Protokoll der Sitzung vom 29.03.2007

Das Ergebnis der Beratungen zu beiden Gesetzentwürfen steht aus Sicht der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie der Personalvertretungen in keinem Verhältnis zum zeitlichen Aufwand.

Lassen Sie mich zunächst auf den Gesetzentwurf der Staatsregierung eingehen. In der Ersten Lesung hat die geschätzte Kollegin Heckner ausgeführt – ich zitiere –: „Das Bayerische Personalvertretungsgesetz ist nämlich vom Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit von Dienststelle und Beschäftigten geprägt.“ – Das klingt zunächst gut. Bei genauerem Hinsehen stellen wir aber fest, dass diese vertrauensvolle Zusammenarbeit doch sehr einseitig defi niert ist, und zwar nach dem Motto: Wir – sprich: CSU und Staatsregierung – bestimmen, was unter vertrauensvoller Zusammenarbeit zu verstehen ist, und die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben das zu akzeptieren – im Sinne einer vertrauensvollen Zusam

menarbeit, versteht sich. Sie werden zugeben müssen, das hat etwas Gutsherrenartiges.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wie weit diese Äußerung von der Realität entfernt ist, zeigt Ihnen, Kolleginnen und Kollegen von der CSU-Fraktion, die große Zahl von Petitionen zu diesem Gesetzentwurf. Wäre dieser Gesetzentwurf wirklich vom Gedanken der vertrauensvollen Zusammenarbeit getragen, hätte sich sicher keine solche Flut von Petitionen ergeben, die just diese Zusammenarbeit an vielen Stellen einfordern. Besser noch: Der Gesetzentwurf wäre im Sinne einer vertrauensvollen Zusammenarbeit erarbeitet worden. Dann hätte es vielleicht gar keine oder nur wenige Petitionen gegeben.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich einige Bereiche aufzeigen, in denen unserer Meinung nach die Staatsregierung nicht nur die vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den Arbeitnehmervertretungen, sondern jegliche Einfl ussmöglichkeit der Personalvertretung verweigert. Reformen können nur erfolgreich sein, wenn das Personal bzw. die Personalvertretung mit einbezogen wird. Die Novellierung des Bayerischen Personalvertretungsgesetzes hätte die Möglichkeit geboten, eine solche Beteiligung verbindlich festzuschreiben, damit künftig nicht wie bei der jüngsten Verwaltungsreform Entscheidungen über die Köpfe der Betroffenen hinweg gefällt werden. Leider wurde diese Chance vergeben.

Bei einem Punkt, der schon angesprochen wurde, hat inzwischen sogar die Rechtsprechung die Position der Opposition gestützt und die der Staatsregierung und der Mehrheitsfraktion in die Schranken gewiesen. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat in seiner Entscheidung vom 21. März 2007 erklärt, dass das Personalvertretungsrecht auch für die Ein-Euro-Job-Verhältnisse gilt und dass die Ein-Euro-Job- Verhältnisse der Mitbestimmung unterliegen. Wir hätten vielleicht doch noch etwas länger beraten sollen, dann hätten wir diese Rechtsprechung mit einarbeiten können. So bleibt der peinliche Tatbestand, dass eine gesetzliche Regelung, bevor sie in der Zweiten Lesung beschlossen wird, von der Rechtsprechung bereits ausgehebelt wird.

(Christa Naaß (SPD): Dann müsst ihr auf die SPD horchen!)

Eine besonders gelungene Umsetzung der vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen Dienststelle und Beschäftigten zeigt sich in der Frage, ob der Dienststellenleiter, der seine Mitarbeiter beurteilt, gleichzeitig Personalvertreter sein kann. Wir meinen: Nein, weil der Dienststellenleiter nicht gleichzeitig zwei Herren dienen kann. Staatsregierung und CSU meinen aber: Ja. Damit arbeitet der Dienststellenleiter – wenn wir es etwas überspitzt formulieren wollen – mit sich selbst als Personalvertreter überaus vertrauensvoll zusammen.

(Heiterkeit bei den GRÜNEN)

Pikant wird die Entscheidung dann, wenn die CSU gleichzeitig ablehnt, dass die Hinzuziehung der Gleichstellungsbeauftragten im Gesetz verankert wird, und zwar mit der Begründung, die Gleichstellungsbeauftragte sei Teil der Dienststelle und nicht gewählt. – Als wäre der Dienststellenleiter nicht Teil der Dienststelle! Allerdings ist der gewählt, das muss man fairerweise dazusagen. Das nenne ich Logik, meine Damen und Herren. – Im Übrigen hätte das überhaupt nichts gekostet, von wegen, dass alle unsere Forderungen viel Geld kosteten.

Wie weit es mit der vertrauensvollen Zusammenarbeit her ist, zeigt die Tatsache, dass die CSU-Fraktion nicht einmal dem Wunsch aus Kreisen, in denen Schichtdienst geleistet wird wie bei der Polizei, nachgekommen ist, die Ladungsfrist von zwei Wochen für die konstituierende Sitzung des Personalrats zu verlängern. Wenn man solche bescheidenen Anliegen ablehnt, geht es nur noch darum, zu zeigen, wo der Hammer hängt. Übrigens, auch das hätte nichts gekostet außer guten Willen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

In die gleiche Richtung, wenn auch mit materiell deutlich stärkeren Auswirkungen, geht die Diskussion, ob der Personalrat Büropersonal oder geeignetes Büropersonal erhält. Das Vertrauen der CSU scheint für geeignetes Büropersonal nicht zu reichen. Die Leute könnten doch Anspruch auf Schulung haben. Wenn wir ernsthaft darüber diskutieren, ob dem Personalrat mit PC und Internetzugang die modernen Kommunikationstechniken zur Verfügung gestellt werden, und dies von der CSU abgelehnt wird, dann zeigt dies, wo Sie die Personalvertretung gern hätten, nämlich im vorletzten Jahrhundert.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die Gutsherrenart tritt bei der Frage der Mindestfreistellungsquote deutlich zutage. Obwohl unbestritten ist, dass die Tätigkeit der Personalräte vielfältiger und umfangreicher geworden ist, konnte sich die Mehrheitsfraktion nicht zu einer Anhebung der Mindestfreistellungsquote durchringen. Der Dienstherr würde das im begründeten Einzelfall doch gewähren, konnten wir hören. – Eben nach Gutsherrenart: Kein Recht, etwas einzufordern, aber die Gnade, etwas zu gewähren.

Gleiches gilt für den Umfang der Fortbildung für die Personalvertreter und die Frage, welche Bewerbungsunterlagen der Personalrat erhält. Letzteres kostet übrigens ebenfalls kein Geld.

Schließlich, Kolleginnen und Kollegen, zum eigentlichen Knackpunkt und zum Anlass der Novellierung des Bayerischen Personalvertretungsgesetzes: die Rolle der Einigungsstellen.

Nachdem das Bundesverfassungsgericht 1995 die demokratische Legitimation der Einigungsstellen infrage gestellt hat und damit auch das Letztentscheidungsrecht der Einigungsstellen, musste man dieser Entscheidung gerecht werden. Hierzu gibt es im Prinzip zwei Möglichkeiten: Man kann entweder das Letztentscheidungsrecht streichen, oder man kann die Einigungsstellen demokratisch legitimieren. Letzteres könnte durch die Wahl der

Mitglieder der Einigungsstellen durch den Bayerischen Landtag geschehen, wie das im SPD-Gesetzentwurf vorgesehen ist.

Aus den zahlreichen Petitionen und den persönlichen Gesprächen ersehen wir, dass für die Beschäftigten und für die Personalvertretung die Streichung des Letztentscheidungsrechts eine sehr grundsätzliche Bedeutung hat und gewissermaßen als Gradmesser dient, ob das neue Personalvertretungsgesetz und das Mitentscheidungsrecht im neuen Personalvertretungsgesetz überhaupt noch einen Stellenwert hat. Es ist unstrittig, dass die Einigungsstellen nur in wenigen Fällen angerufen werden. Gleichzeitig konnte bei strittigen Fällen aber ein gewisser Druck auf die Dienststellenleiter ausgeübt werden, eine einvernehmliche Lösung zu fi nden. Wie wir hören konnten, wird von vielen Personalräten eine Streichung des Letztentscheidungsrechts mit der Abschaffung der Einigungsstelle gleichgesetzt. Im Sinne der Wertschätzung der Personalvertretung und auch im Sinne ihrer Stärkung bei der vertrauensvollen Zusammenarbeit kann es eigentlich nur eine Entscheidung für die demokratische Legitimation geben. Leider kann ich mich aber des Eindrucks nicht erwehren, dass die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts gerade recht kommt, um dieses in den Augen der Personalvertreter so wichtige Recht zu kappen.

Schließlich ging es um eine Frage der AOK, die durch die Gesundheitsreform in einen verschärften Wettbewerb tritt, die gerade auch die Mitarbeiter vor große Herausforderungen stellt. Ein Antrag der AOK Bayern, einen Wirtschaftsausschuss analog den Versicherungsgesellschaften zu installieren und damit die Mitarbeiter zu Beteiligten des Veränderungsprozesses zu machen – und nicht nur zu Betroffenen –, wurde von der Mehrheitsfraktion leider abgelehnt.

Es gab - und das will ich zum Schluss nicht verschweigen - eine Reihe von Änderungen, die einmütig Zustimmung fanden. Alles in allem ist der Gesetzentwurf der Staatsregierung aus Sicht von uns GRÜNEN jedoch nicht zustimmungsfähig. Dem SPD-Gesetz hingegen werden wir zustimmen, weil dieser Gesetzentwurf die Punkte enthält, die ein solches Gesetz nach unserer Ansicht enthalten muss.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Auf der Rednerliste habe ich jetzt noch Herrn Hallitzky. – Da ist aber keine Wortmeldung mehr. Dann vielen Dank. Es gibt aber zu diesem Redebeitrag noch eine Zwischenbemerkung. Bitte schön, Frau Kollegin.

Herr Kollege Sprinkart, hundertprozentige Unwahrheiten kann ich nicht im Raum stehen lassen. Vielleicht waren Sie in der damaligen Sitzung nicht anwesend, aber wir haben in unserem Änderungsantrag – und das wurde damals auch mit Mehrheit so beschlossen – festgelegt, dass die Personalräte Zugriff auf die Bewerbungsunterlagen aller Mitbewerber haben. Das haben wir nicht abgelehnt, sondern das stand in dem von uns eingebrachten Änderungsantrag, und das haben wir auch so beschlossen.

Noch etwas anderes, die Internetgeschichte. Sie haben das ganz nett dahergesagt, so nach dem Motto: Die konservativen Schwarzen geben den Personalräten noch nicht einmal Internet. Dem ist beileibe nicht so.

(Christa Naaß (SPD): Da gibt es nur ein schwarzes Brett!)

Es wurde darüber verhandelt, ob jeder Personalrat Anspruch auf einen eigenen PC hat. Intranet-Nutzung und Zugang zum Internet haben unsere Personalräte selbstverständlich. Das haben wir nicht abgelehnt, ganz im Gegenteil. Der Zugang zum Intranet ist sogar zusätzlich ins Personalvertretungsgesetz hineingekommen. Wo wir aber aus Gründen der Wirtschaftlichkeit nicht zugestimmt haben, das war die Forderung, dass jeder Personalrat Anspruch auf einen eigenen PC hat.

(Hans Joachim Werner (SPD): Ja, wie soll der denn ins Internet, wenn er keinen PC hat?)

Im Augenblick sehe ich keine weiteren Wortmeldungen. Dann hat Herr Staatssekretär Meyer das Wort.

Verehrter Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Der wesentliche Gegenstand des Gesetzentwurfs der Staatsregierung zur Änderung des Personalvertretungsgesetzes ergibt sich aus der grundlegenden Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 24. Mai 1995 zu den Grenzen der Mitbestimmung und der Personalvertretung. Ich möchte heute vor allem Frau Kollegin Heckner sehr herzlich danken, insbesondere für die ausführliche Darstellung der Beratungen in den Ausschüssen, für ihre praxisbezogene Rede und für die Erläuterungen hinsichtlich der Aussagen der Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, die hier nicht wirklich wiedergegeben haben, was in den Beratungen erörtert wurde.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, eine Anpassung des Bayerischen Personalvertretungsgesetzes an die verfassungsrechtlichen Vorgaben ist in zweierlei Hinsicht erforderlich. Erstens. Wie bereits bislang bei Beamten kann die Einigungsstelle künftig in mitbestimmungspfl ichtigen Angelegenheiten, die die Arbeitnehmer betreffen, statt eines endgültigen Beschlusses nur mehr eine unverbindliche Empfehlung an die oberste Dienstbehörde aussprechen.

(Christa Naaß (SPD): Eben!)

Zweitens: Beschlüsse der Einigungsstellen in mitbestimmungspfl ichtigen Angelegenheiten stehen künftig unter dem Aufhebungsvorbehalt und dem Letztentscheidungsrecht der obersten Dienstbehörde, wenn ein Beschluss im Einzelfall wegen seiner Auswirkungen auf das Gemeinwesen wesentlicher Bestandteil der Regierungsverantwortung ist.

(Christa Naaß (SPD): Das ist schlimm!)

Bei diesem tragfähigen Gesetz infolge der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts – ich erinnere daran, dass das von anderen Bundesländern ebenfalls gewählt

worden ist -, bleibt die Einigungsstelle nur von Fall zu Fall einzurichten. Neben dem unparteiischen Vorsitzenden, auf den sich beide Seiten einigen, können, je nach dem zu verhandelnden Thema, sowohl die oberste Dienstbehörde als auch die Personalvertretungsseite Spezialisten als Beisitzer in das Gremium entsenden. Das ermöglicht fachlich fundierte Entscheidungen. Solche Vorteile bietet der im SPD-Gesetzentwurf enthaltene Vorschlag in keiner Weise. Frau Kollegin Heckner hat das treffend dargestellt. Sie hat auch darauf verwiesen, dass bei den Beratungen in den Ausschüssen zahlreiche Änderungen bzw. Ergänzungen beschlossen worden. Ich möchte hier einmal deutlich festhalten, dass die Arbeitnehmerrechte ausgebaut und nicht abgebaut werden, Herr Kollege Wörner.

(Christa Naaß (SPD): Aber die Einigungsstelle wird abgebaut!)

Nehmen Sie dies bitte zur Kenntnis, auch wenn es für Sie manchmal schwer ist. Aber auch Sie müssen die Wahrheit zur Kenntnis nehmen.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU)

Ich weise auch darauf hin, werte Kolleginnen und Kollegen, dass Teile der Petition des Bayerischen Beamtenbundes in den Gesetzentwurf übernommen wurden. Herr Kollege Wörner, dies sollten Sie zumindest zur Kenntnis nehmen, auch wenn Sie das nicht einsehen, so wie Sie das heute dargestellt haben.

(Christa Naaß (SPD): Aber es wurden nur ganz kleine Teile davon übernommen! Ganz kleine Teile!)

Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen, bei den von den Ausschüssen empfohlenen Änderungen handelt es sich um weitere Erleichterungen des Geschäftsgangs der Personalvertretung und um die Ausdehnung von Beteiligungsrechten. Frau Kollegin Heckner hat die Ergänzungsvorschläge bereits dargestellt, ich muss sie nicht wiederholen. Der Gesetzentwurf der Staatsregierung einschließlich der hierzu ergangenen Beschlussempfehlungen enthält maßvolle Änderungen bei den Beteiligungsrechten, soweit das angezeigt ist. Insgesamt wird dadurch eine zeitgemäße Fortentwicklung des Bayerischen Personalvertretungsrechtes gewährleistet. Ich bitte Sie, dem Gesetzentwurf der Staatsregierung in der Fassung der Beschlussempfehlungen der Ausschüsse Ihre Zustimmung zu geben.

(Beifall bei der CSU)

Ich habe jetzt noch eine Wortmeldung: Frau Kollegin Naaß.

Herr Staatssekretär, ich bedauere, dass die Staatsregierung und die CSU die Chance nicht genutzt haben, an einem wirklich modernen Personalvertretungsgesetz mitzuarbeiten. Sie haben die Chance vertan, ein modernes Personalvertretungsgesetz auf den Weg zu bringen, das die Beteiligungsmöglichkeiten der Personalvertretung im Sinne von mehr Mitbestimmung verbessert hätte. Außer kleinen Veränderungen bietet die

Gesetzesnovelle in der Gesamtschau keine substanziellen Verbesserungen für die Personalvertretungen.

Das Zitat von Herrn Staatsminister Huber, welches Kollege Wörner vorhin bereits angesprochen hat, wonach man die Frösche nicht fragen soll, wenn man einen Teich austrocknen will, war meines Erachtens kein verbaler Ausrutscher, sondern es zeigt das Denken der CSU und ihre Grundeinstellung im Hinblick auf mehr Mitsprache der Beschäftigten.

(Beifall bei der SPD)