Die EU muss sich um entsprechende Regelungen und Kapazitäten für die sachgerechte Kontrolle der von den Mitgliedstaaten übermittelten Daten bemühen. Nach einem Bericht der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ sind angeblich nur 20 Mitarbeiter für die Kontrolle der übermittelten Haushaltsdaten aller europäischen Länder zustän
dig. Ich frage mich schon, ob diese Mitarbeiter überhaupt in der Lage sind, die einzelnen Angaben der Staaten über ihr Haushaltsgebaren zu kontrollieren.
Meine Damen, meine Herren, diese Wachsamkeit ist deswegen so wichtig und dringend, weil wir wissen, dass innerhalb der Europäischen Union und der Europäischen Kommission viele Überlegungen angestellt worden sind, wie die ursprüngliche Formulierung des Stabilitäts- und Wachstumspaktes der Europäischen Union etwas aufgeweicht werden könnte. Bei einer Haushaltsüberwachung soll zum Beispiel künftig stärker die Gesamtverschuldung im Hinblick auf die Nachhaltigkeit der öffentlichen Finanzen berücksichtigt werden. Außerdem sollen bei der Festlegung des Zeitplans für einen ausgeglichenen Haushalt länderspezifische Umstände stärker berücksichtigt werden.
Wenn man diese Festlegungen einmal näher durchleuchtet, stellt man fest, dass die ursprüngliche Formulierung, wonach die Neuverschuldung die Drei-Prozent-Grenze nicht überschreiten darf, nach dem Willen der betroffenen Länder aufgeweicht werden soll.
Die Bemühungen sind außerordentlich stark, die in die Richtung gehen zu sagen, es könnten zwei oder auch drei Jahre sein, bis die Neuverschuldung tatsächlich auf 3 % zurückgeführt wird.
Das wäre ein außerordentlicher Vertrauensverlust in der Bevölkerung, aber auch Europas gegenüber der Welt. Wir haben heute nach der Osterweiterung der Europäischen Union den größten Binnenmarkt der Welt und ohne Zweifel eine hoch stabile Währung. Dies ist meines Erachtens schon durch den Ansatz solcher Diskussionen außerordentlich gefährdet. Man muss sich vorstellen, welche Folgen das hätte. Das heißt, wenn wir heute die öffentlichen Haushalte nicht in den Griff bekommen, sind wir von der Zeitphase wieder weit entfernt, in der wir weltweit die günstigsten Zinsen hatten, was sowohl die öffentlichen Haushalte begünstigte als auch das Wirtschaftswachstum positiv beeinflusste, aber auch die Privathaushalte nicht unerheblich entlastete.
Wir spüren sehr wohl, dass in Europa durch Deutschland und Frankreich – ich sage ganz bewusst: durch Deutschland und Frankreich – diese Debatte losgetreten wurde. Würde dann die Wirtschafts- und Währungspolitik der Europäischen Union stärker koordiniert werden, heißt das, dass die Grundlagen, die Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik – wie wir immer gesagt haben –, die letztlich eine Aufgabe der Nationalstaaten ist, in diesem Sinne unterwandert werden. Ein Mitspracherecht der Europäischen Union bis hinein in die Politik der einzelnen Nationen kann nicht unser Ziel sein. Eine Kompetenzabgrenzung auf diesem Feld wäre dann nicht mehr gegeben. Wenn bei einem starken Euro der gesamte Zins- und Kapitalmarkt nicht mehr so funktioniert, wenn dann die Risikozuschläge auch für die Wirtschaft und für die öffentliche Hand exorbitant zu Buche schlagen würden, hätte das beispielsweise für unser Land ebenso wie für die gesamte Europäische Union große Nachteile. Wir können nur hoffen, dass Griechenland innerhalb der Europäischen Union ein so genannter Einzelfall ist. Es gibt aber auch klare Hinweise
dafür, dass auch ein anderes EU-Land, nämlich Dänemark, offensichtlich falsche Daten meldete. Allerdings ist das nicht so schlimm, weil Dänemark derzeit noch nicht zum Euroland gehört.
Wenn man nicht den Anfängen wehrt, kann einer entsprechenden Entwicklung nicht mehr Einhalt geboten werden. Deswegen dieser Dringlichkeitsantrag an die Bayerische Staatsregierung, alles zu unternehmen, um den Erfolgskurs einer europäischen Währung, auf die sich gerade die deutsche und die bayerische Bevölkerung stützten, fortzusetzen.
Ich gehe noch einen Schritt weiter. Herr Kollege Volkmann, ich erinnere an die vorgestern geführte Debatte im Europaausschuss. Da haben Sie nicht zu Unrecht gesagt, wir müssten uns anstrengen, dass wir in Bezug auf die Ratifizierung des europäischen Verfassungsvertrages nicht zu viel zerreden. – Einverstanden. Aber Sie müssen sich fragen, wie wir das Vertrauen der breiten Bevölkerung in einen europäischen Verfassungsvertrag noch steigern wollen, wenn wir beispielsweise in einer Angelegenheit, wo jeder Mensch außerordentlich darum bemüht ist, dass die Länder in Europa eine stabile Währung haben, beginnen würden zu schlampen. Insofern sehe ich gerade hier einen Ansatzpunkt, dass wir mit Blick auf die Weiterentwicklung Europas außerordentlich aufpassen müssen auf das, in das die Menschen großes Vertrauen gesetzt haben. Sie kennen die bei der Einführung des Euro geführten Debatten. Hätten wir damals in Deutschland ein Referendum durchgeführt, hätten wir wahrscheinlich keine Mehrheit bekommen. Es war letztendlich politisch nur durchzusetzen, indem man von einem stabilen Euro und entsprechenden Kriterien ausging, die die unabhängige Europäische Zentralbank auch einfordern muss. Es ist uns gelungen, das Erfolgsrezept und Erfolgsmodell „Deutschland“ aus der Nachkriegszeit auf Europa zu übertragen. Deswegen müssen wir jetzt alles tun, damit wir nicht diejenigen sind, auf die man die Schuld abwälzen kann, und damit man nicht sagen kann, die Deutschen hätten zunächst große Forderungen gestellt und durchgesetzt, sind aber nun die ersten, die einknicken. Das können wir in diesem Lande in keiner Weise akzeptieren.
Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren von der CSU-Fraktion, Sie fordern in Ihrem Antrag die Staatsregierung auf, sich gegenüber Bund und EU für eine strikte Einhaltung der Stabilitätskriterien einzusetzen. Ich glaube, Sie zweifeln nicht wirklich daran, dass sie dies bereits kräftig versucht. Aber Sie hängen diesen Antrag an dem Beispiel „Griechenland“ auf und bringen mich damit im Sinne der Stabilitätskriterien ein wenig durcheinander; denn das Verfahren, Verteidigungs- und andere Ausgaben nicht in den an die EU gemeldeten Statistiken aufzuführen, wie das Griechenland getan hat, um so unter der 3%-Defizitgrenze zu bleiben, ist, daran gibt es nichts zu rütteln, eine absolut inakzeptable Missachtung des Eurostabilitätspaktes und macht uns genauso wie Sie, Herr
Kollege Zeller, betroffen. Aber das ist keine Aufweichung der Stabilitätskriterien, sondern erfüllt, wenn es so ist, eher den Tatbestand einer betrügerischen Manipulation.
Natürlich stellt sich dann die Frage, wie diese unerlaubte Vorgehensweise so lange unentdeckt und ungerügt bleiben konnte. Aus diesem Grunde stimmen wir Ihnen natürlich in der Sache grundsätzlich zu, wenn Sie fordern, dass die Einhaltung und der Vollzug von EU-Vorgaben EU-weit gewährleistet werden soll. Wir sind aber auch der Meinung, dass die im Vertrag von Maastricht festgelegten Kontrollmechanismen ausreichen müssten, wenn sie konsequent und ordentlich angewandt würden. Das kann gerade die CSU, deren damaliger Vorsitzender Theo Waigel diese Kriterien mit durchgesetzt hat, nicht bezweifeln. Aber darüber können wir natürlich gerne noch diskutieren.
Wenn die EU Griechenland der betrügerischen Manipulation überführen kann, bzw. das genaue Ausmaß benennen wird, ist die Einleitung eines Defizitstrafverfahrens natürlich unumgänglich. Ich möchte aber auch anmerken, dass eine übertrieben harte Bestrafung Griechenlands die prekäre Finanzlage des Landes noch weiter verstärken und den Schuldenabbau noch weiter erschweren würde. Deswegen sollten wir in diesem Zusammenhang auch daran denken, weitere Manipulationen oder Subventionsmissbrauch in der EU – auch durch Griechenland – an anderer Stelle zu bekämpfen; beispielsweise im Bereich von EUAgrarbeihilfen oder der Regionalförderung. Zum Vergleich ein Beispiel: 2003 meldete Deutschland, das relativ wenig Agrarhilfe bekommt, über 1400 Fälle von Subventionsmissbrauch. Das kleine Österreich meldete über 150 Fälle. Ihr Beispiel Griechenland meldete gerade einmal 17 Fälle von Subventionsmissbrauch.
Natürlich verurteilen auch wir eine Manipulation Griechenlands, um unter die 3-%-Grenze zu kommen, zumal Griechenland vielleicht den Weg hätte gehen können oder sollen, sich mit den Vertretern in vernünftigen Diskussionen zu einigen.
Der neue EU-Wirtschafts- und Währungskommissar hat den Vorschlag unterbreitet, dass Staaten mit einem nur geringen wirtschaftlichen Wachstum und/oder außerordentlich hohen Ausgaben die 3-%-Grenze überschreiten können, wenn sie dann in Zeiten höheren Wachstums Haushaltsüberschüsse erzielen. Dies ist im Falle der BRD der Fall, wo die Folgen der Wiedervereinigung außerordentlich hohe Ausgaben mit sich brachten; denn die versprochenen blühenden Landschaften waren halt doch nicht aus der Portokasse zu finanzieren. Diese außerordentlich hohen Ausgaben werden wohl teilweise auch in Griechenland in Verbindung mit den olympischen Spielen zum Tragen kommen.
Das heißt natürlich nicht, dass wir die Manipulation der Griechen in irgendeiner Weise gutheißen oder im Nachhinein schönreden wollen. Aber wir wollen die Kirche im Dorf lassen und eine vorschnelle Vorverurteilung Griechenlands vermeiden. Es ist die Aufgabe der EU, dies zu prüfen und zu ahnden. Bayern sollte es den dafür zuständigen Stellen überlassen und nicht den unberufenen Richter spielen. Diese Prüfung und Einordnung ist zurzeit noch
Grundsätzlich sind wir also ebenso wie Sie für eine sinnvolle Einhaltung der Stabilitätskriterien. Aber wir wollen dies nicht am Beispiel Griechenlands aufhängen, sondern abwarten, wie die EU diesbezüglich entscheiden wird. Deswegen werden wir uns bei Ihrem Antrag der Stimme enthalten.
Denn wenn es nicht um eine Verurteilung Griechenlands gehen soll, frage ich Sie, was Sie sonst erreichen wollen.
Im letzten Absatz erwähnen Sie unser schönes Schlösschen in Brüssel. Vielleicht wollen Sie darauf aufmerksam machen, dass wir das gestern eingeweiht haben. Unsere bayerische Vertretung in Brüssel in Verbindung mit den Stabilitätskriterien zu bringen habe ich ansonsten nicht verstanden. Wenn es allerdings darum ging, dass Sie in dezenten Zwischentönen wieder einmal versuchen, die Bundesregierung anzugreifen, dann möchte ich an der Stelle eines sagen: Wir werden die Bürgerinnen und Bürger der Bundesrepublik Deutschland oder hier in Bayern nicht davon überzeugen können, dass Bayern in Europa für seine Bürger kämpft, wenn Sie immer wieder Milliardenstrafen von der Bundesregierung fordern, statt gemeinsam mit uns dafür zu kämpfen, dass wir die Probleme in den Griff kriegen.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Zuerst einmal möchte ich auf die bemerkenswerte Tatsache hinweisen, dass wir heute zum dritten Mal innerhalb von nur acht Monaten einen Dringlichkeitsantrag der CSU-Fraktion zum Europäischen Stabilitätspakt hier im Plenum diskutieren.
Das ist bemerkenswert. Mich freut die Dominanz der Europapolitiker in der CSU-Fraktion. Im Dezember haben wir uns in der letzten Sitzung vor Weihnachten mit dem Stabilitätspakt befasst, am 20. Juli, bei der letzten Sitzung vor der heutigen, haben wir den Stabilitätspakt diskutiert. Damals war die doch etwas komische Formulierung: „EuGH bestätigt den bayerischen Konsolidierungskurs als richtig“. Der EuGH hat dazu nämlich gar nichts gesagt, aber die CSU hat es gemeint. „Bund würde vom Musterknaben zum Totengräber des Stabilitätspakts mutieren“ – na ja, so sehr gab es die Mutation nicht. Wenn, dann muss man sagen, das ist wohl schon lange vorher passiert. Heute haben wir also den Antrag drei. Es war immer wieder eine andere Verpackung, ein klein wenig ein anderer Anlass, aber doch das gleiche Thema. Diesmal ist die Causa Griechenland der Anlass, und wie Herr Förster schon bemerkt hat, gelingt es unseren Freundinnen und Freunden tatsächlich auch noch, das schöne Schlösschen in Brüssel mit in diesen Antrag hineinzupacken.
Der Antrag ist aber auch heute wieder interessant von der Betitelung her. Da heißt es nämlich: „Strikte Einhaltung europäischer Verpflichtungen“ und im Text heißt es – und das ist die entscheidende Forderung, der wir jederzeit zustimmen können -: „Strikte Einhaltung der Stabilitätskriterien wie anderer EU-Vorgaben“. Jetzt könnten wir es uns ziemlich leicht machen und Sie beim Wort nehmen und Sie bei anderen Gegenständen packen, als bei der Geldwertstabilität, zum Beispiel bei der Renitenz, bei der Tempodrosselung, FFH-Richtlinien oder bei der Vogelschutzrichtlinie, der Trinkwasserrichtlinie. Wir haben es immer wieder erlebt und werden es auch immer wieder erleben, dass schlechtgeredet wird, hintertrieben wird, blockiert wird bei den Dingen, die aus Brüssel kommen. Wir werden also Sie, werter Herr Zeller, noch häufig mit diesem Antrag konfrontieren und Ihr Verhalten daran messen.
Aber ich bin heute sehr freundlich aufgelegt und widme mich deswegen auch dem Anliegen, weshalb Sie diesen Antrag formuliert haben, nämlich der Geldwertstabilität. Beim Antrag im Dezember haben Sie Bezug genommen auf das Urteil des EuGH in Luxemburg. Damals ging es um die Frage: Darf der Ministerrat einfach über eine Position der Kommission hinwegfegen? Das Urteil war: Er darf es nicht. Wir haben das begrüßt, einfach weil wir sagen, so ein Pakt ist dazu da, um eingehalten zu werden, und weil wir sagen, das, was Frankreich und Deutschland gemacht haben, war ein ganz schlechtes Signal, vor allem in Richtung der neuen Mitgliedsländer. Deshalb unterstützen wir auch einen Großteil der Argumentation und einen Großteil dessen, was sich in Ihrem Antrag befindet. Was allerdings nicht unserer Unterstützung findet, ist Ihre Forderung, dass die Sanktionsmechanismen im Falle Griechenlands greifen. Wir wissen ja alle, es gibt gar keinen Automatismus im Stabilitätspakt. Das ist vielleicht eine Crux, und deswegen ist das Ganze auch problematisch. Da gebe ich dem Kollegen Förster Recht. Man sollte tatsächlich abwarten, was die Kommission entscheidet.
Nun können Sie es sich doch wieder nicht nehmen lassen, Herr Kollege Zeller, den Zeigefinger in Richtung Berlin, in Richtung Rot-Grün zu strecken. Da antworten wie immer: Das ist doch gar nichts Neues. Unter Waigel war es viel, viel schlimmer. Ich mache es nur noch in Stichworten: Tilgungsstreckung beim Erblastentilgungsfonds, Lasten des Bundesbahnvermögens in die weite Zukunft verschoben, der Parforceritt von Theo „Goldfinger“ insgesamt. Er hat eine Haushaltssperre angedacht, er hat über den vorzeitigen Verkauf der Telekom-Aktien spekuliert, dann gab es auf einmal einen höheren Geldbedarf bei der Bundesanstalt für Arbeit, also hat man über eine Steuererhöhung diskutiert, und schlussendlich – jetzt wieder Zitat „Neue Züricher Zeitung“ -:
Schließlich ist Theo Waigel auf Mephistos Trick in „Faust II“ verfallen Vergrabenes, in Tresoren verwahrtes Gold wird zu Geld gemacht, indem man das Gold höher bewertet und die Differenz zur Schließung seiner Etatlücken sich auszahlen lässt.
Jetzt komme ich zu Bayern und konfrontiere Sie auch mit zwei Sachverhalten. Zum einen zitiere ich den ORH-Jahresbericht vom letzten Jahr. Herr Kollege Zeller, vielleicht sollten Sie sich den einmal durchlesen, bevor Sie wieder auf andere zeigen. In der Mitte des Textes ist nachzulesen:
Die Kreditmarktschulden stiegen im Jahr 2002 um 1 Milliarde auf 19 Milliarden an. Davon entfallen 459 Millionen auf die Inanspruchnahme der Kreditermächtigungen des Haushaltsplans und 559 Millionen auf die oben genannten „nachgeholten“ Kredite der Vorjahre. Damit wird deutlich, dass die Staatsschulden nicht nur um die Kredite des laufenden Haushalts anwachsen, sondern auch durch die Inanspruchnahme von bisher „ersparten“ und übertragenen Kreditermächtigungen früherer Jahre.
Das Ganze ist in Anführungszeichen gesetzt. Das ist also auch eine Haushaltstrickserei, nichts anderes.
Herr Kollege Zeller, Sie schütteln den Kopf. Sie können es nachlesen in unserem Haushalt und im Rechnungshofbericht.
Ganz aktuell zu den Taschenspielertricks: Fragestunde, Frage von Thomas Mütze, vorgetragen von Frau Kollegin Kamm. Da ging es um die Nettoneuverschuldung. Die Nettoneuverschuldung soll für das Jahr 2005 auf 1,1 Milliarden Euro erhöht werden. Merken Sie es sich, Herr Kollege Zeller. Das ist eine Verzehnfachung gegenüber der früheren Finanzplanung. Treuherzig sagt und schreibt die Staatsregierung, Ursache dafür, dass man das so hochschrauben muss, sei die dritte Stufe der Steuerreform. Das hängt mit der Wahrheit überhaupt nicht zusammen, weil die Steuerreform im Jahr 2000 beschlossen wurde und der Staatsregierung längst bekannt war, als sie im Jahr 2001 den Finanzplan machte. Was erzählt uns Finanzstaatssekretär Meyer heute? Die damalige Mai-Steuerschätzung sei eine andere gewesen und jetzt habe man eine andere Steuerschätzung. Da fragen wir uns schon, warum Stoiber und Faltlhauser bisher etwas anderes gesagt haben und geschrieben haben. Tatsächlich geht es noch einmal um etwas anderes. Die Neuverschuldung 2005 soll gigantisch angehoben werden, um im Jahr 2006 das groß angekündigte Ziel der Nettoneuverschuldung null zu erreichen. Das ist der Hintergrund. So viel oder so wenig zu Ihren Taschenspielertricks und Ihren Finanzjonglierereien.
Ein letzter Gedanke – wir haben ja heute ein sehr enges Zeitkorsett. Es ist schon bemerkenswert, wie sich der Oberlehrer Stoiber in die Diskussion um Griechenland einschaltet. Es war zu hören von der Forderung einer harten Bestrafung Griechenlands, Einbehalt der Zuschüsse zum Kohäsionsfonds. Die Strukturfondsmittel will Stoiber ja schon lange als Disziplinierungsinstrument einsetzen, Stichwort Unternehmenssteuer. Da stellt sich für uns die Frage: Wenn Stoiber alles besser weiß und wenn Stoiber
alles besser kann und wenn er zentral mitreden und mitentscheiden will in der europäischen Politik, warum hat er dann damals gekniffen, als er als Kommissionspräsident vorgeschlagen war?
Wir meinen, nach dem Kneifen sollte er etwas leiser treten, nicht so weit seinen Mund aufreißen. Damit wäre er gut beraten.
Unser Votum lautet aus dem einen genannten Grund – nämlich Griechenland sofort zu sanktionieren – Enthaltung; ansonsten hätten wir den Antrag durchaus großzügig unterstützt.
Verehrter Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir erleben derzeit beim europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakt eine skandalöse Erosion in der Befolgung europarechtlicher Pflichten. Kollege Zeller hat heute bereits darauf hingewiesen.
Aktuell ist es Griechenland, dem „kreative Buchführung“ vorgeworfen wird. Auch gegenüber anderen Staaten gab und gibt es diesen Vorwurf. Sicher ist aber schon jetzt, dass es auf EU-Ebene bereits seit langem Zweifel gab und dass sie es unterließ, diese mit dem nötigen Nachdruck aufzuklären. Einzelne Mitgliedstaaten, der Ministerrat und auch die Europäische Kommission müssen sich vorwerfen lassen, dass sie nicht für Klarheit und Wahrheit der Haushaltszahlen sorgen und die Kontroll- und Sanktionsmechanismen nicht hinreichend effektiv anwenden. Man darf darüber nicht vergessen, dass die versteckten oder gar unverhohlenen Verstöße gegen den Stabilitätspakt fast schon zur Regel geworden sind. Ich erinnere daran, dass erst vor zehn Monaten fast alle Minister im Rat der europäischen Finanzminister zustimmten, das Defizitverfahren gegen Deutschland auszusetzen. Dies geschah gegen Wortlaut und Zweck des Paktes. Der Europäische Gerichtshof hat diesen Beschluss mittlerweile ausdrücklich für rechtswidrig und nichtig erklärt.
Besonders bedauerlich ist, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass sich die deutsche Bundesregierung dieser Entwicklung nicht entgegenstellt, sondern ihr den Weg bereitet. Das Verhalten der Bundesregierung läuft seit Jahren darauf hinaus, die Kriterien des Stabilitätspaktes unklar zu machen und seine Anwendung zu behindern, das heißt auch den Pakt zu schwächen. Schon im Frühjahr 2002 verhinderte Bundesminister Eichel mit politischem Druck einen blauen Brief aus Brüssel, der Deutschland vor einem übermäßigen Haushaltsdefizit warnen sollte. Eichel sagte die Einhaltung der Defizitgrenze zunächst zu, und er musste doch ihre Verletzung im Jahre 2002 verantworten. Statt in der Folge zu kooperieren, verzögerte er die vorgeschriebenen Meldungen und das gesamte Defizitverfahren. Kreativität entwickelte die Bundesregierung nicht bei
der Sanierung des Haushaltes, sondern dabei, Ausflüchte zu finden. Sie erinnern sich: Flutkatastrophe, Irak-Konflikt, Lage der Weltwirtschaft, mehrjährige Stagnation in Deutschland. Die EU-Kommission hat nichts davon anerkannt.