(Beifall bei der SPD – Engelbert Kupka (CSU): Da müssen Sie einmal mit den Universitäten selber reden!)
Sehr wohl, Herr Kupka. Ich rede vielleicht häufi ger mit den Universitäten, nämlich dort, wo unterrichtet wird und wo geforscht wird, und nicht bloß bei Empfängen. Ihr falscher Weg wird auch nicht dadurch richtig, dass Sie ihn tagtäglich wiederholen und dabei immer wieder vor- und zurücktrampeln.
Die Universitäten und Fachhochschulen stehen mit dem Rücken zur Wand. Das Land erwartet von Ihnen endlich konkrete Vorschläge für die Bewältigung des bevorstehenden Ansturms junger Menschen. Die Wirtschaftsinstitute schlagen Alarm, weil zu wenig Absolventinnen und Absolventen ausgebildet werden. Es droht ein Fachkräftemangel. Die Innovationskraft schwindet, wenn nicht endlich gegengesteuert wird.
Trotz aller Ankündigungen und Vertröstungen, die bayerischen Hochschulen würden bei den aktuellen Haushaltsberatungen besonders berücksichtigt, werden die Hochschulen mit dem vorliegenden Haushaltsplan erneut enttäuscht. Herr Kupka, das ist die Wahrheit: Der Wissenschaftshaushalt wächst im Vergleich zu den anderen Haushalten nur unterdurchschnittlich. Herr Goppel hat uns diese Zahlen auch vorgerechnet. Man muss nur die Einnahmen aus den Studienbeiträgen und die Versorgungsleistungen abziehen.
Angesichts dieser Herausforderungen hätte es Ihnen, Herr Goppel, aber gelingen müssen, Ihrem Kollegen Faltlhauser deutlich zu machen, dass Hochschulen und Wissenschaft ein zentraler Schwerpunkt der Landespolitik sind und deshalb ihre Finanzierung deutlich aufgestockt werden muss. Die Hochschulen haben Vorleistungen erbracht, nämlich eine Erhöhung des Lehrdeputats um 12,5 % für Professorinnen und Professoren sowie eine Erhöhung des Lehrdeputats um 25 % für die Assistentinnen und Assistenten. Alles das wird von Ihnen nicht gegengerechnet. Hier kommt keine Gegenleistung mehr. Die Selbstverpfl ichtung der Fachhochschulen zur Erhöhung der Studienplätze um 10 % und all diese Anstrengungen bleiben ohne Gegenleistung. Wir von der SPDLandtagsfraktion fordern deshalb eine deutliche Aufstockung der Ressourcen; denn ohne die erforderlichen Mittel werden unsere Hochschulen in den kommenden Jahren arbeitsunfähig sein.
Auf der Stecke bleiben die Studierenden. Auf der Strecke bleibt die Qualität der Lehre. Die Rechnung geht für die Studierenden nicht auf. Bei wachsenden Studierendenzahlen, bei zusätzlichen Aufgaben für die Hochschulen und bei einem minimalen Anwachsen des Wissenschaftsetats bleibt für die Verbesserung der Lehre fast überhaupt nichts übrig. So erfreulich zugegebenermaßen die Erfolge der bayerischen Universitäten bei der Auslegung der Exzellenzinitiative sind, umso deutlicher werden
dadurch die schwierigen, sich verschlechternden Studienbedingungen für die große Mehrheit wahrzunehmen sein.
(Dr. Ludwig Spaenle (CSU): Ich habe jetzt nicht an unsere Massen gedacht, sondern an die Massen der Studierenden an den Hochschulen!)
Die Zahl der Erstsemester an der TU wird nach einer Prognose zum Beispiel von derzeit 5800 auf bis zu 8000 in den nächsten fünf Jahren ansteigen. Der Präsident der Technischen Universität München, Herr Herrmann, hat an dieser Stelle circa 1000 neue Planstellen gefordert, die rechtzeitig geschaffen werden müssen. Wo sind sie denn? Die Universität München stellt fest, dass sich das Defi zit von jährlich 70 Millionen Euro infolge der Entwicklung der Studierendenzahlen auf 185 Millionen Euro im Jahr 2016 erhöhen wird. Wie wird denn das alles im Haushalt berücksichtigt? Es fehlen die Hörsäle, es fehlen die Dozenten. Mehr als hundert Studierende sitzen in einem Seminar. Grundseminare können wegen Überbelegung nicht mehr gewählt werden. Pfl ichtveranstaltungen werden von Lehrbeauftragten abgehalten, die dafür nur einige hundert Euro pro Semester bekommen.
Die Prognosen der Hochschulen an dieser Stelle sind eindeutig. Wenn man die Abiturienten des Doppeljahrgangs 2010/2011 einbezieht, muss man feststellen: Die Hochschulen können diese Aufgaben nicht mehr aus eigener Kraft bewältigen. Man befürchtet, dass man ganze Fakultäten schließen muss. Wenn man dann noch einbezieht – im Hochschulausschuss tun wir das auch oft genug –, dass die Umstellung auf Bachelor- und Masterstudiengänge weitere Kapazitäten bindet, frage ich: Wo wird das in diesem Haushalt berücksichtigt?
Es kommt noch schlimmer. Die staatlichen Mittel für den Bauunterhalt und für Reinvestitionen sind defi zitär. Dies führt dazu, dass die Substanz der Gebäude, Einrichtungen und Geräte vielfach verkommt. Die „Universität Bayern e. V.“ hat in ihrer „Eichstätter Erklärung“ geschrieben: Der aufgestaute Erhaltungsaufwand ist kaum mehr zu beziffern, geht aber in die Milliarden Euro und wird sichtbarer und greifbarer. – Es muss Ihnen doch wie ein Schlag ins Gesicht vorgekommen sein, als der Bayerische Oberste Rechnungshof in der letzten Woche veröffentlicht hat: Er sieht den Zustand der Bausubstanz an der Universität Regensburg als Ergebnis einer jahrelangen Vernachlässigung des Bauunterhalts.
Am Ende dieses falschen Weges stehen jetzt beispielsweise in Regensburg – und das steht für die gesamte bayerische Hochschullandschaft – baufällige Zugangstreppen zum Universitätsgebäude, die gesperrt oder ohne Ersatz abgerissen werden müssen. Fakt ist: Die Fassaden des vierzig Jahre alten Stahlbetonbaus sind brüchig
und müssen renoviert werden. Auch diese Problematik, Herr Goppel, fi ndet im Haushalt keinen Niederschlag.
Wenn man durch die Uni Regensburg geht – nicht beim Empfang, Herr Kupka, sondern wenn man einfach durch die Flure geht –, kann man angesichts fallender Decken und Betonteile ganz persönlich erfahren, wie niederschmetternd die Hochschulpolitik in Bayern ist.
An dieser Stelle könnte man noch auf viele andere Punkte eingehen. So wurde versprochen, dass die im Kürzungshaushalt 2004 gekürzten Titelgruppen 73, 76 und 79 wieder aufgestockt werden. Passiert ist aber nichts. Es gäbe eine Reihe weiterer Beispiele. Darauf haben wir mit unseren Anträgen reagiert. Sie wissen: Diese Anträge sind gedeckt. Angesichts von 2,3 Milliarden Euro wären auch andere hochschulpolitische Wege denkbar. Die Mehrheit ist unseren Vorschlägen nicht gefolgt. Aber ich habe eingangs schon gesagt: Sie halten sich verbissen an das Motto von Golo Mann; Sie müssen diesen falschen Weg leider Gottes weitergehen. Die Studierenden in Bayern, die Lehrenden und die Lernenden leiden darunter. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit oder Nichtaufmerksamkeit.
Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, Herr Staatsminister! Der Ministerpräsident hat in seiner gestrigen Rede Bayern vollmundig zum Chancenland ausgerufen.
Klatschen Sie nicht zu früh. Doch wie sieht es wirklich aus mit den Chancen im Hochschul- und Wissenschaftsland Bayern? Wie sieht es aus mit den Chancen für junge Menschen in diesem „Chancenland“? Eröffnen Sie Chancen, mehren Sie die Chancen für die jungen Leute? – Genau das tun Sie nicht.
Sie arbeiten seit Jahren daran, die Chancen junger Menschen auf eine akademische Ausbildung in Bayern zu verschlechtern. Seit Herr Stoiber Ministerpräsident ist, sind die Ausgaben für Wissenschaft und Forschung in Relation zum Gesamtvolumen des Staatshaushaltes stetig gesunken, und das bei stetig steigendem Bruttoinlandsprodukt. Noch nicht einmal ein Prozent des Bruttoinlandsprodukts ist dieser Regierung das Zukunftsfeld Hochschulen wert. Wenn es Ihnen ernst ist mit dem „Chancenland“ Bayern, warum investieren Sie dann nicht in dieses Zukunftsfeld?
Obwohl Sie jetzt, zwei Jahre vor der nächsten Landtagswahl, das Füllhorn in verschiedenen Bereichen auffüllen, um es dann termingerecht über das Land zu entleeren, sparen Sie noch immer bei den Hochschulen. Ich habe mir die Rede des Ministerpräsidenten gestern genau angehört. Er hat dort nicht erklärt, wie er die Hochschulen über das Jahr 2010 hinaus ausstatten will, damit sie die Herausforderungen der hoffentlich steigenden Studierendenzahlen bewältigen können.
Du hast recht, Margarete; darüber müssen wir uns eigentlich gar nicht mehr wundern; denn dann wird er sich sicher mehr für den fi nanziellen Rahmen seines Ruhestandes interessieren als für den der Hochschule.
Sie geben unseren Hochschulen nicht die Mittel, die sie brauchen, um im internationalen Wettbewerb bestehen zu können, um in großer Breite zu Spitzenleistungen zu kommen. Zwei Eliteuniversitäten sind nicht genug für Bayern, Herr Kollege Kupka.
Ich warne Sie, sich auf diesem Erfolg auszuruhen. Für das Ziel, die vielen jungen begabten Menschen in Bayern und an den bayerischen Hochschulen zu fördern, geben Sie nicht genug Geld in diesen Haushalt. Sie geben nicht genug Geld, um endlich eine der am meisten vernachlässigten Zukunftsressourcen, nämlich die jungen Frauen, die Wissenschaftlerinnen an unseren Hochschulen, angemessen zu fördern. Da hilft auch die nachgeschobene Erhöhung nichts. Sie ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein.
Sie geben nicht genug Geld, im Gegenteil, Sie kürzen sogar noch in diesem Bereich um ausländische Studierende, Nachwuchswissenschaftler/innen und Professor/ innen anzulocken. Sie geben nicht genug Geld, um mehr junge Menschen eines Jahrgangs an den Hochschulen auszubilden, um die Lehre signifi kant zu verbessern und die Betreuungsrelationen zu verbessern. Das alles wäre dringend nötig, wenn der Bologna-Prozess ein Erfolg werden soll. Sie geben nicht genug Geld, um die Bibliotheken, Labors und Rechenzentren vernünftig auszustatten. Sie geben nicht genug, um wenigstens den Bestand der Gebäudesubstanz zu sichern, geschweige denn ordentlich zu sanieren und zu modernisieren.
Oftmals wissen die Hochschulen nicht, wie sie die Reinigungskräfte und die Stromrechnung bezahlen sollen.
Kolleginnen und Kollegen von der CSU, das alles habe ich Ihnen schon mindestens einmal, schon mehrfach gesagt. Hier von diesem Redepult aus habe ich Ihnen diese Situation an unseren Hochschulen schon mehrfach vor Augen geführt, für die Sie die Verantwortung tragen.
Doch das tun Sie erklärtermaßen nicht, denn wie hat der Finanzminister seine Einbringungsrede zu diesem Doppelhaushalt überschrieben? – Er sagte „Kurs halten“. Da ist er ehrlich. „Augen zu und durch“ müsste das Motto mit Blick auf den Einzelplan, den wir im Moment diskutieren, eher lauten. Sie haben ein neues Programm angekündigt, das Programm „Investieren in Bayerns Zukunft“. Darin sollen vier Zukunftsfelder bearbeitet werden. Eines davon sollen ja die Hochschulen sein. Was Sie allerdings versprechen, kann mit Blick auf die katastrophale Unterfi nanzierung der Hochschulen nur ein kleiner Anfang sein. Ein Beispiel dazu: Sie kündigen mit Ihrem Programm „Investieren in Bayerns Zukunft“ zusätzliche Investitionen in den Hochschulbau in Höhe von 140 Millionen Euro an. Das klingt nach viel Geld. Für einen Normalsterblichen ist das sehr viel Geld. Dem steht aber ein Sanierungsbedarf allein an der Uni Regensburg, an einer einzigen Hochschule in Bayern, von mindestens 388 Millionen Euro gegenüber. Ich sage das nur damit wir wissen, über welche Größenordnung wir hier reden und reden müssen.
Der Rechnungshof hat Ihnen in diesem Jahr auch sehr schön vorgerechnet, wie unvernünftig das jahrelange Sparen in diesem Bereich war. Sie haben nicht in den Gebäudeunterhalt und nicht in diese Gebäudesanierung investiert. Jetzt wird es in Zukunft in den nächsten Jahren sehr viel teurer werden. Ich bin gespannt, wie wir uns das dann leisten können.
Der Präsident der Technischen Universität München, einer der Ihren – Sie wollten ihn sogar mal zum Wissenschaftsminister machen –, mahnte kürzlich öffentlich: Falls die staatlichen Hochschuletats auf dem schon heute zu niedrigen Niveau eingefroren bleiben, wird sich auch das Bildungs- und Hightech-Land Bayern aus dem internationalen Wettbewerb verabschieden.