Protokoll der Sitzung vom 29.03.2007

Es geht auch um die Bildung. Über das Kindertagesstättengesetz ist heute schon viel geredet worden. Das hat massive Auswirkungen, gerade im ländlichen Raum. Es geht um die Schulen und um den Schulerhalt; es geht um Fragen der Gesundheitsversorgung, nicht nur im Krankenhausbereich, sondern auch der ambulanten hausärztlichen Versorgung. Es geht ebenso darum, wie in Zeiten sich ändernder familiärer Strukturen und zunehmender Alterung der Bevölkerung die Pfl ege bewerkstelligt wird.

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Zu all diesen Dingen brauchen wir Konzepte, weil wir sonst massive Abwanderungen aus den ländlichen Räumen beobachten werden, die an der einen oder anderen Stelle schon jetzt stattfi ndet. Der Landkreis Berchtesgaden mit einer bis 2020 prognostizierten massiven Abnahme der Bevölkerung und gleichzeitiger massiven Steigerung der Zahl alter Menschen steht beispielhaft für die Probleme.

Ich verstehe die Kolleginnen und Kollegen der Mehrheitsfraktion, dass ihnen das nicht gefällt, weil der Antrag von uns kommt. Im Gegensatz zu Ihnen haben wir uns auf unserer Klausurtagung im Januar intensiv mit Fragen der ländlichen Räume und der ländlichen Entwicklung beschäftigt.

(Markus Sackmann (CSU): Wir schon auch!)

Sie waren überwiegend mit der Selbstschau beschäftigt. Ich verstehe, dass Sie das ärgert. Dennoch ist dieser Antrag in der Sache richtig und wichtig. Im Interesse der bäuerlichen Landwirtschaft in Bayern und im Interesse einer positiven Weiterentwicklung der ländlichen Räume bitte ich um Zustimmung zu diesem Antrag.

(Beifall bei der SPD)

Nächste Wortmeldung: Herr Kollege Rudrof. – Bitte schön, Herr Kollege.

Sehr verehrte Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich halte es für eine gute Sache, dass sich die SPD ebenfalls um den ländlichen Raum kümmert. Im federführenden Ausschuss hat dieser Antrag aber großes Gelächter hervorgerufen.

(Kathrin Sonnenholzner (SPD): Das spricht nicht für Sie!)

Es wird Sie von der SPD nicht verwundern, wenn wir Ihren Antrag, wie bereits der federführende Ausschuss für Landwirtschaft und Forsten und vier weitere mitbe

ratende Ausschüsse, auch heute ablehnen werden. Ich gebe Ihnen recht, Frau Sonnenholzner, dass Politik für den ländlichen Raum – Sie haben es angeschnitten – eine Querschnittsaufgabe ist. Wir sind aber der Meinung, dass dafür keine eigene Stabsstelle in der Staatskanzlei notwendig ist. Die Zuständigkeit für die Koordinierung liegt ohnehin bei der Staatskanzlei und der Staatsregierung insgesamt. Im Übrigen gilt, wie Sie wissen, bei uns die Ressortverantwortung.

(Christa Steiger (SPD): Chefsache!)

Lassen Sie mich noch feststellen: Es gibt wohl kein Bundesland, in dem die Strukturen des ländlichen Raumes so ausgeprägt mitentwickelt wurden wie in Bayern. Wir werden uns den aktuellen Herausforderungen in besonderer Weise zu stellen haben.

(Joachim Wahnschaffe (SPD): Das sieht man an den Schulstrukturen!)

Ich will unsere Ablehnung kurz begründen. Angesichts der regionalen Unterschiede in wirtschaftlicher Hinsicht, der unterschiedlichen Chancen im Tourismus und des unterschiedlichen Stellenwerts der Land- und Forstwirtschaft müssen wir letztlich regionale Handlungskonzepte anstreben. Der Staat sollte sich dabei als Impulsgeber für die Strategieentwicklung und -umsetzung auf der Ebene der Kommunen im ländlichen Raum verstehen. Das bedeutet aus unserer Sicht zwangsläufi g die Pfl icht zu ressortübergreifendem Denken und Handeln für eine integrierte Entwicklung.

Mit den 47 Ämtern für Landwirtschaft und Forsten und insbesondere mit den Ämtern für Ländliche Entwicklung existieren bereits funktionierende und bewährte Stellen, die dem ganzheitlichen Planungsansatz schon heute gerecht werden. Sie erfüllen seit jeher koordinierende Funktionen.

(Joachim Wahnschaffe (SPD): 47? Wiederholen Sie das bitte!)

47 Ämter für Landwirtschaft und Forsten und 7 Ämter für Ländliche Entwicklung.

Generelles Ziel sollte es deshalb sein, die Kräfte vor Ort noch stärker zu bündeln, Verantwortungsgemeinschaften und Netzwerke aufzubauen, Lösungen für gemeindeübergreifende Herausforderungen zu fi nden, generell die Wertschöpfungskette im ländlichen Raum zu erweitern und zu erhöhen und die Kommunen mit einer aktivierenden Verwaltung zu begleiten. Eine weitere Aufblähung der Verwaltung ist nicht unser Ziel.

(Beifall bei der CSU)

Nächste Wortmeldung: Herr Staatsminister Miller.

Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Ich verhehle nicht, dass der Antrag von Ihnen, Frau Sonnenholzner, vielleicht gut gemeint war. Aber er ging gewaltig daneben.

(Heidi Lück (SPD): Ihr kommt schon noch drauf!)

Dass Sie eine Vorliebe für den ländlichen Raum haben, bestreite ich nicht.

(Karin Radermacher (SPD): Das ist aber nett!)

Sie sollten Bundesminister Tiefensee, Oberbürgermeister Ude oder Oberbürgermeister Maly klarmachen, dass die Defi nition „Metropolregion“ auf der einen Seite und von Zwischenräumen auf der anderen eine abträgliche und abschätzende Bewertung des ländlichen Raumes ist.

Beim ländlichen Raum – ich glaube, darin sind wir uns einig – handelt es sich nicht um einen Zwischenraum, sondern um einen gleichberechtigten Partner der Städte. Darum geht es uns in der Agrarpolitik und in der Politik für den ländlichen Raum. Die Städte könnten ohne die Versorgung aus den ländlichen Räumen – ich nenne als Stichworte Wasser, Entsorgung, Kläranlagen, Nahrungsmittelversorgung oder Naherholung – nicht leben.

Dass jetzt gerade die SPD die Staatskanzlei stärken möchte, ist ein Paradigmenwechsel in ihrer Politik. Wir haben in der Staatskanzlei die Spiegelreferate, in denen zum Beispiel die Belange der Kulturpolitik oder der Wirtschaftspolitik behandelt werden. Wenn Sie glauben, dies alles auf eine Stabsstelle abschieben zu können, dann brauchen Sie eine große Stabsstelle. Das ist mit einer erheblichen Erhöhung des Personalstandes in der Staatskanzlei verbunden. Wir haben das Ressortprinzip. Wichtige Förderungen für den ländlichen Raum sind im Landwirtschaftsministerium angesiedelt.

Zur zweiten Säule der Agrarpolitik: Wir haben darüber häufi g im Ausschuss diskutiert und wir haben dazu auch die Mittel, nämlich in den nächsten fünf Jahren über drei Milliarden Euro an Landes-, Bundes- und EU-Mitteln. Die Schwerpunktsetzung unserer Politik weist große Erfolge auf, wie sie nur Baden-Württemberg und Bayern verzeichnen können. Die von Ihnen angesprochene Koordination erfolgt an den Ämtern für ländliche Entwicklung. Das sind, um nur ein Beispiel zu nennen, zusammen mit den Wasserwirtschaftsämtern die Kompetenzpartner, wenn es um Hochwasserrückhaltung geht. Wenn es um Straßenbau geht, erfolgt die Zusammenarbeit mit den Straßenbauämtern. So werden insbesondere in den innovativen Bereichen wie Dorfgemeinschaftshäuser, die alte und junge Leute einbinden, Maßnahmen mit dem zuständigen Ministerium durchgeführt. Leader und Dorferneuerung – Sie kennen es – sprechen hierfür eine deutliche Sprache.

Ich möchte deutlich machen, dass es nicht um neue Strukturen und neue Bürokratien geht, sondern darum, da und dort das eine oder andere noch besser zu machen, aber eine Konzentration auf eine Stabsstelle in der Staatskanzlei wäre nicht die richtige Lösung.

Herr Staatsminister, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Lück?

Ja, gerne.

Herr Minister, geben Sie zu, dass ländliche Entwicklung mehr ist als nur Dorferneuerung und Straßenprogramme, sondern dass auch – Frau Kollegin Sonnenholzner hat es ausgeführt – Bildungspolitik dazugehört, das heißt, dass Strukturpolitik über mehrere Ministerien hinweg erfolgen muss? – Das kann die Direktion für ländliche Entwicklung eben nicht leisten.

Herr Staatsminister, Frau Kollegin Sonnenholzner hat sich auch noch zu einer Zwischenfrage gemeldet. Darf sie diese noch anschließen?

Die CSU befasst sich seit mehr als 40 Jahren intensiv mit dem ländlichen Raum. Die Fraktion hat jetzt ein umfangreiches Konzept vorgelegt, das all dies behandelt – ich gebe Ihnen darin völlig recht – und das von der Staatsregierung umgesetzt wird. Daran arbeiten wir, aber das ist mit einer Stabsstelle nicht zu regeln.

Frau Kollegin Sonnenholzner, bitte.

Frau Präsidentin, die SPD spricht mit einer Stimme. Meine Frage wäre genau die der Kollegin Lück gewesen und hat sich damit erübrigt.

Herr Staatsminister, bitte.

Ich bedanke mich.

(Beifall bei der CSU)

Mit liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist die Aussprache geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung. Der federführende Ausschuss für Landwirtschaft und Forsten empfi ehlt die Ablehnung des Antrags. Wer dagegen dem Antrag zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die SPD-Fraktion. Gegenstimmen bitte ich anzuzeigen. – Das sind die Fraktionen der CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Damit ist der Antrag abgelehnt.

Ich komme auf den Tagesordnungspunkt 21 betreffend „Schutz der Alpen 7“ auf Drucksache 15/6670 zurück. Ich darf das Ergebnis der durchgeführten namentlichen Abstimmung bekannt geben: Mit Ja haben 33 Abgeordnete gestimmt, mit Nein 57. Damit ist der Antrag abgelehnt.

(Abstimmungsliste siehe Anlage 6)

An der Teilnahme bei der namentlichen Abstimmung sehen Sie, wie günstig heute den Steuerzahler der Plenartag gekommen ist.

Damit schließe ich die Sitzung. Herzlichen Dank an alle, schöne Feiertage, gute Erholung, bis zum Wiedersehen.

(Schluss: 18.35 Uhr)