Protokoll der Sitzung vom 07.02.2007

Ich mache weiter. Der Minister ist in vielen Punkten ein Ankündigungsminister geblieben: Für die berufl iche Oberschule, vor über einem Jahr angekündigt, ist er uns ein Konzept schuldig geblieben, über die Hauptschulreform soll Ende Juni im Ausschuss berichtet werden.

Herr Kollege Pfaffmann hat in der geschichtlichen Entwicklung des bayerischen Bildungshaushaltes weiter zurückgegriffen. Ich will nur zum Doppelhaushalt zurückgehen. Eineinhalb Monate nach Verabschiedung des Doppelhaushalts schwant Ihnen anscheinend, dass Sie Ganztagshauptschulen verstärkt ausbauen müssen. Sie reden von 300 Millionen Euro. Da habe ich auch keinen zeitlichen Horizont vernommen. Sie erwecken den Eindruck, die 300 Millionen Euro kämen quasi im nächsten Jahr. Dazu müssen Sie mir auch erst einmal ganz klare zeitliche Vorgaben nennen, Herr Kollege Freller.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Bei allem, was am Montag an Nebelkerzen geworfen wurde, habe ich eine Hoffnung: dass mit dem Ministerpräsidenten Stoiber auch der Geiz der CSU im Bildungsbereich aus dem Bayerischen Landtag verschwindet.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Weil wir aber nicht wissen, wie es beim nächsten Ministerpräsidenten wird, müssen wir jetzt Nägel mit Köpfen machen. Ein Lob haben Sie nicht verdient, weil eine Offensive zu Ganztagsschulen schon längst hätte gestartet werden müssen.

Ich erinnere dazu auch an ganz viele GRÜNEN-Anträge seit 2003. Wir müssen jetzt mit einem großen Kraftakt das zurückholen, was Sie in den vergangenen vier Jahren versäumt haben.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir haben Ihnen schon immer gesagt, Herr Staatsekretär, und ich wäre froh, wenn ich diese Sätze nicht so oft sagen müsste: Es wäre schön, wenn Sie einmal gleich auf GRÜNEN-Anträge hörten.

Wir haben eine Ganztagsoffensive gefordert. Sie haben sie immer wieder abgelehnt, zuletzt im Doppelhaushalt 2007/2008. Wenn Sie sich eineinhalb Monate später anders entscheiden, dann muss ich Ihnen sagen, liebe CSU: Sie sind sehr wankelmütig, und wir wissen nicht, was Ihnen in eineinhalb Monaten vielleicht wieder an Rückwärtsbewegung einfällt.

Ihnen gebührt auch deshalb kein großes Lob, weil Sie die Hauptschule bei der Vergabe der IZBB-Mittel, also der Mittel aus dem Investitionsprogramm Zukunft, Bildung und Betreuung, benachteiligt haben.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Jede vierte Schule ging leer aus. Es handelt sich um eine Summe von 32 Millionen Euro. Ihre Worte, Herr Staatssekretär, wären glaubhafter, wenn Sie diesen Hauptschulen die beantragten Mittel sofort zuweisen würden.

(Beifall bei Abgeordneten der GRÜNEN – Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Genau!)

Es wäre auch glaubhafter, wenn die Investitionskosten für die Kommunen nicht so hoch wären. Sie bezuschussen ja nur 50 %. Ich fordere 90 % Zuschuss für die Kommunen, so wie es bei den IZBB-Mitteln war.

(Beifall bei den GRÜNEN und der Abgeordneten Johanna Werner-Muggendorfer (SPD))

Wenn Sie es ernst meinen, dann geben Sie den Hauptschulen die 1660 Stellen zurück, die Sie ihnen weggenommen haben.

(Beifall bei Abgeordneten der GRÜNEN)

Wenn Sie es ernst nehmen, dann geben Sie den Hauptschulen Sozialarbeiter. 32, im letzten Haushalt eingestellt, reichen nicht aus. Das ist eine Lachnummer.

(Beifall der Abgeordneten Margarete Bause (GRÜNE))

Wenn Sie es ernst meinen, dann greifen Sie meinen Vorschlag auf und geben Sie den Hauptschulen ein Wahlrecht, ob Sie 19 Lehrerstunden wollen oder zwölf Stunden und 6000 Euro Budget. Auch das haben Sie abgelehnt.

Wenn Sie es ernst meinen, dann starten Sie eine Werbeoffensive bei Kommunen, Eltern, Lehrern und Lehrerinnen für die gebundenen Ganztagsschulen. Denn dass Ihnen an dieser Form gelegen ist, Herr Staatssekretär, da muss ich Sie jetzt einmal loben, das haben Sie auch gesagt. Die gebundene Ganztagsschule ist eine große Chance für eine pädagogisch wertvolle Schule. Sie ist rhythmisiert wie eine pädagogisch wertvolle Schule und berücksichtigt An- und Entspannungsphasen der Schülerinnen und Schüler. Ich bitte Sie auch, dass Sie die Werbung für diese Form weiterführen, weil das in anderen Ländern oft nicht gemacht wird. Die Chance ist da, eine gebundene Ganztagsschule für die Region zu öffnen; sie wird vielleicht auch zu einer Aufwertung der Hauptschule führen.

Eine wirkliche Reform der Hauptschule muss aber anders aussehen. Die beste Reform der Hauptschule ist ihre Abschaffung zugunsten einer neunjährigen gemeinsamen Schulzeit.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Hier gehen dann alle gemeinsam in eine gebundene Ganztagsschule. Wenn Sie die einrichten wollen, Herr Staatssekretär, dann habe ich nichts dagegen. Aber Ihren Worten müssen Taten im Haushalt folgen. Mit Ihrer Zustimmung zu unserem Antrag signalisieren Sie diese Taten. Mein Antrag formuliert erste notwendige Schritte, und deswegen bitte ich das Hohe Haus: Lassen Sie Ihren Minister nicht im Stich und stimmen Sie zu.

(Anhaltender Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Kollege Sibler, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Kaum ist die Tinte getrocknet, mit der man den Doppelhaushalt geschrieben hat, schon fordert die Opposition einen Nachtragshaushalt.

(Heiterkeit bei der CSU)

Die Konsequenz, meine sehr verehrten Damen und Herren von den GRÜNEN, haben wir gerade gesehen und gehört.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Wo kommen denn die 300 Millionen Euro her?)

Zwar spricht man einerseits von der Abschaffung der Hauptschule zugunsten der Regionalschule. Auf der anderen Seite möchte man aber das Kind irgendwie stärken, wobei man in den Haushaltsberatungen immer das böse Wort „Restschule“ gebraucht hat.

(Zuruf der Abgeordneten Johanna Werner-Mug- gendorfer (SPD))

Frau Kollegin Werner-Muggendorfer, ich habe von den GRÜNEN gesprochen.

Im Ziel sind wir uns, abgesehen von gewissen Akzentsetzungen und vielleicht auch der Zeitschiene, durchaus einig. Was läuft schon alles zum Thema Ganztagsschulen? Im laufenden Schuljahr 2006/2007 wird die Anzahl der gebundenen Ganztagsschulen, also der verpfl ichtenden Form, von 70 auf 90 erhöht. Der Doppelhaushalt schreibt fest, dass die Anzahl in den nächsten Jahren von 90 auf 130 erhöht wird.

Ein weiterer Akzent wird mit den Versuchsformen an der Grundschule gesetzt. Die Anzahl der Plätze an offenen Ganztagsschulen, also der freiwilligen Form, betrug im Schuljahr 2005/2006 28 200.

(Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD): Wer bezahlt das?)

Herr Pfaffmann, ich komme schon noch darauf zu sprechen.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Klassen, nicht Schulen!)

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Frau Kollegin Tolle?

Selbstverständlich, sie ist mir eine liebe Kollegin.

Sind Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen, dass Herr Minister Schneider als Erster das Wort „Nachtragshaushalt“ in den Mund genommen hat, und zwar am Montag in Form einer Pressemitteilung, und dass die Forderungen nach einem Nachtragshaushalt genau daraus resultieren?

(Zuruf von der CSU: Einen Nachtragshaushalt gibt es seit 50 Jahren!)

Aber Ihnen ist schon klar, dass der Freistaat Bayern im Zuge des Doppelhaushalts zum Jahresende genau diesen Nachtragshaushalt wieder aufstellen wird?

(Zuruf der Abgeordneten Simone Tolle (GRÜNE))

Ich komme schon noch darauf zu sprechen. Darf ich bitte jetzt fertig sprechen? Auch wir haben nicht immer dazwischengeschrien.

(Manfred Ach (CSU): Höfl ichkeit!)

Genau. – Auch zum Ende dieses Jahres werden wir wieder einen Nachtragshaushalt beschließen. Aber dass Sie jetzt mit ihrem Antrag einen Nachtragshaushalt auf den Weg bringen wollen, entspricht nicht den parlamentarischen Gepfl ogenheiten des Hauses.

(Zuruf der Abgeordneten Karin Radermacher (SPD))

Sehr geschätzte Frau Kollegin Radermacher, aber genau diesen Eindruck erwecken Sie.

31 200 Plätze an offenen Ganztagsschulen sind es im Schuljahr 2006/2007. 2008/2009 werden es 33 200 und 2009/2010 werden es 35 200 sein. In der offenen, freiwilligen Form kann also überall dort, wo Nachfrage besteht, diese auch befriedigt werden.