Protokoll der Sitzung vom 04.03.2005

Konzentration auf das Wesentliche heißt für uns: Keine neuen Schulden mehr. Der Bayerische Landtag hat gestern den ersten ausgeglichenen Haushalt für das Jahr 2006 mit den Stimmen der CSU beschlossen.

Konzentration auf das Wesentliche heißt für uns: Wir investieren in die Zukunftsaufgaben, Kinderbetreuung und beste Schulen.

Bayern hat aktuell mit 12,6 % die höchste Investitionsquote aller Flächenländer im Westen. Wir investieren in Hochschulen, Forschung, Innovationen, neue Ideen und neue Produkte. Deshalb haben wir – zusammen mit Sachsen – mit 2,3 % das höchste Wachstum aller Länder. Sozial ist, was Arbeit schafft. Das gilt vor allem für dieses wirtschaftliche Wachstum.

Konzentration auf das Wesentliche heißt für uns auch: Verwaltung 21 – Reform für ein modernes Bayern.

Der Ministerpräsident hat im November 2003 mit einer grundlegenden Verwaltungsreform begonnen. Nach einem Jahr umfassender Beratungen haben Staatsregierung und Mehrheitsfraktion im November 2004 die wesentlichen Grundsatzentscheidungen getroffen. Wir legen dieses Reformpaket geschlossen und gemeinsam vor und machen damit Bayern für die nächsten Jahrzehnte fi t. Ich danke der Mehrheitsfraktion dieses Hohen Hauses für die konstruktive, offene und erfolgreiche Zusammenarbeit. Ich danke aber auch meinen Kollegen im Kabinett für die Aufgeschlossenheit. Manche Entscheidungen sind uns nicht leicht gefallen.

(Dr. Sepp Dürr (GRÜNE): Aufgeschlossen waren die gar nicht!)

Ich danke aber auch unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Ministerien und in der Stabsstelle „Verwaltungsreform“.

(Beifall bei der CSU)

Wir werden das Zweite Verwaltungs-ModernisierungsGesetz in Kürze in den Landtag einbringen. Das Gesamtergebnis unserer Beschlüsse kann sich wahrlich sehen lassen: Wir sichern die Attraktivität des Standorts Bayern

für Arbeitsplätze heute und morgen. Wir erhöhen die Effi zienz der Verwaltung. Dafür schließen wir Behördenstandorte, die zu klein sind, um wirtschaftlich arbeiten zu können.

Wir orientieren die Verwaltung noch besser an den Bedürfnissen der Bürger, zum Beispiel mit elektronischen Serviceleistungen über das Internet. Wir bauen Hierarchien ab. Wir geben den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mehr Entscheidungsfreiheit und sparen im höheren Dienst stärker als in den anderen Bereichen. Zum Beispiel fallen durch die Verwaltungsreform mehr als 20 Präsidentenstellen weg.

Die Verwaltung bleibt in der Fläche präsent. Wir stärken die Eigenverantwortung vor Ort und werten den ländlichen Raum auf.

Meine Damen und Herren, wir haben gerade über einige Anträge der SPD und der GRÜNEN im Zusammenhang mit den Zweigstellen von Amtsgerichten abgestimmt. Gestern Nachmittag bzw. am frühen Abend waren wir Zeugen der Diskussion zu diesem Thema. Kolleginnen und Kollegen der SPD und der GRÜNEN haben sich vehement für kleine und kleinste Dienststellen mit bis zu 20 Planstellen eingesetzt.

Sie haben auch in diesem Zusammenhang auf einen angeblich großen Verlust für die Städte hingewiesen. Ich frage mich: Wo bleibt denn der Einsatz von SPD und GRÜNEN, wenn der Bund den BND von Pullach nach Berlin verschieben will?

(Beifall bei der CSU)

Das bringt für Bayern einen Verlust von Tausenden von Planstellen und kostet den Bund schätzungsweise 1,5 Milliarden mehr für nichts und wieder nichts. Das ist Geldverschwendung.

(Beifall bei der CSU – Dr. Sepp Dürr (GRÜNE): Strukturförderung!)

Wenn Sie den gestern aufgezeigten Maßstab anlegen, wonach bei jeder noch so kleinen Zweigstelle eines Amtsgerichts eine Kosten-Nutzen-Analyse gemacht werden soll, was von Frau Kollegin Merk dargelegt und weiter begründet wird, dann frage ich mich: Wo bleibt denn Ihr Einsatz, wenn der Bundesverteidigungsminister nur ankündigt, dass ohne Beteiligung der Kommunen, der Länder und des Bundestages große Standorte der Bundeswehr wie in Neunburg vorm Wald oder Hammelburg mit einem Federstrich geschlossen werden? Wo bleibt denn da Ihr Einsatz?

(Beifall bei der CSU)

Sie machen hier einen Aufstand wegen kleiner Zweigstellen, und zwar rein des Populismus willen. Wer so handelt, hat keinen Mut für die Zukunft.

(Beifall bei der CSU)

Ich möchte auf die Sparwirkungen unserer Verwaltungsreform kurz eingehen: Bei voller Umsetzung der Reformen erreichen wir zusammen mit der Arbeitszeitverlängerung ein Sparpotenzial von zusammen 11 000 Stellen bei den Beamten. Das sind im Endausbau rund 550 Millionen Euro Einsparung pro Jahr.

(Christa Naaß (SPD): 11 000 Arbeitsplätze!)

Damit gewinnen wir mehr fi nanziellen Spielraum für das politische Gestalten. Das ist ein großer Beitrag für die Zukunft Bayerns. Im Rahmen des Abbaus der Planstellen werden wir selbstverständlich einen Einstellungskorridor aufrechterhalten, um jungen Menschen die Chance zu geben, in den öffentlichen Dienst in Bayern aufgenommen zu werden.

Ich ergänze: Seit 1993 läuft in der gesamten Staatsverwaltung ein Stellenabbau. Alle Ministerien müssen sparen. Da oft nach der Staatskanzlei gefragt wird: Das aktuelle Einsparziel von 15 % im Haushalt gegenüber 2003 wird in der Staatskanzlei nicht erst 2008, sondern schon zwei Jahre früher, am Ende des Jahres 2006, voll erreicht werden.

Unsere Verwaltungsreform folgt einer klaren Orientierung an mehr Eigenverantwortung, mehr Freiheit und einem dauerhaft handlungsfähigen Staat. Dabei muss man herausstellen: Unsere bayerische Verwaltung hat einen hervorragenden Ruf. Unsere Reformen richten sich nicht gegen die Bediensteten und deren ausgezeichnete Arbeit. Die Spitzenposition des Standortes Bayern, die hohe Zufriedenheit mit unserem Staatswesen und die Lebensqualität in unserer Heimat Bayern sind alle maßgeblich auch ein Verdienst der modernen und serviceorientierten bayerischen Verwaltung. Dafür gebührt allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unser Dank und Respekt.

(Beifall bei der CSU)

Beste Chancen für die Jugend und das gute Ergebnis bei Pisa ist in besonderer Weise ein Verdienst unserer Lehrerinnen und Lehrer, die mehr tun als ihre Pfl icht. Dafür haben die bayerischen Lehrkräfte unsere Anerkennung und volle Unterstützung.

(Beifall bei der CSU)

Bayern ist das sicherste Land. Trotz Osterweiterung der Europäischen Union, Bevölkerungszuwachs und neuer, internationaler Bedrohungen können sich die Menschen in Bayern sicher fühlen. Wir sind stolz auf unsere Polizei und danken unseren Polizeibeamten und den Angehörigen der Justiz für diesen hohen Sicherheitsstandard in Bayern.

(Beifall bei der CSU)

Aber das Bessere ist der Feind des Guten. Unser Maßstab darf nicht sein, was sich in der Vergangenheit bewährt hat. Unser Maßstab muss sein, was in zehn oder zwanzig Jahren angesichts eines raschen Wandels bestehen kann. Auf Sparen folgt Haben. Dagegen fordert die Opposition

eine milliardenschwere Erhöhung von Ausgaben auf Pump. Das ist ein Irrweg. Wer das in der Theorie nicht begreift, den verweise ich auf die praktischen Beispiele und führe das Land Nordrhein-Westfalen an. Das hoch verschuldete und zugleich wachstumsschwache Land hat den Irrweg einer hohen Verschuldung in der Vergangenheit gemacht. Damit ist der Abstieg programmiert gewesen. Rot-Grün führt nach unten.

Uns allen muss ein Problem Sorgen machen, das sich weiter zuspitzen wird: die steigenden Personalkosten. Wir alle in diesem Hohen Haus und in der politischen Verantwortung dürfen die steigenden Personalkosten nicht der Verwaltung anlasten. Das wäre zu billig. Die Verantwortung tragen Gesetzgeber und Regierungen. Wir geben vor, was und mit wie viel Personal die Verwaltung arbeitet. Tatsache ist aber auch: Allein die Versorgungsausgaben des Freistaates werden in den nächsten zehn Jahren von heute rund drei Milliarden Euro auf fünf Milliarden Euro ansteigen.

(Dr. Sepp Dürr (GRÜNE): Dafür sind Sie verantwortlich! – Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Dafür können die Leute nichts!)

Der bayerische Staatshaushalt weist schon heute einen Anteil der Personalausgaben von 43 % auf – mit steigender Tendenz. Ohne Reformen würde dieser Anteil wegen der steigenden Pensionslasten ungebremst wachsen. Die Folge: immer weniger Spielraum für Investitionen.

Wir müssen langfristig Bewegung im Landeshaushalt halten, weg von den steigenden Personalkosten, hin zu mehr Investitionen. Das ist unsere Verantwortung für die Zukunft. Deshalb haben wir in Bayern den Staatsbediensteten mit harten Sparmaßnahmen schon bisher Einiges abverlangt. Ich nenne unter anderem: die Kürzungen des Urlaubs- und Weihnachtsgeldes, die Kürzungen bei der Beihilfe und die Verlängerung der Arbeitszeit. Diese Maßnahmen und diese Entscheidungen sind uns nicht leicht gefallen. Aber sie sind im Interesse des Ganzen notwendig. Dafür bitte ich unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter um Verständnis und um Einsicht.

Der Staat ist ein sozialer und attraktiver Arbeitgeber, gerade auch in Zeiten tief greifender Reformen. Dennoch erleben wir in diesen Tagen Warnstreiks der Gewerkschaften. Man streikt gegen die Länder, trifft aber die Bürger. Wir werden alles daran setzen, dass die Bürger möglichst wenig durch die Streikfolgen belastet werden. Ich stelle fest: Für die Tarifgemeinschaft deutscher Länder kommt die Übernahme der vom Bund und den Kommunen ausgehandelten Arbeitszeitvereinbarungen mit einem Umfang von nur 39 Wochenstunden nicht in Frage. Das können wir uns nicht leisten. Hier ist mehr Mut gefordert.

(Beifall bei der CSU)

Wir haben auch immer den Gleichklang im öffentlichen Dienst betont. Dieser spielt in diesem Zusammenhang eine große Rolle. Die DGB-Gewerkschaften sollten sich von ihrer Fixierung auf kurze Wochenarbeitszeiten lösen. Selbst Gewerkschaftsmitglieder sagen: Besser eine moderate Verlängerung der Arbeitszeit als ein Eingriff in unser

Einkommen. Das sollten sich auch die Funktionäre des DGB zu Herzen nehmen.

(Beifall bei der CSU)

Meine Damen und Herren, wir haben diese Verwaltungsreform im Dialog angelegt. Wir suchen gemeinsame Lösungen. Die Verwaltungsreform gelingt nur mit der Unterstützung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Besonders wichtig war mir von Anfang an der ständige Dialog mit allen Beteiligten, mit den Personalvertretungen, mit den Verbänden und mit den Kommunalpolitikern.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Sepp Dürr (GRÜ- NE))

Auf Dutzenden Konferenzen und Gesprächsrunden haben wir unsere Überlegungen vorgestellt, viele wertvolle Anregungen aufgegriffen und unsere Konzepte weiterentwickelt. Wir informieren im Internet unter www.bayern.de. Wir haben, was bisher einmalig war, mit mehreren Newsletters die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter über das Internet direkt und schnell informiert. Solange der öffentliche Dienst in Bayern tätig ist, gab es noch nie eine so unmittelbare und schnelle Information.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Sepp Dürr (GRÜ- NE))

Wir geben auch den Bürgerinnen und Bürgern Gelegenheit zur Beteiligung. Über die Servicestelle der Staatsregierung „Bayern direkt“ diskutieren wir mit den Anrufern zum Beispiel zum Thema Vorschriftenabbau.

Wir haben mit Sachargumenten manche Missverständnisse aus dem Weg räumen können, aber auch manche bewusst geschürte Panikmache entkräftet. Ein Beispiel dafür ist die zum Teil wüste Polemik gegen unsere Forstreform. Wir reformieren die Verwaltung, nicht den Wald! Das Scheitern des Volksbegehrens beweist: Die Menschen im Lande sind realistisch und vernünftig. Die Panikmache der Opposition zieht nicht.

(Beifall bei der CSU)

Genauso müssen wir immer wieder klarstellen: Niemand wird wegen der Verwaltungsreform entlassen! Es gibt keine Kündigungen und es gibt auch einen garantierten Einstellungskorridor.

Die Staatsregierung hat sich zur sozialen Gestaltung der Verwaltungsreform verpfl ichtet. Wir berücksichtigen die persönliche, familiäre und soziale Situation bis hin zur Unterstützung bei der Wohnraumbeschaffung. Was wir aber im Gegenzug erwarten, ist Aufgeschlossenheit und Bereitschaft zu notwendigen Veränderungen.