Protokoll der Sitzung vom 25.04.2007

(Beifall bei den GRÜNEN)

Kolleginnen und Kollegen, zur Wahrnehmung der Wirklichkeit in unserem Land brauchen die Menschen in Bayern keine Zukunftskommissionen. Sie wissen, wie stark die Wirklichkeit vieler Menschen von der fehlenden Chancengerechtigkeit geprägt ist. Sie wissen, dass es in Bayern zu wenige Betreuungsplätze für Kinder unter drei Jahren gibt und dass die Eltern durch das neue Kinderbildungs- und -betreuungsgesetz noch mehr belastet werden. Sie wissen, dass die Gewichtungsfaktoren und der Personalschlüssel die Kindergärten daran hindern, zu echten Bildungseinrichtungen zu werden. Sie wissen, dass die Kinder und Lehrkräfte an den Hauptschulen es ausbaden müssen, dass sie von der CSU und von der Staatsregierung allein gelassen werden. Sie müssen es ausbaden, dass die CSU und die Staatsregierung alleine aus ideologischen Gründen am dreigliedrigen Schulsystem festhalten, statt endlich mit einer gemeinsamen Schule allen Kindern und Jugendlichen wirkliche Chancen zu geben.

(Beifall bei den GRÜNEN)

An den bayerischen Schulen herrscht Chaos. Das wissen Sie vielleicht auch, Kollege Nöth. Es herrscht Unterrichtsausfall und Lehrkräftemangel. Was tut der bayerische Kultusminister? Er heuert Ein-Euro-Jobber an. Das ist ein pädagogisches Armutszeugnis, das auch Sie als solches erkennen sollten.

(Eduard Nöth (CSU): Wo?)

In Gilching, Kollege Nöth!

Kolleginnen und Kollegen von der CSU, wenn Sie nicht endlich handeln, versündigen Sie sich an den Kindern und schaden der Leistungsfähigkeit unseres Landes.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die Menschen in Bayern wissen, dass wir in einem reichen Land leben. Sie wissen aber auch, dass die Kluft

zwischen den einzelnen Regionen nirgendwo in Deutschland so groß ist wie bei uns.

(Joachim Herrmann (CSU): Völlig falsch!)

Wollen Sie Ihre eigenen Erfolge schlechtmachen? Dann müssen Sie aber auch zu den Misserfolgen stehen. Nirgendwo in Westdeutschland gibt es so viele Landkreise mit Zukunftsrisiken und gleichzeitig so viele Landkreise mit Zukunftschancen wie bei uns. Genau diese Spreizung ist einmalig in Deutschland. Darauf haben Sie bis heute keine Antwort.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sie vergrößern diese Kluft immer noch. Diese Risiken und Chancen wirken sich in Bayern unmittelbar aus bei den Arbeitsplätzen, bei den Krankheitsrisiken, beim Bildungsniveau, bei der Lebenserwartung und sogar bei der Lebensfreude, Kollege Herrmann. Dazu gibt es jede Menge Untersuchungen. Die Menschen in den vernachlässigten Regionen sind häufiger arbeitslos; ihre Jobs sind schlechter bezahlt; für die Kinder gibt es weniger Krippen; es gibt weniger ganztägig geöffnete Kindergärten. Ihre Chancen auf einen höheren Bildungsabschluss sind deutlich niedriger, aber sie erkranken häufiger an Krebs und sterben früher. Fragen Sie das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit. Sie können alles nachlesen, aber offensichtlich sind Sie dazu zu faul. Sie wollen die Wirklichkeit einfach nicht wahrnehmen. Sie wollen die Wirklichkeit in Bayern nicht sehen.

(Beifall bei den GRÜNEN – Zuruf von den GRÜNEN: Wie beim Klima!)

Die geteilte Wirklichkeit in diesem Lande ist ein Skandal.

(Dr. Ludwig Spaenle (CSU): Sie haben eine Wahrnehmungslücke!)

Inzwischen weiß sogar Kollege Herrmann, dass man den Menschen im ländlichen Raum endlich helfen muss. Ihnen, Kollege Herrmann, ist es gleich aufgefallen, anders als Ihnen, Kollege Spaenle. Ihm ist gleich aufgefallen, dass im so genannten Zukunftsprogramm des Ministerpräsidenten der ländliche Raum nicht vorkommt. Ihm ist gleich aufgefallen, dass der ländliche Raum bei Stoiber keine Zukunft hat.

(Joachim Herrmann (CSU): Das habe ich nicht gesagt!)

Kolleginnen und Kollegen, von der CSU, wir haben ein Impulsprogramm für den ländlichen Raum vorgelegt und erwarten, dass Sie unsere Vorschläge aufnehmen und endlich handeln.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sie dürfen nicht nur noch ein weiteres halbes Jahr verstreichen lassen. Es geht um unsere Kinder, um ihre und um unsere Zukunft. Es muss sofort gehandelt werden. Das Gleiche gilt für den Klimawandel. Auch da fordern wir

jede Plenarwoche konkrete Sofortmaßnahmen gegen die drohende Erderwärmung. Auch hier erwarten die Menschen in Bayern, dass Sie endlich handeln. Wir leiden immer öfter unter unerhörten Hitzewellen, Dürrezeiten, Wolkenbrüchen, Jahrhunderthochwassern und Stürmen. Sie tun aber nichts. Im Gegenteil, mit Ihrer Politik beschleunigen Sie den Klimawandel.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das Ergebnis der gestrigen Kabinettssitzung auf der Zugspitze ist erbärmlich. Es ist eine Bankrotterklärung nicht nur der Staatsregierung, sondern auch der CSU.

Was macht das Kabinett? – Anstatt sofort zu handeln, verfährt es nach dem Motto: Wenn man nicht mehr weiter weiß, gründet man einen Arbeitskreis.

(Engelbert Kupka (CSU): Das war kein Arbeitskreis, das war ein Gutachterkreis!)

Doch, ein Kabinettsarbeitskreis wird eingerichtet.

Im Herbst soll ein Gesamtkonzept vorliegen. Sie vertagen den Klimaschutz, als ob sich der Klimawandel auf Ihre parteipolitischen Spielchen einlassen würde.

(Beifall bei den GRÜNEN)

So ist es nicht. Der Klimawandel wartet nicht, bis Sie zurande gekommen sind.

(Engelbert Kupka (CSU): Er wartet auf euch! – Thomas Kreuzer (CSU): Was hat Rot-Grün jahrzehntelang in Berlin gemacht?)

Kollege Kreuzer, Sie sehen zu, wie Stoiber wieder einmal eine Kommission einrichtet, um nicht handeln zu müssen.

Wir haben nichts gegen einen Klimarat. Im Gegenteil.

(Thomas Kreuzer (CSU): Was haben Sie und Schröder denn gemacht?)

Wir haben schon vor sechs Jahren in diesem Hause einen Klimarat gefordert.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wer war dagegen? – Sie, Kollege Kreuzer, und Ihre Fraktion. Wir meinen, ein Klimarat muss die Staatsregierung bei der Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen unterstützen, nicht beim Nichtstun. Dafür ist der Klimarat zu schade.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die Menschen in Bayern wissen, wie sehr die wirtschaftliche Entwicklung, die künftigen Arbeitsplätze und wie sehr die Zukunft davon abhängen, dass die Staatsre

gierung auch gegen den Klimawandel handelt. Nur Sie glauben, Sie könnten weitermachen wie bisher.

Staatsminister Sinner – er ist auch anwesend – hat gestern erklärt, Bayern sei Weltmeister beim Solarstrom. Recht hat der Mann. Darauf sind wir GRÜNEN wirklich stolz.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Denn, Minister Sinner, der Unterschied zwischen Ihnen und uns ist: Wo die Staatsregierung zuständig ist, geht nichts vorwärts. Die Gebäude verrotten und die Wärme zieht zum Fenster hinaus. Wo wir zuständig sind, dort wird gehandelt. Wir haben – Kollege Kreuzer, das sage ich zu Ihrer Frage, was Rot-Grün gemacht habe, als wir in Berlin mitregiert haben – das Signal auf Grün gestellt. Unsere vernünftigen bayerischen Bürgerinnen und Bürger haben gehandelt. Sie haben gegen die CSU gehandelt. Deshalb haben wir so viele Arbeitsplätze.

Kolleginnen und Kollegen, vielleicht erinnern Sie sich noch, dass Sie vor Kurzem gegen das Erneuerbare-Energien-Gesetz – EEG – gewettert haben, gegen Kinderkrippen und gegen die flächendeckende Einführung von Ganztagsschulen. Wir können Sie nur ermuntern, noch mehr bei uns zu klauen. Übernehmen Sie noch mehr Konzepte und Ideen von uns. Je schneller Sie das tun, desto besser ist das für Bayern. Handeln Sie jetzt.

(Anhaltender Beifall bei den GRÜNEN)

Nächster Redner: Herr Kollege Pfaffmann.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Herr Unterländer, Sie haben gesagt, das Thema der Aktuellen Stunde sei falsch. Ich bedanke mich für diesen wertvollen Hinweis. Soll ich Ihnen sagen, was falsch war? – Falsch war, dass Sie jahrelang jede Bemühung um eine Erhöhung der Bildungs- und Schulinvestitionen in diesem Lande abgelehnt haben

(Beifall bei der SPD)

und heute eine Kommission brauchen, die Ihnen das ins Stammbuch schreibt.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Ludwig Spaenle (CSU))