Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Franz Maget, Heidi Lück, Gudrun Peters und anderer und Fraktion (SPD)
Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Joachim Herrmann, Markus Sackmann, Helmut Brunner und anderer und Fraktion (CSU)
Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Dr. Sepp Dürr, Dr. Christian Magerl, Renate Ackermann und anderer und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Ich eröffne die allgemeine Aussprache. Je Fraktion ist eine Redezeit von 45 Minuten vorgesehen. Ich möchte allerdings darauf hinweisen, man möge sich darauf einstellen, dass die Fraktion der GRÜNEN für ihren Dringlichkeitsantrag eine namentliche Abstimmung beantragt hat.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Das Thema Forstreform – wenn man die Vorstellung der CSU berücksichtigt, müsste man besser sagen: Zerschlagung der Staatsforstverwaltung – beschäftigt nicht nur die Förster und die Naturschützer, sondern sehr viele Leute in unserem Lande. Es beschäftigt sie zu Recht, Herr Kollege Bocklet, und zwar deshalb, weil sich die Bürgerinnen und Bürger – nicht nur die unmittelbar Betroffenen, sondern alle – von der Bayerischen Staatsregierung vor der Wahl getäuscht sehen.
Das, was hier läuft, gehört mit zum großen Wahlbetrug, den die CSU mit vielen Themen begangen hat. Ich möchte das auch belegen. Ich zitiere aus einem Schreiben des Leiters der Bayerischen Staatskanzlei, Herrn Erwin Huber, das er etwa vor einem Jahr an den Vorsitzenden des Bundes Naturschutz geschrieben hat. In dem Schreiben umreißt er klar und deutlich die Aufgaben der Bayerischen Staatsforstverwaltung. Er schreibt:
Die Bündelung von Staatswaldbewirtschaftung, hoheitlichen Aufgaben sowie der Beratung und Förderung des Privat- und Körperschaftswaldes ermöglicht die Optimierung des Gesamtnutzens für alle Waldbesitzarten und dient damit dem Wald und den Gesamtinteressen der Gesellschaft am besten. Im Übrigen sichert diese Bündelung
Frei nach dem Motto, wer von allen Seiten kritisiert wird, liegt richtig, zeigt sich, dass Artikel 18 des Bayerischen Waldgesetzes für den Bayerischen Staatswald eine ausgewogene Zielsetzung darstellt und die Bayerische Staatsforstverwaltung sowohl im Hinblick auf die Organisationsform als auch im Hinblick auf die Ausrichtung der Forstreform richtig liegt.
Mit „Forstreform“ war vor einem Jahr die 1995 eingeleitete Forstreform, die zu einer deutlichen Abschmelzung beim Personalstand und bei den Forstämtern geführt hat, gemeint. Kein Wort vor der Wahl, dass eine Zerschlagung der Staatsforstverwaltung und eine völlige Umorganisation in diesem Bereich geplant sind! Ich sage: Das ist Wahlbetrug. Solch große Dinge, wie Sie sie jetzt vorhaben, sollte man tunlichst den betroffenen Bürgerinnen und Bürgern vor der Wahl sagen und nicht einige Wochen nach der Wahl bekannt geben, zumal dann noch in einer Hudelei, wie es Herr Huber hier macht, ohne dass man die Betroffenen fragt, ohne dass man sie einbezieht, sondern man heckt das im stillen Kämmerlein aus. Sie dürfen sich einer Sache sicher sein, meine Damen und Herren von der CSU: Das Thema ist mit dem heutigen Tag nicht ausgestanden.
Es gibt Rückmeldungen aus allen Landesteilen von den Förstern, die extremst unzufrieden sind mit dem, was die Bayerische Staatsregierung und die CSU vorhaben. Es gibt Briefe, die an Deutlichkeit nicht mehr zu überbieten sind. Es geht weit hinein in die Reihen der CSU, auch in die Landtagsfraktion. Man wird von Kolleginnen und Kollegen angesprochen und aufgefordert, bei dem Dringlichkeitsantrag gescheit hineinzuhauen, da es um die Zukunft unseres Landes, um den Schutz eines ganzen Drittels, des grünen Drittels unseres Landes geht. Es ist längst nicht so – auch wenn die Abstimmungen in der Fraktion anders aussehen -, dass in der CSU eitel Freude und Zustimmung herrschen zu dem, was kommt. Vielleicht wird es ja demnächst ein Volksbegehren geben, das die CSU von ihrem Holzweg bei dieser so genannten Forstreform abbringt.
Wir haben bewusst unseren Dringlichkeitsantrag zur Nutzen-/Kostenanalyse heute mit aufgerufen. Ich möchte zu diesem Dringlichkeitsantrag – er ist ja im Ausschuss einstimmig beschlossen worden – heute und hier eine kleine Änderung beantragen. Der Landwirtschaftsausschuss hat in der folgenden Fassung zugestimmt:
Die Staatsregierung wird aufgefordert, im Rahmen der Forstreform Kosten und Nutzen von Organisationsvarianten darzustellen und im Entscheidungsverfahren zu bewerten und im Aus
Ich möchte den Punkt streichen und folgende Ergänzung vorschlagen, über die wir dann Abstimmen wollen: „und die Nutzen-/Kostenanalyse dem Bayerischen Landtag vorzulegen.“
Wir haben bis heute nur einen Foliensatz, eine PowerPoint-Präsentation in Kopie erhalten, die einige wenige Rückschlüsse auf diese Analyse zulässt.
Das ist natürlich zu wenig. Wir brauchen die exakte Kosten-Nutzen-Analyse, um das Thema auch in Zukunft – das wird uns natürlich weiter beschäftigen – ausführlich diskutieren zu können. Deshalb bitte ich Sie darum, heute dieser Änderung zuzustimmen, mit der die Vorlage dieser Analyse erreicht werden soll. Es ist das Recht der Opposition zu erfahren, was genau in dieser Analyse steht. Einige kopierte Säulendiagramme reichen uns nicht aus.
Nun komme ich auf das zu sprechen, was Sie vorhaben und was Sie nach außen hin dargestellt haben, auch mit diesen wenigen Powerpoint-Präsentationsfolien. Sie behaupten nach außen hin, dass das, was Sie vorhaben, den Freistaat Bayern in Zukunft von Kosten entlasten würde. Aus den Säulendiagrammen geht hervor, dass die Reform, die Sie vorgeschlagen haben – die Variante C, das Zweisäulenmodell mit einer Anstalt des öffentlichen Rechtes – nur dann Einsparungen bringt, wenn sich der Forst neue Geschäftsfelder erschließt. Bis heute habe ich noch nichts darüber gehört, welche Geschäftsfelder das sein sollen. Soll das der Abbau von Bodenschätzen im Staatsforst sein? Soll das die Verpachtung von Jagden im Staatsforst sein? Was soll das denn sein?
Herr Kollege Dürr, Öl wird das in Bayern wohl eher nicht sein. - Dazu hätten wir gerne etwas erfahren. Nur dann können Sie eventuell etwas einsparen.
Angesichts Ihres heutigen Dringlichkeitsantrags und Ihrer Presseerklärung komme ich zu dem Schluss, dass mit der Forstreform nichts einzusparen ist, sondern dass sie uns im Gegenteil deutlich etwas kosten wird. Aus Ihrer Presseerklärung ersieht man, dass Sie sich zukünftig zur Finanzierung der Gemeinwohlfunktion des Forstes aus anderen staatlichen Töpfen bedienen wollen nach dem Motto: von der linken in die rechte Tasche. Auf Seite 2 der Presseerklärung heißt es deutlich – Herr Kollege Brunner, Sie kennen das –:
Um die besonderen Gemeinwohlaufgaben wie etwa die Schutzwaldpflege, Schutzwaldsanierung, Moorrenaturierung, getrennt ausgewiesene Rad- und Wanderwege, Wildparke und Projekte für Bayern-Netz-Natur finanzieren zu können, soll das Unternehmen an allgemeinen staatlichen
Das sind aber staatliche Mittel. Einerseits behaupten Sie, dass Sie einsparen, andererseits wollen Sie sich für die Gemeinwohlfunktionen, die momentan vom Staatsforst erbracht werden, aus anderen Fördertöpfen bedienen, Fördertöpfen, die Sie gestern bei den Nachtragshaushaltsberatungen großzügig zusammengestrichen haben. Meine Damen und Herren, das kann’s doch nicht sein!
Verlierer bei der von Ihnen geplanten Forstreform werden, wie so oft, die Kommunen und der Kommunalwald sein; denn die momentan noch stattfindende kostenlose Beförsterung des Körperschaftswaldes soll zukünftig gestrichen werden. Das heißt, dass die Kommunen für ihre Wälder zukünftig entweder einen Förster beim Staatsforst oder bei der Anstalt bestellen müssen, der seine Leistungen dann in Rechnung stellt, oder sie selbst einen Förster einstellen müssen. Das ist also nur eine Kostenverlagerung vom Staat auf die Kommunen. Im Endeffekt wird also auf diesem Sektor absolut nichts eingespart.
Nach Ihrer Presseerklärung wird es die Privatwaldberatung, die dringend erforderlich ist und momentan vom Staatsforst kostenlos und sehr gut gemacht wird und mit der aufgrund der dadurch erzielten Prävention sehr viel Geld eingespart wird, in Zukunft nur noch dann geben, wenn sich die Beratung am Allgemeinwohl orientiert. Ansonsten sollen die Selbsthilfeeinrichtungen als Multiplikatoren eingesetzt werden. Wir wissen aber alle, dass die Forstbetriebsgemeinschaften momentan weder finanziell noch personell in der Lage sind, das zu machen. Die schreiben auch klar und deutlich, dass sie die Forstbetriebsgemeinschaften zukünftig finanziell so ausstatten müssen, dass sie das leisten können. Das bedeutet: Sie nehmen wiederum Geld aus dem Staatshaushalt und stecken es in die Forstbetriebsgemeinschaften.
Wer das alles zusammenrechnet, wird klar und deutlich sehen: Es wird bei dieser Reform keine Einsparungen geben, sondern man wird letztlich draufzahlen. Draufzahlen wird auch die Natur. Aus der Folienpräsentation, welche die Auswertung von Umfragen enthält, geht klar hervor, dass die ökologischen Funktionen des Waldes – und deren sind sehr viele – und die Allgemeinwohlfunktionen bei der Variante A, nämlich Staatsforstverwaltung mit Einheitsforstamt, am besten geleistet werden, und bei den Varianten C und D, wohin Sie wollen, am schlechtesten. Auch die Natur wird bei der Reform, die Sie jetzt vorhaben, Verliererin sein. Im Wald wird es schlechter werden, als es bisher gewesen ist.
Wir wollen deshalb, dass der bayerische Staatsforst auch zukünftig vorbildlich im Sinne des Waldgesetzes bewirtschaftet wird und dass die Allgemeinwohlfunktionen, vom Klimaschutz über den Naturschutz, von der wirtschaftlichen Funktion bis zur Erholungsfunktion, erhalten bleiben. Wir wollen, dass das Einheitsforstamt erhalten bleibt. Über die Zahl der Einheitsforste in Bayern können wir uns gewiss zusammen mit den Betroffenen unterhalten. Wir
meinen, dass die Forstdirektionen abgeschafft werden könnten; da sehen wir durchaus ein Einsparungspotential. Wir wollen, dass die Privatwaldberatung und auch die Beförsterung im Körperschaftswald erhalten bleibt. Wir wollen eine vorbildliche Umsetzung der FFH- und Vogelschutzrichtlinie im Wald. Wir wollen auch, dass die Bejagung im Wald nachhaltig und tierschutzgerecht in Zukunft erfolgt.
Unser Antrag führt in die richtige Richtung. Meine Damen und Herren, was Sie von der CSU wollen, ist falsch. Wir werden Ihren Antrag ablehnen und hoffen, dass Sie unserem Antrag zustimmen. Auch der SPD-Antrag, dem wir zustimmen werden, geht in die richtige Richtung. Derjenige, der Ihnen diese Forstreform eingebrockt hat, hat vom Wald und Forst keine Ahnung, aber davon reichlich.
Meine Damen und Herren von der CSU, Sie sind auf dem Holzweg. Kehren Sie um – es ist noch Zeit dazu – und stimmen Sie unserem Antrag zu!
Frau Präsidentin, werte Kolleginnen, werte Kollegen! Forstreform zum Dritten! Leider, leider Herr Magerl, sind Sie erst heute aufgewacht. Wir haben bereits im Januar unseren Dringlichkeitsantrag gestellt und schon im Januar die Problematik ausführlich erläutert. Schon im Januar haben wir gesagt, dass wir den Spielraum, den wir geschaffen haben, gemeinsam im Ausschuss nutzen müssen, um die Bedingungen klarzumachen, damit vielleicht die Mehrheit etwas verhindert, was keiner will. Kein Experte hat gesagt, dass die Forstreform nötig ist oder etwas bringt. In jeder Beziehung wird sie abgelehnt. Sie haben uns vorgeworfen, dass wir zu früh dran gewesen wären. Ich sage Ihnen heute: Sie sind zu spät dran. Dennoch werden wir es nicht so machen wie Sie. Wir werden Ihrem Antrag zustimmen, obwohl er die Weiterentwicklung der Anstalt des öffentlichen Rechts vorsieht, die wir im Moment nach wie vor ablehnen.