Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich wünsche allen einen guten Morgen und danke besonders denen, die zu früher Stunde hier sind. Ich eröffne damit die 55. Vollsitzung. Wie immer haben Presse, Funk, Fernsehen und Fotografen um Aufnahmegenehmigung gebeten, diese wurde erteilt.
Vor Eintritt in die Tagesordnung möchte ich der Kollegin Reserl Sem zum heutigen Geburtstag herzlich gratulieren. Alles Gute, Frau Kollegin.
Das werden wir der Bevölkerung Bayerns zuleiten, zumindest der im Wahlkreis. Damit komme ich zu den Beratungsthemen.
Für die heutige Sitzung hat die CSU-Fraktion das Vorschlagsrecht. Sie hat eine Aktuelle Stunde beantragt zum Thema: „Der bayerische Bildungsweg – Erfolgsmodell für die Zukunft unserer Kinder“. Die Modalitäten sind hinreichend bekannt. Der erste Redner erhält zehn Minuten auf Wunsch einer Fraktion, dann jeder weitere Redner fünf Minuten. Ich bitte Sie, auf die Zeitsignale zu achten. Erste Wortmeldung: Herr Prof. Dr. Waschler.
Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Auch ich darf die bereits Anwesenden ganz herzlich begrüßen, aber auch die, die draußen in den Büros der Aktuellen Stunde lauschen.
Diese Aktuelle Stunde trägt ihren Namen zu Recht: Der bayerische Bildungsweg – ein Erfolgsmodell für die Zukunft unserer Kinder. Dazu soll zum Ersten eine Darlegung erfolgen, weshalb wir mit Fug und Recht sagen können, dass dieser bayerische Bildungsweg das Erfolgsmodell schlechthin für unsere Kinder ist.
Zum Zweiten möchte ich für die CSU-Fraktion ein Bekenntnis zum gegliederten Schulwesen und zur Eigenständigkeit der Hauptschule abgeben. Wir haben ein Erfolgsmodell „M-Züge“; wir haben mit der Spitzengruppe der bayerischen Hauptschüler in Pisa-Testfeldern sogar eine Position erreicht, die problemlos mit den Gymnasiasten – beispielsweise aus Bremen – mithalten kann.
Zum Dritten: Objektiv und in vielen Vergleichsuntersuchungen internationaler Kategorien, zuletzt in Pisa 2003, wird uns bestätigt: Wir sind in Deutschland an der Spitze
und in den OECD-Ländern praktisch weltweit in der Spitzengruppe angelangt. Das Institut der deutschen Wirtschaft bestätigt außerdem eindrucksvoll, dass die bayerischen Bildungsinvestitionen die besten Früchte tragen. Kolleginnen und Kollegen, die bayerische Schulbank bringt die besten Zinsen – das wurde uns damit von unabhängiger Stelle dokumentiert.
Insgesamt stelle ich fest: Das Ergebnis der Pisa-Studie und die Ergebnisse anderer Schul-Leistungsstudien sind ein großer Erfolg für die bayerischen Schüler, für die bayerischen Lehrer und für die bayerischen Eltern. Diesen Erfolg haben die Rahmenbedingungen eindeutig begünstigt.
Viertens. Ich möchte eine klare Aussage zur Lehrerbildung abgeben. Entgegen den Schlagzeilen in manchen Medien bekennen wir uns eindeutig zu einem hochwertigen Staatsexamen als Abschluss eines Lehramtsstudiums und gleichzeitig zur so genannten Polyvalenz, zu der Möglichkeit für Studierende, gleichzeitig einen Bachelor- und einen Master-Abschluss abzulegen. Ich erteile deshalb all denen eine Absage, die am Staatsexamen rütteln möchten.
steigt der Bildungsetat als einziger im Staatshaushalt. Auch hier können wir sagen, Bildung hat in Bayern Vorfahrt.
Ich stelle damit fest: Wir können in Bayern ein bewährtes und anerkanntes gegliedertes Schulwesen vorweisen. Dieses gegliederte Schulsystem ist ein wichtiger Beitrag zur Chancen- und Bildungsgerechtigkeit, weil die Eltern und ihre Kinder in freier Entscheidung den für die Kinder passenden Schultyp wählen. Unsere Aufgabe ist es, dieses gegliederte Schulwesen nach Kräften zu stärken und einen Beitrag zur weiteren Selbstständigkeit der Schulen zu leisten.
Wenn Schulen alle Schüler zur Erreichung ihres höchsten Potenzials herausfordern, kann ein effi zientes Bildungssystem auch gleichheitsfördernd sein.
Deshalb, verehrte Kolleginnen und Kollegen, begrüßen wir sehr, wenn im Rahmen der Föderalismusdiskussion – an der sind Sie überhaupt nicht beteiligt, Herr Kollege Dr. Dürr, auch nicht mit Ihren Zwischenrufen – den Ländern eindeutig die Bildungshoheit zugestanden wurde. Das ist eine klare Verantwortung, und wir werden uns dieser Verantwortung in Bayern auch stellen. Es freut mich
deshalb, weil wir das gegliederte Schulsystem hochhalten und feststellen können, dass wir in Bayern begabungsgerechte Schulen haben. Anderswo in Deutschland ist das durchaus nicht der Fall. In Bayern erreichen 43 % aller Hochschulzugangsberechtigten diese Zugangsberechtigung über die Fachoberschule oder über die Berufsoberschule. Herr Staatsminister Schneider hat den Ausbau dieses Wegs durch eine berufl iche Oberschule angekündigt. Der Minister wird in diesem Anliegen nach Kräften von der CSU-Fraktion unterstützt.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ein für alle Mal muss Schluss sein mit der Fehlinterpretation in Sachen sozialer Spreizung. Selbstverständlich sind alle Hinweise darauf wichtig, wo eine Spreizung vorhanden ist und wo möglicherweise Bildungsungerechtigkeit vorliegt. Wir haben aber, und das weist die Pisa-Studie 2003 eindeutig nach, in Bayern die geringste soziale Spreizung beim Kompetenzerwerb in Deutschland. Der Vorwurf, dass nur wenige Gymnasiasten aus so genannten – auch ich mag den Begriff nicht, aber er wird verwendet – bildungsfernen Schichten vorhanden wären, bedarf der Interpretation. Man kann gerade nicht sagen, das sei der Grund für eine Bildungsspreizung in Bayern. Bei uns ist eben die Realschule noch etwas wert, bei uns ist die Hauptschule noch etwas wert, und zwar wesentlich mehr als in anderen Ländern.
Bei uns zählt nicht nur das Gymnasium, sondern die anderen Abschlüsse sind mindestens gleichwertig. Damit, verehrte Kolleginnen und Kollegen, wird einer Zusammenlegung von Haupt- und Realschule eine eindeutige Absage erteilt. Das wäre ein absoluter Rückschritt, und er kommt für uns nicht in Frage.
Darüber darf nachgedacht werden. Wenn sie im Sinn und zum Wohl der Kinder sind, dann sind sie möglich und notwendig.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, bitte nehmen Sie Folgendes zur Kenntnis: Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ schreibt am 7.11.2005 unter der Überschrift „Sozialer Sprengstoff“ Folgendes:
Es ist doch kein Zufall, dass die Jugendarbeitslosigkeit ausgerechnet in den Ländern am niedrigsten ist, in denen die Hauptschule stark ist.
Wir haben in Bayern eine starke Hauptschule. Wir haben auch Probleme mit der Ausbildungssituation, doch sie sind weit geringer als in andern Bundesländern. Ich will das nicht schönreden, das ist keine Frage. Wir brauchen uns in Bayern aber keine Vorwürfe machen, und wir lassen uns die Hauptschule nicht schlechtreden.
Als Merkposten möchte ich der Opposition noch Folgendes darlegen: Die positiven Ursachen für den erfolgreichen bayerischen Bildungsweg bestehen wohl darin, dass wir den höchsten Umfang an erteilten Unterrichtsstunden in Deutschland haben, auch wenn Unterrichtsausfall immer wieder beklagt wird.
Wir müssen einen Beitrag dazu leisten, den Unterrichtsausfall so weit wie möglich zu minimieren. Wir haben so genannte Intensivierungsstunden – um diese beneidet man uns im restlichen Deutschland –, und wir haben 1500 Förderlehrer, auf die wir stolz sein können.
Wir wollen aber noch besser werden. Ich greife einige Dinge heraus. Die bayerische Bildungspolitik umfasst auch eine verstärkte Hinwendung zu den so genannten Sekundärtugenden. Dazu gehört, dass die Kinder ihre Lehrer schätzen, und die Lehrer sollen für ihre gute Arbeit auch Anerkennung fi nden. Deswegen hat die CSU-Fraktion eine Antragsinitiative gestartet, die eine Imageverbesserung des Lehrerberufes zum Ziel hat, um künftig mehr Studierende für die Herausforderungen des Berufs zu gewinnen. Die Schüler sollen Respekt vor ihren Lehrern haben. Auf der Schülerseite sollte Wert auf ganz einfache Dinge wie das Grüßen, Höfl ichkeit, Pünktlichkeit und Fleiß gelegt werden. Das sind Werte, die neben den Pisa-Kompetenzen gleiche Bedeutung haben. Dazu gehören auch die Teamfähigkeit und die Erziehung zur Wertschätzung des Mitschülers, Verlässlichkeit und Beharrlichkeit sowie Selbstdisziplin.
Wenn wir von Zielvorstellungen reden, Herr Kollege Dr. Dürr: Zwischenrufe sollten eigentlich einen positiven Beitrag leisten. Ich habe aber von Ihnen noch keinen gehört, der einen Fortschritt bringt.
Ich kann Ihnen aber sagen, und das wird Sie freuen, Herr Kollege: Sie wissen, dass die Situation der öffentliche Haushalte angespannt ist. Wir von der Regierungsfraktion machen ebenfalls Schulbesuche. Wir wissen, dass es einige Baustellen gibt. Wir kennen aber die Zielrichtung, in der es weitergehen muss.
Ich nenne zum Ersten die Verbesserung der individuellen Förderung mit dem Bildungs- und Erziehungsplan, wobei individuelle Förderung sehr früh ansetzen muss. Wir befi nden uns damit auf dem Weg in die richtige Richtung.
Zum Zweiten: Wir müssen den Stoffdruck vermindern, wir müssen die geltenden Lehrpläne hinterfragen. Staatsminister Schneider hat dazu schon Wichtiges eingeleitet. Wir müssen daneben den Eltern gegenüber darlegen, dass die Haupt- und die Realschule einen wichtigen Bereich im
Zum Dritten: Wir legen auch Wert darauf, dass Qualität durch Evaluation geschaffen wird. Dazu gehört, dass externe und interne Evaluation Hand in Hand gehen. Die Qualitätssicherung muss auch durch zentrale Prüfungen erfolgen. Dazu gehören Orientierungsarbeiten und Jahrgangstufentests. Die Angst bei den Kindern muss abgebaut werden. Das Übertrittsverfahren werden wir hinterfragen. Wir werden eine Anhörung ins Auge fassen, um einen guten Weg einzuschlagen.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich komme zum Schluss. Es ist wichtig, nicht aus den Augen zu verlieren, dass wir Ausbildungsplätze, soweit es möglich ist mit einer Einwirkung auf die Wirtschaft, bereitstellen. Wir müssen – so gut es geht – Wiederholer vermeiden. Kein Schüler soll ohne Abschluss bleiben. Unser Minister sagt zu Recht: Kein Abschluss ohne Anschluss.
Wir haben in Bayern viel erreicht; wir brauchen uns deshalb nicht zu verstecken. Wir haben aber den Ehrgeiz und die Pfl icht, noch besser zu werden. Erfreulich ist, dass die Opposition uns hier unterstützt, zumindest in kleinen Teilbereichen. Der amerikanische Lyriker Robert D. Frost hat einmal angemerkt: „Bildung ist die Fähigkeit, fast alles anhören zu können, ohne die Ruhe zu verlieren oder das Selbstvertrauen.“ Wir von der CSU-Fraktion werden weder die Ruhe noch das Selbstvertrauen verlieren. In Bayern wird weiterhin eine sehr erfolgreiche Bildungspolitik zum Wohle unserer Kinder betrieben werden.