Protokoll der Sitzung vom 19.10.2004

(Beifall bei der SPD)

Als Nächster hat sich Herr Kollege Imhof zu Wort gemeldet.

Verehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Als unser Ministerpräsident während seines Besuchs im Sommer letzten Jahres ziem

lich überraschend angekündigt hatte, die städtischen Bühnen in ein Staatstheater umzuwandeln -

(Dr. Heinz Kaiser (SPD): Das war zufällig vor der Wahl!)

Kolleginnen und Kollegen, es war zufällig Wahl. Ich würde aber sagen, das war die Erkenntnis, die reif geworden ist, dass es an der Zeit ist, tätig zu werden.

Damals hat die Ankündigung erst einmal ungläubiges Staunen ausgelöst, aber dann nach anfänglicher Skepsis große Begeisterung. Diese Begeisterung ist in der Bevölkerung weiterbefördert worden, und zwar mit Recht. Danach, Herr Minister, gab es sicher eine gewisse Unsicherheit, inwieweit der Kraftakt trotz der dramatischen Finanzlage des Staates zeitnah über die Bühne gebracht werden könne. In der Tat hat man seit Aufnahme der Verhandlungen schwierige Detailfragen klären müssen. Herr Minister Dr. Goppel, ich danke Ihnen an dieser Stelle sehr herzlich für die zügige, konsequente und zielbewusste Verhandlungsführung.

Mein Dank geht auch an die Adresse meiner Stadt Nürnberg, der das als Chance bewusst war: Der Oberbürgermeister und seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Verwaltung haben die Sache konsequent durchgezogen. Heute stehe ich hier, als Nürnberger stellvertretend für alle Kolleginnen und Kollegen aus Mittelfranken, und sage: Ein jahrelanger Traum, eine Vision, ein Wunsch ist Wirklichkeit geworden. Er ist mit einer ungeheuren Geschwindigkeit Wirklichkeit geworden, wenn man den Staatsapparat und sein Handeln betrachtet.

(Christine Stahl (GRÜNE): Herr Imhof, da freuen Sie sich jetzt aber!)

Das ist eine großartige Botschaft für die ganze Region, Frau Kollegin Stahl.

(Dr. Heinz Kaiser (SPD): Jubel, Jubel! – Heiterkeit bei der SPD)

Ich spreche auch für Sie, für die ganze Region, in wirtschaftlicher wie auch in kultureller Hinsicht. Die Nürnberger Bühnen, die schon jetzt in Deutschland erstklassig sind, bekommen hierdurch einen Schub, sie können sich weiterentwickeln. Sie werden – ich sage es jetzt einmal nürnbergerisch – allererste Sahne.

Mit dieser Entscheidung des Staates wird ein weiterer Beweis dafür erbracht, dass der Kulturstandort Franken gestärkt und weiterentwickelt wird. Sie haben vorhin noch andere Beispiele gebracht. Ein anderes, herausragendes Beispiel befindet sich ebenfalls in Nürnberg: das neue Museum. Ein weiteres Beispiel, das genannt wurde, ist die Umwandlung der Bamberger Symphoniker in die Staatsphilharmonie.

Mit dem Staatstheater Nürnberg findet die regionale und dezentrale Gestaltung bayerischer Kulturpolitik im Sinne der Gleichwertigkeit der Regionen eine konsequente Fort

setzung. Anspruch – also das Versprechen – und Wirklichkeit klaffen hier nicht auseinander.

(Dr. Sepp Dürr (GRÜNE): Ausnahmsweise!)

Es ist ein Zeichen von Glaubwürdigkeit, wenn trotz gigantischer Sparzwänge in unserem Land bei der Kulturpolitik eine solch hohe Priorität gesetzt wird. Kultur, meine Damen und Herren, ist für uns kein Luxus, sondern ein herausragender Standortfaktor und ein hohes ideelles Gut. Sie haben es gesagt, Herr Minister: Beide Partner haben sich im Rahmen dieser Verantwortung vor dem Hintergrund der Möglichkeiten eingebracht und ihren Teil dazu geleistet, dass der Wunsch Wirklichkeit wurde. Die Stiftung ist eine optimale Rechtsform, welche die richtigen Rahmenbedingungen schafft. So können beide Partner optimal wirtschaftlich arbeiten. Das ist konsequent und zeugt in schwierigen Zeiten von Weitsicht und Mut. Gewinner sind unsere Stadt, die Region und die Bürger.

(Beifall bei der CSU)

Als Nächste hat sich Frau Kollegin Gote zu Worte gemeldet. Bitte schön.

Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Es ist schön zu sehen, wie man sich auch über kleine Dinge freuen kann. Nichtsdestotrotz muss ich nach diesen vielen schönen Worten die ganze Sache etwas nüchterner betrachten.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Mit diesem Gesetzentwurf, mit der Errichtung der Stiftung für das Staatstheater Nürnberg, zahlen die Bürgerinnen und Bürger Bayerns die Rechnung für Ihren Wahlkampf. Nichts anderes ist dies.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das Gleiche werden wir im Hinblick auf die Bamberger Symphoniker erleben, wenn der Ministerpräsident nicht zuvor durch sein persönliches Manövrieren in der Gebührenfrage dem Bamberger Orchester den Garaus macht. Wir werden da sicher noch einiges erleben.

Wir zahlen also mit diesem Gesetzentwurf die Zeche für Ihren Wahlkampf.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Es ist auch kein Zufall, dass das gerade im Frühjahr/ Sommer 2003 passierte. Es war auch kein Einzelfall. Zuvor war da schon die Sache in Würzburg, dann kam Nürnberg, es kamen die Bamberger Symphoniker. All das geschah im Frühjahr und im Sommer 2003. Eigentlich hätte ich erwartet – das habe ich damals auch eingefordert -, dass Sie, wenn Sie so etwas schon versprechen, auch gleich sagen, wie man das bezahlen wird. Das wäre ehrlicher gewesen, und die Nürnberger hätten sich schon einmal darauf einstellen können. Es wird nämlich doch nur ein Staatstheater zweiter Klasse werden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir haben nun in München Staatstheater und Staatsorchester. Sie, Herr Staatsminister, haben uns gerade mit schönen Worten überzeugen wollen, dass Sie schon immer dem Zentralismus in Bayern in Kulturfragen entgegengewirkt haben. Dem muss ich entgegenhalten, dass das keineswegs so ist. Vielleicht war im Jahr 2002 ja auch nur eine Pause in dieser Politik, als Ihr Vorgänger im Amt genau zu der Frage, ob das Nürnberger Theater Staatstheater werden könne, erklärte: „Unabhängig davon sieht das Staatsministerium mit Blick auf die Haushaltslage derzeit keine realistische Möglichkeit für die Einrichtung neuer Theater in staatlicher Trägerschaft.“ Bereits ein Jahr später zeichnete sich das ganz anders ab, aber da war Wahlkampf.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ein Staatstheater zweiter Klasse, so sagte ich. Auch das Bamberger Orchester wird nur ein Staatsorchester zweiter Klasse werden; denn Sie übernehmen nur 50 % der Kosten. Das Personal wird auch nicht die gleichen Rechte haben. Das Orchester wird beispielsweise nicht in unserem Haushalt auftauchen, wie das für die Münchner Einrichtungen der Fall ist. Man ist also keineswegs den gleichen Weg gegangen; man hat keine klaren Verhältnisse und auch keine Gleichberechtigung für die Regionen geschaffen. Es bleibt dabei: Der Freistaat trägt nur 50 % der Kosten. Ungeklärt ist übrigens, wie größere Investitionen finanziert werden. Dabei stehen die nach meinem Wissen in nächster Zeit gerade in Nürnberg an. In der Begründung wird zwar erwähnt, man versuche auch in diesen Fragen zu einer hälftigen Finanzierung zu kommen, doch das ist noch nicht geklärt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das Geschäft für Nürnberg sieht also gar nicht so rosig aus, wie das hier dargestellt wurde. Doch die Freude ist verständlich: Welche Kommune könnte es sich leisten, solch ein Angebot auszuschlagen, bei dem am Ende mehr Geld herausspringt als zuvor? Ich verstehe deshalb recht gut, weshalb die Nürnberger in langen Verhandlungen versuchten, das Beste für sich herauszuschlagen. Honorig, großzügig oder gar großmütig war das seitens der Staatsregierung aber nicht.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Es bleibt bei einer Politik nach Gutsherrenart. Es bleibt dabei, dass wir Ihren Wahlkampf zahlen. Sie erwecken den Eindruck, dass Sie das Theater gerettet haben. Das ist aber keineswegs der Fall. Es ist überhaupt nicht gesichert, ob das Theater weiterhin im bisherigen Umfang bestehen bleiben kann. Es ist unklar, ob es wachsen kann, ob es auch künftig drei Sparten haben wird, und wie künftig Investitionen aussehen werden. Für uns ist nach wie vor unklar, nach welchen Kriterien Sie entscheiden, welche Einrichtung zum Staatstheater wird und welche nicht. Ich erinnere daran, dass Sie auch in Würzburg 50 % der Kosten bezahlen, dabei ist Würzburg nicht zum Staatstheater geworden. Für mich bleiben viele Fragen offen.

Wir werden diesen Gesetzentwurf nicht ablehnen, denn wir gönnen den Nürnbergern das Geld. Die Begeisterung,

die Sie hier gezeigt haben, Herr Imhof, kann ich nicht teilen. Wir werden uns bei dem Gesetzentwurf enthalten.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die Aussprache ist geschlossen. Im Einvernehmen mit dem Ältestenrat schlage ich vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuss für Hochschule, Forschung und Kultur als federführendem Ausschuss zu überweisen. Besteht damit Einverständnis? – Keine Gegenstimme. Dann ist das so beschlossen.

Ich rufe auf:

Tagesordnungspunkt 2 c Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Änderung des Waldgesetzes für Bayern (Drucksa- che 15/1772) – Erste Lesung –

Tagesordnungspunkt 2 d Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Errichtung des Unternehmens „Bayerische Staatsforsten“ und zur Änderung des Bayerischen Personalvertretungsgesetzes, des Bayerischen Reisekostengesetzes und des Bayerischen Jagdgesetzes (Druck- sache 15/1775) – Erste Lesung –

Die Gesetzentwürfe werden vonseiten der Staatsregierung durch Herrn Staatsminister Miller begründet. Herr Staatsminister, Sie haben das Wort.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Wir stellen uns mit diesen beiden Gesetzen der großen Aufgabe, die bayerische Forstwirtschaft zukunftsfähig zu machen. Wer bewahren möchte, muss zu Veränderungen bereit sein. Globalisierung prägt unsere Zeit. Wir können uns dem nicht entziehen. Die Holzerlöse sind drastisch gefallen, allein seit 1999 um circa 36 %. Für den bayerischen Staatsforst bedeutet dies jährliche Einnahmeverluste in Höhe von etwa 60 Millionen Euro. Wir müssen deshalb bei der Verwaltung selbst anfangen und alle Möglichkeiten der Effizienzsteigerung ausschöpfen.

Eine Befreiung aus dieser sich immer enger schließenden Schere ist deshalb unausweichlich, um unserer Verantwortung für Wald und Gesellschaft dauerhaft gerecht zu werden.

Zur Umsetzung. Die von der Staatsregierung vorgelegten Gesetze bieten die Lösung dieses Problems. Erstens. Sie stellen die hohe Qualität einer naturnahen Waldbewirtschaftung mit all ihren Schutz- und Erholungsleistungen für die Allgemeinheit weiterhin sicher. Zweitens. Sie verteilen die Aufgaben Hoheit, Beratung und Förderung einerseits sowie die Bewirtschaftung des Staatswaldes andererseits auf zwei getrennte effiziente Einheiten. Drittens. Sie schaffen die Voraussetzung zur Verschlankung der Verwaltung durch einen zweistufigen Aufbau bei gleichzeitigem Aufgabenabbau. Damit können die finanziellen

Spielräume geschaffen werden, um in Zukunft die so wichtigen Investitionen im Wald zu ermöglichen.

Was bedeutet dies konkret? – Zum einen die Sicherung der hohen Qualität der Waldbewirtschaftung. Die bewährten Ziele des Waldgesetzes werden beibehalten und verdeutlicht. So werden beispielsweise erstens die drei Säulen der forstlichen Nachhaltigkeit – ökonomisch, ökologisch und sozial – explizit im Gesetz verankert, zweitens die sachgemäße Waldbewirtschaftung klarer definiert, drittens der forst- und jagdpolitische Grundsatz Wald vor Wild festgeschrieben und viertens die Grundlage zur Finanzierung der besonderen Gemeinwohlleistungen im Staatswald, zum Beispiel Schutzwaldsanierung, Schutzwaldpflege, Biotopverbundprojekte verankert, und zwar unabhängig von der Ertragslage des künftigen Unternehmens. Zum anderen bedeutet das effiziente Verwaltungs- und Organisationsstrukturen. Zur Verwaltung: Erstens. Die Bündelung von Sachverstand an den Ämtern für Land- und Forstwirtschaft stärkt den ländlichen Raum. Zweitens. Förster bleiben als Revierleiter vor Ort für Bürger und Waldbesitzer als kompetente Ansprechpartner. Drittens. Eine am Gemeinwohl orientierte neutrale ortsnahe Beratung im Zusammenhang mit der finanziellen Förderung ist damit weiterhin gewährleistet. Viertens. Die Selbsthilfeeinrichtungen übernehmen die betriebliche Einzelberatung für die Mitglieder und werden vom Freistaat verlässlich finanziell gestärkt und mit 4,4 Millionen Euro in den nächsten zwei Jahren gefördert.

Zum Unternehmen: Erstens. Die Bewirtschaftung des Staatswaldes erfolgt weiterhin professionell und ohne Qualitätseinbußen. Zweitens. Der Staatswald bleibt als Anstalt des öffentlichen Rechts im Eigentum des Freistaats Bayern und wird auf Dauer in alleiniger öffentlichrechtlicher Verantwortung bewirtschaftet. Damit ist eine Privatisierung auch in Teilen ausgeschlossen. Drittens. Betriebswirtschaftlich ausgelegte Strukturen schaffen neuen unternehmerischen Freiraum. Viertens. Die bisherigen Grundsätze für die naturnahe Bewirtschaftung des Staatswaldes gelten ohne Abstriche auch für das künftige Unternehmen. Die Kontrolle der bayerischen Staatsforsten übernimmt ein Aufsichtsrat – bis zu neun Personen aus Staat, Belegschaft und Wirtschaft -, der von einem Beirat aus Vertretern des Landtags und der Verbände beraten wird. Das Unternehmen unterliegt zudem der staatlichen Aufsicht und selbstverständlich der parlamentarischen Kontrolle.

Die Erbringung der Gemeinwohlfunktionen im Staatswald ist in Zukunft gesetzlich verankert und daher besser gesichert als heute. Wir reformieren die Forstverwaltung und nicht den Wald. Mit den vorgelegten Gesetzentwürfen geben wir auf die veränderten Rahmenbedingungen die einzig richtige und zukunftsweisende Antwort. Alles in allem ist für die vorgelegten Gesetzentwürfe festzuhalten, dass der Wald in Bayern, insbesondere der Staatswald, bleibt, was er ist, nämlich gesunder Lebens- und Erholungsraum für alle Bürger und ein wichtiger Teil bayerischer Lebensqualität.

(Beifall bei der CSU)