Protokoll der Sitzung vom 22.05.2007

(Beifall bei den GRÜNEN)

Erstens. Nach der Haushaltsordnung ist diese Haushaltssperre nur für Notlagen zulässig. Sie haben sie jedoch als alltägliches fi nanzpolitisches Instrument genutzt, ohne dass dafür eine zwingende Grundlage vorhanden gewesen wäre.

Zweitens. Investieren Sie in Bildung und Hochschule. Herr Fraktionsvorsitzender von der CSU, jetzt komme ich zu Ihnen: Von Ihnen war heute in einer Pressemitteilung zu lesen, dass Sie den Unterrichtsausfall eindämmen, die Versorgung mit Lehrerinnen und Lehrern ausbauen und kleinere Klassen schaffen wollen.

Also gab und gibt es das tatsächlich. Wenn man etwas eindämmt, Herr Herrmann, dann gibt es eine Flut von Dingen, vor denen man sich schützen muss, zum Beispiel vor dem Unterrichtsausfall. So verstehe ich Ihre Pressemitteilung.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Also gab es diesen Ausfall, und jetzt muss er eingedämmt werden. Da sind wir bei Ihnen. Das ist schon in Ordnung. Warum haben Sie nicht schon vor Jahresfrist, als wir es angemahnt haben, gesagt, wir hätten recht und Sie würden etwas machen, wenn Geld vorhanden ist?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Solange gespart werden musste, gab es das nicht, jetzt aber doch.

Drittens. Investieren Sie in den Klimaschutz. – Herr Ministerpräsident, Entschuldigung, vielleicht könnte Sie Herr Fischer kurz zuhören lassen. Sie haben auf der Zugspitze gesagt, der Klimaschutz sei das Thema unserer Generation. Klimaschutz ist unser Thema. Ich habe aber noch in keinem einzigen Beitrag von Politikern der CSU gehört, dass die Steuermehreinnahmen für den Klimaschutz

ausgegeben werden sollen. Also ist er doch nicht so wichtig.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Dabei wären doch Investitionen in die Sanierung staatlicher Gebäude mit einer Stärkung der Bauwirtschaft, einer Senkung des CO2-Ausstoßes und der Reduzierung der staatlichen Energierechnung eine „Win-Win-Win-Situation“, also eine dreifache Gewinnsituation. Drei positive Effekte könnten mit einer einzigen Maßnahme erreicht werden, wenn man also die staatlichen Gebäude energetisch so sanieren würde, dass man auch wirklich Energie einsparen kann. Jahrelang wurde das nicht gemacht.

Viertens. Geben Sie den Kommunen das, was ihnen zusteht. Lösen Sie endlich Ihre Finanzierungszusagen ein und beenden Sie das unmögliche Schauspiel, dass die Kommunen jahrelang Ihre Zuschüsse vorfi nanzieren müssen. Das muss beendet werden. Hier muss endlich eine klare Finanzierung geschaffen werden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Fünftens. Treffen Sie Vorsorge für die Beamtenpensionen. Dazu hat sich wiederum der Fraktionsvorsitzende der CSU geäußert. Das freut mich. Herr Ministerpräsident, Baden-Württemberg steigt im nächsten Jahr mit 500 Millionen Euro in einen Pensionsfonds ein. Von Bayern habe ich dazu nichts gehört außer dem, was heute ganz aktuell der Fraktionsvorsitzende gesagt hat. Der Minister will sich rausschleichen und es seiner Nachfolgerin oder seinem Nachfolger überlassen. Hier sprechen wir auch von einer verdeckten Verschuldung – ein Wort, das von der CSU bis jetzt so noch nicht gebraucht wurde. Gab es doch eine Verschuldung in den Zeiten der schwarzen Null in der letzten Zeit? Jetzt ist also die verdeckte Verschuldung da, und die müssen wir bekämpfen. Bauen wir doch erst einmal die verdeckte Verschuldung ab, bevor wir an die Verschuldung herangehen, die es auch noch gibt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die verdeckte Verschuldung bei den Beamtenpensionen wird uns in der nächsten Zeit in unseren Haushalten immer weniger Handlungsspielraum lassen.

Treffen Sie als Letztes Vorsorge für die vorhandenen und für die unbekannten Finanzrisiken, von denen wir noch gar nicht wissen, was sie kosten. Wir wissen noch nicht, wie die Länder die Krippen mitfi nanzieren sollen. Wir kennen die Höhe nicht. Ich verweise auf den Tarifabschluss mit den staatlichen Angestellten oder auf Ausfälle in Millionenhöhe bei der Unternehmenssteuerreform. Auch für den Digitalfunk ist die Finanzierungszusage erhöht worden. Schon morgen soll das vorgestellt werden. Ich bin gespannt darauf. Heute wird darüber im Bundestag beraten. Das sind Kosten, die auf uns zukommen, von denen wir aber noch gar nicht wissen, wie hoch sie sind. Dafür brauchen wir eine Rücklage. Schuldentilgung ist in diesem Zusammenhang die letzte und nicht die erste Maßnahme, wie es der Finanzminister zu formulieren pfl egte.

Ich komme noch zu einem Ihrer Lieblingskinder. Es ist schön, dass der Wirtschaftsminister hier ist. Das, was wir als Letztes brauchen, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist der Transrapid.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir können uns das sehr wohl vorstellen. Die Ministerien und die Abgeordneten werden mit kleinem Geld bedacht.

(Staatsminister Erwin Huber: Rückwärtsfahrer!)

Von Herrn Minister Huber hört man in letzter Zeit verdächtig wenig. Ich gehe aber davon aus, dass er nicht faul, sondern sehr fl eißig ist, wie er es zu Ehren Bayerns immer ist. Er wird sicher dafür sorgen, dass die Finanzierungslücke, die beim Transrapid besteht, mit einer erklecklichen Summe aus den Steuermehreinnahmen gefüllt wird. Wagen Sie es nicht bei allen Finanzierungsnotlagen, die wir in Bayern haben, das Geld für dieses Dinosaurierprojekt zu verschleudern!

(Beifall bei den GRÜNEN)

Denken Sie erst gar nicht daran. Denken Sie daran, was in Bayern zu fi nanzieren ist: das soziale Netz, der Klimaschutz und die ganze Infrastruktur, die in den letzten zehn Jahren in Bayern vernachlässigt worden ist. Man muss schon zehn Jahre zurückblicken. Kollege Sackmann kann Ihnen bestimmt stundenlang davon erzählen, was den ländlichen Raum betrifft.

(Dr. Thomas Beyer (SPD): Soviel weiß er auch nicht!)

Er kann Ihnen aber etwas dazu sagen. Finanzieren Sie die Infrastruktur so, wie es sich gehört. Erst dann können wir über Schuldentilgung und Sonstiges reden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Nächste Wortmeldung: Herr Kollege Ach.

(Ministerpräsident Dr. Edmund Stoiber: Manfred, halte jetzt dagegen!)

- Bitte keine Zwischenrufe von der Regierungsbank!

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin sehr froh darüber, dass es heute zu dieser Aktuellen Stunde gekommen ist. Wie allen hier im Saal – zumindest denen, die über ein längerfristiges Gedächtnis verfügen – bekannt ist, hat der Ministerpräsident in der Regierungserklärung zu Beginn der Legislaturperiode gesagt, wir betreiben Politik unter dem Motto „Sparen, Reformieren und Investieren“. Herr Kollege Mütze, die in Ihrem Titel gewählte Formulierung verwundert deshalb sehr. Wenn es in Deutschland eine Partei gibt, die sich nicht mit Wahlkampfgeschenken aufhalten muss, sondern auf nachhaltige Zukunftsinvestitionen

setzen kann, dann ist es die Christlich-Soziale Union, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der CSU – Widerspruch und Zurufe bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Sie können nachher reden; wenn Sie nicht so schreien, wäre es angenehmer.

Das Sparen und das Reformieren haben wir mit durchaus schmerzlichen Eingriffen, aber ohne jegliche Unterstützung durch die Opposition abgearbeitet. Jetzt investieren wir in wichtige ausgewählte Schwerpunkte und bauen Schulden ab. Jetzt, da wir aufgrund unserer Stärke gestalten können, will uns die Opposition sagen, wie wir das Geld zu verteilen haben. Ein Kuriosum sondergleichen!

Deshalb zur Aufklärung vielleicht auch zur besseren Information zunächst ein Hinweis vorweg: Die gegenüber den jeweils letzten Steuerschätzungen prognostizierten Mehreinnahmen von Bund, Ländern und Kommunen in Höhe von knapp 180 Milliarden verteilen sich auf insgesamt fünf Jahre, also bis 2011, und sind nicht mehr als Prognosen. Die aufgrund der aktuellen Gesetzentwürfe zur Unternehmenssteuerreform und zur Erleichterung der Unternehmensnachfolge – Herr Kollege Mütze, Sie haben es erwähnt – zu erwartenden Mindereinnahmen konnten bei der jüngsten Mai-Steuerschätzung noch gar nicht berücksichtigt werden. Von den Mehreinnahmen, die die Mai-Steuerschätzung für dieses und nächstes Jahr prognostiziert, entfallen auf die Länder insgesamt 27 Milliarden Euro. Nach den regionalisierten Berechnungen darf der Freistaat Bayern für die Jahre 2007 und 2008 erfreulicherweise mit Mehreinnahmen von insgesamt 3,3 Milliarden Euro rechnen.

Nun stellt sich in der Tat die Frage, wie eine nachhaltige, besonnene Finanzpolitik, wie sie die CSU-Landtagsfraktion seit jeher pfl egt, mit dieser erfreulichen Entwicklung umgeht. Ich will Ihnen dazu drei Punkte nennen.

Erstens. Wir investieren.

Zweitens. Wir verzichten auf den Einsatz von Privatisierungserlösen.

Drittens. Wir zahlen einen Teil unserer Schulden zurück, wie es übrigens Umfragen zufolge von zwei Dritteln der Bevölkerung erwartet wird. Zwei Drittel der Bevölkerung erwarten eine Rückzahlung von Schulden, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der CSU)

Erstens. Wir investieren und beschleunigen dabei unter anderem die Abfi nanzierung des sogenannten Antragstaus. Selbstverständlich werden wir den fi nanziellen Spielraum, den wir durch die zu erwartenden Mehreinnahmen gewinnen, für Investitionen und andere zukunftsweisende Ausgabenschwerpunkte nutzen, und zwar besonnen und seriös, wie es seit jeher in den letzten Jahren der Fall war. Schon aus der aktuellen Diskussion über die Vorschläge des Gutachtens 2020 oder über die Haupt

schulinitiative der Staatsregierung wird erkennbar, dass die weitere Stärkung unserer Schulen und Hochschulen ein wesentlicher Schwerpunkt sein wird. Wir werden aber auch die klassischen Investitionen nicht vernachlässigen und uns daher auch bei der Infrastruktur wie beim Hoch- oder beim Straßenbau engagieren. Sie können davon ausgehen, dass wir nicht zuletzt dafür sorgen werden, dass unsere Kommunen kräftig investieren können.

Zusätzlich zu den Zuwächsen bei den Steuereinnahmen, die den Kommunen zustehen und die zur Zeit bekanntlich sehr gut sind, wollen wir im Landeshaushalt weitere Mittel einsetzen, um die Abfi nanzierung von investiven Maßnahmen in ausgewählten, zukunftsrelevanten Bereichen spürbar zu beschleunigen. Im Übrigen wurden alle Entscheidungen zum kommunalen Finanzausgleich seit Jahren einvernehmlich mit den kommunalen Spitzenverbänden getroffen. Da verstehe ich Ihre Kritik nicht, Herr Kollege Mütze. Was regen Sie sich eigentlich auf? – Hätten Sie die Entscheidungen mitgetragen, bräuchten Sie sich heute nicht aufzuregen.

(Beifall bei der CSU)

Oder, um den Pensionsfonds anzusprechen: Wollen Sie vielleicht einen Pensionsfonds einrichten, wie es das Land Rheinland-Pfalz getan hat? – Ein schuldenfi nanzierter Pensionsfonds kann doch nicht Ziel einer seriösen Politik sein. Sie sollten vielleicht doch über den Tellerrand hinausschauen.

Um bereits im laufenden Jahr weitere Wachstums- und Investitionsimpulse zu setzen, hat die Bayerische Staatsregierung – ich begrüße das außerordentlich – in Absprache mit der CSU-Fraktion über Sperrefreigaben im Haushalt zusätzliche Mittel sofort zur Verfügung gestellt. Mit diesen zusätzlichen Mitteln stoßen wir bei den Kommunen und freien Trägern sowie bei den staatlichen Baumaßnahmen schon jetzt weitere Investitionen an. Wir sind also auf dem besten Weg, zügig all das umzusetzen, was uns jetzt zur Verfügung steht.

(Beifall bei der CSU – Zuruf des Abgeordneten Thomas Mütze (GRÜNE) – Joachim Wahnschaffe (SPD): Das ist doch alles Camoufl age!)

Zweitens. Zu einer nachhaltigen Finanzpolitik gehört auch, dass die Ausgaben aus den laufenden Einnahmen fi nanziert werden. Ich greife das Stichwort „Bildungsmilliarde“ auf. Sie fordern eine Milliarde nur für die Bildung. Ich frage mich, wie Sie diese Forderung mit Ihrer bisherigen Argumentation unter einen Hut bringen wollen. Vielleicht kann Ihnen Herr Kollege Waschler in dieser Richtung ein klein wenig Aufklärung geben.

Liebe Kolleginnen und Kollegen der Opposition, es war und ist das erklärte Ziel von Mehrheitsfraktion und Staatsregierung, den Einsatz von Privatisierungserlösen auf das unabdingbar notwendige Maß zu reduzieren, damit wir nachfolgenden Generationen Gestaltungsspielräume lassen.