Sie haben eine Polizeidichte von 1 : 570 angesprochen. Wie ist die Polizeidichte in anderen Regionen Bayerns? Wie stehen Sie zu den Überlegungen in Berlin, die Befugnisse der Bundespolizei zu erweitern, um die entsprechenden Maßnahmen im Schengen-Bereich zu ergreifen? Wie verhält sich Bayern dazu?
Zunächst, Frau Kollegin Kamm, ist es gut, dass sie darauf hinweisen, dass die Verbesserung der Zusammenarbeit eine wichtige Maßnahme ist und auch eine Voraussetzung dafür, dass Grenzkontrollen wegfallen können. Wir haben in den vergangenen Jahren eine Menge getan. Ich möchte behaupten, dass die Arbeit der bayerischen Polizei, aber auch die des Innenministeriums intensiver gewesen ist, als die jedes anderen deutschen Landes. Der frühere Bundesinnenminister Schily hat uns deswegen auch immer sehr kritisch gemahnt, wir sollten uns nicht als eigene Nation verstehen, weil wir dauernd mit der Polizei in Tschechien kontaktieren und die Ausbildung der Polizei in Ungarn durchführen.
Wir verzeichnen hier also auf den unterschiedlichsten Ebenen eine Intensivierung der Zusammenarbeit im größtmöglichen Maße. Es hat eine ganze Serie von Besuchen der Minister und der führenden Leute der jeweiligen Ministerien gegeben, wobei Arbeitsprogramme entwickelt worden sind. Es hat zwischen der Polizei, insbesondere zwischen den grenzanliegenden Polizeipräsidien, auf Arbeitsebene eine Zusammenarbeit und vielfältige Kontakte gegeben. Unser Landespolizeipräsident Kindler hat mit den Verantwortlichen der Polizeien der Nachbarländer intensive Kontakte. Wir arbeiten über die Grenzbeauftragten, die wir eingerichtet haben, laufend zusammen, sodass Anfragen kommen. Wir können insofern über die polizeiliche Zusammenarbeit die Dateien der Nachbarländer einsehen und Informationen abrufen, ob jemand zum Beispiel in der Tschechischen Republik als Straftäter in Erscheinung getreten ist. Das werden Sie
Darüber hinaus haben wir eine Zusammenarbeit bei der Aus- und Fortbildung. Wir können also sagen: Was auf diesem Gebiet möglich war, wurde von uns getan. Es gibt bestimmte Probleme, die größer sind als die in Richtung Österreich, Probleme, die sich allein schon aus der Sprache ergeben. Aber selbst in diesem Bereich versuchen wir, gewisse Schulungen und Ausgleichsmaßnahmen durchzuführen.
Zur Frage, wer für die Schengener Ausgleichsmaßnahmen zuständig ist: Zunächst einmal sind die wesentlichen Ausgleichsmaßnahmen in den Ländern der EUOsterweiterung zu treffen. Die Grenzkontrollen zwischen den Ländern des Schengener Abkommens und den übrigen Ländern sind naturgemäß an der Schengener Außengrenze durchzuführen. Das bedeutet, dass an der Ostgrenze Polens, an der Ostgrenze der Slowakei und an der Grenze Ungarns die Grenzkontrollen nach SchengenNiveau und Evaluierungen der Europäischen Union durchzuführen sind. Der letzte Evaluierungsstand war, dass an der Grenze der Slowakei noch erhebliche Mängel festzustellen sind, sodass ich sage: Wenn man die eigenen Kriterien tatsächlich ernst nimmt und im nächsten halben Jahr nichts Substanzielles verändert wird, dürfte nach den eigenen Kriterien die Grenzkontrolle nicht wegfallen. Wir wissen aber nicht, wie sich das entwickelt.
Die Maßnahme „Schengener Informationssystem one for all“ funktioniert bisher noch nicht und soll erst in den nächsten Monaten kommen. Ob das Ganze dann vollständig funktioniert, kann ich noch nicht sagen.
Auch die Verbesserung der Polizei in den Ländern der EU-Osterweiterung ist natürlich Aufgabe der jeweiligen Nationen. Die EU begleitet sie im Grenzbereich über die Agentur FRONTEX, sonst über Evaluierungskommissionen.
Wir haben in Innerdeutschland die Ausgleichsmaßnahmen in gewissem Umfang über die Bundespolizei getroffen; Stichwort Schleierfahndung. Aber diese Schleierfahndung ist natürlich in besonderer Weise Aufgabe der bayerischen Landespolizei. Wir waren auch diejenigen, die die Schleierfahndung insgesamt als neue polizeiliche Fahndungsmethode gefunden haben. Die Bundespolizei sieht sie nur im grenznahen Bereich von 30 Kilometern als Möglichkeit. Die Bestrebungen des Bundes, diese Möglichkeit auf 50 Kilometer auszudehnen, werden von mir nicht euphorisch begrüßt, sondern im Moment wird das von mir schlichtweg zur Kenntnis genommen, ohne dass ich das sehr unterstütze. Aber ich sehe, dass in anderen Bundesländern viele Kollegen eine solche Ausbildung sehr wünschen. Der Kollege in Mecklenburg-Vorpommern hält sie ebenso für sinnvoll und notwendig wie der Kollege in Sachsen. Aber im Moment steht keine Entscheidung an, sodass ich mir noch keine abschließende Meinung darüber gebildet habe, wie wir uns zu einem konkreten Gesetzesvorhaben stellen.
Wir in Bayern legen jedenfalls großen Wert darauf, dass die eigentliche Verantwortung für die Schleierfahndung bei uns liegt und dass sie der Bund nur in einer subsi
diären, ergänzenden Weise durchführt. Das ist mit dem Bund im Wesentlichen so abgestimmt. Selbstverständlich hat die Bundespolizei ihre eigene Kompetenz. Aber wir werden insbesondere die Schleierfahndung weiter durchführen. Das gilt übrigens auch für den Bereich Oberbayern, Stichwort Rosenheim. Auch dort ist die ergänzende Schleierfahndung des Bundes kein Verdrängen der Verhandlungs- und Kontrollgruppen, die wir in Oberbayern haben.
Herr Kollege Kreidl, wir können die Kollegen der Polizei zu 100 Prozent beruhigen: Wir werden sie nicht etwa arbeitslos machen, sondern die Schleierfahndung in erster Linie selber verantworten. Die Bundespolizei ist auf diesem Gebiet ergänzend tätig. Durch Absprache wird sichergestellt, dass man den einen gar nicht, aber den nächsten zweimal kontrolliert. Das ist polizeiliche Routine, und da erwarte ich keine Schwierigkeiten.
Wir werden also dafür sorgen, dass wir unserer ersten Aufgabe, die wir als Freistaat Bayern haben, nämlich die Sicherheit im eigenen Land herzustellen, gerecht werden. Wir sind föderal organisiert, und damit ist klar, dass die Zuständigkeit des Bundes nur eine zweite Zuständigkeit ist. Das ändert nichts an unserer erstrangigen Verantwortung. Gerade weil das die bayerische Polizei in den vergangenen Jahren so gut gemacht hat, ist das im Interesse aller. Ich hoffe insofern auf die Unterstützung des gesamten Parlaments, wenn wir der bayerischen Polizei und der bayerischen Sicherheitspolitik ein Dankeschön dafür sagen, dass Bayern so erfolgreich arbeitet.
Sie haben folgende zwei Fragen nicht beantwortet: die Frage zur Kriminalitätsbelastung Bayern/Tschechien und die Frage zur unterschiedlichen Polizeidichte in Bayern, vor allem in Großräumen. Außerdem möchte ich folgende Frage anfügen: Sie haben gesagt, Sie hätten sich noch keine abschließende Meinung über die Frage der Kompetenz der Bundespolizei gebildet. Sie haben sich bis April 2007 auch nicht zur Organisation der Bundespolizei geäußert. Für wie erfolgreich halten Sie zum jetzigen Zeitpunkt Ihre heute beschlossenen Interventionen, die die Staatsregierung heute in der Pressemitteilung dargelegt hat?
Ich bitte um Entschuldigung, dass ich die Frage zur Kriminalitätsbelastung nicht beantwortet habe. Ich habe mir diesbezüglich einen Vermerk gemacht, aber nicht mehr gewusst, was er bedeuten soll.
Auch inhaltlich kann ich Ihnen nicht sehr befriedigend antworten. Wir haben selber ein System der polizeilichen Kriminalstatistik, das deutschlandweit abgestimmt ist. Aber wir haben keinerlei vergleichbare Abstimmung mit der Tschechischen Republik. Das heißt, dass die tschechische Kriminalitätsstatistik und die polizeiliche Vorgangs
statistik nach völlig unterschiedlichen Kriterien festgelegt werden. Damit waren alle Versuche einer vergleichbaren Beurteilung erfolglos. Das hängt damit zusammen, dass die Straftatbestände bzw. Ordnungswidrigkeiten sehr unterschiedlich sind. Das hängt auch damit zusammen, dass das Rotlichtmilieu und die damit zusammenhängenden Probleme in Tschechien bisher strafrechtlich nicht relevant sind. Auf diesem Gebiet tut sich etwas in der Gesetzgebung.
Das hängt ferner damit zusammen, dass die Frage der Vernetzung der Patentrechte bisher nur sehr oberfl ächlich – wenn überhaupt – zur Kenntnis genommen wurde. Dieses Thema – Stichwort Vietnamesenmärkte – hat eine erhebliche Breitenwirkung, es wurde in Tschechien bisher nicht ernst genommen. Es hat auch damit zu tun, dass der Verkauf von in Deutschland unversteuerten Zigaretten in Tschechien nicht als Problem verstanden wird, obwohl es bei uns Milliarden-Ausfälle des Fiskus bedeutet. Daher kann ich Ihnen keine vernünftige Vergleichssituation nennen, wie sich die Kriminalität entwickelt.
Meiner Einschätzung nach haben wir selbstverständlich zu erwarten, dass nach dem Wegfall der Grenzkontrollen mancher Kriminelle seine Tätigkeit mehr als bisher in den Westen, nämlich nach Deutschland, verlagern wird, weil er die Grenzkontrolle als einen Sicherheitsfaktor nicht mehr fürchten muss.
Selbstverständlich ist die Attraktivität eines Einbruchdiebstahls in einem großen Elektronikmarkt bei uns sehr viel größer als in irgendeinem kleinen Geschäft in der östlichen Slowakei. Von daher muss damit gerechnet werden, dass sich die Kriminalität verlagern wird. Das ist eine einfache Analyse, die wir vorzunehmen haben. Die Frage ist, ob diese Kriminalität im grenznahen Bereich stattfi nden wird. Ich glaube nicht, dass der Kriminelle aus dem östlichen Polen bis Zwiesel fahren wird, um unmittelbar neben der dortigen Polizeiinspektion einen Einbruch zu begehen. Dieser Kriminelle wird wahrscheinlich in eine größere Stadt, sei es nun Regensburg oder Weiden, fahren.
Frau Kollegin Stahl, ich möchte hier nicht ein Land oder die Bewohner eines Landes in Misskredit bringen. Damit hat das überhaupt nichts zu tun. Die Polen leiden unter ihren Kriminellen genauso, wie wir unter unseren Kriminellen leiden. Selbstverständlich nützen die Kriminellen heute die Anonymität der großen Entfernung und die Anonymität der Internationalität aus. Das weiß jeder, der in diesem Bereich tätig ist. Wir müssen deshalb damit rechnen, dass die Kriminalität – zumindest in einem Übergangszeitraum – ansteigt. Es wird sich zeigen, ob sie im grenznahen Bereich ansteigen wird. Die Sorgen im Grenzgebiet sind besonders groß. Unsere Konzeption lautet, dass wir durch die doppelten Sicherheitsschleier nach Möglichkeit Kriminelle nicht ins Land lassen wollen, sondern die betreffenden Leute bereits nach der Einreise sofort im Sicherheitsschleier erkennen.
(Christine Kamm (GRÜNE): Das können Sie an der Grenze doch nicht merken, was einer im Landesinneren tut!)
Wie wird heute die Grenzkontrolle durchgeführt? – Heute wird die Grenzkontrolle durchgeführt, indem das Autokennzeichen in eine Datei eingegeben wird. Wenn sich dann herausstellt, dass jemand zum Beispiel im Kriminalaktennachweis wegen Hehlerei oder mehrerer Einbruchdiebstähle aufgeführt ist, wird er einer Kontrolle unterzogen. Diese Kontrolle kann natürlich auch jenseits der Grenze durch einen Selektierer der Schleierfahndung vorgenommen werden. Ein Selektierer der Schleierfahndung ist eine Person, die besonders geschult ist, um anzugeben, wer im Rahmen der Schleierfahndung kontrolliert werden soll. Der Selektierer wählt aus, welche von den vielen Tausend Fahrzeugen, die täglich vorbeifahren, einer Kontrolle unterzogen werden sollen.
Der Selektierer wird selbstverständlich auch die Dateien als Hilfsmittel verwenden. Ich hoffe, dass ihm dazu nicht nur die deutschen Dateien, sondern auch diejenigen der östlichen Nachbarländer zur Verfügung stehen, damit er auf Personen zugreifen kann, die wegen Kriminalität in Erscheinung getreten sind. Diese Leute werden dann von uns entsprechend freundlich empfangen und sorgfältig kontrolliert. Bei uns darf es nicht sein, dass jemand, der kontrolliert gehört, nicht kontrolliert wird. In der Folge wird es möglicherweise weitere Verlagerungseffekte bei der Kriminalität geben. Mein Berliner Kollege hat gesagt, wenn ihr so stark kontrolliert, wird sehr viel Kriminalität nicht bei euch stattfi nden, sondern bei uns. Ich habe ihm geantwortet: Wenn ihr eine genauso erfolgreiche Sicherheitsarbeit betreibt, wird die Kriminalität verhindert und verringert. Deswegen werden wir dieses Erfolgskonzept auf den Weg bringen.
Im Zusammenhang mit der Frage des Herrn Kollegen Zeitler habe ich versucht, die Chancen darzustellen. Die Frage, ob Dr. Wolfgang Schäuble der Intervention Bayerns Rechnung tragen wird, ist völlig offen. Bisher hat er sehr deutlich darauf hingewiesen, dass seine Fachebene zu einer völlig anderen Beurteilung als wir gekommen ist. Dr. Schäuble sieht die Fachebene als ebenso wichtiges Kriterium wie die fachliche Beurteilung für Bayern an. Er hat sogar, zu meinem völligen Unverständnis, immer wieder gesagt, dass die fachliche Beurteilung durch die Bundespolizei wichtiger sei als die fachliche Beurteilung durch uns in Bayern. Ich hoffe hier auf die große Unterstützung der bayerischen Opposition. Ich hoffe, dass die Opposition sagt: Sie wissen, dass die bayerische Polizei und der bayerische Innenminister immer mehr recht haben als alle anderen.
Wir haben alle Möglichkeiten der Einfl ussnahme – auch der informellen Einfl ussnahme – genutzt. Ich möchte mich hier beim Herrn Ministerpräsidenten herzlich bedanken.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist doch nicht selbstverständlich, dass man sich mit einem Kollegen anlegt. Wir haben in einer konzertierten Aktion versucht,
auf Dr. Wolfgang Schäuble Einfl uss zu nehmen, und werden das auch weiter tun. Wir sind der Überzeugung, dass unsere Auffassung fachlich richtig und strukturpolitisch notwendig ist. Deswegen werden wir uns dafür einsetzen.
Für die heutige Sitzung ist die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN vorschlagsberechtigt. Sie hat eine Aktuelle Stunde zum Thema „Steuermehreinnahmen für Bayern: Nachhaltige Zukunftsinvestitionen statt Wahlkampfgeschenke“ beantragt. Hierzu darf ich Herrn Kollegen Mütze für die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN das Wort erteilen. Herr Kollege, Sie haben zehn Minuten.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, Herr Ministerpräsident, Herr Minister! 3,32 Milliarden Euro Steuermehreinnahmen in den nächsten beiden Jahren: Ich sehe schon die EuroZeichen in den Augen der Kolleginnen und Kollegen auf der rechten Seite. Endlich, endlich, die Zeit des Darbens ist vorbei. Endlich kann man wieder mit der Gießkanne über das Land ziehen und das Geld zum Lob der CSU verteilen. Das wurde Ihnen in den letzten drei Jahren vom Finanzminister mit der Unterstützung des Ministerpräsidenten verboten, zu Recht verboten. Gleichzeitig hat aber der Sparkurs in Bayern viele offene Baustellen hinterlassen. Jetzt, wo das Geld da ist, um diese Baustellen zu schließen, geben Sie das zu, Herr Kollege Herrmann. Ich komme nachher noch auf Sie zurück.
Herr Ministerpräsident und liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU, Sie haben in den letzten Jahren von der Substanz gelebt.
Sie haben von der Substanz gelebt, und das wurde Ihnen von einer parteipolitisch nicht belasteten Institution wie dem ORH oft und immer wieder bestätigt. Ihre Propaganda mit der schwarzen Null hat das kurzzeitig zugedeckt. Aber jetzt wird doch wieder deutlich, dass Sie sich in den vergangenen Jahren auf Kosten der Kommunen, auf Kosten der Infrastruktur und des sozialen Netzes für das Erreichen der schwarzen Null „bereichert“ haben. Herr Ministerpräsident, dies fällt Ihnen heute vor die Füße. Herr Staatssekretär, Ihre Ausreden, Sie hätten kein Geld, zählen jetzt nicht mehr.
Die Begehrlichkeiten sind groß. In Ihren Reihen werden die Messer schon wieder gewetzt. Wir haben diese Aktuelle Stunde beantragt, um Ihnen darzulegen, welche
Ausgaben wir für Bayern für notwendig halten. Uns geht es um notwendige und zukunftsfähige Ausgaben und nicht um Ausgaben, die dazu dienen sollen, irgendwelchen CSU-Kolleginnen und -Kollegen zur Wiederwahl zu verhelfen.
Die erste Maßnahme, die der Finanzminister in die Öffentlichkeit gebracht hat, war das Aussetzen der Haushaltssperre in Höhe von 100 Millionen Euro für Staatsstraßen und kommunale Bauten. Warum nur für diese? Ist Ihnen die Insolvenzberatung oder die Förderung kommunaler Theater weniger wichtig? Setzen Sie die Haushaltssperre doch komplett aus!