Dabei geben wir zu bedenken, dass das Defi zit des Jahres 2006 in diesem Bereich nicht rasch durch staatliche Ersatzzahlungen aufgefangen wird. Denn der zum Ausgleich für die Mehrbelastungen vorgesehene Härtefonds wird seine Zahlungen nicht 2006, sondern erst im Jahr 2007 erbringen. Im Jahr 2007 werden diese Ausgleichsleistungen aber für die Deckung der Mehrausgaben im Jahr 2007 benötigt werden, weil der Gesetzentwurf für die Mehrkosten des Jahres 2007 noch keine Ersatzregelung enthält.
Für die Deckung der Mehrausgaben im Jahr 2007 soll erst im kommenden Jahr eine gesetzliche Anschlussregelung erfolgen, die aller Voraussicht nach Kompensationszahlungen erst im Jahr 2008 ermöglichen wird. Die im Gesetzentwurf vorgesehene Härtefallregelung sieht außerdem keinen vollen Ersatz der Mehrausgaben vor, sondern nur Härtefallleistungen nach umfangreichen Verrechnungen mit anderen Harzt IV-Vorteilen und denkbaren Bezirksumlagesenkungen. Dies bedeutet, dass die im Jahr 2006 entstehende Haushaltslücke im sozialen Bereich nicht …. in voller Höhe durch staatliche Härtefonds-Zahlungen zu schließen ist und dass die Stadt Augsburg gut beraten ist, …
Das heißt, die Stadt Augsburg ist gut beraten, deutliche Kürzungen in ihrem Haushalt vorzunehmen. Also: Demnächst werden die Kommunen wohl ähnliche Schreiben von ihren zuständigen Rechtsaufsichtsbehörden bekommen. An diesem Beispiel sehen Sie, welches Chaos Sie mit diesem Gesetzentwurf angerichtet haben.
Der Belastungsausgleich soll zeitversetzt erfolgen. Er führt aber nicht dazu, dass die ursprünglichen Ziele, nämlich eine Entlastung der Kommunen, tatsächlich erreicht werden.
Das ursprüngliche Ziel war, dass durch die Beteiligung des Bunds am Wohngeld in Höhe von 29,1 Prozent eine 2,5 Milliarden Euro starke Entlastung der Kommunen in Deutschland erfolgt. Was haben wir jetzt? Wir haben einen aus verschiedenen Töpfen, die ohnehin den Kommunen und dem kommunalen Finanzausgleich zustehen würden, gebildeten Nottopf, nämlich Wohngeldentlastung des Landes plus einen Topf, der bisher dazu diente, die Belastungen durch die Kontingentfl üchtlinge der Bezirke auszugleichen. Dieser Nottopf soll zur Verfügung stehen, um den Kommunen, die überhaupt nicht ent-, sondern belastet wurden, ihre nachgewiesene Belastung in Form eines komplizierten Verrechnungsverfahrens auszugleichen.
Fest steht also schon heute, dass viele Kommunen überhaupt nicht entlastet werden, sondern von Glück reden müssen, wenn ihre zusätzlichen Belastungen nach einem
Kolleginnen und Kollegen, insbesondere der Mehrheitsfraktion, bevor Sie versuchen, sich im Bund bei der Gesundheitsreform einzumischen und das dort vorhandene Chaos weiter zu vergrößern, schaffen Sie erst Klarheit über die notwendigen Strukturreformen vor Ort. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, kritisieren Sie nicht nur das Gesetz, sondern lehnen Sie es auch ab.
Frau Kollegin Steiger, ich attestiere Ihnen das, auch wenn ich das von Ihnen eigentlich nicht gewöhnt bin.
Ihr letzter Satz, Frau Kollegin Kamm, war sehr interessant, nämlich: „Schaffen Sie Klarheit.“ Klarheit kann ich nur dann schaffen, wenn ich auch die entsprechenden Anknüpfungspunkte habe. Das macht Ihren Diskussionsbeitrag etwas problematisch. Aber vielleicht können Sie uns ja helfen. Wie sollen wir heute wissen, was der Bund 2007 macht? Das ist aber die Ausgangsposition dafür, dass wir Klarheit schaffen könnten.
Solange wir die Zahlen vom Bund nicht haben, ist Ihre Forderung einfach nur in den Raum gestellt, die uns weder weiterbringt noch in irgendeiner Weise denjenigen hilft, denen wir helfen wollen, nämlich den Kommunen und den betroffenen Bürgern.
Meine Damen und Herren, worum geht es letztendlich? Richtig ist – und da muss ich schon wieder mit der Kollegin Steiger übereinstimmen,
aber das ist ausnahmsweise oberfränkische Solidarität –, dass wir sehr wohl wissen, dass noch nicht alles auf dem Weg ist, was wir wollen. Das wissen wir beide. Auch die Mehrheitsfraktion weiß sehr wohl, dass noch einiges auf dem Weg ist. Aber wenn wir den Weg jetzt nicht beginnen, sondern stehen bleiben und warten, bis wir die geforderte Klarheit haben, dann schaden wir allen, insbesondere denen, denen wir eigentlich helfen wollen.
Deshalb ist klar, dass die Zusammenführung der Zuständigkeit für ambulante und teilstationäre Leistungen in den Bereichen Eingliederungshilfe und Hilfe zur Pfl ege in eine Hand kommen soll. Ich bin auch dafür, mit Ihnen gemeinsam „muss“ zu sagen. Aber wir müssen auch diejenigen mit auf den Weg nehmen, die es betrifft, und da ist noch einiges an Überzeugungsarbeit notwendig.
Das Problem für mich ist, dass wir aus fachlichen Gesichtspunkten die Änderung brauchen, dass insbesondere diese einheitliche Zuständigkeit für ambulante, teilstationäre und stationäre Hilfen erforderlich ist. Aber wir müssen dabei auch davon ausgehen, wenn ein Leistungsträger Erfolg haben will, muss er auch einen Nutzen davon haben. Das bedeutet für uns – und deshalb sind wir auf dem richtigen Weg –, die Eingliederungshilfe muss am Ausbau des im Vergleich zu den stationären Angeboten meist kostengünstigeren ambulanten Bereichs gemessen und damit auch verbunden werden.
Warum wir das noch nicht in diesem Gesetz dabeihaben, ist eigentlich sehr einfach zu erklären. Seit dem 1. Januar 2005 haben die Kommunen aufgrund von Hartz IV erhebliche Mehrbelastungen. Das ist von allen Seiten gesagt worden und das wissen wir auch. Wir müssen dafür sorgen, dass wir die Kommunen damit nicht alleinlassen, sondern dass wir sie insgesamt entlasten können. Vor der Inkraftsetzung des Gesetzes war das natürlich nicht möglich. Denn dann hätten wir wirklich nur Daumen mal Pi arbeiten müssen, und das hätte niemandem geholfen. Eine weitere Aufgabenverlagerung durchzuführen, solange wir noch nicht wissen, wohin es geht, wäre meines Erachtens verantwortungslos. Es sind – das ist auch nicht zu vergessen – erhebliche fi nanzielle Auswirkungen auf die einzelnen Kommunen zu erwarten.
Ich will Ihnen Zahlen nennen, weil ich sie so bezeichnend fi nde. Im Jahr 2004 haben die Bezirke im Bereich der Eingliederungshilfe circa 1,36 Milliarden Euro, im Bereich Hilfe zur Pfl ege 283 Millionen Euro geschultert. Die Landkreise und kreisfreien Städte trugen im Bereich der Eingliederungshilfe Ausgaben von circa 56 Millionen Euro und im Bereich Hilfe zur Pfl ege circa 45 Millionen Euro. Das sind weiß Gott keine Peanuts.
Um die einzelnen Kommunen fi nanziell nicht zu überfordern, können Zuständigkeitsverlagerungen mit solch erheblichen fi nanziellen Auswirkungen nur Schritt für Schritt vorgenommen werden. Der erste Schritt, Schaf
fung eines interkommunalen Belastungsausgleichs sowie die Streichung der Sonderzuständigkeit der Bezirke für Ausländer, Aussiedler und Spätaussiedler im Bereich der Grundsicherung für Arbeitssuchende sowie der Sozialhilfe, soll nun mit diesem Änderungsgesetz vollzogen werden.
Bei dem ersten Schritt kann es nicht bleiben, Frau Kollegin Steiger. Das wissen wir. Wir müssen auch die sonstigen Zuständigkeiten in der Sozialhilfe insbesondere die Eingliederungshilfe effi zienter gestalten, was durch eine Zusammenlegung der vorhin genannten Leistungen erfolgen muss.
Der zweite Schritt der Neuordnung der Zuständigkeiten in der Sozialhilfe muss aber – und ich glaube, auch da sind wir uns weitaus einig – in enger Abstimmung mit den Spitzenverbänden der Kommunen und der freien Wohlfahrtspfl ege erfolgen. Denn diese brauchen unsere Zusammenarbeit, und wir brauchen deren Hilfe.
Ich sage noch etwas dazu in Richtung Frau Kamm. Wenn wir keine genauen Zahlen haben, wie wollen wir dann im gleichen Jahr einen Belastungsausgleich machen? Wir haben diese Spitzabrechnung – übrigens als einziges Bundesland in Deutschland – genau deshalb vorgesehen, um zielgerichtet den Kommunen helfen zu können. Jetzt gibt es eine Grundlage, und die werden wir umsetzen können, wobei wir nicht mehr mit der Stange im Nebel rühren müssen, sondern wirklich mit exakten Zahlen arbeiten können.
In Bezug auf die weiteren Zuständigkeitsänderungen brauchen wir Geduld, und ich appelliere an alle, dass wir nach dem fünften Gesetz sehr wohl heute schon wissen – das haben alle gesagt –, dass es ein sechstes Ergänzungsgesetz geben wird. Da sind wir wohl alle einer Meinung, und das möchte ich als Akt der Gemeinsamkeit ans Ende meiner Rede stellen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Staatssekretär, Klarheit schafft man nicht dadurch, dass man wartet. Klarheit schafft man, indem man die unterschiedlichen Modelle prüft und durchrechnet, um die Folgen zu ermitteln und zu analysieren.
Sie haben auch keine Klarheit darüber, wie die Aufgabenverlagerungen zukünftig vernünftig zu gestalten sind. Sie haben auch keine Klarheit darüber, wie ein vernünftiger interkommunaler Lastenausgleich in Bayern zukünftig vollzogen werden soll.
Es gibt in allen Bundesländern gewisse Formen des interkommunalen Lastenausgleichs. Diese sind weiterhin aufrechtzuerhalten, auch wenn die Zuständigkeiten in zunehmendem Maße, wie in diesem Beispiel geschehen, auf die Landkreise und kreisfreien Städte verlagert werden.
Sie wurschteln sich durch und regeln im Nachhinein das Notwendigste, statt die notwendigen Reformen anzugehen.