Protokoll der Sitzung vom 19.10.2005

Zum Zweiten kann eindeutig festgestellt werden, dass die Umschichtung von Stellen der allgemeinen Verwaltung hin zu Lehrerstellen erfolgt ist. Dass in der aktuellen Ausgabe der „Wirtschaftswoche“ vom 06.10.2005 der hohe Personalkostenanteil im Freistaat Bayern als einziger großer Kritikpunkt der Politik im Freistaat – Platz 10 von 16 Ländern – gesehen wird, ist Hinweis auf die Verantwortung, der wir uns stellen, wobei Bildung eindeutig Vorrang hat.

Zum Dritten können Sie der Pisa-Studie entnehmen, dass der Freistaat Bayern mit Abstand die meisten Unterrichtsstunden abhält. Der Vorsprung vor Bremen ist dort erwähnt. Er macht eineinhalb Jahre aus. In diesem Zusammenhang ist festzustellen: Bayern hat einen großen Vorsprung vor den anderen Ländern, was die Bildung betrifft.

Zum Vierten ist festzuhalten, dass uns von der freien Wirtschaft bescheinigt wird – der Verband der freien Wirtschaft hat das ausgeführt –, dass wir die höchsten Bildungsinvestitionen tätigen und dass diese Bildungsinvestitionen bestens angelegt werden, das Geld ankommt und dort reiche Zinsen trägt. Damit ist nachgewiesen, dass die bayerische Schulbank die Bank mit den deutschlandweit höchsten Zinserträgen für unserer Schülerinnen und Schüler ist.

(Karin Radermacher (SPD): Allmächt!)

Das ist gut so. In diesem Zusammenhang ist es nicht förderlich, verehrte Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, wenn von der SPD im Bayerischen Landtag die Fusion der Hauptschule mit der Realschule gefordert wird. Das lehnen wir klar ab. Wir bekennen uns zum gegliederten Schulwesen.

(Karin Radermacher (SPD): Das wird in zehn Jahren mit der Ganztagsschule kommen!)

Hohe Klassenstärken können nicht wegdiskutiert werden. Allerdings ist mit einer Forschungsarbeit des Ifo-Instituts belegt worden, dass sich die großen Klassenstärken keinesfalls nachteilig auf die Leistungsfähigkeit der Schülerinnen und Schüler auswirken. Insofern ist es wichtig, dass Sie das zur Kenntnis nehmen.

(Christine Kamm (GRÜNE): Das ist doch nicht wahr!)

Seien Sie doch nicht so aufgeregt, wenn die Wissenschaft unsere Politik bestätigt.

Wir wollen mehr Unterricht für die Kinder, damit sie handlungsfähig werden. Das ist wichtig und gut, und die Richtung passt.

Herr Kollege Dr. Waschler, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Kollegen Pfaffmann?

Kollege Pfaffmann weiß, dass ich wenig Zeit habe. Er kann sich im Anschluss melden und hat die Möglichkeit, auf mich einzugehen.

Der fünfte Punkt: Wir haben mit der Verwendung der IZBB-Mittel einiges erreicht. Ich wundere mich schon, wenn man vonseiten der Opposition sagt, es müsse noch zusätzlich etwas gemacht werden. Gut, wenn der Bund uns weiterhin Gelder gibt, dann ist das in Ordnung. Wir würden sie weiter optimal verwenden. Was den bedarfsgerechten Ausbau, was die Zielstellung Ausweisung von Ganztagsklassen, von Ganztagsangeboten angeht, können wir uns wahrlich sehen lassen.

(Zurufe der Abgeordneten Karin Radermacher (SPD) und Margarete Bause (GRÜNE))

Die Steigerungsraten sind überdurchschnittlich. Die Zahlen sind in den entsprechenden Mitteilungen des Kultusministeriums nachzulesen.

Zum sechsten Punkt: Wenn die GRÜNEN im nachgezogenen Dringlichkeitsantrag erwähnen, dass man auf soziale Gerechtigkeit in der Bildungslandschaft achten muss, dann kann ich nur sagen: in Ordnung. Das ist etwas, auf das man sehr achten muss.

(Zuruf der Abgeordneten Margarete Bause (GRÜ- NE))

Im Pisa-Bericht ist eindeutig nachgewiesen – Frau Kollegin Bause, ich rate, statt Zwischenrufe zu machen, da hineinzuschauen –,

(Margarete Bause (GRÜNE): Nicht nur hineinschauen, sondern etwas tun!)

dass wir in Bayern zusammen mit wenigen anderen Ländern das höchste Maß an sozialer Gerechtigkeit und ein Minimum an sozialer Sonderung im landesweiten Vergleich haben.

(Simone Tolle (GRÜNE): Herr Waschler, das stimmt nicht!)

Das muss man zur Kenntnis nehmen.

(Margarete Bause (GRÜNE): Das steht da genau nicht drin! Da können Sie mal reinschauen!)

Wenn man nach den Ursachen fragt, weise ich darauf hin, dass wir das einzige Land in Deutschland sind, das 1500 Förderlehrer für die individuelle Förderung zur Verfügung stellt. Das müssen andere erst einmal nachmachen. Das ist ein fi nanzieller Kraftakt, der gut investiertes Geld ist und mit den Förderlehrern Qualität in den Unterricht einbringt.

Letzter Punkt: Haushaltsverhandlungen, Nachtragshaushalt: Das soll der Grund gewesen sein für die entspre

chenden Anträge. Wir können viele Punkte, die da aufgeführt sind, in unsere Forderungen mit übernehmen. Dass eine angemessene, eine besondere Berücksichtigung des Bildungsbereichs notwendig ist, das ist von vornherein vom Ministerpräsidenten auch in seiner Regierungserklärung ganz deutlich gesagt worden. Bildung hat Vorrang. Die aufgezeigten Punkte weisen in die richtige Richtung. Ich weise noch einmal darauf hin: Es ist nicht damit gedient, dass man Einzelfälle wo es nicht so läuft wie es laufen sollte, verallgemeinert.

(Zuruf der Abgeordneten Heidi Lück (SPD))

Mit einer Schwarzweißmalerei ist uns nicht gedient. Wir haben in Bayern eine Bildungslandschaft, um die uns andere beneiden. Wir werden diese Spitzenposition noch weiter ausbauen.

(Beifall bei der CSU)

Nächste Wortmeldung: Frau Kollegin Tolle.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrter Herr Kollege Waschler! Die Pisa-Studie ist bisher erst so oberfl ächlich veröffentlicht, dass Sie noch keinen Zusammenhang zwischen Bayern und sozialer Gerechtigkeit herstellen können. Ich freue mich auf die Veröffentlichung von Detailergebnissen. An dieser Stelle möchte ich die Bitte äußern, dass uns die Detailergebnisse zur Verfügung gestellt werden. Bei der letzten Pisa-Studie hat uns das Kultusministerium die Auswertung verwehrt. Ich gehe davon aus, dass wir uns anhand der Ergebnisse, die Sie uns zur Verfügung stellen, selbst ein Bild von der Lage machen können.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ich bin seit zwei Jahren Mitglied des Bayerischen Landtags. Ich bin seit zwei Jahren bildungspolitische Sprecherin, und seit zwei Jahren debattieren wir über den Lehrermangel. Ich muss Ihnen schon einmal sagen: Ich bin enttäuscht darüber, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von der CSU, dass sich seitdem nichts, aber auch gar nichts geändert hat.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Kollege Waschler, Sie haben vorhin die freie Wirtschaft zitiert. Wenn Sie die freie Wirtschaft zitieren, dann sollten wir das schon einmal allumfassend machen. Das habe ich in der letzten Plenarsitzung gemacht mit dem Antrag, dass das Kultusministerium doch eine kurz- und mittelfristige Personalplanung vorlegen möge, wie es in jedem guten Unternehmen Brauch ist. Das haben Sie abgelehnt, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von der CSU, und damit haben Sie sich ins Zeitalter von Prinzregent Luitpold zurückkatapultiert. Das ist keine moderne Politik, die Sie hier machen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich stelle fest: Bildung in Bayern bleibt Flickwerk. Ihnen fehlt jegliche Strategie. Sie springen von Eisscholle zu Eisscholle, von einem Haushaltsjahr zum nächsten. Ihre Bildungspolitik orientiert sich nicht an den Notwendigkeiten, sondern an Kanzlerträumen von Herrn Stoiber, die, wie wir jetzt alle wissen, unerfüllt geblieben sind. Aus diesen Träumen hat er einen Einsparwahn entwickelt.

Wenn ich an seinen Satz denke, er müsse Bundeswirtschaftsminister werden, denn schließlich habe er in Bayern einen ausgeglichenen Haushalt erreicht, dann frage ich mich, ob sich die Sparmaßnahmen für diesen einen Satz wirklich gelohnt haben. Ich glaube, dass er auch anders hätte Bundeswirtschaftsminister werden können. Ich glaube, außer Sparen gibt es in Bayern überhaupt keine Strategie.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Der Kultusminister ist zum Westentaschencowboy degradiert. Er muss aus der Hüfte schießen, und im Finanzministerium liegt – Herr Staatssekretär! – ständig jemand im Hinterhalt. Unter diesen Bedingungen kann man auch mit guten Anlagen und gutem Willen keine bildungspolitische Strategie entwickeln.

Sie haben als Argument für Einsparungen auch – ich fasse das unter dem grünen Begriff zusammen – die Nachhaltigkeit gebracht. Sie wollen unseren Kindern keine Schulden vererben. Nachhaltigkeit gilt für den Haushalt, kann aber nicht das bedeuten, was Sie tun und getan haben.

(Lachen bei der CSU)

Sie müssen hier überhaupt nicht lachen. Die Sache ist ernst. Sie haben nämlich das Geld mit vollen Händen zum Fenster hinausgeschmissen.

(Prof. Dr. Gerhard Waschler (CSU): Wo denn?)

Früher, Herr Kollege – und jetzt sparen Sie den Freistaat kaputt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Schuldenfreiheit ist das einzige Banner, das Sie vor sich hertragen. Schuldenfreiheit ist kein Wert an sich,

(Dr. Otmar Bernhard (CSU): Aber die Konsequenz von Schulden!)

sonst würde kein Betrieb Fremdkapital aufnehmen. – Herr Kollege Bernhard, ich antworte Ihnen mit einem Beispiel aus der Betriebswirtschaftslehre. Da gibt es nämlich den so genannten Leverage-Effekt, der besagt, dass es sinnvoll ist, Fremdkapital aufzunehmen, weil sich dann die Rentabilität des Eigenkapitals erhöht.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Otmar Bernhard (CSU))

Dies nur mal am Rande. Wer Schulden macht, Herr Kollege Bernhard, um zu investieren, lebt nicht über seine Verhältnisse.