Protokoll der Sitzung vom 17.07.2008

(Beifall bei Abgeordneten der CSU)

Wir haben Monate gebraucht, um nur wenige Dinge ändern zu können. Wir haben versucht, dieses Parlament lebendiger zu machen, es weniger mit Routinearbeiten und mehr mit aktuellen Themen zu beschäftigen. Wir haben jetzt mehr Aktuelle Stunden und mehr Dringlichkeitsanträge. Weiterhin haben wir die Ministerbefragung eingeführt. Wir haben die Redezeit für die Erste und Zweite Lesung sowie bei Anträgen bei den normalen Themen beschränkt, weil über diese ohnehin in den Ausschüssen stundenlang debattiert wird. Das war der Sinn dieser Reform. Sie ist in dieser Form gelungen. Wir müssen dem neuen Landtag eine Grundlage in die Hand geben, mit der er starten kann.

(Zuruf von den GRÜNEN)

Sie haben überhaupt keine Ahnung. – Er muss in der ersten Sitzung eine Geschäftsordnung übernehmen. Es wird auch kein Kommunalparlament geben, das nicht in der ersten Sitzung die alte Geschäftsordnung übernimmt. Wir haben einen Sitzungsplan, der mit der jetzigen Geschäftsordnung überhaupt nicht mehr übereinstimmt. Es stehen ganz andere Sitzungsfolgen darin als die, die wir im Ältestenrat vereinbart haben und die ab September gelten. Wir müssen diese Geschäftsordnung aktualisieren und an diesen Sitzungsplan, den wir einvernehmlich beschlossen haben, anpassen. Dem neuen Landtag bleibt es unbenommen, nach ein, zwei Monaten – diese Zeit braucht er zur Beratung – die Geschäftsordnung zu ändern. Das wird er dann auch tun. Wenn mehr Fraktionen im Parlament vertreten sind, Frau Kollegin Scharfenberg, dann – das sage ich Ihnen schon heute – wird es bei der Praxis, dass jeder gleich lang redet, sowieso nicht bleiben. Wir werden natürlich die Redezeiten anpassen, wie das der Deutsche Bundestag und andere Parlamente handhaben. Die Redezeiten werden dort nämlich nach der Größe der Fraktionen bestimmt.

(Beifall bei der CSU)

wenn die Anfragen wieder mündlich während der Plenarsitzung gestellt werden können. Die Ministerbefragung in der jetzigen Form hat sich unseres Erachtens auch nicht bewährt; denn der Minister müsste eine Redezeitbegrenzung haben. Die Redezeit müsste wirklich pari – pari verteilt werden.

(Beifall bei Abgeordneten der GRÜNEN)

Auch die Details der allgemeinen Redezeitregelungen sind aus unserer Sicht nicht alle sachgerecht. Eine Redezeit von fünf Minuten bei Ersten Lesungen ist zwar knapp, aber wir können damit leben, weil wir in den Ausschüssen Zeit haben, uns mit den jeweiligen Problemen auseinanderzusetzen. Anders sieht es aber bei den Zweiten Lesungen aus. 15 Minuten sind in manchen Fällen einfach zu wenig, was wir gestern bei der Debatte über das Versammlungsgesetz gesehen haben. Bei derart einschneidenden Gesetzen müssen wir mehr reden.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Da geht es oft um komplexe Vorhaben wie beispielsweise das Pflegegesetz damals. Wir meinen, da brauchen wir mehr Redezeit.

(Engelbert Kupka (CSU): Das war das schlechteste Beispiel, das Sie bringen konnten! – Unruhe)

Einen Moment, Frau Kollegin. Das „lebendigere Parlament“ wird schon wieder missverstanden.

(Allgemeine Heiterkeit)

So ist das nicht gemeint. Ich bitte wieder um Ruhe. – Frau Kollegin, bitte.

Zu starre und die Zeit beschränkende Regelungen tun der Arbeit hier nicht gut. Es muss möglich sein, sich im Landtag mit den einzelnen Themen in der gebotenen Intensität auseinanderzusetzen. Wenn die CSU meint, hier werde zu viel und zu lange debattiert und man wisse sowieso, was am Ende bei der Abstimmung herauskomme, dann muss ich feststellen, dass eine solche Auffassung nicht der Anspruch eines Parlaments sein darf. Wir sind in der Opposition auch die Kontrolle. Es ist der Würde dieses Hohen Hauses nicht angemessen, wenn man sich – wie die CSU – mit ein paar Schnelldurchgängen begnügt, weil man keine Lust hat, sich mit den Themen auseinanderzusetzen, oder die Diskussion scheut.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Frau Kollegin, es tut mir leid, aber die Fraktionen haben einvernehmlich eine Redezeit von fünf Minuten vereinbart.

Eingabe betr. Verbot der Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnraum in Gebieten mit gefährdeter Wohnraumversorgung (KI.0313.15)

Bevor ich die Aussprache eröffne, weise ich darf hin, dass die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN für die Eingabe namentliche Abstimmung beantragt hat.

Nun eröffne ich die gemeinsame Aussprache. Im Ältestenrat wurde hierzu eine Redezeit von zehn Minuten je Fraktion vereinbart. Erste Rednerin ist Frau Kollegin Bause.

Guten Morgen, Kolleginnen und Kollegen und Herr Präsident! Bei diesem Antrag geht es um ein Thema, das insbesondere die Menschen in München betrifft, und zwar diejenigen, die nicht das Glück haben, eine Eigentumswohnung oder ein Haus zu besitzen, sondern hier zur Miete wohnen. Es geht um die immer dramatischer werdende Situation auf dem Mietwohnungsmarkt in München. Wir verzeichnen bei den Mieten mittlerweile Rekordhöhen. Viele Menschen leiden unter der zunehmenden Belastung der immer weiter steigenden Mieten.

Wir verzeichnen Rekordmarken bei der Umwandlung von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen. Für immer mehr Menschen in München ist die Miete nicht mehr bezahlbar. Wir müssen also etwas tun.

Es gibt eine Handlungsmöglichkeit. Die CSU widersetzt sich ihr seit 10 Jahren. Die Handlungsmöglichkeit gibt der Bundesgesetzgeber im Bundesbaugesetz vor. Das Land hat nämlich die Möglichkeit, den Kommunen einen Genehmigungsvorbehalt bei einer geplanten Umwandlung von Miethäusern in Eigentumswohnungen zu geben. In unserem Antrag geht es darum, dass man der Kommune, hier also der Stadt München, die Handlungsmöglichkeit gibt. Weiteres muss man da nicht tun, und es kostet auch nichts. Dafür ist kein Geld erforderlich. Aber man muss die Stadt München in die Lage versetzen, in bestimmten Einzelfällen zu prüfen, ob es vertretbar und rechtlich zulässig ist, dass Miethäuser in Eigentumswohnungen umgewandelt werden. Dies ist eine Möglichkeit, die, wie gesagt, das Bundesbaugesetz zur Verfügung stellt. Sie konnten sich 10 Jahre lang hierzu nicht durchringen, obwohl hier verschiedentlich über das Thema diskutiert wurde.

Vor zwei Jahren haben sich aus der Not heraus alle Münchener Mieterorganisationen zusammengeschlossen und beim Landtag eine Petition eingereicht mit der Bitte, auf der Grundlage des Bundesbaugesetzes eine Verordnung zu erlassen, um der Stadt München endlich eine Handlungsmöglichkeit zu geben.

Die Petition wurde in dem zuständigen Ausschuss mehrfach beraten. Die Petentin war vertreten. Sie konnte anders als bei den Petitionen, um die es gestern ging – die betrafen das Versammlungsrecht –, im Ausschuss das Wort nehmen. Sie hat deutlich gemacht, wie dramatisch die Lage ist.

Die Mehrheit wird also die Redezeit begrenzen. Aber wir lassen das einmal offen. Seien Sie zufrieden, wenn die Geschäftsordnung, die wir heute beschließen, in der nächsten Legislaturperiode so bleibt. Wir müssen dem neuen Landtag ab der ersten Sitzung eine Grundlage an die Hand geben. Deswegen bitte ich um Zustimmung zu diesen Vereinbarungen, die wir zunächst einvernehmlich getroffen haben. Bei Ihnen liegt der Hase darin im Pfeffer, dass Sie zwar eine kleine Fraktion sind, aber Sie sich über nichts einigen können. Sie werden sich auch nie darüber einigen können, wie dieses Land in die Zukunft geführt werden soll.

(Beifall bei der CSU – Christine Stahl (GRÜNE): Das waren die Nachwirkungen von gestern!)

Die Aussprache ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung, die in namentlicher Form erfolgen soll. Der federführende Ausschuss für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen empfiehlt die Zustimmung mit der Maßgabe, dass eine neue Nummer 1 eingefügt wird. Der Ausschuss für Fragen des öffentlichen Dienstes stimmt dieser Beschlussempfehlung zu, allerdings mit der Maßgabe weiterer Änderungen. Im Einzelnen verweise ich auf die Drucksache 15/11120. Die CSU-Fraktion hat gemäß § 126 Absatz 3 Satz 3 der Geschäftsordnung beantragt, der Abstimmung das abweichende Votum des mitberatenden Ausschusses für Fragen des öffentlichen Dienstes zugrunde zu legen. Besteht damit Einverständnis? – Ich sehe keinen Widerspruch. Der Antrag wird damit in der Fassung des mitberatenden Ausschusses für Fragen des öffentlichen Dienstes zur Abstimmung gestellt. Die Urnen für die Stimmabgabe sind aufgestellt. Die Abstimmung beginnt. Es stehen fünf Minuten zur Verfügung.

(Namentliche Abstimmung von 9.23 bis 9.29 Uhr)

Sind alle Stimmzettel abgegeben? – Die Stimmabgabe ist damit abgeschlossen. Das Abstimmungsergebnis wird außerhalb des Plenarsaals ermittelt und später bekannt gegeben.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 38, 39, 40 zur gemeinsamen Beratung auf:

Antrag der Abg. Margarete Bause, Dr. Sepp Dürr, Maria Scharfenberg u. a. u. Frakt. (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN) Einführung eines Genehmigungsvorbehalts für die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen (Drs. 15/10632)

Antrag der Abg. Joachim Unterländer, Herbert Ettengruber, Georg Eisenreich u. a. (CSU) Milieuschutz in wohnungspolitischen Brennpunkten (Drs. 15/10876)

vestieren kein Geld, sondern ziehen das Geld hier heraus und investieren es weltweit. Denen ist es ganz egal, womit sie ihre Kohle machen. In diesem Fall sind es Immobilien, aber es betrifft die Menschen in München in ihrem Grundrecht auf Wohnen.

Die seriöse Wohnungswirtschaft wendet sich gegen diese Methoden. Der seriösen Wohnungswirtschaft ist es ein Anliegen, eine angestammte Bevölkerungsstruktur zu erhalten und in einem guten Kontakt zu den Mieterinnen und Mietern in den Häusern zu stehen. Diese sind von dem Genehmigungsvorbehalt, dem Veto, in keiner Weise betroffen. Deswegen sollten auch Sie Ihren Widerstand endlich aufgeben.

Die CSU hat gemerkt, dass dieses Thema Bedeutung hat. Herr Unterländer nimmt sich dieses Themas seit Langem an. Herr Unterländer, ich freue mich, dass Sie die Bedeutung des Themas erkannt haben und sich dafür einsetzen. Ich würde mir aber etwas mehr Durchsetzungskraft von Ihnen wünschen. Es hilft halt nichts, wenn man immer nur redet und Verständnis zeigt und sagt: Man müsste und sollte. Das ist alles zwar wunderbar, aber Sie müssen jetzt endlich zu Potte kommen. Sie müssen endlich sagen: Wir haben lange genug geredet; wir haben lange genug geprüft; wir haben lange genug hin und her überlegt und Gespräche geführt. An diesem Punkt müssen Sie endlich springen.

Deswegen haben wir die Petition ins Plenum gebracht und unseren Antrag dazu gestellt. Wir haben hierzu namentliche Abstimmung beantragt; denn die Zeit der Ausreden ist nun endlich vorbei. Sie müssen endlich deutlich machen, auf welcher Seite Sie stehen, ob Sie auf der Seite einiger internationaler Spekulanten oder auf der Seite der Mehrheit der Münchener Mieterinnen und Mieter stehen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Nächster Redner: Herr Kollege Obermeier.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Frau Bause hat in einem Punkt recht: Wir haben über diese Thematik sehr lange und sehr intensiv diskutiert. Allerdings haben wir das über Jahre hinweg ohne Frau Bause getan, und das ist hervorragend gelaufen.

Die frühere Vorsitzende des Mieterbundes in München, Frau Gschwendtner, hat mit einer Petition das Thema des Verbotes der Umwandlung von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen aufgegriffen. Ich darf mich an dieser Stelle bei Frau Gschwendtner recht herzlich für diesen Einsatz und für das Engagement, das sie hier gezeigt hat, bedanken.

Herr Kollege Unterländer hat diese Thematik, bereits bevor die Petition in den Landtag kam, aufgegriffen und sich mit ihr beschäftigt.

Er wird nachher noch einiges dazu sagen.

Das hat dazu geführt, dass das Problem von Teilen der CSU offenbar erkannt worden ist; es wird nicht länger geleugnet. Die Petition wurde dem Ministerium zur Würdigung überwiesen.

Das Ministerium hat sich aber bis heute geweigert, dies zur Kenntnis zu nehmen und eine entsprechende Verordnung zu erlassen.

Dann schlummerte die Petition zwei Jahre lang. Man hatte also zwei Jahre Zeit, die Sache zu prüfen und endlich einer Klärung zuzuführen, das heißt, der Stadt München die Handlungsmöglichkeit zu geben. Da nichts geschehen ist, haben wir die Petition wieder auf die Tagesordnung des zuständigen Ausschusses setzen lassen. Die Petentin war bei der Beratung erneut da.

Aber wiederum haben Sie einen Eiertanz veranstaltet. Damit muss jetzt endlich Schluss sein!

(Beifall bei den GRÜNEN)

Den Münchener Mieterinnen und Mietern hilft es nichts, wenn man hier noch einmal prüfen und überlegen will, welche Möglichkeiten es gibt.

Der Genehmigungsvorbehalt wird sicherlich nicht alle Probleme auf dem Münchener Wohnungsmarkt lösen können; dessen sind auch wir uns bewusst. Aber hier geht es um eine Handlungsmöglichkeit für die schlimmsten Fälle und für die größte Not. Mit Ihrem Herumgeeiere, mit Ihrer zögerlichen Haltung und Ihrer Unfähigkeit, hier eine klare Entscheidung zu treffen, helfen Sie nur den Spekulanten in München und sonst niemandem. Das müssen Sie sich doch einmal durch den Kopf gehen lassen.