Meine Damen und Herren, in den letzten sechs Jahren hat die SPD in hohem Maße Arbeitsplätze vernichtet. Das ist die wahre soziale Kälte in unserem Land. Deshalb ist es höchste Zeit, dass die Union handelt. Ich bin mir ganz sicher, dass wir mit diesen Vorschlägen ein großes Stück weiterkommen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren Kollegen! Ich darf, Herr Kollege Wahnschaffe, damit beginnen, Ihnen zu bestätigen, dass auch ich über die Art und Weise entsetzt bin, wie diese Aktuelle Stunde heute gelaufen ist. Das haben Arbeitslose wirklich nicht verdient. Allerdings, das füge ich noch hinzu, geht dieser Vorwurf in Richtung der Opposition. Ich muss Ihnen sagen: Was hier heute vorgetragen worden ist, war weit von dem entfernt, was wir brauchen, wenn wir über die Lösung der Probleme diskutieren wollen. Nur darüber zu reden, was der Einzelne falsch oder richtig gemacht hat, das bringt nichts. Damit kommen wir nicht weiter. Ich meine deshalb, in der Frage, wie es weitergehen kann, fehlt uns einiges.
Sehr gut. Dann müssen Sie uns allerdings auch Lösungsangebote unterbreiten, Herr Wahnschaffe, die fehlen mir nämlich sehr.
Herr Hallitzky, Sie haben sich vorhin beschwert, dass wir hier über Bundespolitik reden. Das müssen Sie sich schon gefallen lassen; denn wir haben die Aktuelle Stunde heute hier so diskutiert, wie sie die SPD beantragt hat. Deshalb werden wir Sie daran messen, wo Sie auch Verantwortung tragen, und das ist nun einmal - noch - im Bund. Wenn Sie sich beschweren, dass immer neue Ideen vorgetragen werden, dann bin ich in dieser Frage mit Ihnen, Herr Kollege Wahnschaffe, wahrscheinlich wieder einer Meinung: Gut wäre es, wenn möglichst viele neue Ideen kämen, damit darüber der richtige Weg gefunden wird.
Liebe Frau Kollegin Steiger, wir kommen aus dem gleichen Gäu. Wir kommen aus einem Gebiet, das arbeitsmarktpolitisch wirklich als Notstandsgebiet bezeichnet werden kann. Ich muss schon sagen, ich war heute über die von Ihnen hier losgelassene, ich sage es einmal höflich, Philippika sehr enttäuscht. Sie können über die Agenda 2010 nicht so herziehen, denn sie ist doch auch Ausfluss dessen, was wir als arbeitsmarktpolitische Beschäftigungsüberlegungen hier in der Diskussion haben. Damit treffen Sie doch Ihre eigenen Kollegen. Herr Dr. Köhler wird sich sicher freuen, wenn er das hört.
Wenn Sie mir erklären, die AB-Maßnahmen zu beenden, wäre eine unmögliche Sache - Sie haben das härter ausgedrückt –, dann muss ich Ihnen sagen: Setzen Sie sich doch mit den Fakten auseinander. In der Bundesagentur für Arbeit sind für 2004 im Eingliederungstitel 10,3 Milliarden Euro im Jahr für arbeitmarktpolitische Maßnahmen vorgesehen. Im Jahr 2003 wurden allein für AB-Maßnahmen 1,68 Milliarden Euro ausgegeben. Man höre und staune, die Erfolgsquote bei sozialversicherungspflichtig Beschäftigten – ohne Folgeförderung – liegt bei etwa 10 bis 12 %. Das ist doch ein bisschen wenig. Wenn andere Maßnahmen demgegenüber einen Erfolg von über 64 % erbringen, dann hätten wir doch hier einen Ansatzpunkt, gemeinsam etwas zu tun.
Herr Kollege Wahnschaffe, das stimmt, und es stimmt auch nicht. 0,37 Milliarden Euro werden in den alten Bundesländern ausgegeben. Sie sehen, es handelt sich um erhebliche Mittel.
Ja natürlich. Sie müssen aber anerkennen, Frau Kollegin Steiger, dass Ihre Idee mit den AB-Maßnahmen leider danebengegangen ist.
Letzten Endes geht es aber nicht darum. Ich möchte mich auch nicht auf den gleichen Gleisen bewegen. Ich will vielmehr überlegen, was wir tun können, wie wir etwas erreichen können. Wir brauchen zunächst einmal eine beschäftigungsorientierte Modernisierung unseres Arbeitsrechtes. Dazu gehört ein einheitliches Arbeitsgesetzbuch. Das fehlt uns wirklich noch. In ihm müssen Arbeits- und Tarifrecht zusammengefasst werden. Außerdem muss endlich erreicht werden, und das ist sehr wichtig, meine Damen und Herren, dass wir dieses Recht vereinfachen.
Als Nächstes müssen die Einstellungshemmnisse abgebaut werden. Dazu gehört auch, und auch darüber werden wir diskutieren müssen, die Aussetzung des Kündigungsschutzgesetzes für Kleinbetriebe bis 20 Mitarbeiter. Eines muss ich Ihnen ganz deutlich sagen: Es hat Sinn, dort zu vereinfachen, weil die Kleinbetriebe dann wesentlich elastischer reagieren können. Diese Kleinbetriebe können mehr Arbeitsplätze schaffen, und sie werden mehr Arbeitsplätze schaffen, und sie würden auf teuere Überstunden sicher gern verzichten.
Herr Wörner hat vorhin die Frage des Verzichts auf den Kündigungsschutz angesprochen. Es wäre gut, wenn wir in diesem Fall wirklich auf den absoluten Kündigungsschutz verzichten und den Betroffenen Wahlfreiheit zwischen Abfindung und Kündigungsschutz einräumen würden. Warum müssen wir denn Arbeitgeber und Arbeitnehmer eigentlich immer bevormunden? Hier ist es doch sehr einfach: Wenn ein solcher Vertrag zwischen beiden Parteien zustande kommt, dann haben wir einen Arbeitsplatz geschaffen. Das Prozessrisiko ist nicht gerade das, was wir befürworten, denn es verhindert Neueinstellungen.
Meine Damen und Herren, die Freistellung der Existenzgründer vom Kündigungsschutzgesetz ist ein weiterer Punkt. Sollten wir nicht gerade denjenigen helfen, die versuchen, neue Arbeitsplätze zu schaffen? So könnten sie in die Lage versetzt werden, Arbeitsplätze zu schaffen und sie auch zu erhalten. Man sollte die Risiken für den Arbeitgeber in der Ermüdungsphase minimieren. Damit hätten beide eine gerechte und faire Risikoverteilung und gute Chancen. Dazu gehört auch, dass wir die Existenzgründer in den ersten vier Jahren vom Kündigungsschutz freistellen.
Der nächste Punkt betrifft die befristeten Arbeitsverhältnisse bis zu vier Jahren. Das haben wir vorhin schon einmal gehört. Auch das ist ein wichtiger Aspekt. Wenn wir das einführen können, dann können wir auch wieder dafür sorgen, dass elastisch ausgehandelt werden kann und, dass künftig befristete Arbeitsverträge ohne sachlichen Grund bei Neueinstellungen insgesamt für die Dauer von vier Jahren abgeschlossen werden können. Das würde Sicherheit bringen und die Chance, wirtschaftlich zu überleben. Andererseits würden neue Arbeitsplätze
Eine Sache, über die wir mit Sicherheit streiten werden – ich denke aber, sie ist den Streit wert – ist die Frage, ob wir es gemeinsam durchsetzen können, dass Langzeitarbeitslose zu Beginn ihres Wiedereintritts in die Arbeitswelt die Möglichkeit haben, unter Tarif zu arbeiten. Der Unternehmer muss die gesetzliche Möglichkeit dazu haben, und die Langzeitarbeitslosen ihrerseits müssen im ersten Jahr ihrer Wiederbeschäftigung, wenn sie damit einverstanden sind, unter Tarif beschäftigt werden können. Das ist besser, als arbeitslos zu sein.
Aus tarifpolitischer Sicht besteht noch ein weitgehender Reformbedarf. Die Tarifverträge sind, Herr Kollege Wahnschaffe, Sie haben das vorhin bereits angedeutet, teilweise sehr starr. Auch hier muss mehr Beweglichkeit sein. Wenn sich die Betriebe in einer wirtschaftlich schwierigen Situation befinden, müssen sie auf diese Weise reagieren können. Dann haben beide Seiten etwas davon. Es ist wichtig, beschäftigungsorientierte Abweichungen in Tarifverträgen unter Beachtung der Tarifautonomie zuzulassen, betriebliche Bündnisse für Arbeit gesetzlich absichern und damit beschäftigungssichernde Betriebsvereinbarungen zu fördern. Abweichende Abmachungen müssen zulässig werden, wenn sie vom Tarifvertrag her gestattet sind oder wenn eine Änderung der Regelung zugunsten der Arbeitnehmer enthalten ist.
Es darf nicht über die Laufzeit des Tarifvertrags hinausgehen. Das werden wir in dieser Art auch machen. Wir schlagen zusätzlich vor, und auf die Diskussion hierüber bin ich gespannt, dass Betriebsrat und Belegschaft der Wirksamkeit einer solchen Abweichung mit einer ZweiDrittel-Mehrheit zustimmen müssen.
Damit, meine Damen und Herren, habe ich in kurzen Stichpunkten einiges von dem übermittelt, was für uns in Zukunft wichtig ist. Meine Damen und Herren von der SPD, Ihr Antrag geht nach unserer Meinung in die falsche Richtung. Seit August 2002 haben wir 730 000 Arbeitsplätze verloren. Über die Arbeitslosigkeit mit über 4,6 Millionen Arbeitslosen brauchen wir nicht zu reden. Das ist Fakt. Wir müssen, um die Strukturprobleme zu beseitigen, möglichst bald zu mehr Beweglichkeit kommen. Dazu möchte ich Sie heute auffordern.
Die Aktuelle Stunde ist damit beendet. Ich bitte noch um einen Augenblick Geduld, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Nach der Bekanntmachung der Bundesregierung über die Zahl der von den Volksvertretungen der Länder zu wählenden Mitglieder der 12. Bundesversammlung vom 16. Januar 2004 hat der Bayerische Landtag 90 Mitglieder der Bundesversammlung zu wählen. Da erstmals die Frakti
onen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die von ihnen vorgeschlagenen Mitglieder gemeinsam benannt haben, verteilen die sich zu wählenden 90 Mitglieder der Bundesversammlung nach dem d’Hondtschen Verfahren wie folgt: Die CSU-Fraktion hat das Vorschlagsrecht für 62 Mitglieder, die Fraktion der SPD und die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN zusammen für 28 Mitglieder.
Wählbar ist nach § 3 des Gesetzes über die Wahl des Bundespräsidenten durch die Bundesversammlung, wer auch zum Bundestag wählbar ist.
Da damit zu rechnen ist, dass gewählte Mitglieder an der Bundesversammlung eventuell nicht teilnehmen können, sei es wegen Krankheit oder sonstiger Verhinderung, werden auch die von den Fraktionen benannten Ersatzmitglieder mit gewählt. Dabei soll die von den Fraktionen angegebene Reihenfolge maßgebend sein, das heißt, bei Ausfall eines ordentlichen Mitglieds rückt das jeweils nächste benannte Ersatzmitglied nach.
Die von den Fraktionen benannten Persönlichkeiten sind in der Ihnen vorliegenden Vorschlagsliste zusammengestellt.
Wer den Vorschlägen der Fraktionen entsprechend der aufgelegten Liste zustimmen möchte, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben. – Das ist offensichtlich das gesamte Hohe Haus. Gegenstimmen bitte ich auf die gleiche Weise anzuzeigen. – Keine. Gibt es Stimmenthaltungen? – Das ist nicht der Fall.
Damit sind die in der Vorschlagsliste aufgeführten Persönlichkeiten zu Mitgliedern bzw. Ersatzmitgliedern für die zwölfte Bundesversammlung gewählt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, damit entlasse ich Sie für eine halbe Stunde in die Mittagspause. Um 14.30 Uhr geht es weiter mit der Beratung der Dringlichkeitsanträge. Ich wünsche guten Appetit.
Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Margarete Bause, Dr. Sepp Dürr, Ulrike Gote und anderer und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Franz Maget, Heidi Lück, Gudrun Peters und anderer und Fraktion (SPD)