Mir ist sehr wohl bekannt, dass es bereits seit dem 18. Jahrhundert in anderen Rechtsräumen aufgrund einer anderen Rechtstradition derartige Einsichtsrechte gibt. Nur, es ist Ihr Denken und Ihr Prinzip politischen Handelns, etwas zu tun, ganz gleich, ob es Sinn macht oder nicht, ganz gleich, ob jemand ein Bedürfnis danach hat oder nicht.
Wir können darin keinen Sinn erkennen, und wir verweisen bezüglich der Regelungen an anderem Ort auf diese Rechtstraditionen und erlauben uns, im Einzelfall zu überlegen, ob es einen Sinn macht oder nicht.
Für uns ist folglich nicht einfach das Maßstab, was andere tun, ob andere eine Sau durchs Dorf treiben und damit vielleicht ein öffentliches Interesse hervorrufen.
Für uns ist vielmehr Maßstab, was den Bürgern wirklich dient, was die Bürger wirklich wollen, und nicht, Herr Kollege Ritter, was Sie versuchen, den Bürgern einzureden, das sie doch bitte wollen möchten. Sie zeigen mit Ihrer Argumentation, mit Ihrem Handeln gerade an diesem Beispiel zum wiederholten Male, wie man populistisch Politik betreibt,
wie man dazu beiträgt, dass die Politikverdrossenheit – Sie haben vorhin von ihr gesprochen – in diesem Land immer mehr zunimmt, weil sich Politiker mit Dingen auseinander setzen, bei denen die Bürger sagen: Um Gottes willen! Haben die denn nichts anderes zu tun? Herr Kollege Ritter, Frau Kollegin Stahl, das werden die Bürgerinnen und Bürger draußen zu einem solchen Gesetzentwurf sagen. Sie haben wirklich andere Sorgen, als in irgendwelchen Aktenstößen herumzusuchen. Deshalb ist es Ihnen auch nicht gelungen, praktische Beispiele und Fälle zu nennen, in denen einzelnen Bürgern dieses Recht verwehrt worden wäre.
Das ist übler Populismus. Es wird Sie nicht wundern, dass wir Ihre Gesetzentwürfe auch dieses Mal wieder ablehnen werden. Vielleicht denken Sie noch einmal über sie nach. Dann können Sie sie selbst mit ablehnen.
(Alexander König (CSU): Jetzt bauen wir zur Abwechslung wieder einmal Bürokratie auf, Frau Kollegin!)
Frau Präsidentin, meine Herren und Damen! Ich weise den Vorwurf der multiplen Persönlichkeit zurück und gebe das Kompliment an Sie als Autisten weiter.
(Heiterkeit und Beifall bei den GRÜNEN – Ale- xander König (CSU): Über Ihren Stil sollten Sie einmal nachdenken, Frau Kollegin Stahl!)
Sie haben sich auf das Verwaltungsverfahrensrecht bezogen, Herr Kollege König. Gerade Sie als Jurist müssten wissen, wie beschränkt diese Rechte im Verwaltungsverfahrensrecht sind, weshalb wir eben weitere Möglichkeiten in einem IFG brauchen.
Sie haben ebenfalls die Rechte der Journalisten und Journalistinnen genannt. Hierzu gebe ich Ihnen zur Antwort: Schauen Sie sich das bayerische Pressegesetz an. Darin klafft eine große Lücke, weil sich dieses nur auf die schreibende Zunft der Journalistinnen und Journalisten bezieht, und ich bin gespannt, wann Sie, respektive die Staatsregierung endlich bereit sind, sie zu schließen.
Weil von 100 Organisationen eine, die Ihnen nicht gefällt, etwas wissen will, zu sagen, deswegen dürften die anderen 99 auch nichts wissen, ist als Argument nicht besonders stichhaltig. Auch ist zu bedenken, dass es hier nicht um Wohlverhalten und auch nicht um Wohlgefallen geht. Das ist genau das, was der Kollege Ritter ausgeführt hat: Es geht um Ihre obrigkeitsstaatliche Haltung, zu entscheiden, wer was wissen darf. Genau das ist mit dem IFG nicht mehr möglich, weil alle die gleichen Informationen bekommen können.
Es gibt auch einen Unterschied, ob ich mich über Verwaltungsvorschriften für Fahnen und Ehrungen lustig mache oder ob ich den Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit geben will zu entscheiden, wohin ihr Geld fließt. Zwischen Fahnen und Ehrungen auf der einen und Steuergeldern auf der anderen Seite besteht in der Bedeutungsskala für mich durchaus ein kleiner Unterschied.
Kosten wird dieses Gesetz verursachen, aber wir sind Ihnen – vielleicht schauen Sie sich unsere Gesetzentwürfe dahingehend noch einmal an – mit einer Kostenordnung entgegengekommen, sodass für die Kommunen nichts anfallen wird.
(Alexander König (CSU): Und was ist mit den Kosten, die ohnehin anfallen, auch wenn niemand das Recht geltend macht?)
Ich glaube, Sie haben noch Redezeit übrig. – Das große Problem der von Ihnen genannten Spitzenverbände besteht doch darin, dass die Kommunen Sorge haben, und zwar nicht des Geldes wegen, sondern sie haben Sorge, dass man endlich genauer auf das schaut, was Sie tun. Die Mehrheit sind CSU-Bürgermeister. Deswegen
Ihre Vorstellung von Tradition und Wahrung derselben folgt im Endeffekt der Devise: Das haben wir noch nie gemacht, und das machen wir auch zukünftig nicht.
Mit Tradition hat das aber nichts zu tun, sondern einfach mit der Verweigerung, sich auch einmal dem Fortschritt zu öffnen.
Herr Kollege König, Sie haben noch einmal darauf hingewiesen, dass alle Beteiligten, die ein Interesse haben, natürlich das Recht auf Akteneinsicht haben. Aber das müssen Sie schon ein bisschen genauer ausführen,
Zum einen ist es so, dass man als Betroffener ein berechtigtes Interesse nachweisen muss. Ich nehme noch einmal das ganz banale Beispiel, das ich am Anfang gesagt habe, mit dem Anschluss an die öffentliche Abwasserentsorgung. Wenn man angeschlossen werden soll, dann hat man durchaus ein berechtigtes Interesse und kann das im Regelfall wahrscheinlich auch nachweisen. Das ist völlig in Ordnung. Aber warum soll ein Gemeindebürger einer Gemeinde, der in den gleichen Abwasserverband einzahlt, nicht ebenfalls das Interesse haben, in solche Akten Einsicht zu nehmen?
Das ist im Augenblick nicht abgedeckt, wird aber – um einmal von den großen und monströsen Beispielen abzukommen – durch die beiden vorliegenden Gesetzentwürfe geregelt.
Es geht auch nicht darum, wie Sie gesagt haben, dass die Bürger kein Interesse daran haben, dass alle anderen Bürger alles in jeder Akte einsehen können. Manchmal bildet Lesen weiter. Manchmal sollte man auch die Gesetzentwürfe, die in diesem Hause vorgelegt werden, durchlesen.
Ich habe in meinem ersten Beitrag schon darauf hingewiesen, dass da, wo es notwendig ist, auch die entsprechenden Vorkehrungen getroffen werden, dass kein Ein
sichtsrecht möglich ist. Damit fällt dann auch das Beispiel mit den Scientologen in Schleswig-Holstein, das Sie genannt haben – sehr schön, sehr populistisch, unglaublich furchterregend –, ins Wasser, weil alle Dinge, die die innere Sicherheit betreffen, von dieser Regelung ausgenommen sind.
Sie können natürlich jetzt sagen: Der Kollege Ritter beschwört ein Recht für die Bürger, an dem sie letztlich kein Interesse haben. Nach den Erfahrungen in den vergangenen drei Jahren, was da an Feedback von den Bürgerinnen und Bürgern gekommen ist, möchte ich sagen, dass diese Behauptung nichts weiter ist als ein Wunsch als Vater des Gedankens.
Sie empfinden es als nahezu skandalös, dass der Staat am Ende Organisationen finanziert, die den Staat dann auch kontrollieren wollen.
Sehr geehrter Herr Kollege König, ich glaube, auch das wirft ein ganz bezeichnendes Schlaglicht auf Ihr Staatsverständnis.
Der Staat sind die Bürgerinnen und Bürger in diesem Land. Die Bürgerinnen und Bürger organisieren sich in Verbänden, die teilweise aus Steuermitteln, also aus den eigenen Geldern der Bürgerinnen und Bürgern, finanziert werden.