Haushaltsplan 2007/2008; Einzelplan 15 für den Geschäftsbereich des Bayerischen Staatsministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst
Änderungsantrag von Abgeordneten der SPD-Fraktion (Drs. 15/6662), Änderungsanträge der Fraktion des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN (Drsn. 15/6735 mit 15/6740), Änderungsanträge von Abgeordneten der CSU-Fraktion (Drsn. 15/6750 mit 15/6754)
Im Ältestenrat wurde für die Aussprache eine Gesamtredezeit von einer Stunde und 36 Minuten vereinbart. Davon entfallen auf die Fraktion der CSU 32 Minuten, auf die SPD-Fraktion 17 Minuten und auf die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN 15 Minuten. Die übliche Regelung für die Staatsregierung ist bekannt. Ich eröffne die Aussprache. Als Erster hat Herr Kollege Kupka das Wort.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wissenschaft, Forschung, Kunst und Kultur sind seit jeher besondere Schwerpunkte bayerischer Politik. Sie haben immer wieder starke Akzente in den Haushalten gefunden. Im zurückliegenden Doppelhaushalt 2005/2006 hatten wir Zuwächse von 4,4 bzw. 2,4 %. Für den vorliegenden Doppelhaushalt können wir erneute Zuwächse verzeichnen. Für 2007 sind es 1,7 % oder 70,3 Millionen Euro, und für 2008 sind es 1,3 % oder 57,2 Millionen Euro. Damit beläuft sich der Gesamtetat auf 4,328 Milliarden Euro im Jahr 2007 und auf 4,385 Milliarden Euro im Jahr 2008.
Das ergibt von 2005 bis 2008 Zuwächse von insgesamt circa 10 %. Der größte Teil entfällt auf den Bereich Wissenschaft und Forschung, also auf die Hochschulen. In Zahlen ausgedrückt sind das 34 Millionen Euro im Jahr 2007 und 73 Millionen Euro im Jahr 2008. Das sind die Zahlen ohne die den Hochschulen selbst und allein für Forschung und Lehre zustehenden Studiengebühren in Höhe von circa 150 Millionen Euro und ohne Versorgungsausgaben in Höhe von 236 Millionen Euro, die aus systematischen Gründen erstmals dem Hochschuletat zugerechnet werden.
Es gibt auch noch kleinere Korrekturen von 19,4 Millionen Euro, die Ausgabesteigerungen aus Einnahmekoppelungen betreffen.
Der Doppelhaushalt 2007/2008 sieht zudem 150 neue Stellen im Hochschulbereich vor. Das ist, so meinen wir, der notwendige Einstieg in eine Finanzierung, die die Hochschulen benötigen, um die wachsenden Studierendenzahlen bewältigen zu können. Es handelt sich bei diesen 150 Stellen um sogenannte ungeschlüsselte Stellen. Das heißt, sie sind nur an Mittelkontingente gebunden; je nach Wertigkeit können also auch mehr als 150 Stellen geschaffen werden. Auf die Fachhochschulen müssen zudem mindestens 73 dieser Stellen entfallen.
Diese nachhaltige Förderung hat dazu geführt, dass die Qualität der bayerischen Hochschulen auch in der Wirtschaft sehr anerkannt ist. Ich meine damit nicht nur die Einwerbung von Drittmitteln; die Wirtschaft fi nanziert 74 Stellen für Stiftungsprofessuren.
Ein ganz besonderes Qualitätszeichen aber haben unsere Hochschulen durch die Exzellenzinitiative erhalten. Zwei Münchner Universitäten konnten sich in der dritten Förderlinie mit ihren Anträgen zu Zukunftskonzepten durchsetzen. Bei der ersten und zweiten Förderlinie gehen fünf Exzellenzcluster und vier Graduiertenschulen an bayerische Universitäten; das ist eine hervorragende und ausgezeichnete Leistung, zu der man nur gratulieren kann. Wir rechnen mit einem jährlichen fi nanziellen Volumen von insgesamt knapp 70 Millionen Euro für die elf erfolgreichen bayerischen Anträge. Ein Drittel der bundesweit in der ersten Runde insgesamt bewilligten Fördersumme geht an Bayern.
Die Rahmenbedingungen für diese exzellente Leistung haben wir sicherlich durch unsere bayerische Wirtschaftsförderung über Jahre hinweg gelegt. Aber ein ganz besonderes Verdienst haben neben dem Minister und seinen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen im Ministerium die Hochschulen selbst. Der Präsident der TU München und der Rektor der LMU haben mit ihren Professoren und ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie den Studenten herausragende Leistungen erbracht. Das gilt auch für die Universität Würzburg. Dafür möchten wir an dieser Stelle einen herzlichen Dank und die Anerkennung dieses Hohen Hauses aussprechen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich war dabei, als Professor Herrmann mit seiner Crew diese Exzellenzinitiative in einem Fachseminar etwas gefeiert hat, und darf Ihnen sagen: Erst bei solchen Gesprächen wird einem klar, welche Qualitäten notwendig sind, um überhaupt ein solches Antragsverfahren erfolgreich bestreiten zu können. Es ist hier eine außerordentliche Leistung zustande gebracht worden. Wir sind überzeugt, dass die anderen Universitäten das nächste Mal auch mitziehen werden. In diesem Zusammenhang gehört auch die Eliteförderung nach dem Eliteförderungsgesetz genannt. Hierfür stehen Mittel in Höhe von 8,7 Millionen Euro bereit. Im Zuge des Ausbaus des Elitenetzwerks werden zusätzliche Mittel investiert, die nicht zulasten der Breitenförderung gehen. Im Stellenplan 2007/2008 sind deshalb weitere 115 Stellen durch eine Umsetzung angesetzt worden, sodass nunmehr 222 Stellen bereitstehen.
Weiter zu erwähnen ist das Innovationsbündnis. Von den Universitäten wurden 600 Stellen für dieses Bündnis eingebracht, von den Fachhochschulen 30. Der Staat gibt weitere 140 dazu.
An Sachmitteln werden für den Innovationsfonds insgesamt 2,3 Millionen Euro im Jahre 2007 und 3,5 Millionen Euro im Jahre 2008 zur Verfügung gestellt.
Neben der Förderung der Wissenschaft ist natürlich der zweite Schwerpunkt im Einzelplan 15 der Bereich Kunst und Kultur. Die Ausgaben für diesen Bereich einschließlich der Umfi nanzierung von derzeit 407 Millionen Euro auf 412,7 Millionen Euro im Jahr 2007 und 417,9 Millionen im Jahr 2008 sprechen eine deutliche Sprache. Die Ausgaben werden in diesem Bereich auf hohem Niveau weitergeführt. Ein besonderes Highlight wird dabei sicherlich die für Frühjahr 2008 geplante Eröffnung des Brandhorst-Museums sein; das ist eine Sammlung im Wert von 100 Millionen Euro. Dieses Brandhorst-Museum wird weit über München hinaus auf ganz Bayern ausstrahlen.
Bei den staatlichen und nichtstaatlichen Theatern und den Bamberger Symphonikern wurden die tarifvertraglichen Anpassungen fortgesetzt, sodass es hier nicht zu erneuten Schwierigkeiten kommen kann.
Bei den Sing- und Musikschulen ist eine Erhöhung von 170 000 Euro vorgesehen; Zuwächse sind ferner eingeplant für das Staatstheater Nürnberg und das Textilmuseum in Augsburg.
Zur Bodendenkmalpfl ege ist zu berichten, dass hier eine Erhöhung um 340 000 Euro erfolgt. Das Geld ist hauptsächlich für das Projekt Limes vorgesehen. Bei der Baudenkmalpfl ege sind die Mittel um 500 000 Euro aufgestockt worden.
Zum Einzelplan 15 gab es eine ganze Reihe von Anträgen, die wir im Haushaltsausschuss behandelt haben. SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN haben Anträge mit einem Gesamtvolumen von 780 000 Millionen Euro eingereicht, die nur über neue Schulden hätten fi nanziert werden können, was natürlich einen Verstoß gegen Artikel 18 der Bayerischen Haushaltsordnung dargestellt hätte. Diese Anträge wurden gegen die Stimmen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN abgelehnt.
Die CSU hat ebenfalls fünf Anträge eingebracht, die allerdings alle eine Deckung vorwiesen. Ich darf die Anträge nur kurz erwähnen:
175 000 Euro wurden für beide Jahre für die Frauenförderung in Forschung und Lehre bereitgestellt. Jeweils 400 000 Euro für 2007 und 2008 wurden für Maßnahmen am UNESCO-Weltkulturerbe Limes bereitgestellt. Jeweils 1 Million wurde zur Erhaltung und Sanierung von Kunst- und Geschichtsdenkmälern beantragt. 200 000 Euro für beide Jahre wurden zur Förderung nichtstaatlicher Museen und 200 000 Euro für die bayerische Staatsbibliothek beantragt, welche damit ihren Bestand aufstocken kann. Wie gesagt, für diese Anträge lagen entsprechende Deckungsvorschläge vor. Sie wurden deshalb auch im Haushaltsausschuss positiv verabschiedet.
Ich möchte an dieser Stelle dem Minister und seinem gesamten Haus einen herzlichen Dank nicht nur für die Arbeit im Zusammenhang mit der Aufstellung des Haushaltsplans, sondern auch für die Arbeit in der Vergangenheit sagen. Wir sind wirklich in einer Situation, die weit über Bayern hinaus Beachtung fi ndet. Wir können uns mit unseren Leistungen sehen lassen. Wir sind sicher, dass wir mit dem neuen Doppelhaushalt auf diesem Sektor
Zeichen gesetzt haben, die weit in die Zukunft reichen. Ich bitte deshalb das Hohe Haus, dem Einzelplan 15 in der vom Haushaltsausschuss beschlossenen Fassung zuzustimmen.
Herr Präsident, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Ich werde mich bei meinen Ausführungen auf den Wissenschaftsbereich konzentrieren.
Lieber Ludwig Spaenle, warte halt erst einmal ab, was ich sage, und schrei dann dazwischen, dann wird es vielleicht substanzieller. Mein Fraktionskollege Peter Hufe wird später zu Kunst und Kultur Stellung nehmen.
Lieber Herr Kollege Kupka, die Kollegin Radermacher hat es Ihnen schon im Haushaltsausschuss gesagt. Es wird nicht richtiger, wenn Sie die Anträge der SPD und der GRÜNEN zusammenzählen, in einen Topf werfen und dann insgesamt -
Die Summe sagt aber nichts aus, Herr Kupka. – Die SPD hat für 63 Millionen Euro Anträge eingebracht, und wir haben für diese 63 Millionen auch Deckungsvorschläge gemacht. Sie folgen unserer Haushaltssystematik nicht, aber wir wissen sehr wohl, was wir machen.
Dass Sie unseren Anträgen nicht zustimmen, ist Ihr gutes Recht, aber unser Recht ist es auch, dass Sie mit den Zahlen redlicher umgehen.
(Engelbert Kupka (CSU): Deckungsvorschläge habt Ihr aber nicht vorgelegt! – Johanna WernerMuggendorfer (SPD): Doch! – Engelbert Kupka (CSU): Für die 126 Millionen aber nicht!)
Herr Kupka, ich hätte mir überhaupt gewünscht, dass der erste Redebeitrag der die Regierung tragenden Fraktion etwas mehr von der hochschulpolitischen Realität geprägt gewesen wäre und nicht von haushaltspolitischen Schönfärbereien.
Sie reden von Zuwächsen, aber es wird einiges dazu zu sagen sein, wohin diese Zuwächse gegangen sind. Sie fl üchten sich die ganze Zeit mit dem berechtigten Lob für
Eliteuniversitäten über die hochschulpolitische Alltagsrealität hinweg. Die Realität an unseren Hochschulen sieht anders aus, als Sie es bei einem Empfang von irgendwelchen Exzellenzclustern erleben. Darüber müssen wir heute reden, wenn wir über diesen Haushalt reden. Dieser Hochschulhaushalt ist in Anbetracht der Aufgaben, vor denen die Hochschulen stehen, gelinde gesagt, ein Armutszeugnis.
Deswegen möchte ich mit einem Zitat des Historikers Golo Mann beginnen – Herr Goppel, das ist an Ihre Adresse gerichtet: „Es ist eine alte Erfahrung, dass jemand einen falschen Weg, den er schon lange gegangen ist, auch zu Ende gehen wird“. Herr Goppel, leider gehen Sie diesen Weg zu Ende, und wir sind es leid, immer wieder in Sonntagsreden das hohe Lob der bayerischen Hochschullandschaft zu hören.
Im Alltag erleben wir, dass es ganz anders ausschaut. Die Hochschulen und die dort Lehrenden und Studierenden erfahren eine ganz andere Alltagsrealität.
Unterfi nanzierte und überlastete Hochschulen schicken Sie in eine von dramatisch anwachsenden Studierendenzahlen gekennzeichnete Zukunft. Sie umgeben damit die Universitäten und Fachhochschulen mit einem Hauch von Autonomie, der angesichts der dramatischen Lage lediglich zur autonomen Mangelverwaltung zwingt. Elite- und Exzellenzförderung verkommen zu Alibiveranstaltungen, weil die akademische Breitenausbildung, aus der heraus sich eben Spitzenleistungen entwickeln können, nur noch dank des enormen Einsatzes der Lehrenden und Lernenden erfolgt. Das ist ein fataler hochschulpolitischer Kurs. Das ist Ihr fataler Kurs, Herr Goppel.
Obendrauf gibt es dann ein marktkonformes Sahnehäubchen aus Innovationsbündnis, Exzellenzoffensive und Hochschulgesetzgebung, was nur denjenigen Menschen schmecken wird, die mit dem Humboldtschen Wissenschaftsbegriff wenig anzufangen wissen. Für sie kann Wissenschaft und Forschung nur noch unter Marktbedingungen bestehen. Zudem dürfen die Studierenden nur gegen die Bezahlung von Studienbeiträgen die Veranstaltungen besuchen, und zwar mit fragwürdigem Nutzen für ihr Weiterkommen, aber wegen der schwarzen Null zur Freude des Finanzministeriums.
Diesen Kurs halten Sie konsequent ein, und dabei unterliegen Sie einer fatalen Selbsttäuschung. Wider besseres Wissen und weil Ihnen angesichts der Misere nichts anders übrig bleibt, behaupten Sie kontinuierlich, die Hochschulen in Bayern wären auf einem guten Weg, sie wären bestens ausgerüstet und optimal aufgestellt für die Zukunft. Die an den Hochschulen Arbeitenden machen hervorragende Arbeit, aber Sie lassen sie damit allein, und Sie machen sich, uns und den Betroffenen etwas vor.