Protokoll der Sitzung vom 12.11.2004

(Heidi Lück (SPD): Warum? – Susann Biedefeld (SPD): 42 Verbände! – Heidi Lück (SPD): Weil man ihnen droht!)

Deshalb brauchen wir, verehrter Herr Kollege Magerl und verehrte Frau Kollegin Lück, vor dem Volksbegehren wirklich nicht zu zittern.

(Heidi Lück (SPD): Dann lassen Sie es sein, die Verbände unter Druck zu setzen!)

Mit Sicherheit ist das nicht der Fall.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist ganz deutlich: In dieser Beantwortung kommt zum Ausdruck, dass unser waldbauliches Leitbild und das Ziel der Wald

bewirtschaftung nach wie vor naturnahe, stabile und leistungsfähige Mischwälder sind und dass alle ökonomischen, ökologischen und sozialen Funktionen des Waldes nachhaltig erfüllt werden können. Ich denke, das wissen Sie so gut wie ich. Ich habe Ihnen schon gesagt, dass es Abstriche an der Qualität der Waldbewirtschaftung mit uns nicht geben wird, auch wenn Sie draußen tausendmal das Gegenteil behaupten.

(Zuruf der Abgeordneten Heidi Lück (SPD))

Herr Magerl, Sie werfen uns vor – Sie sind hier sehr ausführlich darauf eingegangen -, wir würden die Gemeinwohlleistungen zurückschrauben. Unbegründet und völlig haltlos ist das. Was ist Fakt? - Die allgemeinen Gemeinwohlleistungen sind in Artikel 18 des Bayerischen Waldgesetzes verankert. Da gibt es keine Abstriche, ganz im Gegenteil: Diese Leistungen werden konkretisiert. Zum Beispiel wird naturnaher Waldbau ausdrücklich als solcher verankert und auch die biologische Vielfalt neben den anderen Belangen des Naturschutzes.

Erstmals, verehrte Kollegin Lück, werden sogar die besonderen Gemeinwohlleistungen – Schutzwaldsanierung, Schutzwaldpflege, Ökoverbundsysteme – im Gesetz verankert. Ich darf hierzu auf die Artikel 18 und 22 verweisen.

(Zuruf der Abgeordneten Susann Biedefeld (SPD))

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die vielfältigen Funktionen des Waldes mit Erholungs-, Schutz- und Nutzfunktion bleiben genauso erhalten. Die 1974 in der Bundesrepublik Deutschland – Sie sind ja darauf eingegangen – mit dem Waldgesetz in Bayern geschaffene, erstmals in sich geschlossene forstpolitische Konzeption wird nur an die zeitlich notwendigen Veränderungen angepasst, nichts anderes. Wir wollen aber auch – das sage ich hier ganz deutlich – ein gesundes Nebeneinander von Staatswald, K-Wald und Privatwald in der Zukunft erhalten.

(Heidi Lück (SPD): Da sind wir uns einig!)

Unser Augenmerk gilt nicht dem Staatsforst allein, sondern unser Augenmerk gilt den 2,4 Millionen Hektar Wald in Bayern in der Gesamtheit.

(Heidi Lück (SPD): Deswegen streichen Sie die private Beratung!)

Herr Kollege Magerl, Sie sagen, die Privatwaldbesitzer seien die Verlierer,

(Dr. Christian Magerl (GRÜNE): So ist es! – Susann Biedefeld (SPD): Stimmt doch!)

und die Privatwaldbesitzer würden klagen. Ich höre draußen keine Klagen.

(Heidi Lück (SPD): Ich schon! – Dr. Christian Magerl (GRÜNE): Ich höre jede Menge! – Susann Biedefeld (SPD): Sie wollen sie nicht hören!)

Mag sein, dass der eine oder andere das Volksbegehren befürwortet. Herr Magerl, ich bin Vorsitzender einer Waldbesitzervereinigung, ich bin zweiter Vorsitzender in Oberfranken, und ich weiß, wie die privaten Waldbesitzer in Oberfranken denken und handeln. Sie werden Ihr Volksbegehren mit Sicherheit nicht unterstützen.

(Susann Biedefeld (SPD): Das ist anmaßend! Das wissen Sie genau!)

Nein, das ist so, sie waren in den entsprechenden Ausschüssen und bei den Gesprächen mit Sicherheit dabei.

Wenn heute nach wie vor noch von Betretungsverbot und davon, dass der Wald durch touristische Nutzung in Gefahr sei, gesprochen wird, dann ist das eigentlich unglaublich. Das haben Sie im Prinzip doch gar nicht nötig.

(Heidi Lück (SPD): Es gibt genügend andere Probleme!)

Sie wissen genauso gut wie ich und wir alle, dass das Betretungsrecht bei uns in der bayerischen Verfassung verankert ist, aber nicht nur dort, sondern auch im Bayerischen Naturschutzgesetz, und dass wir es auch im Bayerischen Waldgesetz künftig verankern. Tun Sie doch bitte nicht so, als wenn wir die Jagdpolitik auf den Kopf stellen würden. Der Grundsatz „Wald vor Wild“ ist ausdrücklich im Waldgesetz verankert. Es gäbe eine Wende in der Jagdpolitik! Das ist doch völlig falsch. Wenn Sie Sorge haben, dass vielleicht in der Zukunft, wie zuletzt bei Ihnen angeklungen, zu viel verpachtet werden könnte und dass ein anderes Verpachtungsmanagement vielleicht an den Tag gelegt wird, verehrte Kollegin Lück, dann sage ich nur: Verpachtung heißt doch nicht automatisch, dass die Wildbestände ins Astronomische wachsen. Verpachtung ist doch an und für sich kein Teufelszeug. Es gilt doch nach wie vor der Grundsatz: „Wald vor Wild“.

(Heidi Lück (SPD): Ich habe aus der Interpellation zitiert!)

Ich möchte im Zusammenhang mit der Jagd noch einen grundsätzlichen Gedanken dazu sagen. Sicherlich brauchen wir hier vielleicht einen stärkeren pragmatischen Ansatz als einen reinen jagd- oder forstideologischen Ansatz. Wissen Sie, worin das große Problem liegt und warum Sie unseren Gesetzentwürfen gegenüber nicht aufgeschlossen sind? - Das liegt einfach daran, dass Ihnen der Begriffszusammenhang Ökonomie und Ökologie nicht ganz klar ist.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Das wird es sein! – Lachen der Abgeordneten Susann Biedefeld (SPD) – Zuruf der Abgeordneten Heidi Lück (SPD))

Die Nutzung im Wald ist für Sie immer etwas Negatives. Tagtäglich lese ich in den Zeitungen: „Trink- und Wasserqualität in Gefahr“. – Was ändert sich an der Qualität des Wassers? Es ändert sich doch nichts am Waldbau. Warum sollte sich folglich die Trinkwasserqualität ändern?

Sie reden von Gewinnmaximierung und Gewinnen. Verehrte Kolleginnen und Kollegen, in beiden Gesetzentwürfen kommt das Wort „Gewinn“ nicht ein einziges Mal vor.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Das ist schon klar!)

Sie nehmen es permanent in den Mund.

Sie sprechen die Waldarbeiter an. Verehrte Kollegin Lück, es gibt und gab natürlich auch schon in der Vergangenheit hier einen Strukturwandel, was die Waldarbeiter betrifft, sodass nicht mehr die Anzahl benötigt wird wie in der Vergangenheit.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Was mir große Sorgen bereitet: Wenn man den Gesetzentwurf zum Volksbegehren genau hinterfragt – wohlgemerkt, es steht nicht ausdrücklich drin –,

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Ach so!)

so besteht die Gefahr, dass die Extensivierung der Waldbewirtschaftung auf ganzer Fläche auf Kosten der Waldbesitzer, der Ökonomie und Wertschöpfung im ländlichen Raum geht. Genau das wollen wir nicht.

(Heidi Lück (SPD): Aber Sie sagen Tatsachen, oder wie? Sie versteigen sich in Hirngespinste und Unterstellungen!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Landespolitik hat in der Vergangenheit gerade dem ländlichen Raum immer eine besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Wir sind mit dieser Einstellung in Bayern immer gut gefahren. Deswegen wollen wir ganz bewusst am Revierförstersystem festhalten, weil gerade der Revierförster beim Wissenstransfer ein wichtiger Vermittler ist.

Lassen Sie mich zum Schluss sagen: Das Waldgesetz in Bayern ist von seinem Grundprinzip her auf einen Ausgleich der Interessen angelegt. Ich denke, dass diese Ausgewogenheit ursächlich war und ist und auch bleiben muss für die weitere positive Entwicklung, die es natürlich – ich betone das – auch im Privatwald in den letzten Jahren gegeben hat. Die Bundeswaldinventur II hat dies eindrucksvoll bestätigt. Das Volksbegehren will meiner Meinung nach genau das Gegenteil. Es will eine einseitige Verschiebung der Interessenlage. Die bisherige Balance wird einseitig verschoben. Wohin das führt, liebe Kolleginnen und Kollegen, kann sich doch ein jeder ausmalen, der eins und eins zusammenzählen kann, nämlich zu Konflikten und nochmals Konflikten.

Herr Magerl, Ihre Anfrage umfasst mehr als 160 Fragen. Mich wundert, dass Sie keine einzige Frage zum Themenkomplex der bayerischen Waldforschung gestellt haben; denn die politische Verantwortung dieses Hohen Hauses zeigte sich in der Vergangenheit gerade darin, dass einige Forschungsvorhaben unmittelbar vom Bayerischen Landtag initiiert wurden.

Ich denke an Klimastationen im Bayerischen Wald, an eine optimale Schalenwilddichte. Dieser Katalog ließe sich weiter fortsetzen. Die Erfolge forstlicher Forschung in Bayern und die Bedeutung der Wälder in unserem Land Bayern rechtfertigen für uns auch in Zukunft die Unterstützung der Forschung durch eine angemessene Bereitstellung von Personal, Geld- und Sachmitteln.

Mit den jetzt vorliegenden Gesetzentwürfen – über die Einzelheiten werden wir uns im Fachausschuss noch auseinander zu setzen haben – wird das Volksbegehren inhaltlich gegenstandslos. Damit steht das Volksbegehren – ich betone, was ich eingangs gesagt habe – inhaltlich vor dem Ende. Die einzige Forderung, die wir nicht abdecken, ist die Beibehaltung einer unveränderten Verwaltungsstruktur. Aber genau diese veränderte Verwaltungsstruktur brauchen wir. Wir brauchen eine Forstreform, die zu deutlich mehr Wirtschaftlichkeit führt ohne Abstriche am Gemeinwohl. Das ist unser Weg; er wird erfolgreich sein, weil wir auf Eigenverantwortung setzen und eine Nutzenoptimierung anstreben. Unser Weg ist auf Interessenausgleich angelegt, weil Ökonomie und Ökologie nicht als Gegensätze für den Wald begriffen werden, sondern als etwas, was sich gegenseitig ergänzt und braucht.

(Beifall bei der CSU)

Ich will zunächst den Rednern der Fraktionen und den weiteren Rednern der Staatsregierung eine Orientierung über ihre Redezeit geben. Die CSU hat noch 14 Minuten, die SPD 10 Minuten, die GRÜNEN haben 4 Minuten. Gemeldet haben sich noch die Kollegen Dr. Magerl, Brunner und Frau Lück. Herr Kollege Dr. Magerl, Sie haben noch vier Minuten.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das, was Kollege Rudrof hier geliefert hat, war Pfeifen im Wald aus Angst vor dem Volksbegehren.

(Lachen bei der CSU)

Sie sagen hier, wie der Herr Minister, das Volksbegehren sei überflüssig und werde in sich zusammenbrechen. Dem möchte ich ein paar Zitate entgegenhalten, damit Sie sehen, was momentan abläuft. Der Bayerische Städtetag beispielsweise sagt in seinem jüngsten Informationsbrief im Heft 6/2004 deutlich:

Mit großem Interesse schauen die Rathäuser daher auf das Volksbegehren „Aus Liebe zum Wald“, das von einem Zusammenschluss von 37 Verbänden aus der Landwirtschaft, dem Umweltschutz und verschiedenen Bürgerinitiativen unter Federführung des Bundes Naturschutz in der zweiten Novemberhälfte 2004 durchgeführt wird. Die Städte Fürth, München sowie die Stadt Staffelstein und die Gemeinde Bischofshofen haben bereits beschlossen, das Volksbegehren zu unterstützen.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Was macht nun die Bayerische Staatsregierung? – Sie lässt wieder die üblichen – üblich sind sie eigentlich nicht –, unsäglichen Schreiben heraus und setzt die Kommunen unter gewaltigen Druck, diesem Bündnis nicht beizutreten.

Mir liegt ein Schreiben das Bayerischen Innenministeriums vom 26.10.2004 vor, per e-mail an die Regierungen und Landratsämter und von dort weiter an die Kommunen, in dem klar und deutlich Druck ausgeübt wird, in dem den Kommunen gesagt wird, sie sollten das Volksbegehren nicht unterstützen. Ich sehe darin einen klaren Versuch, das Selbstverwaltungsrecht von Wald besitzenden Gemeinden einzuschränken. Es ist eine Unverschämtheit, wie hier von Ihnen gearbeitet wird.