Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Schindler, zunächst meine ich schon, dass es mir nicht zusteht, die Tätigkeit des Parlaments zu bewerten. Dennoch denke ich, es ist eine Aufgabe des Plenums, sich mit der wichtigsten Frage der Sicherheitspolitik in diesem Jahre zu beschäftigen.
Dass die Menschen in Ostbayern erhebliche Sorge haben, erlebe ich bei jedem Besuch dort. In den Tagesordnungen des Landtages fi nde ich viele Fragen, die aus meiner Sicht bei Weitem nicht das Gewicht der Frage haben, ob die Sicherheit in demselben Umfang gewährleistet ist, wenn die Grenzkontrollen zum 1. Januar des nächsten Jahres wegfallen sollten. Ich hebe hervor, dass ich ein Gegner dieses Zeitpunktes bin. Ich stimme allerdings nicht darüber ab. Dies ist die Entscheidung des Bundesinnenministers und der EU, die darüber im Dezember abstimmen werden.
Ich weiß, es gibt erhebliche Bedenken; denn jeder, der die Situation im tschechischen Nachbarland kennt, weiß, dass die Sicherheitslage noch nicht hundertprozentig befriedigend ist. Ich drücke mich über alle Maßen diplomatisch aus, wenn ich das so sage.
Die Frage zur Entwicklung der Kriminalität will ich gern folgendermaßen beantworten. Ich habe nicht den Begriff „Ostbayern“ gebraucht, sondern habe vom Polizeipräsidium Niederbayern/Oberpfalz gesprochen. Da ist allerdings in den Jahren von 1991 bis Mitte der Neunzigerjahre ein drastischer Kriminalitätsanstieg erfolgt. Die Straftaten sind von 77 000 auf 110 000, ja sogar 115 000 angestiegen. Jetzt verzeichnen wir wieder einen leichten Rückgang und liegen bei rund 106 000 Straftaten. Das heißt, nach Wegfall des Eisernen Vorhangs ist die Kriminalität zunächst drastisch angestiegen. Das war für alle Beteiligten nicht überraschend; denn wenn man den Lebensstandard in der östlichen Slowakei oder im östlichen
Polen kennt, weiß man, dass die Kriminellen aus diesen Ländern ein sehr viel attraktiveres Betätigungsfeld bei uns als irgendwo in einem ärmlichen Dorf im Osten haben. Entsprechend hoch waren die Sicherheitsprobleme, von Ladendiebstählen und Ähnlichem gar nicht zu reden.
Diese Belastungen durch die Steigerung der Kriminalitätsrate haben wir heute hinter uns, und wir machen große Anstrengungen, wieder in eine günstigere Entwicklung zu kommen, auch wenn die Kriminalität bei Weitem noch nicht das niedrigere Niveau erreicht hat, das wir vor der Grenzöffnung hatten. Das ist allerdings in all den anderen Ländern noch viel stärker ausgeprägt als bei uns in Bayern. Aber man muss das einfach so sagen.
Ich sage das auch deshalb immer wieder, weil man sich nicht zurücklehnen und sagen darf: Wir haben einen wunderbaren Sicherheitszustand. Vielmehr müssen wir uns anstrengen, den Zustand von Ende der Achtzigerjahre wieder zu erreichen und das massive Ansteigen der Kriminalität Vergangenheit werden zu lassen. Das wird auch von den sozialen Entwicklungen in den osteuropäischen Beitrittsländern massiv beeinfl usst werden.
Dass wir die Kriminalitätsbekämpfung ernst nehmen, und zwar trotz des notwendigen Stellenabbaus, will ich besonders herausstellen. Natürlich kann man immer sagen, wir würden 1000 oder vielleicht 2000 oder 5000 Polizisten mehr benötigen und auch einsetzen können. Aber ich sage auch hier, dass ich die getroffenen Vereinbarungen über den Einzug von Stellen bis 2010/2012 für richtig halte und mittrage.
Wir haben eine Arbeitszeitverlängerung um rechnerisch 5 %. Ältere Beamte müssen nur eine Stunde mehr arbeiten. Es sind also nicht im vollen Umfang 5 % für alle. Wir haben nur eine deutlich geringere Zahl von Stellen, die eingezogen werden, sodass wir rechnerisch ein deutliches Plus an Arbeitszeit haben durch einerseits die Verlängerung der Arbeitszeit und andererseits die gleichzeitig geringer ausgefallene Streichung von Stellenplänen.
Ich wiederhole: Die Maßnahmen waren richtig. Ich weiß, dass der Erfolg durch die Mehrarbeit der Polizeibeamten erzielt worden ist. Diese Mehrarbeit halte ich allerdings durchaus für zumutbar; denn 42 Stunden Arbeitszeit sind eine verantwortbare Arbeitszeit. Es gibt ältere Polizisten, die mir da auf jeder Veranstaltung Recht geben und sagen: Wir hatten früher noch viel längere Arbeitszeiten, und es gab noch weniger Urlaub.
Ich meine, wir haben alles in allem durchaus das getan, was für die Sicherheit in unserem Freistaat Bayern sinnvoll und notwendig ist. Ich bitte um Verständnis, wenn ich meine, dass hier mit dem etwas altbackenen Schlagwort „Stellenreduzierung“ nicht sonderlich viel an Boden für Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, zu gewinnen ist; denn dass wir diese Diskussion im nationalen Bereich beherrschen, ist allseits bekannt. Wir halten es für ein notwendiges Ziel, unsere Sicherheitsführerschaft,
unsere Marktführerschaft in der inneren Sicherheit auch nach Wegfall der Grenzkontrollen zu behalten.
Frau Präsidentin, Hohes Haus! Herr Minister, auch ich bemerke bei meinen Besuchen und Gesprächen in Ostbayern, dass die Menschen Sorgen haben ob der Politik der Staatsregierung.
Jetzt zu meiner Frage: Da ich davon ausgehen darf, dass Sie die besorgten Schreiben ostbayerischer Kommunalpolitiker sicher genauso erreicht haben wie mich und Sie deshalb zumindest im Groben über die Forderungen aus diesem Raum informiert sind, darf ich kurz und bündig Folgendes fragen: Wie werden die vorhandenen Stellen der Grenzpolizei im Landkreis Freyung-Grafenau in die Landespolizei integriert? Wird dabei die Polizeidichte von 1 : 700 eingehalten, und bleibt es bei einer zu integrierenden Sollstärke von 118 Stellen?
Ich bitte, diese Fragen auch unter dem Sicherheitsaspekt, unter Sozialaspekten und nicht zuletzt unter dem Aspekt der Stärkung des ländlichen Raumes zu beantworten.
Wir werden in der Größenordnung von 1 : 570 liegen. Dazu kommen noch die Schleierfahndung und die Bundespolizei. Ich hebe also sehr deutlich hervor, dass wir eine sehr, sehr hohe Polizeidichte haben werden.
Man wird nach einigen Jahren überprüfen müssen, ob das in diesem Umfang sinnvoll und richtig ist. Wir beabsichtigen nach etwa drei Jahren eine Evaluation. Dabei ist nicht entscheidend, wie viele Vorgänge es im Einzelnen sind, sondern wie der Sicherheitszustand ist. Wir werden also auch unter Sicherheitsaspekten die erforderliche Polizeidichte haben.
Die einzelnen Sollstellen werden im Moment zwischen den verschiedenen Verbänden festgelegt. Das Motto heißt: Ein Drittel wird zur Verstärkung der örtlichen Polizeistationen und -inspektionen verwendet, und die beiden anderen Drittel werden für die Schleierfahndung in den beiden Sicherheitsschleiern eingesetzt.
Die sozialen Gesichtspunkte sind in einem Maße berücksichtigt worden, wie das bisher wohl bei keiner anderen Reform geschehen ist mit Ausnahme der jeweiligen Eingliederungen der Grenzpolizei in die Landespolizei. Da
haben wir jeweils gesagt, Beamte des mittleren Dienstes werden nicht mehr als 30 Kilometer von ihrem bisherigen Einsatz- oder Wohnort entfernt eingesetzt. Diese Zusicherung war auch deswegen sinnvoll, weil man damit das Erfahrungswissen der Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten weiterhin einsetzen kann. Hier sind die sachliche Frage und die soziale Situation völlig miteinander in Dekkung zu bringen. Deshalb konnten wir das vornehmen.
Im Einzelnen haben wir die Konzepte mit den Kommunalpolitikern besprochen. Zu welcher Inspektion welche Gemeinde kommt, wird von den örtlichen Polizeipräsidenten derzeit mit den jeweiligen Bürgermeistern verhandelt. Auf den Regionalkonferenzen habe ich unsere Vorstellungen im Großen und Ganzen dargelegt. In der Folge sind eine ganze Reihe von Nachbearbeitungsgesprächen erfolgt bis hin zu der Frage, wie die Alarmierung der Feuerwehr und Ähnliches geschehen soll. Das soll nicht zentral von mir festgelegt werden, sondern im engen Einvernehmen zwischen den örtlichen Polizeidienststellen und den jeweiligen kommunalpolitisch Verantwortlichen erfolgen.
Ich habe bisher keine ernsthaften Klagen gehört. Anders als bei der Organisation der Bundespolizei läuft es bei der bayerischen Landespolizei in großem Einvernehmen ab. Sollten irgendwo Klagen bekannt werden, bitte ich, diese an mich zu geben. Wir werden uns bemühen, das so gut zu lösen wie die anderen Bereiche.
Frau Präsidentin, Hohes Haus! Herr Minister, ich kann Ihre letzten Worte gleich als Einstieg nehmen, um Ihnen zu danken für die umsichtige Reform der bayerischen Polizei, die sehr transparent durchgeführt worden ist.
Aber heute gilt meine Sorge und meine Frage der Umorganisation der Bundespolizei. Die Bundespolizei ist ein sehr kräftiger Arbeitgeber, insbesondere im ländlichen Bereich, und bei der Umstrukturierung fallen hier Änderungen an.
Nun ist das Land Bayern gehalten, in Form einer Anhörung zum Sitz der Dienststellen Stellung zu beziehen. Der Bayerische Landtag hat das am letzten Donnerstag mit zwei Dringlichkeitsanträgen getan, die einmütig beschlossen wurden. Ich höre, dass sich das bayerische Kabinett heute dem angeschlossen hat und fordert, dass der Sitz der Polizeidirektion für Bayern in Umwandlung des Amtes in Schwandorf und nicht in München sein soll. Das ist strukturpolitisch vernünftig, in der Raumordnungspolitik vernünftig in der Folge, was Bayern tut, und auch sicherheitspolitisch.
auch eine Delegation von Kommunalpolitikern in Berlin, die mit der Sorge zurückkamen, dass ein B-Plan existieren könnte, der mehr im regionalen Bereich Änderungen erzielen will. Sind Sie der frohen Hoffnung, dass Sie den bayerischen Wunsch, die Direktion nach Schwandorf zu bringen, durchsetzen können und dass Minister Schäuble, das heißt die Bundesregierung, diesem bayerischen Anliegen Rechnung trägt?
Herr Kollege Zeitler, es war der wesentliche Inhalt deiner Beiträge bei dem Gespräch, das wir im Raum Schwandorf geführt haben, dass man nicht irgendeinen Kompromissplan B vorträgt. Die Staatsregierung hat heute ausschließlich beschlossen: Wir wollen den Sitz der Bundespolizeidirektion nicht in München, sondern in Schwandorf.
Wir haben lediglich noch angefügt, dass dort zusätzlich eine Kriminalitätsbekämpfungsinspektion notwendig ist, dass es aber nicht in unserem Sinne ist, wenn die Personalprobleme des Standorts Schwandorf dadurch gelöst werden, dass wir Personal von anderen bayerischen Standorten abziehen, Stichwort Waldmünchen oder Nabburg. Wir wollen, dass der Sitz der Direktion in Schwandorf ist. Das ist der Inhalt.
Ob Bundesminister Schäuble darauf eingehen wird, ist völlig offen. Er hat in den Gesprächen mit mir bisher stets gesagt, er werde keine Entscheidung treffen, die nicht von seiner Fachebene für richtig gehalten wird. Er wird sich streng an fachliche Kriterien halten. Er trägt vor, dass seine Fachebene ausschließlich einen Sitz der Bundespolizeidirektion in München für richtig hält. Auf meine Entgegnung, dass ich unter fachlichen Aspekten Schwandorf für richtig halte, sagt er jeweils, ich solle mir nicht den Kopf der Bundespolizei zerbrechen, das sei die Zuständigkeit des Bundes, wie man schon am Namen feststellen könne, und nicht von Bayern.
Das war der letzte Stand. Aber er hat auch zugesagt, wenn es einen förmlichen Beschluss gibt, der ihm übermittelt wird, dann wird er das in großer Seriosität und Sorgfalt noch einmal prüfen. Das ist der Sachstand.
Wir haben den Beschluss heute früh gefasst. Er wird jetzt an den Bundesinnenminister gehen. Dann werden wir das Ergebnis der Prüfung bekommen. Mehr kann von unserer Seite nicht getan werden.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrter Herr Minister! Der Zeitung „Bayerns Polizei“ vom Januar 2004 ist zu entnehmen, dass mit dem EU-Beitritt zahlreicher europäischer Staaten auch
Vorteile für die Arbeit der Sicherheitsbehörden in Bayern zu erwarten sind. Unter dem Dach der EU bestehen deutlich besser nutzbare Möglichkeiten der polizeilichen und justiziellen Rechtshilfe und damit eine deutlich verbesserte Zusammenarbeit bei der Gefahrenabwehr und bei der Strafverfolgung.
Ich frage Sie daher: Welche Maßnahmen wurden von der Bayerischen Staatsregierung seit 2004 ergriffen, um in Zusammenarbeit mit der tschechischen Polizei zu einer Verbesserung der Sicherheitslage zu kommen? In welchen Bereichen ist mit einer Verbesserung der Sicherheitslage zu rechnen? Wie ist die Kriminalitätsbelastung in Tschechien im Vergleich zur Kriminalitätsbelastung in Bayern? In welchen Bereichen erwarten Sie aufgrund konkreter Anhaltspunkte eine Verschlechterung der Kriminalitätssituation in Bayern, und wer ist für die Schengen-Ausgleichsmaßnahmen zuständig? Ist es die Bundespolizei oder die Landespolizei?
Sie haben eine Polizeidichte von 1 : 570 angesprochen. Wie ist die Polizeidichte in anderen Regionen Bayerns? Wie stehen Sie zu den Überlegungen in Berlin, die Befugnisse der Bundespolizei zu erweitern, um die entsprechenden Maßnahmen im Schengen-Bereich zu ergreifen? Wie verhält sich Bayern dazu?