Protokoll der Sitzung vom 16.07.2008

Herr Staatsminister, ich habe keine Lücke gefunden, um Sie zu fragen, ob Sie eine Zwischenfrage zulassen. Frau Kollegin Kamm macht nun eine Zwischenbemerkung. Frau Kollegin.

Herr Minister, wollen Sie tatsächlich suggerieren, dass das Melderecht nicht eindeutig ist, sondern dass sich Studenten je nach Zweitwohnungsteuer einmal hier, einmal dort anmelden können, dass so etwas also möglich ist? Herr Minister, nehmen Sie zur Kenntnis, dass wir beispielsweise eine Eingabe der Deutschen Polizeigewerkschaft haben, die sagt, dass die Regelung, die Sie vorschlagen, genau dazu führt, dass die Polizeibeamten, die aus dem Bayerischen Wald nach München abgeordnet werden, nach wie vor Zweitwohnungsteuer zahlen müssen, dass sie also aufgrund Ihrer Regelung nicht ausgenommen werden? Wollen Sie tatsächlich suggerieren, dass die Möglichkeiten, die die Gemeinden haben, die Zweitwohnungsteuer aufgrund der Bemessungsgrundlage Einkommensteuer zu erheben, nicht dazu führen, dass gut Betuchte bei der Bemessung der Einkommenshöhe unter den Tisch fallen?

Liebe Frau Kollegin Kamm, das alles ist in den Ausschüssen rauf und runter diskutiert worden. Ich will nun nicht mehr bei Adam und Eva anfangen. Ich will Ihnen aber eines sagen, weil das Innenministerium beim Thema Melderecht immer wieder Adressat ist. Sie sprechen Studenten an. Natürlich hat das Melderecht klare Vorgaben. Betrachten Sie aber einmal einen Universitätsstudenten

Die Bürgermeister von Bad Tölz und von der Allgäuer Hörnergruppe haben gesagt, dass sie Villenbesitzer haben, die im Wesentlichen von Kapitalerträgen leben und aufgrund dieser Regelung von der Zweitwohnungsteuer befreit würden. Zudem wird ein erheblicher Teil der Zweitwohnungsteuerpflichtigen nicht zur Einkommensteuer veranlagt, Studenten verfügen in der Regel nicht über den geforderten Einkommensteuerbescheid.

Herr Staatsminister!

Frau Kollegin Kamm, ich habe ja dafür Verständnis, dass mancher Bürgermeister um seine Pfründe kämpft. Wir haben das in die kommunale Selbstverantwortung gegeben. Vor zwei Wochen war ich auf dem Sparkassentag in Garmisch. Der Garmischer Bürgermeister hat mich ganz direkt mit seiner Sicht der Dinge konfrontiert. Ich habe ihm ins Gesicht gesagt: Die Kommunen hatten zwei Jahre lang Zeit, Fehlentwicklungen in diesem Bereich im Rahmen der kommunalen Selbstverantwortung selbst zu korrigieren; sie haben diese Chance nicht genutzt.

Ich will ausdrücklich unterstreichen: Der Bayerische Landtag beschäftigt sich heute mit diesem Thema aufgrund nachdrücklicher Forderungen zahlreicher anderer Bürgermeister aus ganz Bayern. Das ist kein Thema, das wir im Landtag erfunden haben, sondern zahlreiche Bürgermeister aus Kommunen, in denen sich zum Beispiel junge Studenten abmelden, um der Zweitwohnungsteuer in München und dergleichen zu entgehen, sind in den letzten Jahren zunehmend aufgekreuzt und haben gesagt: Leute, da müsst ihr etwas tun; das ist eine Fehlentwicklung.

Ich sehe mir die Bilanz des vergangenen Jahres an. Nach unseren Statistiken haben im vergangenen Jahr, von 2056 Gemeinden in Bayern nur 139 die Zweitwohnungsteuer erhoben. Diese 139 Kommunen haben im vergangenen Jahr immerhin 26 Millionen Euro eingenommen. Von diesen 26 Millionen Euro an Zweitwohnungsteuereinnahmen, meine Damen und Herren, stammten allein 7 Millionen Euro, also über ein Viertel, über 25 %, aus der Landeshauptstadt München. Meine Damen und Herren, dazu kann ich nur sagen: Das war damals ganz offensichtlich nicht die Absicht dieses Hohen Hauses.

(Beifall bei der CSU)

Niemand wird der Landeshauptstadt München verwehren, Zweitwohnungsteuer zu erheben. Nun werden aber reihenweise Studenten, beispielsweise aus dem Bayerischen Wald, abkassiert, die sich dann, um der Zweitwohnungsteuer zu entgehen, ummelden.

(Zurufe von den GRÜNEN)

Die Landeshauptstadt München – das ist legitim – sagt natürlich aus guten Gründen: Wir wollen ja gerade, dass sie sich ummelden; der kommunale Finanzausgleich ist nämlich so konstruiert, dass ein Einwohner der Landeshauptstadt München nur mit dem Hauptwohnsitz Geld bringt, nicht aber mit Hauptwohnsitz in einem Dorf

Wer dem Gesetzentwurf in der Fassung des mitberatenden Ausschusses für Staatshaushalt und Finanzfragen zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die CSU-Fraktion und die SPD-Fraktion. Gegenstimmen? – Vier Gegenstimmen aus den Reihen der CSUFraktion und die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Stimmenthaltungen? – Keine. Damit ist so beschlossen.

Da ein Antrag auf Dritte Lesung nicht gestellt wurde, führen wir gemäß § 56 der Geschäftsordnung sofort die Schlussabstimmung durch. Ich schlage vor, sie in einfacher Form durchzuführen. – Widerspruch erhebt sich nicht.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Können wir wieder Ruhe einkehren lassen?

Wer dem Gesetzentwurf in der Fassung des mitberatenden Ausschusses seine Zustimmung geben will, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben. – Danke. Die Gegenprobe! – Das sind vier Abgeordnete aus den Reihen der CSU sowie die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Damit ist das Gesetz so angenommen. Es hat den Titel: „Gesetz zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes“.

Eine Erklärung zur Abstimmung: Herr Kollege Sprinkart.

Ich komme von draußen und es regnet. Deshalb bin ich so nass. Das kann passieren, wenn man sein Büro nicht im Hause hat.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte eine Erklärung zur Abstimmung abgeben. Ich habe dem Antrag von Herrn Kollegen Meißner und anderen, der damals Ausgangspunkt für diese Gesetzesänderung war, zugestimmt, weil ich wie Sie der Meinung bin, dass Studenten und Geringverdiener keine Zweitwohnungssteuer zahlen sollen. Ich muss Ihnen allerdings sagen: Diesem bürokratischen Monster, das ohne Absprache und ohne Rückkoppelung mit den Kommunalen Spitzenverbänden entstanden ist, kann ich leider nicht zustimmen.

Damit ist dieser Tagesordnungspunkt abgeschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 22 auf:

Gesetzentwurf der Abg. Margarete Bause, Dr. Sepp Dürr, Maria Scharfenberg u. a. u. Frakt. (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) über die unterirdische Verlegung von Hochspannungsleitungen (Drs. 15/10543) – Zweite Lesung –

Ich eröffne die Aussprache. Im Ältestenrat wurden dafür fünf Minuten je Fraktion vereinbart. Die erste Rednerin ist Frau Kollegin Gote.

Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Interessant wäre, ob Herr Kollege Sprinkart zwar in einem Jackett, aber in diesem Zustand

mit typischerweise etwa sieben Monaten Vorlesungszeit im Jahr.

(Zuruf der Abgeordneten Ulrike Gote (GRÜNE) – Gegenrufe von der CSU: Ruhe!)

Meine Damen und Herren! Mit wechselseitiger Aufregung wird es nicht besser. Das gilt für Sie, und das gilt für Frau Kollegin Gote. Frau Kollegin Gote, melden Sie sich bitte zu Wort, wenn Sie regelmäßig so agieren.

Das Wort hat Herr Staatsminister.

Ich wollte hier nichts mehr sagen. Frau Kollegin Kamm wollte unbedingt eine Frage an mich stellen. Jetzt beantworte ich sie, und Frau Kollegin Gote kann sich gar nicht mehr einkriegen.

(Christian Meißner (CSU): Die ist von der Antwort so begeistert!)

Ich kann es auch sein lassen. Ich habe die Frage nicht aufgeworfen. Frau Kollegin Kamm, wollen Sie eine Antwort oder nicht? – Schon; gut. Nehmen Sie einen Studenten, der sieben Monate Vorlesungszeit hat, der von Montag bis Freitag an seinem Universitätsort ist und regelmäßig am Wochenende und während der gesamten Semesterferien, wenn er es so gestaltet, zu Hause ist. Pi mal Daumen kommen Sie dann tatsächlich auf etwa pari/pari. Es ist überhaupt nicht zu beanstanden, dass es einen gewissen Gestaltungsspielraum gibt, dass also der eine sagt: Ich habe meinen Lebensmittelpunkt am Studienort, während ein anderer nach wie vor sagt: Ich habe meinen Lebensmittelpunkt an meinem ursprünglichen Heimatort. Ich bin jedenfalls ganz nachdrücklich der Meinung, dass Kreisverwaltungsbehörden oder Gemeinden dem nicht unbedingt hinterherstieren sollten. Ich meine deshalb, dass wir nicht hinterherschnüffeln sollten, wo sich so jemand tatsächlich mehrheitlich aufhält. Das ist so in Ordnung. Deshalb sage ich noch einmal: Ich halte diesen Gesetzentwurf für gut und zielweisend, und deshalb sollten wir ihm zustimmen.

(Beifall bei der CSU)

Die Aussprache ist geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Der Abstimmung liegen der Initiativgesetzentwurf auf Drucksache 15/10637 und die Beschlussempfehlung mit Bericht des federführenden Ausschusses auf Drucksache 15/11103 zugrunde. Der federführende Ausschuss empfiehlt Zustimmung mit der Maßgabe von Änderungen. Dem stimmt der mitberatende Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen zu, allerdings mit der Maßgabe einer weiteren Änderung. Ich verweise insoweit auf die Drucksache 15/11103.

Sie im Land. Ich bin gespannt, ob Sie zu diesem Thema auch eine Unterschriftenaktion durchführen werden. Sie bedienen – das ist völlig klar – nur die Interessen der großen Stromversorger, die mit ihren großen Gewinnen die Verkabelung selbstverständlich schultern könnten. Sie verschlafen die Entwicklung der Zukunft in mehrfacher Hinsicht.

Das Gesetz wäre nämlich vernünftig, weil es Konflikte lösen könnte, die wegen solcher Hochspannungsleitungen entstehen. Es wäre vernünftig, weil wir mit der Erdverkabelung die Stromversorgung besser garantieren könnten als mit den Freileitungen. Es wäre vernünftig, weil die Belange des Umweltschutzes und des Schutzes der Menschen vor den Belastungen der Hochspannung damit berücksichtigt würden. Es wäre auch für Bayern als Technologiestandort vernünftig; denn wenn wir solche Projekte anschieben, geht auch die technologische Entwicklung weiter. Dann wird es irgendwann günstiger als es jetzt schon ist.

Ich bitte Sie daher, diesem Gesetzentwurf zuzustimmen und damit ein gutes Werk für all diejenigen zu tun, die in der Nähe von solchen Leitungen leben müssen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Nächster Redner: Herr Kollege Graf von und zu Lerchenfeld.

Herr Präsident, Hohes Haus, liebe Kolleginnen und Kollegen! Warum sträuben wir uns gegen das Gesetz? Wir sträuben uns, weil es nicht in diese Zeit passt. Es würde zu einer ungeheuren Verteuerung des Stroms führen. Außerdem sind uns die Investitionskosten zu hoch. Die Forderung ist technisch schlicht und einfach nicht umsetzbar. Deshalb werden wir dieses Gesetz ablehnen.

(Beifall bei der CSU)

Das Wort hat Frau Kollegin Biedefeld.

Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Graf von und zu Lerchenfeld, es ist technisch möglich. Ich lese dazu einen Artikel mit der Überschrift „Freies Wort“, erschienen im Ressort Thüringen vom 9. Juni: „In Berlin verzichtet der Energieriese Vattenfall schon lange auf Freileitungen und lässt Höchstspannungen durch einen Tunnel fließen.“ Vattenfall praktiziert das, von dem Sie behaupten, dass es technisch nicht ginge, bereits heute in Berlin und anderen Orten. Dort werden nicht Freileitungen, sondern unterirdische Leitungen im Tunnel genutzt. Technisch geht das also.

Zu Ihrem Argument der Kosten: Sie haben den Antrag der SPD-Fraktion, mit dem wir die Kosten prüfen lassen wollten, abgelehnt. In dem Klimapaket, das die Bundesregierung verabschiedet hat, waren Aussagen von Wissenschaftlern und Technikern angeführt, unterstützt von einer Bundeskanzlerin Dr. Merkel und einem Umweltminister Gabriel, die entsprechende Signale in Richtung

vor diesem Hohen Haus überhaupt reden dürfte. Ich habe leider nicht so viel Zeit, um darauf einzugehen.

Ich bin noch relativ wach. Ich hoffe, Sie sind es auch, damit wir die Debatte um das wichtige Thema „Erdverkabelung“ mit der gleichen Frische führen können wie die Debatte zum vorherigen Gesetzentwurf.

Ich habe Ihnen bei der Ersten Lesung die Problematik geschildert. Unser Gesetzentwurf zielt darauf ab, die Erdverkabelung gesetzlich zu regeln. Ich habe Sie in der Ersten Lesung auf Konflikte in unserem Land hingewiesen, bei denen es genau um solche Projekte geht. Ich nenne noch einmal das Stichwort „Südwest-Kuppelleitung“. Dieses Thema ist inzwischen wichtiger geworden und es wird mehr darüber diskutiert, nicht nur wegen des Klimawandels, wie wir in der letzten Woche lesen konnten. Dieser Klimawandel kommt in Oberfranken und ganz Bayern dramatischer und schneller, als wir das befürchtet haben.

Wir werden weiterhin mit starken Sturm- und Wetterereignissen rechnen müssen. In dieser Situation sind Hochspannungsleitungen, die auf Masten geführt werden, keine zukunftsfähige Lösung mehr. Das Thema wird auch wegen der Energiedebatte wichtiger. Wir müssen die Energieversorgung im Land sicherstellen. Wir brauchen Lösungen für verschiedene Netzleitungen. Wir brauchen eventuell auch neue Stromleitungen. Wir nehmen aber zur Kenntnis – anders als Sie –, dass die Menschen nicht mehr bereit sind, alles hinzunehmen und jedes Risiko zu akzeptieren. Nachgewiesenermaßen ist es nun einmal ein Risiko, in der Nähe einer Hochspannungsleitung zu wohnen. Dazu gibt es bessere Alternativen.

Mittlerweile hat Niedersachsen hierzu ein Gesetz beschlossen. Es sollte Sie stutzig machen, dass das Kabinett der Bundesregierung – an der die beiden großen Fraktionen in diesem Hause beteiligt sind, wenn ich richtig informiert bin – ein Energieleitungsausbaugesetz im Juni vorgelegt hat, das die Verkabelung gesetzlich regelt. Interessant ist, dass darin auch Abstände zu Wohnbebauungen bei der Errichtung neuer Leitungen vorgeschrieben sind, bei denen dann eine Erdverkabelung vorgenommen werden muss. Interessant ist auch, dass sich Thüringen offensichtlich besser als Bayern um seine Bevölkerung kümmert; denn ein Teil der Südwest-Kuppelleitung ist nämlich in diesem Gesetz aufgeführt und für die Erdverkabelung vorgesehen. Daran hätten Sie sich ein Beispiel nehmen können.