tern. Das muss vor dem Hintergrund von über 4,6 Millionen Arbeitslosen unsere gemeinsame Zielsetzung sein.
Deswegen ist der Tarifabschluss in Baden-Württemberg unsozial. Er zerstört Arbeitsplätze und zerstört Perspektiven, vor allem junger Menschen, und treibt die Firmen ins Ausland. Was wir brauchen, ist ein Mehr an Beschäftigung durch ein tief greifendes Strukturprogramm für Wachstum und Beschäftigung. Das ist sozial.
So kann nach dem geltenden Betriebsverfassungsgesetz im Falle eines Sozialplans bei einer drohenden Pleite eines Betriebs von den Tarifverträgen abgewichen werden. Es ist aber absurd, dass das deutsche Tarifrecht es nicht erlaubt, von den Tarifverträgen abzuweichen, um eine Pleite zu verhindern. Das, meine Kolleginnen und Kollegen, ist unsozial.
Deshalb ist es höchste Zeit, dass das Tarifkartell in der Weise durchbrochen wird, dass zum Schutz von Betrieben und Arbeitsplätzen von Tarifverträgen abgewichen werden kann. Mit dem Tarifrecht und den Gesetzen von gestern und vorgestern können wir die Zukunft nicht gestalten.
Nun zum Kündigungsschutz. Wir müssen alle zusammen größtes Interesse daran haben, dass auch Menschen über 50 Jahren wieder in Arbeit und damit zu einer Perspektive kommen. Auch das, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist aktive Sozialpolitik. Was die Abwägung zwischen Schutz und Chance angeht, so sind wir von der CSU-Fraktion für den Schutz auf der Grundlage des Arbeitsrechts. Aber wir wollen kein Arbeitsrecht, das den Arbeitslosen jede Chance auf Wiedereinstellung nimmt.
Vielen Dank, Herr Kollege, vor allem für die Einhaltung der Redezeit. Als Nächster hat Herr Kollege Wahnschaffe das Wort.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich glaube, die Arbeitslosen in Bayern haben es nicht verdient, eine solche Debatte vorgeführt zu bekommen, wie sie hier teilweise abgelaufen ist.
Ich möchte hier ganz konkret den Autor dieses Papiers damit ansprechen, um das es heute geht. Herr Kollege Söder, was Sie heute mit flotten Sprüchen zu überdecken versucht haben, ist ja doch die Tatsache, dass das Papier, das Ihren Namen trägt, bevor es überhaupt das Licht der Öffentlichkeit erblicken sollte, schon wieder so korrigiert
Frau Kollegin Steiger hat ja die Reaktionen innerhalb der Union zitiert. Herr Kollege Unterländer, den Vorwurf „Theater“ müssten Sie an die eigene Adresse richten.
Was hier an Schreckensgemälden fabriziert wird und was sich in dem Papier zum Teil als Horrorszenario darstellt, ist nicht mehr zu überbieten. Da ist davon die Rede, dass die Gewerkschaften die Arbeitnehmer bevormunden.
Meine Damen und Herren, Sie fordern eine Flexibilisierung des Arbeitsmarktes; diese haben wir längst. Sie wollen allerdings den Arbeitsmarkt extrem dahin verändern, dass es eine Arbeitsmarktpolitik, die diesen Namen verdient, gar nicht mehr geben kann. Sie wollen erreichen, dass die grundgesetzlich verankerte Tarifautonomie aufgehoben oder so ausgehöhlt wird, dass die Tarifpartner nicht mehr selbst entscheiden können.
Herr Kollege Söder, Sie haben eben den Tarifabschluss kritisiert. Man kann über die Höhe streiten, aber was wollen Sie an diese Stelle setzen? Wollen Sie sagen, der Staat soll verordnen, zum Beispiel eine Null-Runde, so wie es Herr Stoiber bei den Beamten macht? Das kann es doch nicht sein; das kann nach 50 Jahren guter Erfahrung – darauf ist hingewiesen worden – nicht das Ziel sein. Ziel kann es auch nicht sein, die Löhne so weit nach unten abzusenken, bis wir das Niveau der Entwicklungsländer erreichen. Wir haben doch jetzt schon die fatale Entwicklung, dass Betriebe, die einst nach Tschechien abgewandert sind, heute in der Ukraine nach neuen Standorten suchen und sich übermorgen vielleicht schon in China oder in Nordkorea ansiedeln wollen. Mit einer solchen Entwicklung können wir nicht Schritt halten.
Ich warne Sie davor, mit immer neuen Horrorzahlen über Abwanderung bzw. den Verlust von Arbeitsplätzen in Deutschland zu argumentieren. Gestern haben Sie von tausend Arbeitsplätzen gesprochen, die jeden Tag durch Abwanderung verloren gehen; heute setzt Herr Söder eins drauf und redet schon von 1200. Wie bitte wollen Sie das belegen? Schauen Sie sich doch einmal die neuesten Untersuchungen des IRB in Nürnberg an; das ist ja nicht weit von Herrn Söder entfernt. Dort finden Sie keinen Beleg für diese Zahlen. Ich meine, der Landtag sollte sich einmal ernsthaft mit der Frage auseinander setzen, wie es um diese Tendenz steht.
Ich wollte eigentlich etwas anderes zu Beginn meiner Ausführungen zitieren, meine Damen und Herren, nämlich den Jesuitenpater und Sozialethiker Friedhelm Hengsbach. Er hat vor einigen Jahren über das wirtschaftliche Klima in Deutschland etwas gesagt, das die aktuelle Situation sehr treffend beschreibt. Ich zitiere:
Die Unternehmen schrumpfen sich gesund für den Export auf Kosten der Arbeitslosenversicherung und des Staates. Der Staat kommt in finanzielle Schwierigkeiten und entlastet sich auf
ein Wettlauf der Besessenen. Am Ende stehen alle schlechter da, und keines der strukturellen Probleme ist nur im Ansatz gelöst.
Das ist genau die Situation. Die Bundesregierung hat sich bemüht, mit der Agenda 2010 diese Strukturen zu verändern und da, wo es notwendig ist, zu stabilisieren. Was haben Sie gemacht? – Sie haben mit immer neuen Papieren zwar dagegenhalten, haben aber nichts Konstruktives geleistet. Sie haben nur blockiert, meine Damen und Herren, und in 14 Jahren Kohl-Regierung haben Sie nichts getan. Und jetzt fordern Sie mit einem Papier, dessen Halbwertszeit immer kürzer wird, immer neuere und radikalere Strukturen. Sie haben sich von der Sozialen Marktwirtschaft längst verabschiedet. Herr Kollege Unterländer, wenn Sie einerseits beklagen, dass Herr Ackermann 11 Millionen im Jahr verdient, und andererseits fordern, dass die Löhne herunter müssen, dann sind Sie unglaubwürdig.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn ich mir die Debatte so anhöre, kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, werte Frau Kollegin Steiger, dass Ihr Schaum vor dem Mund eigene Ideen leider nicht ersetzen kann.
(Christa Steiger (SPD): Insbesondere Ihre Schelte bringt uns nicht weiter! – Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Was ist denn in Berlin passiert? Worüber regen Sie sich alle auf? Jetzt kenne ich mich nicht mehr aus!)
Das mag vielleicht ein großer Schritt für die SPD gewesen sein, aber es war ein kleiner Schritt für unser Land, was Sie dort gemacht haben, und deswegen ist es notwendig, dass wir die Sache in die Hand nehmen und weiterbringen, bevor wir abstürzen. Nahe am Abgrund stehen wir schon, meine Damen und Herren.
Kollege Sailer hat zu Recht gesagt, das wichtigste Arbeitnehmerrecht ist seit eh und je die Teilhabe an einer positiven wirtschaftlichen Entwicklung. Sie haben in den vergangenen sechs Jahren durch Ihre vielfältigen Maßnahmen mehr Menschen denn je von dieser Teilhabe ausgegrenzt. Sie haben die höchste Arbeitslosigkeit in diesem Land produziert.
(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Erinnern Sie sich doch einmal daran, wie viel Arbeitslosigkeit es vor dieser Zeit gab!)
Und das ist das „S“ in der SPD. Das ist Ihr soziales Verständnis, durch Arbeitsmarkt-, Finanz- und Steuerpolitik sowie Tarifpolitik diese Zustände zu produzieren.
Sie sprechen von den älteren Arbeitnehmern. Schauen Sie sich doch einmal im Ausland um. In Ländern, in denen viel reguliert wird, stehen wenig Ältere in Arbeit, in den Ländern, in denen wenig reguliert wird, stehen mehr in Arbeit. Ich nenne nur die Schweiz, Schweden oder die USA. Dort sind über 50 bis 60 % in Arbeit, bei uns sind in der Altersgruppe der 55- bis 64-Jährigen gerade noch einmal 38 % am Arbeitsmarkt beteiligt.
(Christa Steiger (SPD): Wenn in den USA ein Job zum Leben nicht reicht, dann ist das schon sehr eigenartig!)
Ich komme zum Kündigungsschutz. Dänemark ist angesprochen worden. Herr Kollege, Sie haben richtig geschildert, wie es auf dem dänischen Arbeitsmarkt aussieht. Aber das Wegnehmen eines überregulierten Kündigungsschutzes führt auch dazu, dass die Arbeitnehmer weniger Angst vor dem Verlust ihres Arbeitsplatzes haben, weil sie auch schneller wieder einen Arbeitsplatz bekommen.
Der Mittelstand und die Wirtschaft dort haben nicht die mentale Bremse; sie sagen sich nicht, jede Kündigung verursacht hohe Abfindungen, und deshalb mache ich das nicht mehr. Deshalb führt weniger Kündigungsschutz auch zu der notwendigen Flexibilisierung, die wir auf dem Arbeitsmarkt brauchen.
Ein Wort zur Teilzeit, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD. Neuere Untersuchungen belegen, dass die derzeitigen Teilzeitregelungen gerade für junge Frauen ein Einstellungshemmnis bedeuten. Diese Personengruppe wird bei Einstellungen schon gar nicht mehr berücksichtigt; deshalb ist dieser Rechtsanspruch kontraproduktiv. Er verhindert individuelle, familienfreundliche Regelungen
Schauen wir uns einmal an, wohin Ihre Politik in den vergangenen fünf Jahren geführt hat. Die arbeitsrechtlichen Paragrafen, die Dichte der Vorschriften, das alles ist so zahlreich und so hoch wie nie zuvor. Wir unterscheiden uns von den anderen europäischen Ländern dadurch, dass bei uns die Dichte an Vorschriften hoch ist, während dort die Arbeitsplatzdichte hoch ist. Das ist der gravierende Unterschied. Sie haben sechs Jahre lang in die falsche Richtung gearbeitet.
Ihr Geschrei, dass unser Papier nicht den richtigen Kurs in der Arbeitspolitik weise, verstehe ich nicht. Sie haben überhaupt keinen Kurs. Sie haben allenfalls ein Zickzackgehabe, sei es bei den Minijobs, bei den Ich-AGs oder beim mittelstandsfreundlichen Kündigungsschutz, der zunächst abgeschafft wurde und jetzt mit der Agenda 2010 wieder eingeführt wird. Aufgrund dieser Maßnahmen bläst Ihnen nun der Wind aus den eigenen Reihen scharf ins Gesicht, und es kommt zur sozialdemokratischen Rückwärtsrolle, auf die Sie die Ausbildungsabgabe unsinnigerweise noch oben draufpacken, um Ihre eigene Basis zu beruhigen.
Meine Damen und Herren, in den letzten sechs Jahren hat die SPD in hohem Maße Arbeitsplätze vernichtet. Das ist die wahre soziale Kälte in unserem Land. Deshalb ist es höchste Zeit, dass die Union handelt. Ich bin mir ganz sicher, dass wir mit diesen Vorschlägen ein großes Stück weiterkommen.