Protokoll der Sitzung vom 17.07.2008

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich wünsche einen guten Morgen nach dieser kurzen Nacht. Ich eröffne die 130. und letzte Vollsitzung des Bayerischen Landtags in dieser Legislaturperiode. Presse, Funk und Fernsehen sowie Fotografen haben um Aufnahmegenehmigung gebeten. Sie ist wie immer erteilt worden.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 37 auf:

Antrag der Abg. Georg Schmid, Thomas Kreuzer, Peter Welnhofer u. Frakt. (CSU) zur Änderung der Geschäftsordnung für den Bayerischen Landtag (Drs. 15/10700)

Bevor ich die Aussprache eröffne, weise ich darauf hin, dass die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN namentliche Abstimmung beantragt hat. Ich eröffne die Aussprache. Erster Redner ist Herr Kollege Welnhofer.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mich zunächst bei der interfraktionellen Arbeitsgruppe „Lebendigeres Parlament“ bedanken, die in langer und, wie ich meine, auch erfolgreicher Arbeit verschiedene Änderungen der Geschäftsordnung vorgestellt hat, die wir über einen längeren Zeitraum hinweg erprobt haben. Ich bin der Auffassung, dieser Probelauf hat gezeigt, dass die Bestimmungen, die eingeführt werden sollen, gut sind. Der Probelauf hat sich bewährt.

Bei der Einfügung der erprobten Bestimmungen in die Geschäftsordnung gibt es jedoch – für mich unverständlich – Differenzen. Wir; die CSU-Fraktion, sind der Auffassung, dass der neue Landtag sofort eine Arbeitsgrundlage benötigt. Wir halten es für besser, dass er die Arbeitsgrundlage bekommt, die er jetzt, beim Auseinandergehen, hat. Dazu müssen die erprobten Bestimmungen aber aufgenommen werden. Selbstverständlich steht es dem neuen Landtag frei, in sehr kurzer Zeit, wenn er dies möchte, die Geschäftsordnung nach seinen eigenen Vorstellungen wieder zu ändern und das zu beschließen, was er für richtig hält.

(Maria Scharfenberg (GRÜNE): Dann brauchen wir das doch jetzt nicht zu verabschieden!)

Wie gesagt, wir brauchen sofort eine Arbeitsgrundlage in der neuen Periode.

(Maria Scharfenberg (GRÜNE): Überhaupt nicht!)

Dafür gibt es zwei Möglichkeiten. Entweder wird die Geschäftsordnung in der erprobten Form übernommen oder in der Form, die vor der Erprobung gegolten hat. Wir halten Letzteres für die bessere Lösung und möchten Sie deshalb bitten, dem Antrag zuzustimmen.

Mit diesen Worten darf ich mich aus dem Bayerischen Landtag verabschieden. Danke schön.

(Beifall bei der CSU)

Die nächste Rednerin ist Frau Kollegin Werner-Muggendorfer.

Herr Präsident, liebe Kollegen, liebe Kolleginnen! Seit gestern muss ich beim Thema „Lebendigeres Parlament“ umdenken. Ich bin der Meinung, wir sollten alle Sitzungen nachts durchführen. So lebendig wie gestern war es selten.

(Beifall bei der SPD)

Die Präsenz in den Abendstunden war hervorragend. Sie wissen das; denn es waren fast alle da. Entweder kam nichts Gescheites im Fernsehen oder gestern hatte niemand mehr Termine.

(Georg Schmid (CSU): Es war so schön hier!)

Es war schön hier. Das muss man sagen. Daher sollten wir vielleicht umdenken.

(Prof. Dr. Gerhard Waschler (CSU): Über die Qualität der Wortbeiträge kann man sich streiten! Das hat mit Gesprächskultur zu tun!)

Herr Kollege Prof. Dr. Waschler, richtig, das hat etwas mit der Kultur zu tun.

Ich war die ganze Zeit über Mitglied in dieser Arbeitsgruppe „Lebendigeres Parlament“. Wir legen auf das Wort „lebendiger“ großen Wert, weil wir nicht der Auffassung sind, dass wir ein „totes“ Parlament hätten. Diese Arbeitsgruppe hat viele Überlegungen angestellt. Ich möchte nicht auf die Einzelheiten eingehen. Wir haben über die Praktikabilität nachgedacht und wollten, dass das Parlament ernst genommen wird. Wir haben auch einiges ausprobiert. Einige Vorschläge, die wir erprobt haben, haben wir für gut befunden, andere Punkte haben wir wieder abgeändert, wo das erforderlich war.

Es ist ganz normal, dass die Oppositionsfraktionen andere Ansprüche und Vorstellungen als die Regierungsfraktion haben. Das ist ganz normal und liegt in der Natur der Sache. So sollte nach unserer Meinung die Regierungsfraktion bei der Ministerbefragung nicht beteiligt sein.

Wir waren uns eigentlich über die Änderungen im Großen und Ganzen einig. Zum Schluss ist jedoch der Streit darüber entstanden, ob diese Änderungen noch in dieser Legislaturperiode verabschiedet werden sollen. Hier gehen die Meinungen auseinander. Die Oppositionsfraktionen sind der Auffassung, dass diese Punkte in der nächsten Legislaturperiode verabschiedet werden sollten. Ich bin seit über 30 Jahren Mitglied in kommunalen Parlamenten. Stadträte und Kreistage geben sich in der Regel in einer der ersten Sitzungen eine Geschäftsordnung. Dies steht

Liste von Änderungsvorschlägen souverän selbst entscheiden können, und zwar zu Anfang der neuen Legislaturperiode, welche Geschäftsordnung er sich geben will.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Diese Souveränität müssen Sie in der letzten Sitzung auch besitzen. Zwar haben wir beschlossen, in einem Modellversuch das „lebendigere Parlament“ durchzuführen, aber wir sollten so viel Souveränität besitzen, solche Entscheidungen dem neuen Parlament zu überlassen. Es werden sicherlich mehr Fraktionen sein, die dann darüber entscheiden werden.

(Widerspruch bei der CSU)

Sehen Sie sich doch einfach einmal die letzten Erhebungen an. Wo sind Sie denn da? Irgendwo sind die Stimmen doch.

(Manfred Ach (CSU): Vorne dran sind wir! – Georg Schmid (CSU): Vielleicht fallen die GRÜNEN raus!)

Wir machen uns keine Sorgen; wir orientieren uns an den Umfragen. Insofern halten wir es für einen ziemlichen Unfug, dass die CSU ihre Änderungswünsche jetzt noch in vermeintlich trockene Tücher bringen will. Bei Ihnen muss die Not ja groß sein, wenn Sie so agieren.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Kollege Welnhofer sagt, die von der interfraktionellen Arbeitsgruppe „Lebendigeres Parlament“ vorgeschlagenen Änderungen hätten sich bewährt und sollten nun endgültig in die Geschäftsordnung übernommen werden. Das können wir GRÜNE nur zum Teil unterschreiben. Erprobungsphasen sind dazu da, Änderungen auf ihre Praxistauglichkeit hin zu testen, und da kommen wir GRÜNEN bei bestimmten Punkten zu anderen Ergebnissen.

(Engelbert Kupka (CSU): Wollt ihr mehr Redezeit?)

Wir GRÜNE halten es beispielsweise für sinnvoller, einen festen Plenartag einzuführen. Es erschwert die Arbeit, wenn man jede Woche unterschiedliche Fristen einhalten muss. Das macht die Arbeit komplizierter. Gerade die CSU argumentiert doch immer mit dem Schlagwort der Verwaltungsvereinfachung. Dass Sie in der Praxis immer das Gegenteil davon machen, dokumentieren Sie jetzt wieder einmal mit Ihrer Haltung.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Bei den Regelungen für die Redezeiten hat es wirklich Sinn abzuwarten, aus wie vielen Fraktionen sich der nächste Landtag zusammensetzen wird.

Aus unserer Sicht haben sich die Anfragen zum Plenum nicht bewährt. Lebendiger wird das Parlament dann,

immer am Beginn einer Sitzungsperiode. Ich kann nicht verstehen, warum wir im Vorgriff eine Geschäftsordnung verabschieden sollten. Warum haben Sie es so eilig damit, diese Änderungen festzuschreiben? Ich habe den Eindruck, dass Sie in das neue Parlament überhaupt kein Vertrauen haben.

(Beifall bei der SPD)

Bei der Diskussion in den Ausschüssen wurde deutlich, dass die Änderungen in der CSU-Fraktion nicht im selben Umfang wie bei uns diskutiert wurden. Viele Kolleginnen und Kollegen der CSU-Fraktion haben gesagt, dass sie von diesen Änderungen noch gar nichts gehört oder gewusst hätten. Mit der Diskussion im Ausschuss und der heutigen Diskussion wollten wir den Mitgliedern der CSUFraktion das Angebot machen, mitzureden.

Die Entscheidung, jede Woche einen Plenartag zu haben, war schon ziemlich umwälzend. Ich hätte es als eine gute Möglichkeit betrachtet, wenn dafür ein fester Tag vorgesehen worden wäre, aber darauf haben wir uns leider nicht verständigen können. Wir haben viele sinnvolle Änderungen festgelegt, aber ich sehe keine Notwendigkeit, darüber noch in diesem Parlament zu entscheiden. Das sollte das neue Parlament tun. In jedem Kommunalparlament ist es üblich, dass man sich beim Zusammentreten eine Geschäftsordnung gibt. Wir haben eine Geschäftsordnung. Herr Welnhofer, es ist doch nicht so, als ob wir eine geschäftsordnungslose Zeit hätten, wenn wir jetzt nichts festlegen würden. Wir sollten diese Entscheidung dem neuen Parlament überlassen. Vielleicht kommt dann noch die eine oder andere neue Vorstellung hinzu. Wir haben am Anfang der neuen Legislaturperiode wirklich genügend Zeit, die Dinge auf den Prüfstand zu stellen und darüber zu reden. Deshalb werden wir gegen diese Änderungen stimmen, obwohl wir den meisten inhaltlich zustimmen. Wir halten aber den Zeitpunkt für absolut falsch.

(Beifall bei der SPD)

Nächste Rednerin: Frau Kollegin Scharfenberg.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Für die GRÜNEN im Bayerischen Landtag appelliere ich nachdrücklich für eine Änderung der Geschäftsordnung erst zu Beginn der nächsten Legislaturperiode im neu gewählten Landtag, wie die SPD schon vorgetragen hat. Welchen Sinn hat es denn, das jetzt zu tun, meine Damen und Herren?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Nach unserer Überzeugung hat es bei der letzten Sitzung des Landtags, die heute stattfindet – für einige in diesem Hohen Hause wird es überhaupt die allerletzte Sitzung sein, wie Herr Welnhofer gerade kundgetan hat –, überhaupt keinen Sinn, diese Änderung der Arbeitsgrundlage zu beschließen. Der neue Landtag, dem noch mehr Fraktionen als bisher angehören könnten, sollte auf der Grundlage der derzeitigen Geschäftsordnung und anhand einer

Wir GRÜNE haben für die Vorgehensweise, das jetzt noch zu verabschieden, null Komma null Verständnis und bitten darum, diese Entscheidung den nächsten Fraktionen zu überlassen. Bitte stimmen Sie jetzt nicht darüber ab! Das wäre ein Vorgriff.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Nächster Redner: Herr Kollege Thomas Kreuzer.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Eine der interessantesten Aufgaben in dieser Legislaturperiode war es, unsere Geschäftsordnung zu überdenken und zu überarbeiten. Ich danke allen, die daran mitgewirkt haben, vor allem Frau Kollegin Werner-Muggendorfer und Herrn Kollegen Dürr. Wir haben viele Sitzungen miteinander verbracht und monatelang daran gearbeitet. Deswegen ist die Hoffnung, dass man die Geschäftsordnung am Anfang einer Legislaturperiode sofort ändern kann, Frau Kollegin Scharfenberg, völlig verfehlt.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU)