Protokoll der Sitzung vom 15.02.2007

Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich eröffne die 87. Vollsitzung. Ich begrüße herzlich Presse, Funk, Fernsehen und auch die Fotografen. Sie haben wie immer um Aufnahmegenehmigung gebeten; sie wurde natürlich erteilt.

Vor Eintritt in die Tagesordnung möchte ich Herrn Kollegen Dr. Runge gratulieren, der heute Geburtstag feiert. Ich wünsche ihm im Namen des Hohen Hauses und auch persönlich alles Gute.

(Allgemeiner Beifall)

Er ist noch nicht anwesend. Ich bitte, es ihm dann auszurichten.

Ich darf zunächst einen Überblick über den voraussichtlichen Sitzungsablauf geben: Wir haben jetzt, 9.00 Uhr, eine Ministerbefragung. Anschließend steht der Schlussbericht des Untersuchungsausschusses auf der Tagesordnung. Gegen 13.00 Uhr wird es eine halbe Stunde Mittagspause geben. 13.30 Uhr folgen die Dringlichkeitsanträge, anschließend die Ersten Lesungen bis zum Sitzungsende gegen 17.00 Uhr.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 1 auf:

Ministerbefragung

Entsprechend den probeweise geltenden, von der Geschäftsordnung abweichenden Regelungen fi ndet heute die erste Ministerbefragung statt. Die vorschlagsberechtigte Fraktion der SPD hat hierfür als Thema benannt: „Zwischenzeugnisse in Bayern: Sieht die Staatsregierung dem Lehrermangel und dem dramatischen Unterrichtsausfall tatenlos zu?“

Zuständig für die Beantwortung ist der Staatsminister für Unterricht und Kultus. Bevor ich den jeweiligen Fragestellern das Wort erteile, möchte ich ausdrücklich darauf aufmerksam machen, dass jeder Fraktion mindestens zwei Wortmeldungen zustehen und der einzelne Fragesteller nicht länger als 3 Minuten sprechen darf. Es darf also auch kürzer sein. Als zeitlicher Rahmen sind 30 Minuten vorgesehen. Vermutlich werden wir nicht ganz in diesem Zeitraster bleiben, da zwei Sprecher je Fraktion auf jeden Fall die Gelegenheit zur Fragestellung bekommen. Zwischenfragen sind nicht zugelassen, um das von vornherein zu klären. Das haben wir auch gestern im Ältestenrat so besprochen.

Die erste Frage steht der vorschlagsberechtigten SPDFraktion zu. Das Wort hat Herr Kollege Pfaffmann.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Staatsminister, wir haben nun seit Jahren in Bayern einen Lehrermangel. Die Oppositionsparteien, die Lehrerverbände, die Eltern und Schulen weisen seit Jahren darauf hin.

In den letzten Monaten spitzt sich die Lage zu. Ich darf Ihnen einige Beispiele nennen:

Grundschule Sankt Leonhard Nürnberg: 6 Wochen Unterrichtsausfall in einer Klasse;

Grundschule Wendelskirchen: 1. Klasse 5 Wochen ohne Lehrer;

Grundschule Leuching: 380 Überstunden für Klassenlehrer;

Volksschule Essenbach: tageweise kein Unterricht;

Neues Gymnasium Nürnberg: 5 Wochen kein Ersatz für kranke Lehrer;

Hauptschule Höchstadt: 3 Tage Schule komplett geschlossen;

Sankt-Anna-Gymnasium München: seit Schuljahresbeginn kein Kunstunterricht in der 6. Klasse;

Realschule Waldmünchen: Da muss ein 83-jähriger ehemaliger Rektor einspringen für eine kranke Lehrerin

(Unruhe bei der SPD)

Wir wissen aus den Zeitungen, aus den Schulen: Die Eltern müssen einspringen, Klassen werden zusammengelegt, ganze Schulen schließen.

Herr Staatsminister, teilen Sie die Auffassung, dass dies keine Einzelfälle sind, sondern ein strukturelles Lehrerinnen- und Lehrerproblem in ganz Bayern ist, halten Sie die derzeitig vorgehaltenen Planstellen für alle Schulen für ausreichend, um den geplanten Unterricht zu garantieren, und wie wollen Sie den Stundenausfall nachhaltig kompensieren, damit sich Eltern auf den Unterricht verlassen können?

(Beifall bei der SPD)

Herr Staatsminister.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Pfaffmann, zunächst einmal können wir festhalten, dass die SPD jetzt Einzelfälle zitiert hat, Einzelfälle, die in einer Zeit passieren können, in der vor allem Krankheiten an der Tagesordnung sind.

(Zurufe von der SPD)

Ich nehme ein Beispiel heraus, das Sie genannt haben, nämlich die Hauptschule in Höchstadt, wo sich an einem Tag in der Frühe von 13 Lehrern 11 Lehrer krankmelden und die zugeteilte Mobile Reserve ebenfalls. Das ist ein Unterrichtsausfall, den Sie nicht vorausberechnen, den Sie auch nicht aufrechnen können. Das ist ein Einzelfall.

(Beifall bei der CSU)

Ein zweites Beispiel: Ich nehme den Teilbereich Wendelskirchen heraus. Das ist eine ausgelagerte Schule mit zwei Klassen. Eine der Kolleginnen ist schwanger; es ist eine

Risikoschwangerschaft. Die Kollegin geht zum Arzt, wird von diesem von Montag bis Freitag krankgeschrieben und sagt, am folgenden Montag kommt sie wieder. Am Sonntag ruft sie an, dass sie leider nicht kommen und der Unterricht von ihr wieder nicht gehalten werden kann. Auch das ist eine Sondersituation, die eine Vorausplanung nicht zulässt, wenn man davon ausgeht, dass die Lehrkraft in einigen Tagen wieder zur Verfügung steht.

Wir haben trotzdem darauf reagiert und bereits jetzt, zum Halbjahr, zusätzliche Mobile Reserven in Bayern zur Verfügung gestellt. Damit, mit 150 und zusätzlichen 30 Planstellen, wird es gelingen, diese Spitzen abzufedern. Wir werden das auch in Zukunft genau beobachten.

Ich war gestern sowohl in Landshut als auch in Dingolfi ng-Landau und habe mit dem Leiter des dortigen Schulamts gesprochen, um zu schauen, woran es liegt, dass in manchen Bereichen bestimmte Spitzen da sind. Diese bestimmten Spitzen werden wir auch in Zukunft genau beachten. Ich habe diese 30 zusätzlichen Planstellen, die ich gezielt einsetzen kann, und mein Anliegen ist es, trotz dieser Spitzenbelastung das leisten zu können, was auch fi nanziell leistbar ist.

Ich möchte aber auch deutlich machen, dass Unterrichtsausfall – wenn denn eine Differenzierung aufgehoben wird – nicht unbedingt heißt, dass Unterricht entfällt, sondern es fi ndet halt keine Teilung statt, sondern es werden von einer Lehrkraft dann zwei Gruppen betreut.

Wir haben vor Weihnachten über 14 Tage hinweg den Unterrichtsausfall in Bayern gemessen mit einem Vorgehen, das 1999 im Bildungsausschuss des Bayerischen Landtags auf Antrag der SPD zwischen allen Fraktionen so vereinbart wurde: in welchem Zeitrahmen wir messen, welche Schulen wir auswählen, welche Fragen wir stellen. Man war damals der Meinung, dass man genau unterscheiden soll, ob Unterricht ersatzlos ausfällt oder ob er vertreten wird.

Das Ergebnis dieser Umfrage Ende vergangenen Jahres zeigt, dass im Volksschulbereich 1,4 % des Unterrichts ausfallen. Das ist ein Wert, der sich deutschlandweit wirklich mehr als sehen lassen kann, und er ist auch ein Ergebnis dessen, dass wir in den letzten Jahren permanent zusätzliche Planstellen zur Verfügung gestellt und auch die Mobile Reserve erhöht haben.

(Beifall bei der CSU)

Nächste Wortmeldung: Herr Kollege Professor Waschler.

Herr Staatsminister, teilen Sie meine Auffassung, dass es bei über 5000 Schulen in Bayern durchaus vorkommen kann, dass entsprechende Versorgungsprobleme in Einzelfällen auftreten können

(Heiterkeit und Widerspruch bei der SPD und bei den GRÜNEN)

und dass wir uns in Bayern besonders mit Blick auf die Entwicklung bei Lehrereinstellungen

(Unruhe bei der SPD)

und bei Bildungsausgaben pro Schüler auch im Vergleich mit anderen Ländern sehen lassen können – –?

Ja, verehrte Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, hören Sie sich doch wenigstens erst einmal die Frage an!

(Zuruf von der SPD: Das ist keine Frage, sondern bereits die Antwort!)

Ich habe die Frage so gestellt, Herr Präsident,

(Anhaltende Unruhe – Glocke des Präsidenten)

ob er meine Einstellung teilt, dass es eben so ist,

(Widerspruch bei der SPD)

dass sich Bayern auf einem guten Weg befi ndet, wenn man die Anzahl der Lehrereinstellungen und die Bildungsausgaben pro Schüler betrachtet.

(Anhaltende Unruhe)