Protokoll der Sitzung vom 28.06.2005

Dennoch ist der hier diskutierte Antrag nicht erforderlich und kann in der Praxis auch nicht umgesetzt werden. Das wissen wir. Denn Übergangsfristen sind naturgemäß unumgänglich, wollen wir doch die Automobilindustrie und die Automobilwirtschaft mit ihrer riesigen Anzahl von Beschäftigten nicht aus dem Blick verlieren. Wir sprechen immer von der Beschäftigungspolitik; für uns haben Arbeitsplätze den größten Vorrang, denn dies ist und bleibt ein wichtiger Wirtschaftszweig in Bayern und in Deutschland insgesamt.

Auch wenn wir den Antrag mit Übergangsfristen ausstatten würden, wäre er aus meiner Sicht absolut überfl üssig, weil es bereits eine freiwillige Selbstverpfl ichtung der Automobilindustrie gibt.

(Zurufe der Abgeordneten Dr. Christian Magerl (GRÜNE) und Dr. Sepp Dürr (GRÜNE))

Darüber hinaus sieht die EU-Kommission eine Regelung vor, die dem heutigen Antrag eindeutig entspricht, Herr Kollege Dr. Magerl. Da hinterfrage ich dann auch den Sinn dieses Antrages. Außer zusätzliche bürokratische Hemmnisse zu errichten, also eine weitere Umwelt- und sonstige Bürokratie, die wir abbauen möchten, entdecke ich nichts.

Im Übrigen wird bis zum Jahre 2008 der CO2-Ausstoß durch Pkw-Neuwagenfl otten seitens der Automobilhersteller auf 140 Gramm pro Kilometer gesenkt, und die EU-Kommission gibt bis zum Jahre 2012 einen Grenzwert von 120 vor.

Wie sieht der Alltag nun im Kraftfahrzeuggewerbe aus? – Ich weiß, wovon ich rede. Das Drei-Liter-Auto, das es heute schon auf dem Markt gibt, wird praktisch im täglichen Verkauf nicht an die Kunden gebracht. Das muss hier einmal festgestellt werden. Der Käuferwunsch hält sich in absolut geringen Grenzen, und es gibt nur wenige Hersteller, die überlegen, diese Art von Fahrzeugen weiter anzubieten, und selbst diejenigen, die sich besonders umweltfeundlich geben, haben keine vergleichbaren Fahrzeuge.

Wir von der Union – das ist unsere Politik – werden unsere Bürger selbstverständlich nicht bevormunden und Ihnen nicht vorschreiben, welche Fahrzeuge sie zu kaufen haben. Wir lehnen dirigistische Maßnahmen – und dieser Antrag ist dirigistisch, liebe Kolleginnen und Kollegen – naturgemäß ab.

Daher lehnen wir es ab, bestimmte Zulassungsquoten im Modellmix der Hersteller vorzuschreiben. Auch das möchten Sie einführen. Sollen wir dem Kunden in einer ohnehin schon kritischen Lage noch vorschreiben, welches Auto er kaufen soll? Das kann nicht unser Kriterium sein. Wir lehnen dirigistische Eingriffe ab.

Das gilt zum Beispiel auch für das Vorschreiben des Verkaufspreises. Das geht gar nicht, das wissen Sie genau. Das regelt der Markt. Verbrauchsintensivere Pkw würden im Rahmen einer Mischkalkulation nur noch weiter verteuert und verbrauchsgünstige Kleinwagen würden künstlich verbilligt. Das würde zu Wettbewerbsverzerrungen auf

dem Markt führen. Dies würde insbesondere zulasten der deutschen Hersteller gehen. Für uns aber sind, wie gesagt, die Automobilindustrie und die Automobilwirtschaft ein wichtiger Wirtschaftsfaktor.

Deshalb werden wir diesen Antrag ablehnen. Die beantragten Eingriffe sind auch nicht erforderlich. Wir sind bereits jetzt auf dem richtigen Weg. Die Selbstverpfl ichtung bis zum Jahre 2008, die ich vorhin angesprochen habe, und auch die in Aussicht genommene EU-Verordnung zeigen, dass eine deutsche Planübererfüllung, wie Sie sie zum wiederholten Male wollen, auch in diesem Bereich nicht erforderlich ist. Der Antrag ist ebenso überfl üssig wie ein Kropf. Er bringt einen wichtigen Bereich unserer Wirtschaft unnötig unter Druck. Deswegen schlage ich vor, Ihren diesbezüglichen Antrag abzulehnen.

(Beifall bei der CSU)

Als Nächster hat Herr Staatssekretär Schmid das Wort.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Die Anträge der GRÜNEN bringen uns keinen Schritt voran, sondern sie bringen uns zehn Schritte zurück. Das ist ungefähr so, wie wenn man in einen großen Tunnel hineingeht, an dessen Ende man kein Licht sieht, sondern gegen eine Betonwand läuft. Das, was wir heute vom Kollegen Magerl gehört haben, war grüne Ideologie vom Feinsten, gegen jeden Verkehr, wo auch immer er stattfi ndet.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU – Zuruf des Abgeordneten Dr. Christian Magerl (GRÜNE))

Ich glaube, Sie sind sogar gegen den Fahrradverkehr, wenn er nicht auf einem Feldweg, sondern auf einer geschotterten Straße stattfi ndet.

Das war heute wieder eine Verteufelung jeglichen Verkehrs auf der Straße. So machen Sie unser Land auch wirtschaftlich weiterhin kaputt. So kann man natürlich auch Ideologie machen.

(Beifall bei der CSU)

Die Straße ist der Verkehrsträger Nummer eins, und sie wird es auch in Zukunft bleiben. Wer sich den Prognosen und der Realität nicht verschließt, weiß, dass wir bis zum Jahre 2015 – das sagen alle Fachleute nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa – im Güterverkehr ein Plus von über 60 % und im Personenverkehr ein Plus von 20 % bekommen werden. Die Menschen brauchen mehr Flexibilität. Sie müssen unterwegs sein. Die Waren müssen just in time geliefert werden. Unsere wirtschaftliche Entwicklung deutet klar darauf hin. Sie aber sagen: Das alles brauchen wir nicht, da machen wir ein paar Tempolimits oder sperren am besten alle Straßen! – Damit lösen wir die Probleme unseres Landes nicht. Damit machen Sie unser Land auch wirtschaftlich kaputt, Herr Kollege Magerl.

(Dr. Christian Magerl (GRÜNE): Sie machen pure Polemik und setzen sich nicht mit dem Anliegen auseinander!)

Dann beklagen Sie hier, dass der Spritpreis so hoch ist. Sie waren es doch, die gesagt haben, dass Sie erst zufrieden sein werden, wenn der Spritpreis 5 Mark beträgt. Dorthin kommen wir bald, wenn ihr so weitermacht. Das dürft ihr aber nicht beklagen.

(Beifall bei der CSU – Zuruf des Abgeordneten Dr. Sepp Dürr (GRÜNE))

Und dann noch die Zahl der Verkehrstoten als Argument benutzen! Das ist doch das Absolute! Dazu kann ich nur Folgendes feststellen: Wir haben ein Konzept „Verkehrssicherheit Bayern 2006“ erarbeitet und sind gemeinsam dabei, die Zahl der Verkehrstoten zu reduzieren, weil jeder Tote, jeder Verletzte einer zu viel ist.

Herr Staatssekretär, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Frau Kollegin Paulig?

Ja.

Das ist nett, Herr Staatssekretär. Damit kommen Sie wieder ein bisschen von der Polemik auf den Boden der Tatsachen.

(Widerspruch bei der CSU)

Müssen Sie denn nicht zugestehen, dass wir angesichts der steigenden Ölpreise schon längst damit rechnen mussten, dass die Kosten für die Wirtschaft, die eben mit diesem Rohstoff verschwenderisch umgeht, enorm steigen werden und dass die in der Wirtschaft Vorteile haben – und dazu gehört die Automobilindustrie –, die auf den sparsamen Umgang, auf Spritsparen, auf emissionsarme Fahrzeuge setzen?

(Staatssekretär Georg Schmid: Frage! – Dr. Chris- tian Magerl (GRÜNE): „Stimmen Sie mir zu?“ hat sie gesagt!)

Das wäre doch die wirtschaftliche Zukunft.

Also, die wirtschaftliche Zukunft sieht aus Ihrer Sicht so aus: Sie haben die Ökosteuer erfunden, zahlen damit die Rente und beklagen sich dann darüber, dass der Benzinpreis so hoch ist! Das versteht doch kein Mensch mehr, liebe Freunde.

(Beifall bei der CSU)

Ich darf noch einmal auf das Thema der Verkehrstoten zurückkommen.

(Christine Stahl (GRÜNE): Nachrechnen!)

Im vergangenen Jahr wurde die Zahl der Verkehrstoten um 14 % gesenkt. Das erfordert viel Kraft, viel Mühe, viel Arbeit unserer Polizei und unserer Sicherheitskräfte. In den ersten Monaten dieses Jahres wurde eine Reduktion um 8 % erreicht. Das ist ein mühsames Geschäft. Aber dieses Thema heranzuziehen, um sozusagen Ihrer Ideologie gerecht zu werden, halte ich für unmöglich.

Otto Wiesheu könnte sich heute auch selber verteidigen. Er ist anwesend. Aber, Kollege Magerl, so wie Sie das machen, geht es nicht. Eines kann ich Ihnen sagen: Der Stolpe und der Trittin haben im Schatten von Otto Wiesheu locker Platz. In dieser Frage brauchen Sie sich nichts vorzumachen und den Otto Wiesheu zu attackieren. Das ist sehr plump. Daran sieht man, wie dünn Ihre Argumente letztlich sind.

Wir werden zunehmenden Verkehr haben, und wir müssen darauf reagieren.

Herr Kollege Dr. Beyer, ich darf Ihnen Folgendes sagen: Zunächst haben Sie das mit der Maut versemmelt, indem Sie nicht in der Lage waren, das Konzept zu entwickeln.

(Beifall bei der CSU – Dr. Thomas Beyer (SPD): Wer hat denn das Konzept gemacht?)

Entschuldigung, die Verträge haben Sie doch abgeschlossen!

(Dr. Thomas Beyer (SPD): Wer hat das entwickelt?)

Dann war das Ergebnis fertig, und dann fl ießt dieses Geld, das den Speditionen abgenommen wird, nicht in den Straßenverkehr, sondern dann legen Sie ein bisschen drauf, und das bisschen, das Sie draufgeben, nehmen Sie unten aus den normalen Haushaltsmitteln heraus,

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

sodass der Gaul nicht nur auf den alten Füßen läuft, sondern auch noch härter wird. Schauen Sie sich einmal die Prognosen für 2006, 2007 und 2008 an. Ich kann Ihnen sagen, dass das nicht mehr wird, sondern weniger. Das ist keine ehrliche Politik.

Wer uns dann wegen der Staatsstraßen attackiert, dem sage ich: Natürlich bräuchten wir mehr Geld für die Staatsstraßen. Dabei muss ich auch abwägen, wie viel ich mir zusätzlich leisten kann. Wir haben im Haushalt 2005/ 2006 zweimal diese 30 Millionen Euro zusätzlich eingestellt. Natürlich würde ich lieber noch viel mehr draufl egen, vor allem wenn ich das sehe, was die Kollegen von der SPD und die Kollegen von den GRÜNEN, die so gegen den Straßenverkehr sind, immer wieder als Anliegen an mich herantragen. Das ist doch eine Doppelzüngigkeit, wenn Sie sagen: Wir brauchen mehr Geld, aber nur bei der Staatsstraße bei mir in der Nähe, ansonsten sind wir generell gegen Straßen! – Das ist keine ehrliche und keine saubere Politik.

Übrigens, weil Sie die A 6 angesprochen haben: Wir haben angeregt, das auslaufende Konzept „Verkehrsprojekte deutsche Einheit“ fortzusetzen mit einem Programm „Verkehrsprojekte deutsche Einheit“.

(Dr. Thomas Beyer (SPD): Wer soll das machen?)

Ein solches Programm hätten wir gebraucht; denn aufgrund der EU-Osterweiterung haben wir völlig neue Verkehre in Deutschland und in Bayern, nicht mehr nur Nord – Süd, sondern auch Ost – West. Da hätte ich schon erwartet, dass Herr Minister Stolpe – Ihr Minister! – gesagt hätte: Das ist ein wichtiges Konzept, das wäre eine gute Vorstellung, wir geben dafür extra Geld, um diese neue Herausforderung anzunehmen. – Aber was ist

Schreiben hat Minister Stolpe mitgeteilt, dass das nicht erforderlich sei. Deswegen würde ich mich da an Ihrer Stelle nicht so weit hinaushängen.

Zu den Tempolimits: Wir haben diese Frage im Jahre 2000 in Deutschland noch einmal diskutiert. Wir haben diskutiert, welches Verhältnis von Regel und Ausnahme wir haben wollen. Zuständig für diese Verordnungen sind Kollege Stolpe und Kollege Trittin. Die haben das festgelegt, und jetzt wundere ich mich, dass völlig entgegengesetzte Anträge gestellt werden. Da weiß der eine nicht, was der andere will. Andere Bundesländer diskutieren dieses Thema momentan gar nicht. Das scheint eine Frage zu sein, bei der die Diskussion auf Bundesebene an den GRÜNEN in Bayern völlig vorbei gelaufen ist. Die haben gar nicht gemerkt, worum es geht.

Deswegen sage ich: Diese Anträge sollen nur dazu dienen, das Thema Straßenverkehr und generell das Thema Verkehr aus rein ideologischer Sicht zu betrachten und zu beleuchten. Dabei geht es nicht um eine sachliche Auseinandersetzung. Deswegen bitte ich sehr herzlich darum, diese Anträge abzulehnen.