Das alles gehört mit zur Gesundheitsreform. Die wirtschaftliche Lage in Deutschland ist nicht besser, sondern schlechter geworden.
Sie ist deshalb schlechter geworden, weil das Vertrauen in die Wirtschaft fehlt und die Arbeitskosten trotz Ökosteuer nicht gesunken, sondern gestiegen sind, und damit ist eine Benachteiligung für die deutsche Wirtschaft, aber auch für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer verbunden.
Sie haben zum anderen dazu beigetragen, dass wir die Spitzenfunktion im Gesundheitswesen in Deutschland immer mehr verlieren, wenn wir diese Diskussion weiterführen. Damit sind enorm viele Arbeitsplätze verbunden.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, wichtig ist es doch, dass wir auf der einen Seite die Solidarität mit den Kranken in dieser Gesellschaft aufrechterhalten. Es geht darum, dass den alten, kranken Menschen auch weiterhin Spitzenmedizin zugänglich sein muss.
Es muss weiterhin möglich sein, dass die Jungen nicht alles alleine schultern müssen. Das heißt, dass wir eine Antwort auf die Demografie geben. Das bedeutet eben, neue Wege zu gehen und zu überlegen, wie wir das für die Zukunft tatsächlich angehen können.
Sie haben gesagt, Sie hätten die Bürgerversicherung. Damit lassen Sie die Menschen in diesem Land alleine. Sie haben es fertig gebracht zu sagen, wir haben die Bürgerversicherung. Keiner der Menschen in diesem Land weiß – auch nicht die kleinen Leute, für die Sie heute angeblich sprechen –, was Sie unter „Bürgerversicherung“ eigentlich verstehen.
Sie ist zum einen eine Zwangsversicherung. Zum anderen haben Sie noch nicht ausgesprochen, wie Sie es mit den Kapitaleinkünften machen wollen.
Wenn Sie eine sinnvolle Bürgerversicherung auf den Weg bringen wollen, muss die Einnahmenseite stimmen. Sie müssen hier auch die Kapitaleinkünfte und Zinsen einbeziehen.
Im Übrigen haben Sie, Herr Kollege Wahnschaffe, mit Ihrem Beitrag bei vielen Anleihen genommen. Ich darf zum Beispiel bei den Gewerkschaften Anleihe nehmen.
Die Gewerkschaften haben einmal berechnet, ob der Beitrag mit einer Bürgerversicherung sinkt. Wir sind uns doch in diesem Hause einig, dass wir von den Arbeitskosten herunterkommen und dass die Beiträge, vor allem die Beiträge im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung, sinken müssen. Nun sagen Ihnen die Berechnungen der Gewerkschaften, dass bei einer Bürgerversicherung in den nächsten zehn Jahren in der GKV überhaupt keine Beitragsenkung zu erwarten ist.
Dann müssen Sie doch eine Antwort darauf geben, wenn Ihnen die Ihnen nahe stehende Gewerkschaft so etwas mit auf den Weg gibt. Ich gehe davon aus, dass wir alle gemeinsam wollen, dass die Arbeitskosten und die Beiträge zur GKV heruntergehen.
Aber wissen Sie, Herr Kollege Wahnschaffe, mir wurde es jetzt wieder einmal deutlich. Was können Sie eigentlich dagegen haben – jetzt verstehe ich auch, warum Sie der gut verdienende Facharbeiter mittlerweile bei Wahlen im Stich gelassen hat –, dass zukünftig ein gut verdienender Facharbeiter einen geringeren Beitrag zur gesetzlichen Krankenversicherung bezahlt, damit entlastet wird und für sich persönlich und für seine Familie wieder mehr im Geldbeutel hat?
Was können Sie dagegen haben, dass die kleinen Leute unter 1500 Euro brutto, zum Beispiel mit 1000 Euro, nur noch 70 Euro Krankenversicherungsbeitrag bezahlen?
Lieber Herr Kollege, interessanterweise hat Kollege Wahnschaffe eine Anleihe bei Herrn Rodenstock genommen. Das finde ich wirklich toll. Sie müssen sich das ein
mal vorstellen. Warum hat denn Herr Rodenstock das Modell der CDU/CSU kritisiert? Deswegen, zusammen mit der FDP, weil er nicht das bekommen hat, was er wollte, nämlich den Arbeitgeberbeitrag auszubezahlen, womit dann der einzelne Arbeitnehmer selbstverständlich auch mehr in der Tasche hätte. Also trägt indirekt und direkt der Höherverdienende zum sozialen Ausgleich bei, dass es eine einheitliche Gesundheitsprämie in der Größenordnung von 109 Euro gibt.
Herr Kollege Wahnschaffe, würden Sie bitte dem kleinen Beamten im einfachen und mittleren Dienst erklären, warum Sie dagegen sind, dass zukünftig das heute nicht beitragsfreie Kind in der PKV durch das Modell der Union beitragsfrei ist? Was können Sie dagegen haben? Geben Sie bitte dem kleinen Beamten im Land darüber Rechenschaft.
Wollen Sie dem Höherverdienenden, dessen Spitzensteuersatz nicht wie im Unionskonzept vorgesehen 36 %, sondern 39 % beträgt, verwehren, dass er jedes andere Kind mitfinanziert, aber sein eigenes Kind über seine Steuer nicht frei ist?
Ich schließe gar nicht aus, dass bei diesem Konzept, dessen Rahmen jetzt vorgegeben ist, beim sozialen Ausgleich, vor allem bei Familien, noch einmal Hand anzulegen ist. Aber zu sagen, das ist unsolidarisch, oder zum Ausdruck zu bringen, dass man sich aus der Solidarität verabschiedet ist unredlich.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen von der SPD, Sie müssen erst einmal beweisen, dass Sie es besser können, dass Sie Vorschläge auf den Tisch bringen, wie die Arbeitskosten gesenkt werden können, und dass Sie es fertig bringen, das Vertrauen der Menschen in die Politik wieder herzustellen. Das, was Sie momentan bieten, kann wirklich nicht gutgeheißen werden.
Lassen Sie mich noch einmal etwas zu den Kleinverdienern sagen. Es ist Ihnen doch sicher aufgefallen, dass im Unionskonzept, was die Steuer anbelangt, der Eingangssteuersatz nicht erhöht wird. Der Eingangssteuersatz wird auf 12 % abgesenkt, wie im Unionskonzept vorgesehen. Das bedeutet, dass die Kleinstverdiener nicht mit herangezogen werden, wenn es vor allem darum geht, die Kinder in Zukunft beitragsfrei in der gesetzlichen Krankenversicherung zu stellen.
Ich finde es ganz lustig, wenn Sie dazu sagen, das sei nicht nur unsozial, sondern auch bürokratisch. Erstens müssen Sie uns einmal vorlegen, wie Ihre Bürgerversicherung in der Bürokratie aussieht. Ich kann nicht erkennen, dass wir seit 1. Januar 2004 in der GKV keine Bürokratie haben.
Einer, der es kritisiert hat, hat auch daran mitgewirkt. – Ich habe gesagt einer, der die Bürokratie kritisiert, war auch dabei. Wir müssen weg von dieser Bürokratie. Wie sieht es denn aus? Was muss der Bürger bei unserem Modell wissen? Er muss drei Dinge wissen: Die Prämie beträgt maximal 109 Euro, keiner bezahlt mehr als 7 % seines Einkommens, und die Kinder sind kostenlos versichert. Alles andere wird in einem automatisierten Verfahren erledigt. Geringverdiener müssen den sozialen Ausgleich, Herr Kollege Wahnschaffe, nicht selbst beantragen. Bitte nehmen Sie das auch zur Kenntnis. Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Vizepräsidentin Stamm, ich kann verstehen, dass Sie heute einen schweren Stand haben, haben Sie doch bis vor zwei Monaten noch genau das Gegenteil dessen vertreten, was Sie heute als unabwendbar zu verkaufen versuchen. Da würde ich mich auch schwer tun.
Das Konzept, das Sie vorlegen, ist – hören Sie gut zu – undurchdacht, unlogisch, unsolidarisch, undurchsichtig, undurchführbar, ungerecht, unausgegoren und unsozial.
Eine ganze Menge auf einmal! Das sind die Adjektive, die mir eingefallen sind, als ich über den Gesundheitskompromiss von Frau Merkel und Herrn Stoiber nachgedacht habe.