Es ist schließlich nicht nur heute, sondern auch schon früher immer wieder einmal festgestellt worden, dass einer Sache in Bayern nichts Schlimmeres passieren kann – wenn man es einmal auf den Punkt bringt –, als dass der Ministerpräsident sie zur Chefsache macht.
Das ist der Punkt, um den es uns geht. Es ist nicht so, dass wir Ihnen heute vorhalten, was da oder dort einmal fehlgeschlagen ist. Das kommt überall vor. Der Punkt ist, dass immer dann, wenn Sie die Verantwortung knallhart an sich zogen – ich meine die Staatsregierung – und sagten, das ist unsere Sache, dafür werden wir uns stark machen, die Zahl der Pleiten und Pannen wesentlich gestiegen ist.
Es sind schon einige Beispiele dafür genannt worden. Wenn man mehr Zeit hätte, müsste man das mit dem Beschäftigungspakt Bayern noch einmal erläutern. Da hat der Ministerpräsident versprochen, die Arbeitslosigkeit in Bayern um die Hälfte zu senken. Das war hier in Bayern. Es war nicht der Bund oder sonst irgendjemand, nein, das war die Bayerische Staatsregierung.
Nein, meine Damen und Herren, ich weiß, dass Ihnen das nicht gefällt. Es gefällt Ihnen nicht, dass man Sie daran erinnert. Das ist mir schon klar. Es geht aber hier darum, deutlich zu machen, welch krassen Widerspruch es gibt zwischen Anspruch und Wirklichkeit, zwischen Propaganda und Realität. Diese Propaganda, die diese Staatsregierung mit nicht geringen Mitteln dauernd verbreitet, ist weit weg von der Realität, und das müssen wir immer wieder deutlich machen.
Die Landesstiftung ist schon angesprochen worden. Herr Kollege Maget, da möchte ich Sie mit Verlaub kurz korrigieren. Es ist noch viel schlimmer, als Sie es ausgedrückt haben. Eine Milliarde Euro – ein schwerer Schaden für die Landesstiftung – sind gegen den heftigen Widerstand dieser SPD-Fraktion in diesem Hohen Hause versenkt worden. Eine Pleite ist das für die Landesstiftung.
Und es gibt noch viele andere Beispiele. Wenn Sie uns nicht glauben, lesen Sie doch die Berichte des Landesrechnungshofs, Herr Kollege Ach. Ich erinnere nur an das Zentrum Ost-West-Management, eine mit viel Propaganda in die Welt gesetzte Initiative. Das Management sollte dazu dienen, Marketing in den Ost-West-Beziehungen zu entwickeln und zu fördern. Die Staatsregierung hat sich federführend an einer Gesellschaft beteiligt und 20 Millionen dafür in die Hand genommen. Und was ist nach einigen Jahren gewesen? – Missmanagement, totale Erfolglosigkeit. Der Aufsichtsrat, in dem die Staatsregierung vertreten ist, hat versagt, und inzwischen ist das Ganze in Insolvenz gegangen.
Meine Damen und Herren, ein anderes Beispiel ist die Initiative „Bayern-Online“. Dafür wurden seit Mitte der Neunzigerjahre inzwischen 180 bis 200 Millionen Euro staatliche Mittel eingesetzt. Was sagt der ORH dazu? Damit sollte ein Hochgeschwindigkeitsnetz aufgebaut werden. Faktisch existiert dieses Netz nicht mehr. Es ist gescheitert. 180 Millionen Euro wurden in den Sand gesetzt.
Oder denken wir an das Bayerische Institut für angewandte Umweltforschung. 25 Millionen Euro wurden dort in den Sand gesetzt. Das Projekt ist gescheitert. Der ORH sagt, es sei vorbehaltlos die Liquidation zu prüfen. Dies hat der ORH gesagt, und der Ausschuss hat es kürzlich beschlossen.
Top elf ist ein Projekt der Telematik. Es geht um Wirtschaft im ländlichen Raum. Dort wurden zweistellige Millionensummen in den Sand gesetzt. Der Rechnungshof sagt, dieses Projekt sei völlig daneben gegangen und im Zusammenhang damit auch der so genannte Virtuelle Marktplatz Bayern, wobei nochmals einige zig Millionen in den Sand gesetzt wurden.
Meine letzte Bemerkung: Überall da, wo Sie die Verantwortung direkt an sich gezogen haben, meine Damen und Herren von der Staatsregierung, haben Sie die meisten Pleiten in diesem Land verursacht. Dafür sind ausschließlich Sie verantwortlich. Das muss man hier immer wieder deutlich sagen.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Kollege Schieder von der SPD hat mit Augenzwinkern, also ein bisschen ironisch, die Aufforderung an die Staatsregierung gerichtet: Haltet euch bitte heraus! – Von uns kommt diese Aufforderung ohne jede Ironie, sondern mit bitterem Ernst: Bitte haltet euch da raus! Geht nicht weiter in die Unternehmenspolitik hinein; denn das endet im Desaster! – Wir haben diese Forderung aus grundsätzlichen politischen Argumenten heraus schon immer vertreten.
Kollege Pschierer – mit Vornamen Franz Josef – hat sich etwas an meiner Wortwahl gestoßen. Er hat als Beispiel gebracht: Zitat Martin Runge: „wohlinszenierter Börsenschwindel“. – Kollege Pschierer ist jetzt nicht mehr anwesend, aber Sie können ihm ausrichten, dass dieser Begriff noch sehr höfl ich ist für das, was da passiert ist. Wir verstehen alle, dass sich Franz Josef Pschierer als örtlicher Abgeordneter hier fürchterlich schämt, dass ihm das Ganze fürchterlich peinlich ist. Von Ihrem geschätzten
Kollegen war nämlich beispielsweise in der „Mindelheimer Zeitung“ nachzulesen, er kümmere sich seit Jahren um die Geschicke des Unternehmens. Kollege Pschierer war dann völlig überrascht, als das Nachfolgeunternehmen angekündigt hat, die Produktion dichtzumachen. Er war auch völlig überrascht, als der Mietvertrag nicht verlängert wurde. Und er war noch mehr überrascht, als er in der Zeitung hat lesen müssen, dass Albert und Bernhard Schneider erklärt haben: Außer aus Zeitungsartikeln kennen wir diesen Herrn nicht. – Auch die Chefs des Nachfolgeunternehmens und die Mitarbeiter haben gesagt: Wir kennen diesen Herrn nicht. – Angeblich aber kümmert er sich seit Jahren um die Geschicke des Unternehmens.
Jetzt aber zu Ihren Ausführungen, Herr Minister Wiesheu, und auch zu den Ausführungen einiger Ihrer Kollegen im Gefolge. Niemand hier und auch niemand von Rot-Grün lobt die Arbeitsmarktbilanz, lobt irgendwelche Wirtschaftsdaten. Da gibt es nichts zu beschönigen. Das ist allerdings heute auch nicht das Thema. Das Thema heute sind die Pleiten, das sind die Pannen, und das ist das Pech – ich habe den Katalog ja schon ergänzt; denn es spielt noch einiges andere hinein – immer dann, wenn die Bayerische Staatsregierung gemeint hat, Unternehmen spielen zu sollen oder in unternehmerische Geschicke hineinzuregeln.
Was machen Sie? - Angriff ist die beste Verteidigung. Sie zeigen wiederum nur auf die anderen. Sie treiben also das Spiel, das Sie schon von jeher treffl ich beherrschen. Und Sie sind sich nicht zu dumm dazu, solche Dinge wie das Ranking Bertelsmann-Stiftung zu bringen. Also bitte, das sind doch wirklich ganz einfache Methoden. Als Antwort könnte man zum Beispiel auf das verweisen, was in der „Financial Times“ zu lesen ist: „Bayern ist im Westen Wachstumsschlusslicht“. Es gab da diese tolle Studie „Einkaufsmanagerindex“. Ich habe diesen Index dann entsprechend herabgewürdigt.
Das sind alles Studien, bei denen einzelne Dinge herausgegriffen werden, und zwar ziemlich beliebig. Bei dem Ranking der Bertelsmann-Stiftung war meiner Erinnerung nach auch die innere Sicherheit dabei. Das dann wieder als Argument zu bringen, wie toll es in Bayern sei, ist meines Erachtens billig. Wenn Sie zu solchen Mitteln greifen müssen, dann zeigt das einfach, dass es bei Ihnen mit der Kompetenz nicht weit her ist.
Herr Kollege Kupka hat vorhin die Frage gestellt: Hat die „Abendzeitung“ von der SPD abgeschrieben, oder hat die SPD von der „Abendzeitung“ abgeschrieben? Die Überschrift in der „AZ“ hieß nämlich genauso, wie die Aktuelle Stunde betitelt ist. Kollege Kupka hätte ein bisschen in der „Staatszeitung“ nachblättern sollen. Dort gab es vor Jahren schon einen Artikel „Pleiten, Pech und Pannen“. Er stammte aus meiner Feder. Allerdings muss man sagen, dass die Listen von Pleiten, Pech und Pannen seitdem immer länger geworden ist, und es gibt eben heute ein
aktuelles Thema, nämlich das Desaster bei der Hypo-Vereinsbank, das Ende der Bayernbank. Dazu haben wir nichts, überhaupt nichts Erhellendes zu hören bekommen.
Meine Damen und Herren, wahrscheinlich ist das auch nicht möglich, wahrscheinlich hat die CSU, wahrscheinlich hat die Staatsregierung hierzu nichts zu sagen. Sie haben sich zu schämen, aber wenigstens das sollten Sie dann auch tun.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir haben heute erlebt, dass sich der Wirtschaftsminister vom deutschen Bankenmodell, vom DreiSäulen-Modell, verabschiedet hat.
Er hat Abschied genommen von der bisherigen Position der Staatsregierung, dass Sparkassen und Landesbanken selbstständig bleiben als eigenständiger wichtiger Teil der deutschen Bankenlandschaft. Offensichtlich überlegt er sich jetzt, nach dem italienischen Vorbild vorzugehen. Ich bin gespannt, was die Staatsregierung insgesamt und vor allem der Finanzminister, der immer das öffentlich-rechtliche System hochhält, dazu sagen, was die CSU dazu sagt. Das ist in den Aussagen hier deutlich geworden.
Herr Staatsminister Wiesheu, in einem Punkt möchte ich Sie korrigieren: Ich wohne im bayerischen Teil des RheinMain-Gebietes. Sie haben hier sehr negativ über Opel geredet und behauptet, dass dort 10 000 Arbeitsplätze verloren gehen würden. Das ist längst passé. Sie sollten sich besser informieren.
Opel befi ndet sich im Aufwind. Das Opelwerk in Rüsselsheim – in diesem Werk arbeiten auch Hunderte von Menschen aus meinem Landkreis – ist jetzt das zentrale Entwicklungszentrum von General Motors für ganz Europa. Sie sollten also außerbayerische Firmen, die auch Arbeitsplätze für bayerische Bürger bereitstellen, in diesem Hohen Hause nicht schlecht machen.
Kollege Schieder hat schon auf den großen Unterschied zwischen Anspruch und Wirklichkeit hingewiesen. Natürlich kann der eine oder andere Sanierungsfall auch schief gehen. Das ist gar nicht zu vermeiden. Bemerkenswert ist aber, dass die Pleite von Holzmann, nachdem zunächst Roland Koch vergeblich versucht hat, eine Lösung zu fi nden – der Bundeskanzler hat das dann auch versucht –,
Bemerkenswert ist Folgendes: Sie haben immer eine hervorragende PR-Arbeit, wenn einmal ein Zwischenschritt erfolgt ist. Wenn die Firma aber pleite geht, dann tauchen Sie ab.
Sie, Herr Wiesheu, haben sich einen Gewerkschaftsorden, die Hans-Böckler-Medaille, umhängen lassen, verliehen aus Anlass der Rettung von Hutschenreuther und der oberfränkischen Porzellanindustrie. Was ist davon heute übrig geblieben? Das sind nur noch klägliche Reste – ein Versäumnis der Strukturpolitik der Bayerischen Staatsregierung.
Es war der große Tag des Otto Wiesheu. Zu früher Stunde am Mittwoch konnte er die Rettung des ehemaligen Weltunternehmens Grundig verkünden, das durch den scharfen Wettbewerb in der Unterhaltungselektronik und zahllose Managementfehler an den Rand des Zusammenbruchs geraten war. Kurz vor Mittag widerfuhr ihm die Ehre, die bisher noch keinem Politiker seiner Couleur zuteil wurde: Aus der Hand des Gewerkschaftschefs Hubertus Schmoldt erhielt Wiesheu die Hans-Böckler-Medaille, die höchste Auszeichnung, die die deutsche Gewerkschaftsbewegung zu vergeben hat.