Protokoll der Sitzung vom 26.04.2012

Wie Sie wissen, hatten wir auch prozentual einen hohen Anstieg. Vor zwei Jahren waren wir noch mit 35 % beteiligt. Heute gibt Bayern 50 % in diesen Topf. Das macht noch einmal klar - das haben wir an dieser Stelle schon mehrmals debattiert -, dass hier etwas aus dem Ruder gelaufen ist.

Als FDP-Fraktion im Bayerischen Landtag haben wir zusammen mit den FDP-Fraktionen Hessen und Baden-Württemberg schon 2010 eine Studie in Auftrag gegeben, die sich mit dem aktuellen Länderfinanzausgleich auseinandergesetzt hat. Unsere Gutachter haben damals festgestellt, dass der aktuelle Länderfinanzausgleich in vollem Umfang nicht mehr verfassungskonform ist.

Die Staatsregierung hat mittlerweile eine sehr rege Diskussion dazu geführt. Es gibt auch Beschlüsse. Man hat sich zusammen mit den Ländern Hessen und Baden-Württemberg vorgenommen, auf die Nehmerländer zuzugehen, um in allererster Linie im Verhandlungsweg eine Lösung zu finden. Dabei muss natürlich klar sein, dass dieses Verfahren Grenzen hat.

Jetzt haben wir zusammen mit den FDP-Fraktionen in den Landtagen von Hessen und Baden-Württemberg eine neue Studie in Auftrag gegeben. Es sollen konkrete Vorschläge mit dem Ziel erarbeitet werden, dass eine Änderung auf der Grundlage einer Anreizorientierung herbeigeführt wird.

Warum steht das heute noch einmal auf der Tagesordnung? Aktuell geht es darum, sich auch die Zahlen der anderen Bundesländer anzuschauen, wenn wir für Bayern verantwortungsvoll handeln wollen.

Ich konzentriere mich jetzt einmal auf NordrheinWestfalen. Dort explodieren die Zahlen zur Neuverschuldung. 2010 wurde ein verfassungswidriger Haushalt festgestellt. Ob für 2011 eine Verfassungswidrigkeit festzustellen ist, muss noch entschieden werden. Auch wenn für 2012 formal wahrscheinlich keine Verfassungswidrigkeit vorliegt, haben die Kolleginnen und Kollegen der FDP im Landtag NordrheinWestfalen zu Recht den Haushalt, der mit der enormen Neuverschuldung von 4,4 Milliarden Euro geplant war, gestoppt.

(Beifall bei der FDP)

Hinzu kommt, dass den Handlungsträgern in den anderen Bundesländern und auch in Bayern durch objektive Studien, die bei neutralen Institutionen in Auftrag gegeben wurden, gesagt wird, dass sie an der Konsolidierung arbeiten müssen. Auch hier muss uns wieder das Beispiel Nordrhein-Westfalen aufhorchen lassen; denn dort wurde in den Jahren 2011 und 2012 massiv gegen den Konsolidierungspfad verstoßen. Dieser Pfad muss eingehalten werden, damit im Jahr 2020 die Schuldenbremse umgesetzt werden kann.

(Beifall bei der FDP - Martin Zeil (FDP): Grobe Misswirtschaft!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, welche Situation haben wir in Bayern? Diese Koalition hat nunmehr zum vierten Mal einen Haushalt ohne Neuverschuldung aufgestellt. Wir haben uns sogar entschlossen, die Schulden, die wir von vorausgegangenen Staatsregierungen übernommen haben, mit einer Milliarde Euro im Jahr 2012 und mindestens einer Milliarde Euro in den Jahren 2013/2014 zu tilgen.

(Beifall bei der FDP)

Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, wir erwarten damit von unseren Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern in Bayern einen erheblichen Beitrag. Sie verzichten nämlich auf Ausgaben in dieser Höhe. Deshalb haben wir die Aufgabe, gerade beim Länderfinanzausgleich über den Tellerrand hinauszuschauen und verantwortungsvoll für unsere Bürgerinnen und Bürger zu handeln.

(Beifall bei der FDP)

In der Debatte um die Neuausrichtung des Länderfinanzausgleichs möchten wir deshalb eines geklärt wissen: Es ist doch wohl eine Selbstverständlichkeit, dass sich alle Bundesländer an das Grundgesetz halten und spätestens bis zum Jahr 2020 die Schuldenbremse einhalten müssen. Deshalb wollen wir als Voraussetzung geprüft haben: Wenn Geld aus dem Länderfinanzausgleich in Nehmerländer fließt, muss dort die Schuldenbremse eingehalten und eine ernsthafte Finanz- und Haushaltspolitik betrieben werden. Diese Finanz- und Haushaltspolitik muss im Hinblick auf die gesamte Bundesrepublik verantwortungsvoll sein. Eines möchte ich klar machen: Weil wir solidarisch sind, geben wir gern Geld in den Länderfinanzausgleich. Wir erwarten dann aber auch, dass sich andere an die Regelsätze halten, die wir gemeinsam beschlossen haben. Das möchten wir als Voraussetzung festschreiben.

(Beifall bei der FDP)

Wir wissen, dass dies verfassungsrechtlich nicht einfach zu erreichen ist. Ich glaube aber, dass es in der Gesetzgebung möglich sein muss, die Verfassung zur Grundlage einer Auszahlung zu machen. Das müsste eine Selbstverständlichkeit sein. Leider lassen dies die aktuellen Entwicklungen in anderen Bundesländern nicht erahnen. Deshalb müssen wir in Verantwortung für unsere Bürgerinnen und Bürger und für unseren Haushalt nachsteuern. Deshalb bitte ich um Zustimmung zu unserem Dringlichkeitsantrag.

(Beifall bei der FDP)

Den Dringlichkeitsantrag der SPD werden wir ablehnen. Sie können sich selber denken, warum. Ich will es Ihnen aber trotzdem sagen.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Weil die Wahrheit drinsteht!)

Vieles von dem, was im vorderen Teil dieses Dringlichkeitsantrags steht, wurde schon längst beschlossen und umgesetzt. Wir müssen das hier nicht noch einmal beschließen. Herr Aiwanger, ich weiß, dass ihr bei diesem Thema ein bisschen hintendran seid.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Im Vergleich zu euch sind wir immer hintendran!)

Im hinteren Teil des Antrags ist von einem Versagen der bayerischen Politik die Rede. Das weisen wir natürlich weit von uns. Mir ist klar, dass dies die Sollbruchstelle in Ihrem Antrag sein soll. Sie sprechen von unzureichendem Bauunterhalt und von der Einführung eines kostenfreien Kindergartenjahrs. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, schauen Sie einmal in die Bundesländer, in denen Sie regieren.

(Beifall bei der FDP)

Der nächste Redner ist Herr Kollege Halbleib. Ihm wird dann Herr Kollege von und zu Lerchenfeld folgen.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Kollege Klein, ich muss mit dem Ceterum censeo beginnen.

(Thomas Hacker (FDP): Wir wollen Karthago doch gar nicht zerstören!)

Was Sie kritisieren, kritisieren auch wir, dass nämlich der Finanzausgleich nicht anreizorientiert ist. Wir haben schon im Jahr 2010 in diesem Landtag beantragt, die Regelungen des Länderfinanzausgleichs mit dem Ziel, Anreizstrukturen zu schaffen, zu verändern. Das gilt insbesondere in Hinblick auf die Steuereinnahmen. Außerdem wollen wir den Umfang der bayerischen Zahlungen reduzieren. Das Problem ist, dass dieser Dringlichkeitsantrag eine Kritik an dem ist, was die CSU unter maßgeblicher Verantwortung dieses Hohen Hauses, der Kolleginnen und Kollegen der CSU, der damaligen Staatsregierung unter Herrn Dr. Edmund Stoiber und auch der CSU-Landesgruppe im Bundestag, einvernehmlich beschlossen und in diesem Hause als großen Erfolg gefeiert hat. Sie kritisieren hier Ihren Länderfinanzausgleich. Herr Kollege Klein, Sie sind leider in die Koalitionsdisziplin eingebunden. Insofern verstehe ich Ihren Dringlichkeitsantrag als Kritik an der damaligen Verhandlungsführung.

Ein paar Punkte möchte ich klarstellen: Wir haben beim Länderfinanzausgleich eine reine Einnahmeaufteilung. Sie müssen schon sagen, ob Sie davon Abstand nehmen wollen und was Sie in diesem Fall an ihre Stelle setzen wollen. Sie müssen sich auch mit der Frage auseinandersetzen, ob die Steuereinnahmen in Bayern tatsächlich die bayerischen Steuereinnahmen sind. Hier steht ein großes Fragezeichen. Ich möchte es Ihnen deutlich machen: Die Steuereinnahmen in München sind keine Münchner Steuereinnahmen, sondern sie stehen allen Bürgern im Freistaat zur Verfügung. Ihre Rechnungen zum Länderfinanzausgleich würden ganz anders ausschauen, wenn sie die Steuereinnahmen der rot-grün regierten Landeshauptstadt aus den Steuereinnahmen des Freistaats Bayern herausrechnen müssten. Dann würden Sie über den Länderfinanzausgleich ganz anders diskutieren. Diese Steuereinnahmen beruhen wesentlich auf einer erfolgreichen rot-grünen Wirtschaftspolitik in München.

(Tobias Thalhammer (FDP): Das glauben Sie doch jetzt selber nicht!)

- Rechnen Sie doch einmal diese Steuereinnahmen raus. Sie werden erstaunt sein.

Das Beispiel des Landes Hessen gilt auch für Bayern. Natürlich hat die Abgeltungssteuer den Länderfinanzausgleich verändert. Die Abgeltungssteuer wird nicht am Wohnsitz des Kunden erhoben, sondern am Standort der Bank. Dadurch werden am zweitgrößten Bankenstandort nach Frankfurt, nämlich München, die Einnahmestrukturen und damit der Länderfinanzausgleich verschoben. Ehrlicherweise müssten Sie dazu sagen, dass Bayern sieben Umsatzsteuerpunkte bekommen hat - etwa 1,6 Milliarden Euro jährlich -, damit es sich an den Ausgleichszahlungen des Länderfinanzausgleichs beteiligt. Auf diesen wichtigen Punkt sollte man hinweisen.

Der Länderfinanzausgleich ist nach wie vor - da beißt die Maus keinen Faden ab - ein Ost-West-Ausgleich bzw. ein West-Ost-Ausgleich. Wir werden am 3. Oktober auf der Ländermeile in München darüber diskutieren, wie die innerstaatliche Solidarität zwischen West und Ost in Zukunft aussehen soll.

(Thomas Hacker (FDP): Nordrhein-Westfalen ist ein neues Bundesland?)

Damit komme ich auf das Land Berlin. Sehen Sie sich einmal die Entwicklung der Ausgabenstruktur in Berlin an. Sie werden feststellen, dass sich das Ausgabenwachstum in Berlin zwischen 2001 und 2010 gerade einmal auf 2,3 % beläuft. In Bayern liegen die Mehrausgaben dagegen bei 20,1 %. Daran sehen Sie, dass das Land Berlin versucht, eine Haushaltskonsolidierung zu erreichen.

(Dietrich Freiherr von Gumppenberg (FDP): Herr Kollege, dieser Logik kann ich nicht folgen!)

Herr Staatssekretär, der Vorgänger Ihres Ministers, Herr Fahrenschon, hat in einem Gespräch mit dem Berliner Finanzsenator in der "Zeit" gesagt: "Berlin strengt sich an!" Deswegen sollten Sie das nicht anders darstellen.

Herr Kollege Klein, wer hat denn aus dem neu verhandelten Länderfinanzausgleich zuerst Geld bezogen? Das war die schwarz-gelbe Landesregierung in Nordrhein-Westfalen unter Rüttgers. Das ist Fakt. Nun zu dem, was Sie zur Haushaltspolitik gesagt haben. Ihre schwarz-gelbe Landesregierung in NordrheinWestfalen hat für das Jahr 2010 einen Etat mit einer Neuverschuldung in Höhe von 6,5 Milliarden Euro beschlossen. Wir haben nach der Regierungsübernahme lediglich die notwendigen Rückstellungen für die WestLB korrigiert. Außerdem haben wir den Umstand korrigiert, dass Sie, um den Landeshaushalt nur halbwegs sauber zu halten, Belastungen auf die Kommu

nen verschoben haben. Das ist ein Faktum, auf das ich an dieser Stelle hinweisen möchte.

Ich glaube, wir sind gut beraten, den Korrekturbedarf ernst zu nehmen, der nach wie vor vorhanden ist. Das Auslaufen des Solidarpakts II und des Länderfinanzausgleichs im Jahr 2019 wird grundlegende Änderungen bringen. Dabei werden auch die Punkte, die Sie heute ins Gespräch gebracht haben, geprüft werden. Ich glaube schon, dass man sagen kann, die Bundesländer müssen bis 2020 die Schuldenbremse einhalten. Die haushaltspolitische Koordination über den Stabilitätsrat läuft bereits. Die Verknüpfung der Konsolidierungsbeihilfen mit einer klar definierten schrittweisen Konsolidierung bis 2020 ist auch Fakt. Insofern sind wir schon mitten drin.

Wir wollen den Föderalismus schon aus urbayerischem Interesse nicht gefährden, indem wir den anderen Bundesländern die Art und Weise ihrer Haushaltsgestaltung vorschreiben. Vor allem sollten wir uns davor hüten, dass wir eine Bedarfsfinanzierung bekommen. Das ist ein ganz anderes System als die Einnahmenaufteilung, die wir im Augenblick haben. Denn ob sich eine Bedarfsfinanzierung zugunsten Bayerns auswirkt, wage ich zu bezweifeln. Wir empfehlen, endlich einmal von den martialischen Tönen, wir könnten alles besser als die anderen, abzurücken. Sie benützen dieses Thema zum Wahlkampf und beschimpfen die Verhandlungspartner, die Sie anschließend wiederum brauchen, um richtige Lösungen zu finden. Bayerische Interessen werden dadurch wahrgenommen, dass wir substantiell die Probleme schildern und deutlich machen, dass wir auch in Bayern drängende Aufgaben haben, die wir im Augenblick nicht so einfach finanzieren können. Wir sollten nicht den starken Max spielen. Wir glauben, dass der Strategiewechsel in der Aushandlung eines neuen Länderfinanzausgleichs wesentlich stärker bayerischen Interessen dient als das Wahlkampfgetöse, das die CSU und das Sie jetzt veranstalten.

(Beifall bei der SPD)

Nächster Redner ist Graf von und zu Lerchenfeld. Ich darf darauf aufmerksam machen, dass die FDP-Fraktion zu ihrem Dringlichkeitsantrag namentliche Abstimmung beantragt hat. Wir werden sie im Anschluss an die Beratungen vornehmen.

Herr Präsident, Hohes Haus! Ich bin nicht wirklich glücklich über die Anträge, die uns heute vorliegen. Wir haben unsere Ideen bereits im Februar in einer sehr ausführlichen Diskussion über den Länderfinanzausgleich ausgetauscht. Dass unterschiedliche Auffassungen

darüber vorhanden sind, ist ganz logisch. Außerdem hat der Ministerrat in seiner Kabinettssitzung im März ein Sechs-Punkte-Papier zu diesem Thema verabschiedet. Im Antrag der FDP wird tatsächlich nur ein kleiner Ausschnitt dieses gesamten Themas angesprochen, nämlich die Verknüpfung von Einnahmen und Ausgaben. Ich meine, wir sollten hier sehr vorsichtig sein. Ich bin ein überzeugter Föderalist, und deswegen bin ich nicht der Meinung, dass uns irgendein anderes Land oder die Bundesregierung vorschreiben soll, welche Ausgaben wir leisten dürfen und welche nicht. Das entspricht nicht meinem Verständnis von Föderalismus. Das entspricht nicht meinem Verständnis als Mitglied dieses Hauses, denn die Haushaltspolitik ist letztlich die Königspolitik des Parlaments. Ich möchte mir von niemandem vorschreiben lassen müssen, wie Bayern seine Ausgaben zu steuern hat.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Nur vom ESM!)

- Der ESM, lieber Kollege Aiwanger, wird im Bund verabschiedet, und das mit hoffentlich vernünftigen Begrenzungen, damit auch dort die parlamentarische Ordnung eingehalten wird.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Also tut uns das nichts!)

Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, für mich enthält dieser Antrag aber auch noch ein anderes Problem, mit dem wir uns tatsächlich auseinandersetzen müssen. Wenn die Staatsregierung bei der Prüfung des Antrags dazu kommen würde, dass sie ihm Folge leistet, müssten wir das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland in Artikel 107 Absatz 2 ändern,

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Das macht doch nichts!)

denn der Länderfinanzausgleich bezieht sich ausschließlich auf die Einnahmen. Es gibt keine Verbindung zwischen Einnahmen und Ausgaben. Deswegen wäre hierfür eine totale Richtungsänderung notwendig. Ich meine, wir sollten uns ernsthaft überlegen, ob wir mit diesen Anträgen tatsächlich weiterkommen, insbesondere auch deswegen, weil im Juni eine Ministerpräsidentenkonferenz stattfinden wird, bei der genau über diese Themen verhandelt wird.

Ich hätte mir gewünscht, dass diese beiden Anträge nicht gestellt worden wären. Dabei würde ich der SPD-Fraktion empfehlen, ein Rechtschreibprogramm zu kaufen. Über euer Antragspapier, liebe Freunde, müsste ein Rechtschreibprogramm laufen, damit der Text vernünftig formuliert wird. Ein solches Programm