Protokoll der Sitzung vom 18.05.2006

Ihre Autonomie, lieber Ludwig Spaenle, erweist sich somit als nichts anderes als eine reine Worthülse, weil das bayerische Konzept sehr weit von einer selbstverwalteten, an Freiheit und gesellschaftlicher Einbindung orientierten Forschung und Lehre entfernt ist. Dies wird auch deutlich, wenn wir auf die fehlenden Demokratisierungsansätze eingehen. Weder die Studierenden noch der Mittelbau werden entsprechend ihrer quantitativen Anzahl und ihres qualitativen Beitrags zu wissenschaftlichen Ergebnissen eingebunden. Autonomie, auch die fragwürdige, marktorientierte bayerische Autonomie wird dadurch vollends zur Farce, weil sie nicht von demokratischen Entscheidungsstrukturen begleitet wird. Die Hochschulen sind für mich in Anlehnung an Hartmut von Hentig auch der Ort, an dem die Studierenden die Chance bekommen, sich zu Citoyens zu entwickeln, zu Bürgerinnen und Bürgern im Wissenschaftsbetrieb. Dann müsste aber auch die Hochschule als polis, als eine sich selbst regulierende Lebens-, Lern- und Forschungsgemeinschaft aufgebaut und organisiert sein, um der äußeren Demokratie auch die innere Demokratie folgen zu lassen.

(Beifall bei der SPD)

Das mögen für Sie Fremdwörter sein; aber das ist unsere zutiefst demokratische Überzeugung. Deswegen haben wir in unserem Gesetzentwurf der Verfassten Studierendenschaft einen zentralen Stellenwert zugebilligt.

(Beifall bei der SPD)

Deswegen haben wir auch an vielen Stellen den Mittelbau mit seinen Interessen in diese Hochschulreform einbeziehen wollen. Ich kann nur feststellen, dass sich in unseren Augen CSU und Staatsregierung kräftig blamiert haben, als es darum ging, die Interessen der Studierenden und die Interessen des Mittelbaus, des nichtwissenschaftlichen Personals an unseren Hochschulen auch nur ansatzweise zu berücksichtigen.

(Beifall bei der SPD)

Ich habe mich jetzt weitgehend auf die Autonomie der Hochschulen beschränkt und habe über die Punkte, über die Einigkeit bestand, nämlich Globalhaushalte, KostenNutzen-Rechnungen usw. nichts weiter ausgeführt, weil wir davon ausgehen, dass das zwar richtige Instrumente sind, dass sie aber den Kern der Autonomie wenig berühren, wenn nicht in den zentralen Bereichen die Selbstverantwortung der Hochschulen gegenüber dem Staat und gegenüber wissenschaftsfremden ökonomischen Interessen gestärkt wird.

Lassen Sie mich der Vollständigkeit halber kurz anfügen: Wir werden auch sehr genau beobachten, was beispielsweise bei der Umsetzung des Artikels 16 passiert, wenn im Bibliothekswesen das Zusammenwirken der Hochschulen von staatlicher Seite nur unter dem Aspekt der kostensparenden Zentralisierung forciert wird.

Wir werden genau darauf achten, was mit der „Immobilien Freistaat Bayern“ passiert und ob dadurch die Autonomie der Hochschulen im Kernbereich eingeschränkt wird.

Wir sehen die große Gefahr, dass die heute von Ihnen gefassten Beschlüsse einen sehr fragwürdigen Mix aus verschleierter staatlicher Gängelung mit dem Ziel der Marktanpassung einerseits und einer Entstaatlichung zugunsten privatwirtschaftlicher Interessen andererseits bedeuten. Dann gilt in Bayern ansatzweise das, was der frühere nordrhein-westfälische Wissenschaftsstaatssekretär generell zu diesen neuen Hochschulgesetzen gesagt hat: Hochschulautonomie im Verständnis dieser Gesetze degradiert Freiheit zum Synonym für ökonomische Freiheit.

(Beifall bei der SPD)

Damit das klappt, werden immer noch staatliche Zügel benötigt, die erst dann gelockert oder ganz entfernt werden, wenn nach der Befreiung vom Staat die Unterordnung unter die Wirtschaft erfolgt. Sie sind doch auch zu den Hochschulen gegangen. Hören Sie nicht die Fragen, was unter solchen Voraussetzungen mit den Geisteswissenschaften passiert, was mit den Erziehungswissenschaften passiert oder was mit der Grundlagenforschung passiert? Wie sollen wir unter solchen Voraussetzungen den gewünschten Anstieg der Akademikerquote erreichen? Wie wollen wir die Breitenausbildung sichern? All diese Fragen lassen Sie in Ihrem Gesetzentwurf nicht nur unbeantwortet, nein, Sie geben darauf die falschen Antworten, weil Sie sich den privatwirtschaftlichen Interessen unterordnen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Ich möchte abschließend den Anfangsgedanken von von Humboldt aufgreifen: Sie schränken mit diesem Gesetz die Hochschulen in ihrem Streben nach Erkenntnis als Erkenntnis ein. Herr Dr. Goppel und meine Kolleginnen und Kollegen von der Mehrheitsfraktion, Sie sind deswegen weit von einer Hochschulreform entfernt, die sich eigentlich an der Blüte einer freien und unabhängigen, dem Allgemeinwohl verpfl ichteten Wissenschaft orientieren müsste. Sie sind auf dem Holzweg. Leider Gottes müssen das viele bitter bezahlen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Als Nächster hat Herr Kollege Prof. Dr. Stockinger das Wort.

Herr Präsident, Hohes Haus! Frau Kollegin Rupp, eigentlich wollte ich mich heute mit Ihnen intellektuell duellieren, aber ich sehe, Sie sind unbewaffnet. Ihr Redebeitrag hat dies

gezeigt. Dass es auch anders geht, haben zum Beispiel Frau Kollegin Gote und Herr Kollege Vogel bewiesen.

(Wolfgang Vogel (SPD): Zwischen Frau Rupp und mich passt kein Blatt!)

- Herr Kollege Vogel, das haben andere auch schon gesagt. Wir wissen, was daraus geworden ist, nämlich neue Parteigründungen und ähnliches.

Herr Kollege Vogel hat gesagt, dass die SPD-Fraktion einen eigenen Gesetzentwurf vorgelegt habe, über den wir diskutiert haben. Er ahnte jedoch schon, was ich sagen werde: Unser Hochschulverständnis und unser Verständnis von Hochschulpolitik unterscheidet sich grundsätzlich von dem der SPD. Deswegen konnten wir bei diesem Gesetzentwurf nicht zusammen kommen. Wir setzen auf eine effi ziente Struktur und eine sinnvolle Beteiligung der Betroffenen, wo dies nötig und sinnvoll ist; sie setzen dagegen auf die Demokratisierung und Vergesellschaftlichung der Hochschulen. Wir wollen externen Sachverstand dort einsetzen, wo er notwendig und angebracht ist; sie setzen auf die Repräsentanz pluralistischer und gesellschaftlicher Interessen. Wir versuchen, das Auswahlrecht und damit die Verantwortung der Hochschulen für die Studierenden zu stärken; sie wenden sich jedoch strikt gegen Aufnahmeprüfungen. Soweit zu meinen grundsätzlichen Anmerkungen.

Ich glaube, dass es notwendig war, noch einmal darauf hinzuweisen. Herr Kollege Vogel und Kolleginnen und Kollegen von der SPD und vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, ich bedanke mich für die gute Diskussion und die Art und Weise, in der wir im Ausschuss über dieses Gesetz diskutiert haben.

Kolleginnen und Kollegen, am vergangenen Dienstag hatte der Vorsitzende des Universität Bayern e.V., Herr Prof. Dr. Schweitzer, Rektor der Universität Passau, im Rahmen eines parlamentarischen Abends gesagt: Eine Reform, die nicht gegen, sondern mit den Hochschulen vorangetrieben worden ist, wird am Donnerstag im Bayerischen Landtag verabschiedet. Ich denke, wenn diejenigen, für die wir dieses Gesetz gemacht haben, solche Worte fi nden, ist das ein Kompliment für die gesetzgeberische Arbeit des Bayerischen Landtags, auch wenn nicht alles durchgesetzt werden konnte, was die Hochschulen wollen.

Unser neues Hochschulrecht bringt den Hochschulen große Gestaltungsmöglichkeiten. Ich sage wiederholt, dass wir den Hochschulen klarmachen müssen, dass nicht alles, was im Gesetz nicht geregelt ist, nicht zulässig ist. Ich appelliere an die Hochschulen, von ihrer Gestaltungsfreiheit Gebrauch zu machen. Ich appelliere insbesondere an die Hochschulen, von Artikel 106 Absatz 2, der so genannten Erprobungsklausel, Gebrauch zu machen. Jede Hochschule kann sich ihren Zuschnitt selbst geben. Bislang haben das nur sehr wenige Hochschulen getan. Ich hoffe und wünsche, dass unter den gegebenen Voraussetzungen dieses Gesetzes öfter davon Gebrauch gemacht wird. Ich denke zum Beispiel an die Zusammensetzung des Hochschulrates der Hochschule für Film und Fernsehen.

Das neue Hochschulgesetz bringt auch eine engere Verzahnung von Universitäten und Fachhochschulen. Frau Kollegin Gote, wir haben Ihren Antrag auf Abschaffung des Begriffs „Fachhochschule“ abgelehnt. Wir hätten damit die Fachhochschulen ihres Ureigenen beraubt, wenn wir diesem Antrag zugestimmt hätten. „Fachhochschule“ ist ein Markenzeichen für eine angewandte Forschung und für eine angewandte Vermittlung von Lehre, das weit über die Grenzen Deutschlands hinaus Anerkennung gefunden hat. Dies wollten wir zugunsten der Fachhochschulen und der Absolventinnen und Absolventen dieser Schulen nicht aufgeben.

Durch die Abschlüsse Bachelor und Master ist die Verknüpfung der beiden Hochschularten deutlicher geworden. Der Uni-Bachelor kann den Master an der Fachhochschule erwerben. Der Uni-Master kann sowohl von einem Absolventen der Fachhochschule als auch von einem Absolventen der Universität erworben werden. Das bedeutet, die Durchlässigkeit des Systems der Hochschule ist weiter gestärkt worden.

Diese Durchlässigkeit zeigt sich auch in der Möglichkeit, dass Studierende an Fachhochschulen nicht an der Fachhochschule, sondern auch an einer Universität promovieren können. Außerdem wird dadurch aufgezeigt, dass das Schwergewicht der Fachhochschulen nach wie vor auf der angewandten Forschung und der angewandten Lehre liegt. Wir sind der Meinung, dass dies insbesondere eine Verpfl ichtung gegenüber dem Mittelstand ist; denn der Mittelstand hat als Auftraggeber der Fachhochschulen vom dortigen Forschungswirken sehr profi tiert.

In der letzten Gesetzesänderung im Jahre 1998 hatten wir Bachelor- und Master-Studiengänge erstmals eingeführt. Ich habe damals – noch im alten Plenarsaal - gesagt, dass die Wirtschaft über die Akzeptanz der Bachelor-Studiengänge entscheide. Über das, was diesbezüglich herausgekommen ist, bin ich enttäuscht. Wir leben heute im Zeitalter von Bologna. Die Opposition hat vorhin den Mainstream in Deutschland angemahnt bzw. angeprangert. Deshalb muss ich jetzt auf den europäischen Mainstream eingehen. Der Bologna-Prozess führt zu einer einheitlichen europäischen Hochschulbildung. Ob wir mit den Bachelor- und Masterabschlüssen gut fahren werden, wird die künftige Praxis an den Hochschulen zeigen. Ich fordere die Wirtschaft auch jetzt wieder auf, die Bachelorabschlüsse von unseren Hochschulen als erste berufsqualifi zierende Abschlüsse zu akzeptieren und zu honorieren. Der Bachelor darf nicht als Billigheimer auf dem Arbeitsmarkt betrachtet werden.

Ich appelliere an die Hochschulen, im Rahmen der modularen Studiengänge das Studium nicht zu verschulen. Die akademische Freiheit in unseren Hochschulen muss erhalten bleiben, damit es auch künftig im Sinne von von Humboldt in Bayern weitergehen kann. Ich bin dankbar, dass sich die Fachhochschulen auf einen siebensemestrigen Bachelorstudiengang eingelassen haben und nicht der Versuchung anderer Länder dieser Republik verfallen sind, sechssemestrige Bachelorstudiengänge einzuführen und das Praxissemester der Fachhochschule zu streichen. Dies bedeutet eine Stärkung der Fachhochschulen in Bayern im Wettbewerb.

Ich erinnere an unseren Beschluss zur Umsetzung des Bologna-Prozesses, den wir am 21. April des letzten Jahres getroffen haben. Wir haben gesagt, dass die traditionellen deutschen Hochschulabschlüsse, zum Beispiel das Diplom oder der Magister Artium, international einen hervorragenden Ruf genießen. Dieser Qualitätsstandard darf nicht entwertet werden.

(Beifall bei der CSU)

Wir waren der Auffassung, dass zu prüfen ist, wie unter den Bedingungen des Bologna-Prozesses die Qualität der Ausbildung erhalten und international wettbewerbsfähig gehalten werden kann. Die Qualitätssicherung hat dabei Vorrang vor Geschwindigkeit, vor allem mit Rücksicht auf die Wettbewerbsfähigkeit der Diplomabschlüsse in den Natur- und Ingenieurwissenschaften.

Ich appelliere an unsere Hochschulen, weiterhin auch auf Diplome zu setzten. Ich bin dankbar dafür, dass wir nicht den Weg von Nordrhein-Westfalen gegangen sind, das abrupt festschreibt, dass keine Diplomstudiengänge mehr angeboten werden dürfen. Wir setzen um, wir bringen keine neuen Studienabgänge mit Diplomabschluss und wir wollen, dass die Umsetzung in den Jahren 2009/2010 erfolgt sein soll, aber geben es abschließend als Ziel für alle aus.

Unser Entschließungsantrag in Form eines Dringlichkeitsantrags – auch dies an die Adresse der Kolleginnen und Kollegen der Opposition – ist als Wegbereiter für die Anwendung und Umsetzung dieses Gesetzes gedacht. Wir haben auf ein kurzes und straffes Gesetz Wert gelegt. Wir können dabei nicht alles hineinschreiben, um alle Tatbestände umfassend auszufüllen. Damit bestimmte Punkte nicht in Vergessenheit geraten, sind unsere Empfehlungen, wie mit einzelnen Sachverhalten, insbesondere den Studiengebühren umgegangen werden soll, in unserem Entschließungsantrag aufgeführt.

Es gäbe noch viel zu sagen, aber wir sollten uns trotz der Bedeutung und der Wichtigkeit dieses Gesetzgebungsvorhabens für den Freistaat Bayern und seine Hochschulen ein bisschen bezüglich der zeitlichen Ausdehnung an die Kandare nehmen. Ich komme zum Schluss, nicht ohne mich im Namen meiner eigenen Fraktion bei denen zu bedanken, die uns in diesem Gesetzgebungsverfahren begleitet haben. Ich möchte mich zunächst einmal bei den Kolleginnen und Kollegen im Ausschuss bedanken. Wir haben zahllose Überstunden hinter uns gebracht, aber ich denke, wir haben das in einer Form getan, dass wir uns auch nach Verabschiedung dieses Gesetzentwurfs in die Augen schauen und gemeinsam das Glas zu einem guten Schoppen heben können. Das ist nicht immer in allen Ausschüssen so der Fall.

Ich bedanke mich beim Staatsministerium, bei Staatsminister Dr. Goppel für die Vorgaben und Vorlagen und bedanke mich auch für die Offenheit in der Diskussion. Für mich ist das Hochschulgesetz ein wunderbares Beispiel dafür, dass der Landtagsabgeordnete kein Stimmvieh ist, sondern dass er sehr viele Möglichkeiten zur Gestaltung und zur Prägung hat. Ich bedanke mich bei den Beamtinnen und Beamten des Hauses. Ich darf ins

besondere Herrn Ministerialrat Störle, der für mich die personifi zierte Hochschulgesetzgebung des Freistaats Bayern des 20. und 21.Jahrhunderts darstellt, besonders hervorheben. Ich bedanke mich auch bei Frau Ministerialrätin Lengler, die es als Landtagsbeauftragte nie unterlassen hat, den Kontakt und den Gedankenaustausch, egal in welcher Richtung, zwischen dem Haus am Salvatorplatz und dem Maximilianeum zu fördern.

Ich bedanke mich beim Landtagsamt, bei Julius Heigl, unserem Ausschussassistenten, der ebenfalls Überstunden um Überstunden geschoben hat und dessen epochemachende Synopse auf zwei querliegenden DIN A 3-Blättern uns den Einstieg in die Diskussion wirklich sehr erleichert hat. Ich bedanke mich beim Stenografi schen Dienst, der sehr viel mehr hat schreiben und mitbekommen müssen, als dies üblicherweise der Fall ist. Ich bedanke mich auch bei den Mitarbeitern aller Fraktionen. Ich darf stellvertretend unseren Dr. Klinger nehmen. Auch er blieb von Überstunden nicht verschont und war ein hautnaher Begleiter dieses Gesetzgebungsprozesses. Ich bedanke mich bei all denen, die in Anhörungen und durch Anregungen dazu beigetragen haben, dass dieses Gesetz kein Werk ist, das am grünen Tisch entstanden ist, sondern das in der Diskussion und im gegenseitigen Zusammenwirken zustande gekommen ist.

Ich wünsche unseren bayerischen Hochschulen, egal welcher Art und welcher Ausprägung, viel Erfolg bei der Umsetzung und Anwendung dieses Gesetzes. Ich wünsche uns, dass die Gewinner dieses Gesetzes die Studierenden sein werden.

(Beifall bei der CSU)

Nächste Wortmeldung: Frau Kollegin Stahl.

Frau Präsidentin, meine Herren und Damen! Das klang jetzt wie ein Schlusswort. Ich muss Ihnen aber sagen: Für uns ist noch lange nicht Schluss mit der Debatte.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Das mag Ihnen vielleicht genehm sein, wir aber halten diesen Paradigmenwechsel, der in diesem Gesetzentwurf zum Ausdruck kommt, für so weitreichend, dass wir mit ein paar Wortmeldungen auf weitere Veränderungen in diesem Gesetzentwurf – meine Kollegin Gote hat das Wichtigste hervorragend zusammengefasst – hinweisen müssen.

Ich werde Ihnen ein paar Bemerkungen zum Gesetzentwurf bezüglich der Universitätsklinika nicht ersparen können, denn von der breiten Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt gehen mit den Änderungen im Bayerischen Hochschulgesetz und dem Universitätsklinikagesetz viele folgenschwere Änderungen einher, die nicht so offensichtlich waren und über die nicht so intensiv diskutiert worden ist. Deswegen müssen wir in dieser Runde auf diese Details mit ein paar Anmerkungen eingehen.

Der Anlass für eine weiterführende Debatte ist auch der immer noch andauernde und ebenfalls fast schon vergessene Streik der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Universitätskliniken. Wir haben den Eindruck, dass mit diesem Gesetzentwurf ebenfalls Schleusen geöffnet und Wege aufgezeigt werden, die wiederum für die Beschäftigten, aber auch für die Menschen, die Behandlung und Betreuung in einer Universitätsklinik suchen werden, Folgen haben werden.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Ich möchte nicht auf die Forderung der Ärzte, die Forderung des Marburger Bundes, eingehen; wir teilen diese Forderung weitgehend. Wir möchten uns vielmehr mit den Forderungen der Beschäftigten, die in ihrem Streik sehr allein gelassen werden, befassen. Die im Marburger Bund zusammengeschlossenen Ärzte erfahren in der Öffentlichkeit Zustimmung und können mit einer breiten Unterstützung rechnen. Das ist leider bei den Pfl egerinnen und Pfl egern, die ebenfalls einen schwierigen Dienst leisten – ich brauche Ihnen den Dienst an den Krankenhäusern nicht zu schildern – und die wirklich ihr Letztes hergeben, um für die Patientinnen und Patienten da zu sein, nicht der Fall. Das gilt auch für die Bürokräfte oder das Hilfspersonal, das ebenfalls unsere Unterstützung und Aufmerksamkeit verdient. Wir fragen uns, was das neue Universitätsklinikagesetz gerade diesen Menschen bringen wird.

Gegen mehr Selbständigkeit der Universitätsklinika, die in dem Gesetzentwurf angelegt ist, ist nichts einzuwenden. Es muss aber – insofern bezweifeln wir, dass dieser Gesetzentwurf das leisten kann – sicher gestellt sein, dass die Qualität der dort erbrachten Leistungen, die Qualität der dort geleisteten Forschung sowie die Versorgung der Patientinnen und Patienten sicher gestellt ist. Dieses Mehr an Selbständigkeit darf nicht zum Nachteil der Beschäftigten werden.

Dieser komplette Umstellungsprozess ist ein fortlaufender Prozess. Sie können dem Gesetzentwurf entnehmen, dass es die Möglichkeit gibt, neue Strukturen und neue Zuordnungen zu fi nden. An diesem Prozess ist zum Beispiel die Leitung der Universitätsklinik nur bedingt beteiligt. Die neuen Rechtsformen und die damit einhergehenden Ausgestaltungsmöglichkeiten werden zukünftig durch einfachen Verwaltungsakt – Sie können das in Artikel 1 nachlesen – möglich sein, und zwar ohne aufschiebende Wirkung durch Rechtsbehelfe. Die Beteiligung hierbei ist sehr begrenzt. Hinsichtlich der Beteiligungsrechte – meine Kollegin hat es bereits ausgeführt – sollen nach dem Entwurf des Hochschulgesetzes möglichst wenig Menschen mitreden können, vor allem diejenigen nicht, die Fachkompetenz haben. Es gibt die Beteiligung des Klinikumsvorstandes oder eine Anhörung des Aufsichtsrats. Das alles geschieht jedoch am Parlament vorbei. Wir geben ein Instrument aus der Hand, etwas für die Versorgung der Patientinnen und Patienten oder für Forschung und Lehre tun zu können. Dieses Instrument wird uns genommen bzw. gibt die Mehrheit dieses Hauses aus der Hand.

(Beifall bei den GRÜNEN)