Protokoll der Sitzung vom 08.03.2006

(Beifall bei der CSU)

Das ist ein bedeutender Tag. Dieser ausgeglichene Haushalt ist eine bundesweit einzigartige Leistung und Ziel und Anker einer soliden, am Gedanken der Nachhaltigkeit und Generationengerechtigkeit orientierten Finanzpolitik.

Jetzt kritisiert die Opposition, der ausgeglichene Haushalt würde durch Privatisierungserlöse und Einmaleffekte erreicht. Meine Damen und Herren, an den Fakten kommen Sie aber nicht vorbei. Erstens. Dies ist ein ausgeglichener Haushalt aus eigener Kraft. Wir gehen nicht zur Bank; das ist doch das Entscheidende. Wir zahlen keine Zinsen für das, was wir aufnehmen. Wir haben das aus eigener Kraft geschafft.

Zweitens. Wenn Sie den Einsatz von Privatisierungserlösen kritisieren, dann sagen Sie mir doch, wie Sie das sonst machen würden. Wie hätten Sie die Einnahmeausfälle, die alle Gebietskörperschaften zu beklagen haben, ausgeglichen? Meinen Sie, wir sollten wir unsere Privatisierungserlöse ausgeben und dann zusätzliche Schulden aufnehmen? – Ich glaube, Sie hatten keine Antwort auf das Problem der Einnahmeausfälle. Sie haben auch heute keine Antwort darauf und sind ohne Alternative.

(Zurufe von den GRÜNEN: Ha, ha!)

So hat es der Bund in den letzten zehn Jahren gemacht. Er hat bis 2005 aus Privatisierungen über 72 Milliarden Euro erlöst und in den Haushalt für den Ausgleich gesteckt. Gleichzeitig belief sich die Neuverschuldung in den vergangenen zehn Jahren auf über 340 Milliarden Euro. Das ist der Unterschied: Wir stecken einen Teil

unserer Privatisierungserlöse in den Haushalt und erreichen damit einen ausgeglichenen Haushalt. Der Bund hingegen hat Privatisierungserlöse in gigantischem Ausmaß eingesetzt und trotzdem die Verschuldung dramatisch erhöht. Unsere Haushaltspolitik ist da ganz anders.

Als weiteres Beispiel nenne ich den Stadtstaat Hamburg. Hamburg hat angekündigt – das wurde von vielen als besonderes Beispiel genannt –, landeseigene Immobilien für 815 Millionen Euro an eine luxemburgische Immobiliengesellschaft zu verkaufen.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Heinz Kaiser (SPD))

Gleichzeitig wurden Festmietverträge geschlossen, die über einen Zeitraum von durchschnittlich 18 Jahren zu jährlichen Mietzahlungen von 40 Millionen Euro aus dem Haushalt führen. Wollen Sie das – sale and lease back?

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Heinz Kaiser (SPD))

Dieser Haushalt ist sauber; dieser Haushalt ist klar; dieser Haushalt ist ehrlich und nicht mit Hilfe derartiger Tricks gestaltet. Das ist ein ausgeglichener Haushalt aus eigener Kraft.

Natürlich – das sage ich den Kollegen im Haushaltsausschuss auch immer wieder – wollen auch wir die Privatisierungserlöse schonen und ihren Einsatz zum Haushaltsabgleich möglichst gering halten. Das wird auch in der Zukunft unsere gemeinsame Anstrengung sein. Tatsache ist aber: Der von mir vorgelegte Haushalt 2006 ist ein aus eigener Kraft ausgeglichener Haushalt.

Warum halten wir am Ziel des ausgeglichenen Haushalts fest? – Da Einsparungen schmerzlich sind, muss man sie gegenüber den Bürgern begründen. Erstens. Wir tun das, um den Gestaltungsspielraum in unserem Haushalt in Zukunft zu erhalten. Wir dürfen nicht zulassen, dass unsere Haushaltspläne immer noch von Verpfl ichtungen aus der Vergangenheit diktiert werden. Wer sein Geld nur noch für Konsum und Zinsen ausgibt, der kann seinen politischen Auftrag zur Zukunftsgestaltung nicht mehr erfüllen. Wollen wir es denn so machen, wie es gegenwärtig auch die große Koalition im Bund machen muss, dass nämlich 160 Milliarden des Haushaltsvolumens von 260 Milliarden nur zur Vergangenheitsbewältigung – Zinsen, Renten, Bundesanstalt für Arbeit – eingesetzt werden und nur 100 Milliarden für die Gestaltung von Politik übrig bleiben? Dieses Beispiel muss doch jedem in diesem Haus deutlich machen, dass es so nicht geht. Wir machen es nicht so.

Zweitens. Wir dürfen heute nicht über unsere Verhältnisse leben. Es wäre moralisch verwerfl ich, den zukünftigen Generationen zusätzlich zum demographischen Problem in den sozialen Sicherungssystemen auch noch die Zinslasten aus zusätzlichen Schulden aufzubürden. Mea culpa – auch ich habe oft in Bonn die Hand für eine zusätzliche Nettoneuverschuldung gehoben. Das war ein Fehlverhalten einer ganzen Generation von Politikern, ein Fehlverhalten, das sich über 20 Jahre erstreckt hat. Wenn man anhand der Strukturen, die ich Ihnen vorgetragen

habe, erkannt hat, dass das nicht geht, dann muss man das abstellen. Ich sage Ihnen als Finanzminister: Diese Bayerische Staatsregierung und diese Mehrheitsfraktion stellen das ab. Dieser Nachtragshaushalt ist ein Dokument dieser Richtungsänderung. Diese Richtungsänderung ist beispielgebend in der Bundesrepublik Deutschland und ist ein Signal. Wenn wir das nicht täten, wäre das ein negatives Signal für Unsolidität. Da machen wir nicht mit.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU)

In diesem Jahr gedenken wir der Erhebung Bayerns vor 200 Jahren zum Königreich erhoben wurde. Kurz davor, im Jahr 1802, also ein Jahr vor dem Reichsdeputationshauptschluss, gab es ein besonderes Dokument der bayerischen Haushaltspolitik. Vor 200 Jahren war der bayerische Staatshaushalt unglaublich defi zitär; der bayerische Staat war praktisch bankrott.

(Dr. Sepp Dürr (GRÜNE): Wer war dafür verantwortlich? – Gegenruf von der SPD: Natürlich das Finanzministerium! – Heiterkeit bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Die beiden geheimen Referendäre des Bayerischen Finanzdepartments – das war der Vorgänger des Finanzministeriums – haben damals etwas Bedenkenswertes gesagt.

(Anhaltende Zurufe von der SPD und von den GRÜNEN)

Wenn Sie sich wieder beruhigt haben, können Sie sich das anhören. Ich zitiere die beiden Herren:

Kein Staat darf ebenso wenig wie ein Privatmann dulden, dass die jährlichen Kurrenteinnahmen von den Kurrentausgaben überstiegen werden, und wenn man vollends auf den unglücklichen Gedanken verfällt, solche Kurrentdefi zite durch Anleihen und Schulden zu decken, dann rennt er mit riesigen Schritten in den Abgrund des Verderbens, dann lösen sich alle Bande der Ordnung …

Das ist zwar eine altertümliche Sprache, aber dramatisch formuliert. Das gilt auch heute noch. Genauso ist es.

(Beifall bei der CSU)

Ich wäre froh, wenn Sie sich einmal solche Sachen anschauen würden. Sie würden daraus ersehen, dass Wahrheiten über Jahrhunderte hinweg bestehen; bei der Opposition ist davon allerdings nichts zu erkennen.

Die große Koalition hingegen hat nach der Wahl den dringenden Handlungsbedarf bei den öffentlichen Finanzen, insbesondere beim Bundeshaushalt, schnell erkannt. Im Koalitionsvertrag steht:

Deutschland braucht eine nationale Anstrengung auf allen Ebenen, um das gesamtwirtschaftliche

Wachstum zu steigern und die strukturelle Unterdeckung der öffentlichen Haushalte durch gemeinsame Konsolidierungsanstrengungen und Strukturreformen zu beseitigen. Jedes Hinausschieben der notwendigen Haushaltssanierung treibt den Konsolidierungsbedarf nur noch weiter in die Höhe.

Meine Damen und Herren, die SPD in Berlin ist zu haushaltspolitischer Vernunft gekommen. Ich warte darauf, dass auch die SPD in diesem Haus endlich zu haushaltspolitischer Vernunft kommt.

(Beifall bei der CSU)

Deutschland hat gegenüber der Europäischen Kommission fest zugesagt, die Defi zitquote nach dem MaastrichtVertrag ab dem Jahr 2007 wieder einzuhalten. Der Bund wird sein Defi zit 2007 deutlich reduzieren. Die Nettokreditaufnahme wird entsprechend dem Grundgesetz die Summe der Investitionen nicht überschreiten.

Meine Damen und Herren von der SPD, ich unterstütze Kollegen Steinbrück ausdrücklich in seinen Haushaltsanstrengungen.

(Franz Maget (SPD): Wir auch!)

Das tun nicht alle, auch nicht alle in der Bundesregierung. Außerdem begrüße ich ausdrücklich, dass er die von der EU-Kommission eingeleitete Verschärfung des Defi zitverfahrens gegenüber Deutschland akzeptiert und nicht, wie das Hans Eichel noch getan hat, über Hinterzimmerdiplomatie wieder aufhebt.

Das ist ein Qualitätssprung, den wir besonders anerkennen. Ich unterstütze Herrn Steinbrück ausdrücklich.

Was sagt die Opposition in diesem Hohen Haus? – Herr Kaiser behauptet, 2006 sei das dümmste Jahr für die schwarze Null. Ginge es nach der SPD und Herrn Kaiser, wäre für das Sparen jedes Jahr das dümmste Jahr. Das ist die Realität. Wir haben das in den vergangenen Jahren erlebt.

(Beifall bei der CSU – Zuruf des Abgeordneten Franz Maget (SPD))

Ach, Sie sind rechtzeitig zu den andauernden Zwischenrufen gekommen. Grüß Gott Herr Maget.

(Lachen bei der CSU)

Ich fordere Sie auf, sich zunächst geistig in das einzuordnen, was hier vorgetragen wird, ehe Sie den einen oder anderen Zwischenruf machen.

(Beifall bei der CSU – Franz Maget (SPD): Ich kann Ihnen folgen!)

Mit fester Entschlossenheit, aber als Oppositionsführer wesentlich zu spät, ist er hierher gekommen, und das Erste, was er nach einigen Sekunden macht, sind Zwi

schenrufe. Das ist die Qualität der Oppositionspolitik, die wir immer feststellen müssen.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Diese Arroganz ist nicht zu überbieten!)

Sie wissen doch, dass ich so bin. Also, nehmen Sie es hin.

(Heiterkeit bei der CSU – Dr. Sepp Dürr (GRÜNE): Ihre stadtbekannte Eitelkeit!)

Bereits zum Nachtragshaushalt 2004 wollte die SPDLandtagsfraktion – so der seinerzeitige Dringlichkeitsantrag von 09.12.2003 – konjunkturell bedingte Steuerausfälle mit Krediten ausgleichen. Haben Sie das gehört? – Die konjunkturellen Steuerausfälle – die Zahlen kennen Sie, weil ich sie in den Unterlagen dokumentiert habe – mit Krediten auszugleichen, hätte zu einer Explosion der Nettoneuverschuldung geführt. Bei der Einbringung des Doppelhaushaltes 2005/2006 am 20.10.2004 behauptete die Opposition:

Mit einer Kürzung der Ausgaben um knapp 3 % in diesem Jahr 2004 werden Wachstumschancen vergeben.

(Werner Schieder (SPD): So ist es!)

Der Sachverständigenrat hat in seinem Jahresgutachten 2004 das Gegenteil gesagt: