Protokoll der Sitzung vom 01.02.2006

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Für die Fraktion der GRÜNEN möchte ich erklären, dass wir den beiden Zusatzfragen, die Herr Unterländer von der CSU gerade angefügt hat, zustimmen, weil sie wesentlich sind. Ich möchte aber auch anmerken, dass es wichtig wäre, das Augenmerk bei der Verhinderung weiterer Fälle auch darauf zu legen, dass bei der Altenpfl egeausbildung momentan ein Missstand herrscht, der dringend behoben werden muss.

Momentan gibt es sehr viele ausbildungswillige junge Leute. Wir haben auch Altenpfl egeschulen. Wir haben jedoch zu wenig Ausbildungsplätze, weil große Einrichtungen, die die Ausbildung übernehmen, nicht alles abdecken können. Viele kleine Einrichtungen und ambulante Dienste führen einfach keine Ausbildung von Altenpfl egern durch. Hier entsteht ein Engpass, weil ein Schulplatz an einen Ausbildungsplatz gekoppelt ist. Wenn der Ausbildungsplatz nicht zur Verfügung gestellt wird, kann auch der Schulplatz nicht angetreten werden.

Für Altenpfl egeschulen, zum Beispiel im Grenzbereich zu Baden-Württemberg, bedeutet das, dass sie schließen müssen. Auch in meiner Heimatstadt Neuendettelsau steht eine Altenpfl egeschule kurz vor der Schließung. Wir fordern immer die Schaffung von Ausbildungsplätzen für junge Menschen. Dies steht in krassem Gegensatz dazu. Wir versuchen immer, jungen Menschen eine Perspektive zu geben. Viele junge Menschen wollen alte Menschen pfl egen. Das ist anerkennenswert, da dies wirklich nicht einfach ist. Sie können das jedoch nicht tun, weil das an der Ausbildungsmöglichkeit scheitert.

Hier besteht dringender Handlungsbedarf; denn wir werden in Zukunft noch viel mehr Altenpfl eger und Altenpfl egerinnen brauchen, weil wir mehr alte Menschen bekommen werden. Wir können dieses Problem ent

schärfen, indem wir eine Ausbildungsumlage schaffen, die auch von den Einrichtungen mitgetragen werden muss, die selbst nicht ausbilden. Nur so kann gewährleistet werden, dass die Einrichtungen, die ausbilden, nicht auch noch fi nanzielle Nachteile erleiden. Diese Einrichtungen müssen natürlich die Kosten ihrer Ausbildung auf die Pfl egekosten umlegen und stehen dadurch im Wettbewerb schlechter da.

An diesen Missstand müssen wir ran, wenn es uns ernst damit ist, dass wir Arbeitsplätze für junge Menschen schaffen und die Qualität in der Altenpfl ege verbessern wollen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Jetzt hat sich Frau Staats ministerin Stewens zu Wort gemeldet.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! In diesem Dringlichkeitsantrag wird ein schwieriges gesellschaftliches Problem aufgegriffen. Frau Kollegin Ackermann, ich bin der festen Überzeugung, dass so gut wie gar keine Fixierungen notwendig sind. Ich war in Einrichtungen und in Hausgemeinschaften mit schwerstdementen Patienten. Dort hat der Leiter so gut wie gar keine Fixierungen angeordnet. Er sagte mir, er komme ohne jedwede Fixierung aus. Das ist letztlich auch mein Ziel. Vor diesem Hintergrund sind Handlungsanleitungen von der Regierung von Oberbayern, der Landeshauptstadt München und dem Medizinischen Dienst der Krankenversicherung erarbeitet worden, in denen aufgezeigt ist, dass bei alten Menschen auch ohne Fixierungen gearbeitet werden kann.

Wir speisen unsere Handlungsanleitung, die an alle Heimträger verteilt wird, immer wieder in Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen für gerontopsychiatrische Fachkräfte ein. Die im Heimmanagement tätigen Personen und die Pfl egedienstleitungen erhalten ebenfalls diese Handlungsanleitung, weil gerade die Schulung der Heimleiter und der Pfl egedienstleiter wichtig ist. Unser Ziel ist, dass in jedem Heim eine gerontopsychiatrische Fachkraft mit entsprechender Ausbildung arbeitet.

Ich kenne den Artikel aus dem „Münchner Merkur“. Mein Haus hat sich unverzüglich mit Frau Prof. Dr. Berzlanovich in Verbindung gesetzt. Dabei hat sie geäußert, dass sie über die Veröffentlichung dieses Interviews unglücklich sei, da dieses Interview in einen anderen Rahmen hätte gestellt werden müssen und die Zahlen so nicht stimmten. Ich möchte das nicht relativieren, weil ich sage: Jeder Tote in Bayern durch Fixierungen ist ein Toter zu viel. Frau Prof. Dr. Berzlanovich sagt jedoch selbst, dass die Zahlen so nicht stimmten. Das möchte ich in dieser Diskussion deutlich sagen. Frau Kollegin Ackermann, in über 90 % unserer Altenheime wird mittlerweile die Fachkraftquote erfüllt. Das ist ein Beweis für die erfolgreiche Altenpfl egepolitik, die in den letzten Jahren in Bayern betrieben wurde.

Nun zum Personalschlüssel: Wir haben inzwischen fl ächendeckend im Schnitt einen Personalschlüssel von

1 : 2,4. Ich kann mich noch gut daran erinnern, als ich gleichzeitig mit den Bezirken einen verbesserten Personalschlüssel ausgearbeitet habe. Wir haben damals noch etwas draufgelegt. Dieser verbesserte Personalschlüssel ist von vielen Einrichtungen, unabhängig davon, ob sie in kommunaler oder privater Trägerschaft oder in der Trägerschaft von Wohlfahrtsverbänden waren, nicht angenommen worden. Wissen Sie, warum? – Weil die Einrichtungen mit ihren Pfl egesätzen im Wettbewerb am Markt stehen. Deshalb haben sie gesagt: Es ist schön und gut, dass wir jetzt einen verbesserten Pfl egeschlüssel bezahlt bekommen. Damit gehen aber unsere Pfl egesätze hoch. Wir haben 65 % Selbstzahler. Die anderen 35 % werden über die Sozialhilfeträger abgedeckt. Deshalb haben diese Einrichtungen den Personalschlüssel nicht genutzt.

Frau Kollegin Ackermann, Sie haben die Ausbildung angesprochen. Im Moment haben wir eine schwierige Situation. Das ist völlig richtig. Ich habe Probleme mit dieser Umlage. Wenn wir eine Umlage erheben, bedeutet das eine größere Bürokratie. Darüber müssen wir uns im Klaren sein. Wir sagen immer, dass wir weniger Bürokratie wollten. Die Erhebung einer Umlage bedeutet jedoch mehr Bürokratie. Ich habe anfangs gesagt: Liebe Träger, bildet doch aus. Diese Aufforderung galt unabhängig von der Größe oder davon, ob die Einrichtung ambulant oder stationär ausgerichtet war. Ich habe darauf hingewiesen, dass die Träger, nachdem diese duale Berufsausbildung eingeführt worden ist, in der Verantwortung seien und sich selbst um ihre Zukunft kümmern müssten. Ich habe die Einrichtungen aufgefordert, in die Jugend und in Ausbildungsplätze zu investieren. Leider hat dieser Appell nicht funktioniert, weil die Bereitschaft bei den Einrichtungen nicht vorhanden war. Das sage ich ganz offen.

Der Hintergrund war, dass die Schaffung von Ausbildungsplätzen natürlich Geld kostet. Die Träger haben mir immer wieder das Gleiche gesagt: Sie stünden im Wettbewerb am Markt. Die Pfl egesätze stiegen und deswegen könnten sie es nicht machen. Ich meine, dass künftig weniger an die Politik als vielmehr an diejenigen appelliert werden muss, die in der Verantwortung für die Qualität der Pfl egeheime stehen.

Ich versuche mit vielen Maßnahmen, das Meinige dazu zu tun. Dieses Thema können wir im Ausschuss vertiefen, wenn ich meinen Bericht abgebe. Ich kann Ihnen versichern, dass wir mit den unangemeldeten Heimkontrollen, die ich als einzige Landesministerin bayernweit eingeführt habe, einen ganz anderen Weg gegangen sind. Ich sage den Einrichtungen immer, dass sie schlicht und einfach die gesetzlich festgelegten Qualitätsstandards einhalten müssen.

Andernfalls müssen wir die Staatsanwaltschaft einschalten, das ist keine Frage. Es geht um Menschenleben, meine Damen und Herren.

Wir haben uns im Landespfl egeausschuss auch über die Situation der Ausbildung unterhalten. Vor diesem Hintergrund haben wir mit den Trägern der privaten und der gemeinnützigen Träger einen Arbeitskreis gebildet, um gemeinsam eine Lösung zu fi nden. Wenn Sie sich schon mit der Sache befasst haben, dann wissen Sie, dass die

privaten Träger gänzlich gegen eine Umlage sind, während die Wohlfahrtsverbände sich dafür aussprechen. Wenn wir eine Umlage einführen würden, müssten wir also mit Klagen rechnen. Insgesamt gesehen hilft uns das nicht weiter.

Abschließend kann ich Ihnen nur versichern, dass ich in der Pfl ege und bei den Pfl egeheimen sehr genau hinsehe. Hier sage ich: Null Toleranz. Es geht um das Leben im Alter. Dafür muss die notwendige Qualität und Sorgfalt sichergestellt sein.

(Beifall bei der CSU)

Es liegen mir keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist die Aussprache geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung. Dazu hat Herr Kollege Unterländer zwei Änderungen vorgeschlagen. Werden diese Änderungen von den Antragstellern übernommen? – Wenn das so ist, lasse ich in der Fassung mit den Änderungen, die von Herrn Kollegen Unterländer vorgeschlagen wurden, abstimmen.

(Joachim Unterländer (CSU): Zwei Ergänzungen!)

Ergänzungen, ich bitte um Entschuldigung. Wer dem Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 15/4653 in dieser ergänzten Fassung zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe? – Enthaltungen? – Dann ist das einstimmig so angenommen.

Ich möchte aus gegebenem Anlass noch einmal darauf hinweisen, dass in diesem Raum keine Handys benutzt werden dürfen. Das gilt auch für junge nachgerückte Abgeordnete Frau Scharf-Gerlspeck.

(Allgemeine Heiterkeit)

Ich rufe auf:

Dringlichkeitsantrag der Abg. Joachim Herrmann, Renate Dodell, Prof. Ursula Männle u.a. u. Frakt. (CSU) Menschenhandel und Zwangsprostitution bei der Fußballweltmeisterschaft verhindern (Drs. 15/4654)

Ich eröffne die Aussprache. Frau Prof. Männle, bitte, Sie haben das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! In wenigen Monaten fi ndet in Deutschland die Fußballweltmeisterschaft statt. Die Vorbereitungen hierfür laufen auf Hochtouren. Auch in Bayern werden wir wichtige Spiele ausrichten, in München und Nürnberg. Andere Städte beherbergen die Sportler. Deutschland will ein guter Gastgeber sein, und wir freuen uns auf die Gäste.

Leider haben große Ereignisse immer auch negative Begleiterscheinungen. Kriminelle werden magisch angezogen. Bei großen Kongressen, stellen wir immer wieder

fest, reisen Taschendiebe aus aller Welt an. Das gilt auch für Prostituierte, die eine erhöhte Nachfrage erwarten. Viele Befürchtungen werden gerade in diesem Zusammenhang laut. Wenn man die gestrigen Münchner Boulevardzeitungen anschaut, dann liest man dort so schöne Überschriften wie: „Ist die Prostitution WM-tauglich?“, „Wie wichtig sind Huren für unsere Wirtschaft?“. In diesen Artikeln werden Fragen aufgeworfen, die dahin gehen, ob unsere Sperrbezirkseinteilung sinnvoll ist, ob es ausreichend Plätze für die Betätigung im Rahmen der Prostitution gibt. Es wird beispielsweise auch gefragt, ob so genannte „Verrichtungsboxen“ aufgestellt werden sollen. In Bayern hat man sich Gott sei Dank klar dagegen ausgesprochen. Ich verweise aber auf Dortmund, wo man bei Baumärkten freie Plätze entsprechend ausrichten will. Es stellt sich auch die Frage, ob es zu Auseinandersetzungen zwischen rivalisierenden Zuhältern kommen wird und Ähnliches mehr. Wir alle wissen, gerade das Rotlichtmilieu zieht andere kriminelle Ereignisse an.

Ein Gesichtspunkt, und der ist uns besonders wichtig, wird in der Öffentlichkeit leider zu wenig diskutiert. Es geht um die Frage, ob die Frauen, die anreisen, um für sexuelle Dienste bereitzustehen, tatsächlich freiwillig da sind. Unter welchen Bedingungen verrichten sie ihre Arbeit? Für welche Tätigkeiten wurden sie angeworben? Leider ist nicht auszuschließen, dass Zwangsprostitution und Frauenhandel wegen der Fußballweltmeisterschaft vermehrt stattfi ndet.

Unsere Reaktion darf kein bedauerndes Achselzucken sein. Es darf kein resignierendes Hinnehmen sein nach dem Motto: Was soll man machen? Was kann man schon tun? Prostitution hat es schon immer gegeben und wird es auch immer geben. – Wir müssen vielmehr unterscheiden zwischen „normaler Prostitution“ und Zwangsprostitution.

Bisher haben sich fast ausschließlich Frauenorganisationen dem Problem der Zwangsprostitution zugewandt und darauf aufmerksam gemacht. Der Deutsche Frauenrat ist besonders aktiv geworden, ebenso die konfessionellen Frauengruppen. In Bayern ist die Initiative „Stoppt den Frauenhandel“ besonders aktiv. Gestern hat sich, Gott sei Dank, auch der Deutsche Fußballbund mit dieser Frage beschäftigt, im Rahmen des „Runden Tisches“, der in Berlin stattgefunden hat. Ich halte es für sehr, sehr wichtig, dass gerade diese Funktionäre sehen, dass es einen Zusammenhang zwischen der Fußballweltmeisterschaft und der Prostitution gibt, und dass für die negativen Begleiterscheinungen, die dieses Großereignis mit sich bringt, Verantwortung von denjenigen zu tragen ist, die die Fußballweltmeisterschaft ausrichten. Gerade wir Frauen wissen, dass wir oft belächelt werden, wenn wir dieses Problem in den Mittelpunkt stellen oder Warnungen aussprechen.

(Engelbert Kupka (CSU): Von uns nicht!)

Wir werden häufi g als naiv oder weltfremd dargestellt.

Ich freue mich, dass der Arbeitskreis „Kommunale Fragen und innere Sicherheit“ hinter diesem Antrag steht und mit den Kollegen Unterländer und Hintersberger auch der

sozialpolitische Arbeitskreis sowie die gesamte CSUFraktion. Wir können nicht gleichgültig bleiben, wenn junge Frauen als Ware gehandelt werden, wenn sie unter falschen Versprechungen wie beispielsweise der, normale Tätigkeiten in Haushalten, in Gaststätten oder im Verkauf wahrzunehmen, angelockt werden, dann aber während der Weltmeisterschaft in der Prostitution landen. Das sind keine Vermutungen. Wir wissen, dass in osteuropäischen Ländern Frauen gezielt angeworben werden unter dem Vorwand, sie könnten während der Fußballweltmeisterschaft in Deutschland Geld verdienen, denn hier würden Arbeitskräfte gebraucht. In Wirklichkeit aber landen diese Frauen im Sexgeschäft.

Deshalb stellt sich die Frage, wie freiwillig die Frauen diesen Tätigkeiten nachgehen. Wenn wir hinter die Kulissen schauen, relativiert sich die Sache sehr. Hilfsorganisationen wie „SOLWODI“ oder „JADWIGA“ können viel über das Leid berichten, das diese Frauen erleiden, die hier in Deutschland gezwungen werden, im Sexgeschäft zu arbeiten. Diesen Frauen werden die Pässe weggenommen, die Frauen werden weggesperrt und müssen zu Diensten sein. Die Erfahrungsberichte sind erschütternd. Wir können nicht einfach darüber hinwegsehen. Das ist eine Form der Ausbeutung von Frauen. Diese Ausbeutung muss eingedämmt werden. Es handelt sich um Menschenrechtsverletzungen.

Ich muss ganz deutlich sagen: Wir sind nicht hilfl os, wir können agieren. Es gibt Möglichkeiten, vorzubeugen. Wir haben auch Möglichkeiten, einzugreifen und zu helfen. Wir haben Möglichkeiten, das Bewusstsein hierfür zu wecken. Unser Antrag greift all diese Punkte auf und macht deutlich, dass wir uns aktiv in die Vorbereitungen einschalten und alle Bestrebungen unterstützen, die von Seiten der Staatsregierung auch in den Herkunftsländern laufen. Wir unterstützen ein Nothilfetelefon für Frauen und versuchen, Bewusstsein zu prägen. Ich verweise auf verschiedene Aktionen, wie beispielsweise die „rote Karte gegen Menschenhandel und Zwangsprostitution“. Herr Kupka, rote Karten sind aus dem Fußball sehr bekannt. Deshalb auch diese Form.

Sicher, das sind nur Ansätze, um das Bewusstsein zu wecken. Ich halte es aber für sehr, sehr wichtig, uns in diese Diskussion einzuschalten. Wir dürfen nicht nur die Schulter zucken und sagen: Das ist halt so. Wir müssen vielmehr aktiv eingreifen und Hilfe zur Verfügung stellen. Ich bitte Sie, diesen Antrag zu unterstützen, und ich bitte Sie auch, in den nächsten Monaten gezielt bei den Aktionen mitzuwirken, damit die Bevölkerung und auch die Freier für dieses Thema sensibilisiert werden.

Wir verlieren unsere Glaubwürdigkeit, wenn wir zwar auf Bundesebene fordern, dass Freier, die zu Zwangsprostituierten gehen, bestraft werden sollen, während wir aber nicht dort aktiv eingreifen, wo Zwangsprostitution tatsächlich stattfi ndet. Wir haben hier eine Verantwortung.

(Beifall bei der CSU)

Als Nächste hat Frau Kollegin Weikert das Wort.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Frau Prof. Männle, Sie haben mit Ihrem letzten Satz Recht. Es ist wichtig, dass wir eingreifen und dass die Politik dieses Thema sieht und Maßnahmen ergreift. Frauenhandel und Zwangsprostitution gehören nach unserer Einschätzung zu den abscheulichsten Verbrechen, mit denen wir es in Europa zu tun haben. Diese Verbrechen gibt es in einem leider sehr großen Umfang.

Kolleginnen und Kollegen von der CSU, ich stelle mir allerdings die Frage, warum Sie diesen Antrag heute als Dringlichkeitsantrag stellen und warum Sie als Anlass dafür die Fußballweltmeisterschaft nehmen. Frau Prof. Männle, die Fußballweltmeisterschaft ist nach meiner Meinung sogar ein ganz ungünstiger Zeitpunkt, um mit diesem Thema sachgerecht umzugehen. Gerade solche Großereignisse wie die Fußballweltmeisterschaft neigen dazu, dass bestimmte Verhaltensweisen eher verharmlost werden, als dass darüber sachlich diskutiert und das Ziel, dieses Problem zu beseitigen, verfolgt wird. Sie haben selbst gesagt, dass die Boulevardpresse voll von diesem Thema ist. Es wird noch einige Wochen Schlagzeilen zu diesem Thema geben.

Die Einschätzungen darüber, was tatsächlich passieren wird, klaffen weit auseinander. Es gibt Städte, die so genannte „Verrichtungscontainer“ aufstellen wollen. Das klingt ganz abscheulich. Andere Städte wie zum Beispiel Nürnberg – die Stadt, aus der ich komme – sehen dem Problem sehr gelassen entgegen. Die dortige Selbsthilfeorganisation für Prostituierte, die sich mit diesem Thema dauernd beschäftigt, geht eher davon aus, dass es nicht einmal im so genannten legalen Geschäft eine Zunahme geben wird, denn es gibt schon Erfahrungen mit Großereignissen dieser Art. Die WM als solche sollte für uns nicht der Anlass sein, Zwangsprostitution im Stile der Boulevardpresse zum Thema zu machen. Darauf müssen wir sehr genau achten.

Frau Prof. Männle, so weit Sie das Thema Frauenhandel und Zwangsprostitution insgesamt meinen, ist Ihr Antrag mehr als überfl üssig. Sie haben die gleichen Forderungen schon mit einem Dringlichkeitsantrag vom 16. Juni 2004 auf Drucksache 15/1163 gestellt, und diesem Dringlichkeitsantrag ist auch zugestimmt worden. Damit ist das Thema bereits eingebracht worden. GRÜNE und SPD haben damals in gleicher Weise Anträge gestellt. Wir hatten natürlich ein paar weitergehende Vorschläge, denen Sie sich nicht anschließen konnten. Sie haben das Thema aber schon eingebracht.

Auf der Internetseite des Innenministeriums gibt es eine Vereinbarung über die Zusammenarbeit zwischen den Ministerien für Inneres und Polizei, Justiz und Soziales, welche genau dieses Thema betrifft. Alles das, was Sie mit Ihrem Antrag fordern, müsste konkreter und realer Bestandteil der alltäglichen Arbeit der zuständigen Behörden im Freistaat Bayern sein. Deshalb ist vielleicht die Fußballweltmeisterschaft nur Anlass, dieses Thema wieder aus der Schulblade herauszuholen, um letztlich zu fragen, was aus dieser Zusammenarbeitsvereinbarung geworden ist. Welche Erfahrungen sind aus dieser Vereinbarung zu ziehen? Gibt es oder gab es ein Fortbildungsprogramm für Beschäftigte bei Polizei und Justiz, welches die Beamten in die Lage versetzt, zu erkennen, ob es sich