Und nun, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist Verkehrsminister Stolpe am Zug, was den Fernverkehr anbelangt. Er darf im Rahmen des Beschwerdeverfahrens die Preiserhöhung nicht einfach abnicken; er muss vielmehr die Notbremse ziehen. Hier ist die Bundesregierung nämlich in der Mitverantwortung. Die Bahn leidet natürlich unter der hohen Ökosteuer, die sie im Gegensatz zu ihren europäischen Mitbewerbern zahlen muss. Sie ist auch durch den vollen Mehrwertsteuersatz, den sie im Fernverkehr bezahlen muss, ganz erheblich belastet. Es gab schon Zusagen, diesen Mehrwertsteuersatz zu halbieren. Allerdings ist angesichts des großen Finanzlochs im Bundesetat davon keine Rede mehr. Ich frage mich, liebe Kolleginnen und Kollegen: Was darf sich der Duzfreund des Kanzlers, Bahnchef Mehdorn, noch alles leisten? Dass er häufig ein – salopp gesagt – rotziges Verhalten an den Tag legt, hat er erst jüngst wieder bewiesen, als er die Verkehrspolitiker des Bundes der Reihe nach in einem Brief abgewatscht hat; die von der SPD hat er allerdings ausgenommen. Dafür hat er sich mittlerweile entschuldigen müssen. Wie lange soll die Auseinandersetzung von Bundesverkehrsministerium und der Bahn um die Bundesmittel für die Schiene eigentlich noch weitergehen? Das ist natürlich mit der Hintergrund dafür, dass die Bahn schlecht dasteht. Insoweit kann ich dem Transnet-Chef Hansen nur zustimmen, der laut „Süddeutscher Zeitung“ vom 22. September gesagt haben soll: Kein Unternehmen verkraftet es, wenn Eigentümer und Vorstand sich ein solches Schauspiel leisten.
Ja, hier muss die Bundesregierung endlich eingreifen. Meine Damen und Herren, Sie haben mitbekommen, dass die SPD einen Dringlichkeitsantrag nachgezogen hat. Sie hat unseren Dringlichkeitsantrag abgeschrieben und sie hat lediglich einmal das Wort „Bundesregierung“ ausgelassen. Das ist der gravierende Unterschied der beiden Anträge. Natürlich sollte auch die SPD zur Kenntnis nehmen, dass die Bundesregierung am Zuge ist. Kollege Dr. Beyer hat das in seiner Pressemitteilung von voriger Woche durchaus anerkannt. Wenn Sie also das Wort „Bundesregierung“ einfügen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, können wir Ihrem Antrag zustimmen. Ansonsten werden wir Ihren Antrag ablehnen.
Der Bund muss endlich im Bahn-Aufsichtsrat handeln. Die zweite Preiserhöhung 2004 ist den Kunden nicht zumutbar. Das Preis-Leistungs-Verhältnis im Schienenverkehr muss dringend verbessert werden.
Was den Bereich Nahverkehr anbelangt, hoffe ich darauf, dass im Verkehrsdurchführungsvertrag und insbesondere
im Rahmenvertrag, den der Freistaat Bayern mit der DB AG paraphiert hat und der in diesem Jahr endgültig von Staatsregierung und Landtag beschlossen werden soll, entsprechendes Gewicht darauf gelegt wird. Wir werden mit Sicherheit im Wirtschafts- und Verkehrsausschuss darauf sehr genau achten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bitte um Zustimmung zu unserem Antrag. Wir müssen hier die Notbremse ziehen.
Vielen Dank, Herr Kollege Rotter. Als Nächster erteile ich Ihnen, Frau Kollegin Dr. Kronawitter, das Wort. Bitte schön.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Kollege Rotter hat im Detail genau dargestellt, wie ärgerlich die beabsichtigten Preiserhöhungen der Bahn sind. Dies gilt sowohl für den Fernverkehr als auch für den Nahverkehr. Der Landtag ist bemüht – das kann man über alle Fraktionen hinweg festhalten – daran mitzuwirken, dass die geplante Preiserhöhung nicht stattfindet und dass wir sie abwehren müssen. Wir sehen keine Rechtfertigung für eine erneute Preiserhöhung. Das ist unser gemeinsames Anliegen, und ich meine auch, dass die Bevölkerung von uns entsprechende Unterstützung erwartet.
Wir wollten eine bürgernahe Preisgestaltung und nicht den beabsichtigten schnellen Börsengang der DB AG. Das, denke ich, wird auch in dieser Diskussion klar. Hier geht es um eine Dienstleistung für die Bürgerinnen und Bürger, die unersetzbar ist, die gut bleiben muss und die in der Preisgestaltung angemessen sein muss.
Kollege Rotter hat schon angesprochen, dass wir einen eigenen Antrag gestellt haben. Ich möchte mich zunächst aber mit dem Antrag der CSU beschäftigen, damit Sie sehen, warum wir einen eigenen Antrag nachgezogen haben. Im ersten Satz des CSU-Dringlichkeitsantrags heißt es: „Die Staatsregierung wird aufgefordert, die von der Deutschen Bahn AG angekündigten Preiserhöhungen im Fern- und Nahverkehr nicht zu akzeptieren.“ Natürlich stimmen wir mit diesem Satz überein. Aber was soll dann der zweite Satz: „Die Staatsregierung soll sich gegenüber der Bundesregierung dafür einsetzen, dass die geplante Preiserhöhung im Fernverkehr zurückgenommen wird.“? Was soll diese Aufforderung gerade hier vom Landtag aus? Ich habe die Presseerklärungen der Bundestagsfraktionen angeschaut, ich habe auch die Stellungnahme der Bundesregierung dazu gelesen. Bereits da wird klar Position bezogen. Außerdem bin ich immer sehr dafür, dass dort Einfluss genommen wird, wo es einen kurzen Draht gibt. Ich registriere häufig und lese sogar in den regionalen Zeitungen, dass Minister Wiesheu mit dem Chef der Deutschen Bahn verhandelt, also mit Herrn Mehdorn. Herr Mehdorn war zum Beispiel kürzlich in Freising. Es gibt da also einen sehr engen Kontakt mit unserem Wirtschafts- und Verkehrsminister. Da erwarte ich doch, dass der kurze Dienstweg genommen wird und Minister Wiesheu unverzüglich Herrn Mehdorn den Protest des Landtags nahe bringt. Herr Wiesheu sollte mit Herrn Mehdorn
nicht nur über den Transrapid sprechen, sondern auch über dieses Thema. Eine ganz aktuelle Gelegenheit für Herrn Minister Wiesheu oder auch für den Staatssekretär, diesen Protest an die DB AG weiter zu tragen, bietet der Verkehrsdurchführungsvertrag, der immer noch nicht abgeschlossen ist, obwohl er bereits vor über einem Jahr paraphiert und im Wahlkampf groß gefeiert wurde. Wir wissen: Er ist noch nicht unterschrieben. Im Ausschuss haben wir den Bericht dazu noch nicht bekommen. Hier, denke ich, hat Minister Wiesheu, und das ist ja ein Vorteil, eine Gelegenheit, genau diese Punkte, die hier thematisiert sind, einzubringen.
Im Verkehrsdurchführungsvertrag geht es auch um die Leistungen, die Sie, Herr Rotter, hier so moniert haben. Auch im Fachausschuss waren wir uns immer einig in den Positionen, die als Kritik gegenüber der Bundesbahn genannt wurden.
Nun zum Fernverkehr. Ich finde, dieser Aufforderung an die Bundesregierung bedarf es nicht. Gestern wurde ja darüber berichtet, dass der Bundesverkehrsausschuss unter Vorsitz eines CSU-Bundestagsabgeordneten deutlich mit Stolpe über dieses Thema geredet hat. Eine erneute Debatte hierüber wäre lediglich ein Nachtarocken. Ich vermute aber etwas ganz anderes, nämlich dass es der CSU wiederum wieder nur darum geht, die Bundesregierung in die Pflicht zu nehmen, damit die Verärgerung und die Wut der Bevölkerung über die Preisgestaltung der Bahn auf die Bundesregierung gelenkt wird. Ich sage Ihnen: Das ist der Grund, warum wir Ihrem Antrag nicht zustimmen können.
Frau Kollegin Dr. Kronawitter, sind Sie bereit, zuzugeben, dass das Preiserhöhungsverfahren im Bereich Fernverkehr und im Bereich Nahverkehr völlig unterschiedlich läuft, was die Mitwirkungsmöglichkeiten der Länder auf der einen Seite im Nahverkehr und auf der anderen Seite der Bundesregierung im Fernverkehr betrifft?
Denn sonst hätten Sie festgestellt, dass ich genau zwischen Nahverkehr und Fernverkehr differenziert habe. Ich bitte Sie, im Protokoll meine Ausführungen nachzulesen; dann wissen Sie, was ich gemeint und gesagt habe.
Hier wird der Adressat „Bundesregierung“ gewählt, um Stimmung zu machen. Das halten wir sachlich nicht für richtig und auch für überflüssig. Wir fordern die Bayerische Staatsregierung schließlich auch nicht auf, das oder jenes zu tun, wenn wir von einem Unternehmen etwas wollen, damit dieses Unternehmen dann etwas Bestimmtes leistet.
Unser Antrag enthält vier Punkte. Erstens. Wir protestieren gegen die geplante Erhöhung der Bahntarife einschließlich der Erhöhung des Preises für das Bayernticket. Herr Rotter, Sie haben es hier und in den Presseerklärungen nicht angesprochen, dass das Bayernticket um 20 % teurer geworden ist. Das gehört zum Nahverkehr, und Sie haben hier thematisiert, dass die Tarife auch im Nahverkehr angehoben werden sollen.
Wir betrachten 20 % Erhöhung beim Bayernticket als einen harten Schlag; das gehört mit zu unserem Protest.
Zweitens. Wir fordern die Staatsregierung dazu auf, diesen Protest des Landtags unmittelbar an die DB AG heranzutragen. Die Wege sind hier kurz; das können wir in der Zeitung nachlesen. Daher sollten die kurzen Wege auch für diesen Zweck genutzt werden.
Drittens. Wir erwarten, dass im Verkehrsdurchführungsvertrag, den wir im Fachausschuss behandeln werden, ein attraktives Preis-/Leistungsverhältnis sichtbar wird und dass hier angemessen Einfluss genommen wird.
Viertens. Beim Nahverkehr soll die Staatsregierung im Rahmen des Zustimmungsverfahrens der Länder widersprechen. Da haben wir uns Ihrer Formulierung mehr oder weniger angeschlossen.
Kolleginnen und Kollegen, ich bitte um Zustimmung zu unserem Antrag. Wir werden uns bei der Abstimmung über den Antrag der CSU enthalten. Die Begründung hierfür habe ich vorhin vorgetragen.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die geplanten Preiserhöhungen durch die DB AG werden auch von uns abgelehnt. Sie sind ein Ärgernis, ein Schlag ins Gesicht der Bahnkunden, die auf günstige Preise angewiesen sind. Wir müssen gemeinsam alles unternehmen, damit diese Preiserhöhungen weder im Fern- noch im Nahverkehr eintreten.
Die Begründungen, die man von der Bahn hört, sind alle nicht stichhaltig und sehr fadenscheinig. Erst wurde ver
sucht, mit den Energiepreisen zu argumentieren, aber diese Erhöhung ist längst abgegolten. Dann hat man mit Abschreibungen für Fahrzeuge argumentiert, die man erst noch kauft. Eine solche Argumentation ist geradezu hanebüchen. Diese Erhöhungen dienen ausschließlich dazu – das ist schon erwähnt worden -, um den Börsengang vorzubereiten. Das kann doch nicht sein, dass die Bahn die Preise für das umweltfreundliche Verkehrsmittel Bahn nur deswegen erhöhen will, um auf Biegen und Brechen einen einmal ins Auge gefassten Termin, nämlich 2006, der mittlerweile schon den Bach runter gegangen ist, einhalten kann.
Die Mitwirkungsmöglichkeiten und die Chancen, hier einzugreifen, sind in der Tat unterschiedlich. Im Falle des Nahverkehrs wird das Ganze durch § 12 Absatz 5 des Allgemeinen Eisenbahngesetzes geregelt. Dagegen kann widersprochen werden. Der Widerspruch setzt ein längeres Verfahren in Gang, und man muss sehen, was dabei herauskommt. Wir sehen dabei die Gefahr, dass möglicherweise nicht alle Länder Widerspruch einlegen, sodass es zu einem Auseinanderklaffen kommt, aber man sollte auf alle Fälle versuchen, Widerspruch einzulegen; vielleicht kommen die Leute bei der Bahn doch noch zum Nachdenken. Ich bitte darum, diesen Widerspruch mit angemessener Verve und großem Nachdruck vorzutragen. Wir wollen nicht hoffen, dass sich das Ministerium von der Überlegung leiten lässt, dass man die Bahn an anderer Stelle für Unsinnsprojekte wie den Transrapid noch braucht und sie deshalb nicht verprellen möchte.
Beim Fernverkehr liegt die Tarifhoheit beim Bund. Die DB soll den Fernverkehr eigenwirtschaftlich erbringen. Die geplanten Preiserhöhungen legen den Schluss nahe, dass das, was die Bahn macht, wohl mehr ein eigensinniges Wirtschaften ist als eine vernünftige Politik. Ob durch die Preiserhöhungen das Ergebnis der Bahn verbessert werden kann, muss stark bezweifelt werden. Die letzten Versuche zum Umbau des Tarifsystems haben klar gezeigt, dass das von der Bahn geplante Ergebnis nicht erzielt werden konnte, sondern eigentlich das Gegenteil. Auch das ist hier zu befürchten.
Jetzt muss ich doch noch einige Kritik an der CSU üben; denn in gewissem Umfang ist der Antrag, auch wenn wir ihm zustimmen werden – auch dem der SPD – eine Heuchelei. Die CSU hat es mit zu verantworten, dass die Ergebnisse der Bahn zum Teil so schlecht sind, weil sie der Bahn so unsinnige und überflüssige Objekte wie die ICENeubaustrecke Nürnberg – Ingolstadt aufoktroyiert hat bzw. weiter aufoktroyieren will. Das führt bei der Bahn natürlich zu einer sehr schlechten Ertragssituation. Gerade Herr Wiesheu ist dafür maßgeblich mit verantwortlich. Sie kennen alle die Kostenentwicklung bei der Strecke: Der Betrag ist zwar gleich geblieben, aber „DM“ wurde durch „Euro“ ersetzt; so sehr hat sich diese Strecke verteuert. Entsprechend schlägt das gerade beim Fernverkehr auf das Ergebnis der Bahn durch. Das muss man an dieser Stelle ganz klar und deutlich in Richtung CSU sagen.
Wir haben hier im Landtag immer davor gewarnt. Hier ist viel Geld verbrannt worden, und hier wird viel Geld verbrannt. Es ist ganz klar, wer die Schuld daran trägt.
Herr Kollege Rotter, Ihre Krokodilstränen über die Mehrwertsteuer kann ich gerade beim internationalen Verkehr nicht verstehen. Es war die Union, die im Bundesrat verhindert hat, dass im Luftverkehr die Mehrwertsteuer eingeführt und im Gegenzug die Mehrwertsteuer bei der Bahn halbiert wird. Hier hat die Union blockiert.
Da brauchen Sie sich nicht hier herzustellen und zu sagen, das Ganze sei schlecht. Natürlich ist es schlecht, dass die Bahn in vollem Umfang Mehrwertsteuer abführen muss und der Luftverkehr als Konkurrent nicht. Es sind Krokodilstränen, die Sie hier vergießen.
Heuchelei ist es auch – Frau Kollegin Kronawitter hat das Bayernticket schon angesprochen -, wenn Sie die 20 % Erhöhung nicht beklagen. Die BEG unterliegt in vollem Umfang der Hoheit des Wirtschaftsministeriums. Wenn der Freistaat Bayern so hinlangt, kann man es der Bahn nicht ganz verdenken, wenn sie das auch probieren will, um ihr Ergebnis vor dem Börsengang zu verbessern.
Lassen Sie mich noch einiges zum Themenbereich Preis/Leistungsverhältnis sagen. Auch hier könnte der Freistaat Bayern einiges mehr leisten, als er das momentan tut. Der Verkehrsdurchführungsvertrag – ich empfinde das als Skandal – ist zwar vor der Wahl mit großem Tamtam angekündigt worden und ist paraphiert worden. Bis heute aber war er nicht im Kabinett, geschweige denn im zuständigen Ausschuss im Bayerischen Landtag.
Das kann es doch wohl auch nicht sein, dass ein Vertrag, der vor über einem Jahr paraphiert wurde, ewig im Ministerium liegt, ehe er im Kabinett und im Landtag weiterbehandelt wird. Gerade dieser Vertrag gäbe die Möglichkeit für Verbesserungen im Preis-/Leistungsverhältnis. Da ist das Interesse im Ministerium offensichtlich auch nicht sehr groß. Nach wie vor werden Geldmittel aus dem Nahverkehr, Regionalisierungsmittel, abgezweigt, beispielsweise für die Transrapidplanung. Ihr Parteifreund Gauweiler hat den Transrapid ja so schön als Vorortbahn bezeichnet, die überflüssig und unsinnig ist. Da gehen die Geldmittel rein und nicht in die Verbesserung der Leistungen des Nahverkehrs.