die Anmeldefristen sind. Ich habe heute früh schon gesagt, es kommen nur die sofort dran, die suizidgefährdet sind. Die anderen müssen warten. Kinder können aber nicht warten. Wenn das Problem da ist, dann muss das Kind auch betreut, beraten und behandelt werden. Es kann nicht warten, bis der Erziehungsberater nach acht Wochen Zeit hat.

alle Initiativen, die Familien in ihrer finanziellen Not helfen. Ich denke aber schon, dass es wichtig ist, die materielle Situation und die persönliche Lage der Familien zu verbessern. Aber was will denn der Kinderzuschlag auf Bundesebene? – Genau, er will die materielle Situation der Familien verbessern. Was soll denn die Erhöhung des Wohngelds bewirken? – Sie soll die materielle Situation der Familien verbessern. Was wollen wir mit unserem Erziehungsgeld? – Wir geben immerhin jährlich 112 bis 115 Millionen Euro dafür aus. Wir haben sogar zusätzlich 72 Millionen Euro in die Hand genommen. Ab 2009 werden 63 % unserer Familien in den Genuss des Landeserziehungsgeldes kommen.

(Zuruf der Abgeordneten Dr. Simone Strohmayr (SPD))

Mit diesem Geld verbessern wir die materielle Situation unserer Familien. Doch das nehmen Sie überhaupt nicht zur Kenntnis, darüber reden Sie nicht. Auch wenn es Ihnen persönlich offensichtlich völlig egal ist, Herr Kollege Wahnschaffe, wir schauen uns unsere bayerischen Zahlen sehr genau an. Die Zahlen sind nun einmal rückläufig. Sie sollten sich eigentlich darüber freuen.

(Joachim Wahnschaffe (SPD): Was ist hier rückläufig?)

Sie sollten nicht erzählen, die Kinderarmut in Bayern würde zunehmen.

(Joachim Wahnschaffe (SPD): Das sind doch Ihre eigenen Zahlen vom letzten Jahr!)

Nein, wir hatten im Dezember einen Rückgang von 5,7 % im Jahresverlauf 2007. Sie sprechen von 150 000 bis 160 000 Kindern. Wissen Sie was, im Dezember 2006 waren es 153 000 Kinder unter 15 Jahren, die nach der Statistik der Bundesagentur für Arbeit auf Leistungen der Grundsicherung angewiesen waren. Bis zum Dezember 2007 hat die Zahl um 8000 abgenommen. Und Sie reden von der höchsten Zunahme deutschlandweit.

(Zurufe des Abgeordneten Joachim Wahnschaffe (SPD) und der Abgeordneten Dr. Simone Strohmayr (SPD))

Ich glaube, Sie schauen sich die Zahlen überhaupt nicht an. Es ist Ihnen völlig egal, welche Entwicklung wir in Bayern haben. Ich appelliere deshalb an Sie, genau hinzusehen.

Man muss gleichzeitig sagen, Bayern ist das Land, das im Bundesvergleich mit Abstand die niedrigste Quote an nichterwerbsfähigen Hilfsbedürftigen unter 15 Jahren hat. Bayern hat 7,83%, während der Bundesdurchschnitt bei 15 % liegt. Letztendlich ist Ihnen das aber egal. Ich denke, diese Zahlen sind gute Zeichen für Bayern. Gleichzeitig dürfen wir nicht innehalten, wir müssen weiterhin verbessern.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Kinderarmut ist von der Armut der Eltern abgeleitet. Sie leitet sich ab von Eltern,

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Kinderarmut ist mit Sicherheit ein ernstzunehmendes Problem. Das ist überhaupt keine Frage. Man muss sich die Situation, gerade die der Alleinerziehenden, aber auch die der Familien mit mehreren Kindern, sehr genau ansehen. Wir wissen durchaus: Das sind die Gruppen in unserer Bevölkerung, die den höchsten Anteil an Grundsicherungs- oder Sozialhilfeempfängern haben.

Ich will aber noch etwas zu den Kinderbeauftragten sagen. Ich bezweifle, dass man Kinderarmut durch Kinderbeauftragte bekämpfen kann. Herr Kollege Wahnschaffe, ich will nichts gegen Seniorenbeauftragte, Behindertenbeauftragte oder Gleichstellungsbeauftragte sagen. Ich bin vielmehr der Ansicht, dass Kinder wieder wesentlich stärker in die Mitte unserer Gesellschaft gerückt werden müssen. Jeder Einzelne, völlig unabhängig davon, wo er Verantwortung trägt, ob er Landtagsabgeordneter, Bürgermeister oder ein Verantwortlicher in der Wirtschaft ist, jeder Einzelne muss sich, wenn auch in anderer Art und Weise, um kinderfreundliche Bedingungen in unserer Gesellschaft kümmern. Deswegen bin ich gegen Kinderbeauftragte.

Frau Ministerin, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Frau Kollegin Ackermann?

Staatsministerin Christa Stewens (Sozialministe- rium) : Nein, im Moment nicht. Das können wir hinterher machen.

Frau Kollegin Ackermann, es hat mich betroffen gemacht, dass Sie sagten, das Kinderschutzgesetz sei sozusagen ein Schmarrn gewesen. Ich muss ehrlich sagen, ich bin entsetzt. Gerade mit diesem Gesetz machen wir uns auf den Weg, die Risikofaktoren zu identifizieren, die in Bevölkerungsgruppen – –

(Zuruf von den GRÜNEN)

Hören Sie zu! – Es geht um Risikofaktoren, die in Bevölkerungsgruppen vorhanden sind. Es gibt Gruppen, in denen es Schwierigkeiten gibt, in denen Misshandlungen von Kindern vorkommen, wo Kinder zu Tode gequält werden. Das halte ich für einen ganz wichtigen Gesichtspunkt.

(Zuruf der Abgeordneten Renate Ackermann (GRÜNE))

Wir müssen das Netz für Kinder enger knüpfen, um diese Kinder besser schützen zu können.

(Renate Ackermann (GRÜNE): Nein!)

Doch! Wenn Sie Nein sagen, dann wollen Sie das offensichtlich nicht. Ich nehme das zur Kenntnis. Wir haben offensichtlich eine grundsätzlich unterschiedliche Position. Das muss ich hier einmal ganz klar feststellen. Ich begrüße grundsätzlich alle Initiativen, die Kindern in seelischer oder körperlicher Not helfen. Ich begrüße auch

Deswegen denke ich, dass wir alle gemeinsam diese Forderung haben: Dass das BMAS für Kinder Bedarfe definieren muss, sodass sie dann auch den tatsächlichen Anforderungen von Kindern entsprechen. – Das zum Ersten.

Zum Zweiten, weil Sie immer wieder gefragt haben, wann ich den Bericht gebe: Das wird sicher noch etwas dauern. Er kommt – Frau Kollegin Ackermann, Sie können sicher sein – vor Ende dieser Legislaturperiode. Er muss nur noch durch den Ministerrat, und dann werde ich auch den Bericht geben.

Übrigens haben wir auch die Bundesratsinitiative des Saarlandes und Nordrhein-Westfalens unterstützt, die letztendlich auch Mehrbedarfe für das Mittagessen und den Schulbedarf ab der 1. Klasse definieren möchten.

Ich bin der festen Überzeugung, dass wir in Bayern wirklich gut aufgestellt sind, weil mir Familien und deren finanzielle Situation ein Herzensanliegen sind, übrigens auch dem bayerischen Finanzminister.

Zum Schluss noch ein Wort: Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn wir uns für ein Betreuungsgeld eingesetzt haben – nachdem ich da auch wieder diese meiner Meinung nach grauenhaften, schlimmen Zwischenrufe gehört habe –, dann deswegen, weil wir Familien stärken wollen, weil wir die Wahlfreiheit für unsere Familien möchten, nicht aber sie bevormunden wollen.

(Zuruf von der SPD: Mit drei Euro Betreuungs- geld! – Joachim Wahnschaffe (SPD): Durch Wiederholung wird es nicht besser!)

Die Familien zu stärken, dazu dient übrigens auch das hervorragende Netz von Familien- und Erziehungsberatungsstellen. Sie sagen doch immer, ich dürfe nicht auf andere Länder verweisen, aber auch hier kann ich Ihnen klar sagen: Andere Länder wären froh, wenn sie ein so hervorragendes Netz an Beratungsstellen aufweisen könnten wie wir. Also gilt nach wie vor unsere Devise: Familien stärken und nicht bevormunden!

(Beifall bei der CSU)

Vielen Dank, Frau Ministerin. Zu einer Zwischenbemerkung erteile ich Frau Kollegin Tolle das Wort.

(Zurufe von den GRÜNEN: Ackermann!)

Nicht? – Entschuldigung. Hier steht Tolle. Ich kann nur das machen, was mir gemeldet wird. Dann ist es die Frau Kollegin Ackermann. Bitte.

Frau Ministerin, Sie haben gesagt, ein Kinderbeauftragter ist für Sie deshalb nicht notwendig, weil Kinder für Sie in der Mitte der Gesellschaft stehen sollen. Das finde ich gut. Darf ich dann im Umkehrschluss annehmen, dass alte Menschen, behin

die Grundsicherung empfangen. Das beste Mittel, um Kinderarmut vorzubeugen, ist deshalb schlicht und einfach eine gute Ausbildung. Ich werde Sie nicht ändern, Herr Kollege Wahnschaffe. Sie werden immer wieder sagen, unser Bayerisches Kinderbildungs- und -betreuungsgesetz ist ein Spargesetz, unabhängig davon, wie viele Millionen Euro wir von Jahr zu Jahr mehr ausgeben.

(Joachim Wahnschaffe (SPD): Sie sollten mit den Betroffenen reden! – Simone Tolle (GRÜNE): Sie kommen ja nie zu den Treffen der Betroffenen!)

Es ist kein Spargesetz, das wissen Sie ganz genau. Sie sagen gleichzeitig, Kinder aus Familien, die wenig Geld haben, könnten nicht in die Kinderbetreuungseinrichtungen gehen. Dabei wissen wir doch, dass 30 % der Elternbeiträge Kinder betreffen, deren Eltern Grundsicherung empfangen. Die Kosten für diese Kinder werden von der Jugendhilfe übernommen.

Vor diesem Hintergrund ist gerade auch der Besuch in einer Kinderbetreuungseinrichtung natürlich gewährleistet.

Dann möchte ich noch zu dem Punkt Mittagessen etwas sagen. Sie haben da so ganz locker erzählt, Bayern sei da nicht dabei. Wissen Sie was? Es gab einen Beschluss der ASMK, der Arbeits- und Sozialministerkonferenz. Da hat sich die bayerische Sozialministerin ganz intensiv dafür eingebracht. Sie waren nicht dabei, aber Sie erzählen irgendwas.

(Zuruf von der SPD: Er ist ja auch nicht bayeri- scher Sozialminister!)

Gott sei Dank! Wir hoffen, dass es so bleibt. Aber Spaß beiseite!

Ich möchte Ihnen ganz klar sagen, dass wir alle, A- und B-Länder übrigens zusammen,